Acta Pacis Westphalicae III B 1,2 : Die Friedensverträge mit Frankreich und Schweden, 2. Teil: Materialien zur Rezeption / Guido Braun, Antje Oschmann und Konrad Repgen

Vorbemerkungen

Die heute übliche Feingliederung des IPO und des IPM in Paragraphen ist nicht von den Kongreßgesandten in Westfalen konzipiert worden, sondern rund zehn Jahre später entstanden. Allein das IPO wurde schon in Münster und Osnabrück in siebzehn römisch bezifferte Artikel eingeteilt

Unberücksichtigt bleibt dabei die Präambel oder das Prooem.
. Erst seit 1660 wird jeder dieser Artikel, mit Ausnahme von Art. I, II und VI, in einzelne Paragraphen unterteilt; insgesamt handelt es sich um 225. Im IPM folgen seit 1660 auf die Präambel 120 Paragraphen. Eine später häufiger anzutreffende Gliederung des IPM in römisch gezählte Artikel ist nicht mehr gebräuchlich.
Diese Einteilung der Verträge findet sich, wie erwähnt, noch nicht in den Ausfertigungen von 1648. Doch schon bald darauf hat es Versuche gegeben, die langen Texte numerisch zu gliedern und dadurch besser zitierbar zu machen. Es lassen sich mehrere derartige Untergliederungen nachweisen

Im folgenden werden nur die mit Ziffern versehenen Gliederungseinheiten beachtet. Darüber hinaus wird in Drucken des 17. und 18. Jahrhunderts gelegentlich innerhalb eines Abschnitts eine weitere Feingliederung vorgenommen, indem ein Satzanfang durch ein Spatium vom Ende des vorangehenden Satzes abgesetzt ist. Das bleibt hier unberücksichtigt.
, für das IPO vier und für das IPM sieben.
In den Urkunden von 1648 war das IPM nur in nicht gezählte Abschnitte gegliedert, während das IPO von Anfang an die besagten XVII Artikel, allerdings ohne weitere Unterteilung, aufwies. Nur Artikel V des IPO war schon 1648 in zwanzig Punkte unterteilt, was bis heute rezipiert, aber nicht mehr zitiert wird

Das IPO benutzt diese Artikel-Gliederung zu Querverweisen innerhalb des Vertrags; vgl. die Verweise in Art. V,24, Art. V,26, Art. V,29, Art. XI,3 und Art. XII,3 IPO. Die zwanzig Gliederungspunkte des Art. V rühren, mit einigen Veränderungen, von einem ksl. Schriftsatz von 1646 Juli 12 und einem protestantischen von 1647 März 7 (Texte, noch in 22, nicht übereinstimmende Betreffe gegliedert: Meiern, APWP III, 193–199 , und IV, 89–99 [lat.], 99–109 [dt.]) her.
.
Die Gliederung beider Friedensverträge nach der heute üblichen Zitierweise erscheint zum ersten Mal 1660. Sie findet sich in einer offiziösen Gesamtausgabe aller Reichsabschiede und in einer zugleich publizierten

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Einzelausgabe des Jüngsten Reichsabschieds

Siehe Aller Deß Heiligen Römischen Reichs gehaltene Reichstäge / Abschiede. (1660) sowie Abschiedt Der Rö. Kay. Mt. (1660) (vgl. S. 170 Titel 15–16 und S. 187 Titel 12–13). Von der Gesamtausgabe der Reichsabschiede erschienen damals mindestens vier Ausgaben; Weizsäcker unterscheidet drei Titelauflagen und zwei Druckausgaben. Eine der Druckausgaben enthält Zählfehler, die in der anderen berichtigt sind: Im IPO ist Art. V,20 doppelt gezählt, so daß Artikel V nur 57 Paragraphen enthält; im IPM erscheint zweimal § 19, und daher ist bis § 54 IPM die Zählung um eine Ziffer zurückgesetzt.
. Wie der Verleger Johann Sibert Heyll dem Leser mitteilte, hatte er im Auftrag des Kurmainzer Hofes alle Reichsabschiede in kleinere, numerisch bezifferte Einheiten aufschlüsseln

