Acta Pacis Westphalicae III A 6 : Die Beratungen der Städtekurie Osnabrück: 1645 - 1649 / Günter Buchstab

d) Die in diesem Band veröffentlichen Protokolle

Die in diesem Band edierten 188 Protokolle des Städterats umfassen den Zeitraum vom 18. Juni 1645 bis zum 8. Februar 1649

Wenn nicht anders vermerkt, folgt die Edition der Protokolle der Zeitrechnung alten Stils.
, also von der ersten nachweisbaren Zusammenkunft städtischer Gesandter am Kongreß bis zum Eintreffen der schwedi-schen und französischen Ratifikationsurkunden. Die bisher ungedruckten Protokolle beruhen zum weitaus überwiegenden Teil (159 Protokolle) auf dem quasi amtlichen Protokoll, das unter dem straßburgischen Direktorium vom Sekretär der Stadt, Ernst Heuß, in der osnabrückischen Teilkurie angefertigt worden ist. Dieses Proto-koll beginnt mit der offiziellen Eröffnung der Verhandlungen in Osnabrück am 24. Januar 1646 und endet mit dem 2. September 1648 st. v., als die Verlegung des Gesamtkongresses nach Münster beschlossene Sache war, der Versammlungsleiter und Protokollführer Straßburg aber in Osnabrück verblieb. Es ist damit das umfassendste und auch einheitlichste der Protokolle der Reichsräte

Das offiziöse, von vier Protokollführern erstellte und notariell beglaubigte Protokoll des Fürsten-rates Osnabrück deckt nur den Zeitraum vom 24. Januar 1646 bis zum 4. September 1647 ab.
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Es handelt sich bei dieser im straßburgischen Original durchgehend von 1–159 nume-rierten Protokollserie also um die Niederschriften von Sitzungen der städtischen Teil-

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kurie in Osnabrück mit den gemeinsamen Zusammenkünften der sonst an den beiden Kongreßorten getrennt tagenden Teilkurien in Münster vom 17.–30. Juni 1647 st. v. (Nr. 110–112).
Wie in fast allen wichtigen Fragen der allgemeinen Beratungen lehnten die städtischen Abgeordneten sich auch in der Frage des Protokolls an jene Regelung an, die im Fürstenrat Osnabrück getroffen worden war

Vgl. FR 1646 I 21 – Druck Meiern II S. 250–253 ; SR 1646 I 21 (Nr. 16) S. 44.
. Demnach sollte – wie der bremische Gesandte in seiner Mitschrift festhielt – ein bestendig protocollum

Bremen 2–X.8.m – 1646 I 27.
geführt wer-den, das von allen Votanden kollationiert und dann diktiert werden sollte.
Wegen der Gefahr des Mißbrauchs sollten die fertigen Protokolle nur an die Angehö-rigen des Städterates weitergegeben werden. Diese Bestimmung ist allerdings nachweis-lich nicht eingehalten worden

So finden sich Protokolle im Riksarchivet Stockholm (Sammlung Salvius) wie im Staats-archiv Stade (Sammlung Erskein).
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In aller Regel war nur Heuß als Protokollführer bei den Beratungen zugegen, die meist im Rathaus oder im Wohnsitz des straßburgischen Direktors, Dr. Markus Otto, stattfanden. Folgerichtig ist deshalb das in Straßburg vorliegende Protokoll auch das einzig vollständige. Im Prinzip war allerdings während der Anfangssitzungen auch ein Nürnberger Protokollist zugelassen, was die Bedeutung veranschaulicht, die allge-mein der nürnbergischen Gesandtschaft beigemessen wurde. Ein eigenständiges Proto-koll konnte aber bis auf eine Ausnahme nicht gefunden werden

Nürnberg S I L 203 Nr. 17 fol. 21–26.
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Die 159 offiziell protokollierten Sitzungen sind jeweils als „Sitzung des Städterats“ bezeichnet, während die Niederschriften der übrigen Sitzungen als „Sitzung der städti-schen Gesandten“ gekennzeichnet sind. Diese bis auf wenige Ausnahmen nicht in Rein-schrift übertragenen Mitschriften nichtoffizieller Zusammenkünfte entstammen unter-schiedlicher Provenienz. Die umfassendsten sind die formlosen Aufzeichnungen des bre-mischen Gesandten Dr. Gerhard Koch vom 18. Juni 1645 bis zum 31. Juli 1648 st. v. Diese flüchtig geschriebene und mühsam zu entziffernde Mitschrift, die nicht ausge-arbeitet und in einen Volltext übertragen wurde

Insofern kann sie mit dem zeitgenössischen Terminus als „Rapular“ bezeichnet werden ( StA Bremen 2–X.8.m – 1645 VI – 1648 VII 31 unfoliiert).
, enthält die dem bremischen Ge-sandten wesentlich erscheinenden Argumente der einzelnen Votanden sowie, in der Regel, eine Zusammenstellung der anwesenden Städte getrennt nach schwäbischer und rheinischer Bank. Eine Ergänzung des offiziösen Vollprotokolls, das auch von Koch gebilligt worden ist, bieten seine z. T. nur stichwortartigen und lückenhaften Notizen nur dann, wenn keine offiziösen Niederschriften vorliegen; aus diesem Grunde ist seine Mitschrift auch nur in wenigen Ausnahmen in den Variantenapparat aufgenommen worden . Mutatis mutandis gilt diese Feststellung auch für einige Mitschriften des straßburgischen Gesandten Dr. Markus Otto vom Januar 1646, die ausführlicher sind als jene des bremischen Deputierten, aber ebenfalls nicht ausgearbeitet worden sind. Aufgrund der größeren Straffheit und besseren Lesbarkeit ist der bremischen Mit-

