Acta Pacis Westphalicae II A 2 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 2: 1644 - 1645 / Wilhelm Engels mit einem Nachtrag von Karsten Ruppert
Montag, den 24. Julii proponirt der Churbrandenburgische diesen morgen von
Oßnabruck kommender gesandter von Löben zween auß der Churcolnischen unndt
Bayrischen gesandtschafft zu ime auf begehren abgeordtneten, welchergestalt zue ime
der koniglich Schwedischer legatus Salvius dieser tagenn kommen unnd die anzeig
gethan, daß sein mitgesandter, herr Ochsenstern, von Munster auß allen bericht uber
das Lengerische conclusum empfangen, welches diesem der lengde nach subnectirt,
warinnen sie, Schwedische, durchauß nit willigen konndten, umb soviel weniger,
daß das ihr Kayserliche mayestät einrathende außschreiben absque praefixione
termini geschehenn soll, welches sie dahin verstehen mustenn, daß die Kayserliche
resolution entweder gantz eingestelt pleibenn, oder sichs doch damit noch lang
hinauß verweilen mogte, unnderdeßen die deputationsconsultationes per indirectum
eingefuhrt unnd die ubrige stenndt noch lenger ihres iuris suffragii privirt unnd von
den tractatibus außgeschloßenn wurden. Dahero man auf ein annderß unndt zutrag-
lichers mittel werde gedenckenn mußen, dergestalt, daß gleich wie das friedens-
werck alle des reichs stendt concernirt unnd angehe, also auch alle unnd iede ohne
vorbeygehung eines oder des annderen darzuzueziehen wehren. Solte aber diese ihre
erinnerung nichts verfangen, sondern man deren ungeachtet voriger opinion ver-
pleiben, ihro kayserliche mayestät bei diesem zuestanndt mit der resolution zuruck-
haltenn, die tractatus durch avocation der stendt, so zue Oßnabruck sich befinden,
zue Munster wollenn vortstellenn, unnd sie, die Schwedenn, aldort wolten sitzen
laßenn; werden sie eß innen fur sehr verkleinerlich unnd denn schimpff soviel da
großer achten, wan sich das Churmaintzische directorium, welches doch in specie
neben denn Churbranndennburgischen auff Oßnabruck mit innen zu tractiren depu-
tirt, gleichergestalt von dar anhero begebenn solte. Ihrestheils praetendirten sie ein
mehrers alß die anndere cronen nit, konndten sich aber auch nit geringer tractiren
laßen, unnd muste man also dahin die gedanckenn schlagen, daß ebensoviel stenndt
alß alhie zue Munster sich befunden auch dort zu Oßnabruck gegenwerttig weren,
unnd die tractaten ahn einem orth wie am annderen gefuhrt, gleichwoll doch pro
uno tractatu ahn beiden gehalten werden. Da man sich alßdan pro communicationibus
eines loci tertii würde vergleichenn, oder aber, wie vonn den Frantzosen unnd innen
beschehe, alternatim zue Munster unnd Oßnabruck zuesammenkommen konnen,
unnd damit man dan ahn winterszeit wegen anlauffung der Embß nicht gehindert,
were die zerfallene brucken, gleich davon die rudera sich zeigtenn, zu repariren, unnd
Churcollen alß landtsherr darzu zu ersuchen sein, der gemeinen wolfahrt diesen
dienst zue thun. Würde nun dieser ihrer vorschlag also angenommen unnd in obacht
gehalten, hette es dabey seine weg, wiedrigennfalß wolten sie sich außtrucklich
bedingt unndt entschuldiget haben, daß ihrerseits der sachenn sich weitter nit ahn-,
sonnderen solchenfalß derngleichenn extremitates fur die hanndt nemmen wurden,
warüber sich das werck gantz zerschlagen unnd das reich wol gahr zerscheitteren
gehen dorffte, zue deßen abwendung sie diese wahrnung bey zeitten thetten.
Der von Loben habe diß des Salvii anpringen bloß ad referendum genommen, davon
den Churmaintzischen und ubrigenn Churbranndenburgischen bericht zu erstatten,
deme mitanzuhencken der Salvius begehrt, daß mit dern geschloßener eroffnung des
Lengerischen vergleichs denn stennden so lang biß ein annders conclusum gefast,
eingehaltenn werden mögte. Falß auch vorhero bey innen, Schwedischen, was davon
angepracht werden solt, wurdenn sie solches fur einen sehr großen schimpff auf-
nemmen, unnd vielleicht dennen, durch welche das anpringen geschehe, auff der-
gleichen weiß wiederumb begegnet werden, so denn sachen anfangs nit wenig
schädtlich unndt hinderlich.
Von Löben machte den in Münster sich befindenden kurfürstlichen Bevollmächtigten den Vor-
schlag , das Lengericher Conclusum noch nicht den fürstlichen Bevollmächtigten mitzuteilen,
sondern sich wegen einer neuen Zusammenkunft entweder in Osnabrück, Lengerich oder einem
dritten Ort zu vergleichen und die Schweden zu den Verhandlungen einzuladen.
Am 25. Juli ist hierüber im Quartier Wartenbergs zwischen den kurfürstlichen Bevollmächtigten
beraten worden, wobei von Löben starck dabei bestanden, wie sie solches in ihrem voto
offters wiederholet, daß die cron Schweden bei guetem willen zu erhalten unndt
derselben gesandten petito moglichste satisfaction zue geben. Die kurkölnischen und
kurbayerischen Bevollmächtigten lehnten es jedoch ab, das einmal Beschlossene wieder umzu-
stoßen und fanden, daß die Schweden keinen Grund hätten, sich beschwert zu fühlen, zumahln
sie dadurch, daß die consultationes alhie zu Munster angestellet, nit praeteryrt,
sonnderen in deme viel mehrers honorirt, daß geschloßen worden, einen außschuß
auß allenn dreyen collegiis bey innen aldort zue laßen, mit welchem sie immediate
handlen kondten, so den Frantzosen nit geschehen, sonnderen alles ahn dieselbe
durch die mediatores gebracht wurde. Der modus consultandi gehe die Schweden nichts
an, dieser sei Sache des Kaisers und der Stände. Ihre Forderung, daß das corpus imperii novo
plane et inaudito exemplo ahn zweyen orten repraesentirt werden solte, lasse darauf
schliessen, daß sie ahn vortsetzungh der tractaten unnd befurderung des friedens
zumahlen keine beliebung trugen, sonnderen nur alles pro velle et videre contra
libertatem aufzutringen unndt ihrer intention nach zu dirigiren gedencken…