Im Vorwort des Verlegers von 1660 (zit. auch von Weizsäcker, XXXVII) heißt es, Kurfürst Johann Philipp von Schönborn und seine geheimen Räte hätten es für rathsamb und nützlich erachtet [...] die Paragraphos mit numeris zu distinguiren. In dem erstmalig beigefügten Generalregister aller Reichsabschiede wird für die Referenzen auf IPO und IPM diese Artikel- und Paragraphenzählung neben der Seitenzahl verwendet.
und ein allgemeines Register anfertigen sollen. In dieses Vorgehen wurden die 1654 in den Reichsabschied inserierten Westfälischen Friedensverträge einbezogen. Während die 1660 entworfene Paragraphenzählung des IPM mit der heutigen übereinstimmt

Bei der Edition des IPM in Teilband 1, 17 Z. 13–16, ist ein Fehler unterlaufen: Bis 1996 grenzen die vollständigen Textausgaben des IPM (mit der Gliederung in 120 Paragraphen) ihre §§ 54–55 IPM anders ab als die entsprechenden §§ 7–9 des Art. XV IPO: § 54 endet mit dem durch Quod si vero quaestores eingeleiteten Satz; § 55 beginnt folglich mit den Wörtern: Simulac vero domina. Duchhardt / Jakobi (II, 65) hingegen haben für § 54 und § 55 den Text ebenso getrennt wie Art. XV,7 und Art. XV,8 IPO. In Teilband 1 bin ich ihnen darin gefolgt. In Teilband 2 und 3 wird das Problem umgangen: beide Paragraphen werden nur noch als fortlaufender Text gebracht, also §§ 54–55 IPM = Art. XV,7–9 IPO.
, unterscheidet sich die heute gängige Unterteilung des IPO von der damaligen Gliederung in zwei Punkten: Art. IV,48 begann einen Satz später (Incipit: Processus autem hactenus), und in Art. X wurden neben der Paragraphenzählung mit arabischen Ziffern in den §§ 2, 6–7 und 9 sowie in den §§ 12–14 römische Ziffern von I bis VII ausgedruckt. Beides wurde in den Ausgaben der Reichsabschiede von 1666, 1692, 1707 und 1720

Vgl. oben S. 171f, 175f Titel 18, 36, 58, 78.
beibehalten und in andere Nachdrucke der Friedensverträge übernommen (z. B. Pfanner, Recessus Imperii, Cortrejus, Ziegler

Vgl. oben S. 173–176 Titel 43, 52–53, 64 und 69.
). Jedoch benutzte schon Rhetz 1683

Vgl. oben S. 171 Titel 25.
die heutige Abgrenzung zwischen Art. IV,47 und Art. IV,48 IPO und tilgte die zusätzlichen römischen Ziffern in Art. X. Ebenso verfuhren neben anderen die im 18. Jahrhundert weit verbreiteten Quellensammlungen von

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Schmauss und Struve von ihren ersten Auflagen (1722 und 1726

Vgl. oben S. 177 Titel 82 und 87.
) an. Schließlich wurde der Abdruck des IPO in der Neuen und Vollständigeren Sammlung der Reichs- Abschiede von 1747

Vgl. oben S. 180 Titel 114.
an diesen zwei Stellen entsprechend geändert. Damit erlangten diese beiden Modifikationen der ursprünglichen Gliederung gleichsam offiziösen Charakter und setzten sich in Deutschland – ebenso wie die seit 1660 bekannte Zitierung des IPM nach 120 Paragraphen – aufs Ganze gesehen durch