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schrift jedoch der Vorzug vor der straßburgischen gegeben worden; nur für die Sitzung am 23. Januar 1646 wurde auf das ausführlichere Rapular Ottos zurückgegriffen, weil das von Koch hier allzu kurz und summarisch ist (Nr. 17).
Neben diesen formlosen Sitzungsmitschriften (Nr. 1, 2 und 6–17) existieren zwei Protokollreinschriften vom 3. und 17. September 1645 (Nr. 3, 4), die in den Stadt-archiven Ulm und Straßburg vorliegen, sowie ein „Protokollextrakt“ v. 18. Sep-tember 1645 (Nr. 5), ein Beschlußprotokoll, das als „Verkehrsschriftstück“

H. Meisner S. 197, 200.
be-kanntgegeben und später im Meiern, der Edition der APW des 18. Jahrhunderts, gedruckt worden ist. Die Ergänzung des offiziösen Protokolls um diese Sitzungsmit-schriften vor dem 24. Januar 1646 privaten und halboffiziösen Charakters ist wegen der Bedeutung gerechtfertigt, die den Verhandlungen des Jahres 1645 und des Januars 1646 für die folgenden Jahre zukommt. Die Stellungnahme der Städte zu den Vor-fragen (Verhandlungsmodus, Tagungsorte, Zulassung der seit dem Prager Frieden von reichsständischen Beratungen ausgeschlossenen Stände, Beratungsverfahren im Städte-rat usf.), die für die Hauptverhandlungen zu klären waren, rechtfertigen die Über-nahme dieser Protokolle zur Genüge. Gerade für das Beratungsverfahren, das sich innerhalb des Städterates in diesen Monaten herausbildete und das in den kommenden Jahren den internen Stil im Städterat prägte, sind diese Protokolle von großem Wert. Es sei an dieser Stelle nur auf das Problem des Direktoriums verwiesen, das in dieser ersten inoffiziellen Verhandlungsphase die Gemüter der städtischen Gesandten er-hitzte. Die offiziöse Protokollserie ist ergänzt worden um weitere Mitschriften des bremischen Gesandten von Zusammenkünften (Nr. 96, 134, 135, 161, 164), die offenbar nicht als bedeutsam eingestuft und nicht ins offiziöse Protokoll aufgenommen worden sind. Sie unterlagen deshalb auch nicht dem formalisierten Tagungsablauf (Ein-berufung durch kurmainzische Proposition, Beratung nach festgelegter Votierordnung und Conclusum), vielmehr kamen die Städte an diesen Tagen nur dicis causa zusam-men und haben eventualiter ... allerhandt discouriert (Nr. 96, 134, 161, 164). Mit dem Protokoll Nr. 135 ist dagegen eine Re- und Correlation mit den beiden anderen Kurien aufgenommen worden, weil hier die Zurücksetzung der Städte in den ge-meinsamen Beratungen der Reichsräte schon in formaler Hinsicht deutlich wird; be-zeichnenderweise wurde diese Zurücksetzung, nachdem der Passus über das lange um-strittene votum decisivum vertraglich abgesichert schien, von den Gesandten nicht als so schwerwiegend empfunden, daß sie sich am folgenden Tag in der offiziell einberufenen Städteratssitzung intensiv damit auseinandergesetzt hätten. Vielmehr wird nur beiläufig erwähnt, daß die schwedischen Gesandten eingeschaltet werden sollten, um das votum decisivum nicht per indirectum in nochmahligen streitt ziehen zu lassen

Unten S. 690.
. Schließlich sind in diesen Band aufgenommen jene nachweisbaren Sitzungen der ge-schrumpften und in Münster zusammengelegten Städtekurie, die dort gegen Ende des Kongresses, 1648, nach seiner Verlegung von Osnabrück nach Münster stattgefunden haben ( [Nr. 182–188] ).

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Bei diesen letzten Stücken handelt es sich um zwei Protokolle kölnischer Provenienz (Nr. 183, 184), um Conclusa, die in die Reichsdiktatur gegeben worden waren und damit allgemeine Verbreitung gefunden hatten (Nr. 182, 185), um einen Kurzbericht aus städtischer Sicht über eine Re- und Correlation, bei der das städtische Conclusum ebenfalls bereits durch die Reichsdiktatur gegangen war (Nr. 187) sowie um das Er-gebnisprotokoll einer Sitzung, bei der vornehmlich finanzielle Fragen des Städterats abgehandelt wurden (Nr. 186), schließlich um einen den kaiserlichen Gesandten ausge-händigten Protokollextrakt, der den Protest einiger Städte während des Ratifizie-rungsverfahrens gegen den oldenburgischen Weserzoll festhält (Nr. 188).
Nicht abgedruckt sind hingegen die Protokolle der städtischen Teilkurie, die in Mün-ster getagt hat, da sich keine komplette Überlieferung ihrer Sitzungen nachweisen bzw. rekonstruieren ließ

Vgl. Anhang [S. 878ff] .
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