Acta Pacis Westphalicae II A 2 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 2: 1644 - 1645 / Wilhelm Engels mit einem Nachtrag von Karsten Ruppert
Ewer Kayserliche Mayestätt geruhen ihro auß beyverwahrten prothocollo
[= Beilage 1] allergnädigst referirn zu laßen, waßgestalt wir verlittenen frey-
tag, den 27. Octobris, die Schweedische abgesandten heimbgesucht, wie
sich dieselbe zwar zur mediathandlung nit ungeneigter bezeigt, aber noch
von großen difficulteten circa materiam ipsam anregung gethaen. Waß auch
entlich für eine spöttliche replicam [= Beilage 2] uber den praeliminarpunct
die vergleitung der mediatorum betreffendt uns zustellen laßen, warin sie
nit allein aller mediatorum, sondern gar quorumcunque privatorum (welchs
wir iedesmals besorgt, daß darunder verborgen sein dörffte) vergleitung zu
behaubten understehen.
Nun sein wir zwar im werck begrieffen, zu abhelffung dieses praeliminar-
streits vermitls der churfürstlichen abgesandten gutbefinden ein expedient
zu ergreiffen, zu welchem ende wir dem Churmentzischen directorio sel-
bige replic in abschrifft zugestelt; und wirdt sich hirin, sonderlich wan die
Schweedische bey iren gegen uns beschehenen mündtlichen erbiethen beste-
hen wolten, noch wol ein mitl finden laßen, solte es aber auf einen zuruck-
fall und dahin angesehen sein, daß die Schweedische dhadurch gedächten,
von ihrem mündtlichem erpiethen außzusetzen und die sachen in eine infi-
nitet zu führen, so ist unschwehr daraus abzunhemmen, wie weenig von
fortgang dieser handlung zu hoffen und wie schwehr es sich dhamit laße
ansehen; maßen wir dan auch von tagen zu tagen vermercken, daß die
sachen alhie ie lenger ie schwehrer werden und daß sich die protestirende
stercker ahn die Schweedische hencken alß zuvor niehmaln, weiln es scheint,
daß sie ihre hoffnung darauf setzen, auch etwoh von dem gegentheil so
weith eingenommen sein, vermitls dern wapffen ihre sachen durchzubrin-
gen.
Der Lübeckischer stadtsyndicus n. Gloxinus hat mir, Crane, gut Teutsch
gesagt, man solte sich mit zulaßung des Magdeburgischen voti nit mehr auf-
halten, die protestirende würden nit allein selbigs nit nachgeben, sondern
auch wegen der ubrigen einhabenden immediatstifftern dergleichen prae-
tendirn und einmahl für alle dhamit richtigkeit haben und sich nit von
session und voto ferners außchließen laßen wöllen, wan sich auch ehender
von newen mit den außwertigen cronen confoederirn solten. Imgleichen
hat mich der |:churfürstlich Brandenburgische adiunctus, der Wessen-
beckh:|, berichtet, daß es fast darauf gestanden, das es wehre zur separation
der stende außgeschlagen. Er hete es aber abgewehret, sagte aber dhabey,
daß ein oder zweie, so waß hitzig in votis sein, furnhemblich aber der
|:Braunschweig Lünenburgische abgeordnete Lampadius:|, ahn diesem
unweesen schüldig seie. So ist auch vorgestern der Heßen Caßlischer bey
unß gewest, admissionem ad sessionem praetendirt und uns umb einwen-
dung unser interposition bey denen catholischen stendten, dhamit ihme
die sessio nit entwehrt werde, anglangt. Wir haben uns aber entschüldigt,
daß ihme darin nit zur handt gehen khönten, weiln wir anderst instruirt,
den abgeordtneten auch ermahnet, daß man an Heßen Caßlischer seithen
andere consilia ergreiffen und die Kaiserliche ihnen gleichsamb angetragene
gnadt nit außchlagen, sondern den einmahl beliebten accord annehmmen
und ihnen selbst dardurch den zutritt zur session und stimb machen solten,
das es ie wieder alle billigkeit seie, denienigen zum rath zuzulaßen, der noch
wieder Kaiserliche Mayestätt in wapffen stehe. Der hat sich aber nit daran
gekehrt, sondern vorgeben, es seie die sach von den terminis des bemelten
accords schon abkhommen, wölte zwar nit underlaßen, von unsern erin-
nerungen bey seiner gnädigen fürstin und frawen gebührlich zu referirn,
versehe sich aber, man werde sich bedencken und ihme der session halben
ferners kheine hindernuß machen. Imgleichen hat sich auch selbigen tags
der Naßaw Sarbrückische angemeldt und auch die admission ad sessionem
praetendirt, deme wir ebenergestalt zur schüldigsten accommodation ver-
wiesen, daß ihme selbst den weeg dhadurch zur session eröffnen sölte. Muß
aber ein underlegtes werck sein, daß sich diese excludendi also zu einer
zeit angeben.
So hat auch mich, Crane, der |:fürstlich Mechlburgischer gesante:| berich-
tet, daß Ewer Mayestätt obristhoffmeisters, des graffen von Trautmans-
dorff, excellentz daherokhombst von denen Schweedischen ubel außgedeü-
tet würde, gleichsamb dieselbe zu beförderung dieser tractaten nit ange-
sehen sein khönte, obzwar die ursach solchs ires argwohns nit hinzusetzten.
Und erzehlete selbiger |:gesandter:| ferners, daß sich der duca di Longa-
villa iüngsthin alhie bei denen protestirenden gar höfflich insinuirt hete, ob
lebte die cron Franckreich der zuversicht, daß nachdeme sich dieselbe so
eiffrig umb der protestirenden privilegia und religionsfreyheit hette ange-
nhommen und so uberaus große kösten derentwegen angewendet, selbe
stendte sich gegen die cron danckbarlich bezeigen und deroselben nit miß-
gönnen, sondern vielmehr darin befordersamb erscheinen würden, wan sich
dieselbe etwoh darumb annemmen möegte, mit ein standt des reichs zu
werden; würden dhadurch den stendten soviel desto beßer zu assistirn und
dem hauß Österreich den daumen auf das aug zu halten (sollen die formalia
gewest sein), dhamit es nit weiters greiffe und die stendt untertrücke, gele-
genheit erlangen und der stende wolfahrt dardurch befördert werden.