Die Paragrapheneinteilung beider Verträge, die, wie erwähnt, nicht das Werk ausgewiesener Kenner der Friedensverhandlungen und der behandelten Materien gewesen ist, stieß im Detail auch auf Kritik, vgl. z. B. Senckenberg, 90 Anm. o und 99 Anm. x.
.
Allerdings war zur gleichen Zeit unter Reichspublizisten für das IPM eine zusätzliche Artikelgliederung üblich geworden, indem man den Vertragstext (neben den 120 Paragraphen) in siebzehn größere Einheiten, als „Capita“ oder „Artikel“ bezeichnet, aufteilte. Sie war von Christian Gottfried Hoffmann 1720 eingeführt worden, der zeigen wollte, daß die Abfolge der Regelungen des IPM weitgehend dem Aufbau des IPO entspreche

Hoffmann, Series II, 333–394 (vgl. S. 192 Titel 67). In der Überschrift verweist er auf seine ebenda I, 82–86, veröffentlichte delineatio des IPM. – Hoffmann gliederte auch den Schluß von Art. V IPO anders, als es bis dahin gängig geworden war. Vielleicht folgte er darin dem anonym erschienenen Kommentar von Otto (1688, 1697; vgl. S. 172 Titel 31 und S. 173 Titel 42); vielleicht hatte er auch die fehlerhafte Sammlung der Reichsabschiede von 1660 (vgl. oben Anm. 4) zur Hand und versuchte, auf diese Weise die inkorrekte Zählung in Art. V IPO auszugleichen. Jedenfalls zog er den üblich gewordenen § 54 des Artikels V zu § 53, zählte die früheren §§ 55–56 als An. V,54–55 IPO und ließ mit Caetera in aulico non minus einen neuen § 56 beginnen. Ihm folgten darin u. a. mehrere maßgebliche reichsrechtliche Kompendien ( Schmauss in allen Auflagen, Struve, Rother, Gundling, Gritsch und Waizenegger; vgl. S. 177–182 Titel 82, 88, 97, 113, 123, 129 und 139 sowie 87 und 96, außerdem 86, 98–99, 101 und 118). Trotzdem setzte sich weder diese Unterteilung des Schlusses von Art. V IPO durch noch eine von Scheidt (vgl. S. 181 Titel 120) verwendete, von § 44 an abweichende Paragraphenzählung des Art. V.
. Von ihm wurde die Siebzehn-Artikel-Zählung in einige gängige Quellenwerke des Jus publicum ( Schmauss, Rother, Struve, Gritsch, Kahle

Vgl. oben S. 192–196 Titel 69, 74, 91, 97, 101 und 108 (für Schmauss), 72 (für Rother ), 73 und 81 (für Struve ) sowie 83 und 90.
) und schließlich in die bekannte Sammlung der Reichsabschiede von 1747

Vgl. oben S. 194 Titel 92.
übernommen. Mindestens bis Anfang des 20. Jahrhunderts blieb sie geläufig

Noch 1908 verwendeten Hinschius/ Sehling sie.
, kam dann aber außer Gebrauch.

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Demgegenüber erlangten die ältesten, von der Wiener Druckerei Cosmerovius verwendeten Gliederungen beider Friedensverträge niemals größere Verbreitung, obwohl sie aus der offiziösen kaiserlichen Offizin stammten und wahrscheinlich schon auf dem Friedenskongreß bekannt gewesen waren

Senckenberg, VII Anm. h, verweist auf ein durch eigenhändigen Vermerk und handschriftliche Notizen ausgewiesenes Exemplar eines IPM-Drucks des kaiserlichen Gesandten Volmar (vgl. S. 671 Anm. 17), in das Volmar diese Untergliederung des IPM mit eigener Hand eingetragen haben soll. Ob Volmar der Urheber dieser Einteilung ist, wie Senckenberg, ebenda, vermutet, steht dahin. Volmars eigene und die zweiten bisher bekannt gewordenen Merkverse über das IPM (vgl. S. 680 und 683) setzen die Kenntnis der von Cosmerovius benutzten Einteilung des Vertrags in dreizehn Artikel voraus.
. Cosmerovius nahm in seinen 1648 erschienenen lateinischen und deutschen Drucken beider Friedensverträge eine Untergliederung in Artikel, Paragraphen und Versikel vor, die sich beim IPM, das in dreizehn Artikel unterteilt wurde, deutlich von der heute üblichen Aufteilung unterschied

Die Untergliederungen in den bei Cosmerovius verlegten lat. Textausgaben des IPO und in seiner dt. Übersetzung (vgl. oben S. 58f Ausgaben 33–34 und S. 90–93 Ausgabe 52) stimmen mit einer Ausnahme überein: Am Ende von Artikel IV des IPO faßt die dt. Ausgabe die Regelungen für die Amnestie der Kriegspersonen und insbesondere der habsburgischen Untertanen (in der lat. Ausgabe §§ 49–53, nach heutiger Zählung Art. IV,51–55) zu einem Paragraphen 49 mit fünf Versiculn zusammen. Der vierte Artikel enthält deshalb nur 51 Paragraphen statt 55 in der lat. Ausgabe (und 57 nach der heutigen Zählung). In der Sache folgt Cosmerovius hier seiner lat. und dt. Ausgabe des IPM (vgl. oben S. 100f Ausgabe 58 sowie S. 124f Ausgabe 75), die ebenfalls diese besondere Amnestieregelung als eine numerische Einheit auffassen (hier Art. IV § 34 versicul 1–5 IPM, nach heutiger Zählung §§ 40–44 IPM).
. Die Verleger der anderen Nachdrucke von 1648–1650 folgten ihm nicht, da sie sich mehr an die vom Kurmainzer Reichsdirektorium veranlaßten Publikationen hielten, die diese Unterteilung nicht aufwiesen. Nur zwei in den fünfziger Jahren des 17. Jahrhunderts erstellte Register der Friedensverträge legten die Wiener Gliederung zugrunde

Instrumentorum Publicorum [...] Index realis (1653) und Indices Reales (1659); zu diesen vgl. Teilband 3, 12f. Auch Hackmann kombinierte in seiner 1708 erschienenen Übersicht über die beiden Friedensverträge beim IPM die Einteilung in 120 Paragraphen mit den dreizehn römisch gezählten Artikeln von Cosmerovius.
.
Auf eine ebenso geringe Resonanz wie Cosmerovius stießen einige im Ausland um die Wende vom 17. zum 18. Jahrhundert konzipierte Gliederungen der beiden Friedensverträge. In einer Sammlung völkerrechtlicher Verträge von 1698

Recueil De Tous Les Traités (vgl. S. 190 Titel 42).
wurde die französische Übersetzung des IPM in 125 Punkte unterteilt

Dort mit römischen Ziffern bezeichnet. In der folgenden Tabelle (Nr. 1) sind aus Platzgründen und um der Übersichtlichkeit willen dafür arabische Ziffern benutzt.
. Die Herausgeber der postum erschienenen

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Ausgaben der für Frankreich grundlegenden Reichsgeschichte von Heiss von Kogenheim aus den Jahren 1711, 1715, 1731 und 1733 nahmen für das IPM eine Aufgliederung in 84 (römisch bezifferte) Punkte vor. Im großen und ganzen folgten sie der französischen Zusammenfassung des IPM von 1648, dem Sommaire

Text hier S. 507–657 in der Synopse die rechte Spalte. Für die späteren Auflagen von Heiss vgl. S. 175f, 178, 191, 193 Titel 68, 73, 92, 95 sowie 60, 64, 78, 80.
, mußten allerdings die dort vorgenommenen Auslassungen und Umstellungen von Paragraphen ausgleichen. Das IPO unterteilten sie in die geläufigen XVII Artikel, wichen aber bei der Untergliederung der Artikel in Paragraphen mehrfach von der im Reich üblichen Gliederung ab. Ebenso, allerdings mit anderen Modifikationen, verfuhren die Bearbeiter einer englischen Übersetzung des IPO, die wahrscheinlich 1713 zum ersten Mal veröffentlicht wurde

In A General Collection of Treatys II, 347–445 (vgl. oben S. 176 Titel 70 und, für die zweite Auflage, S. 178 Titel 94), allerdings unvollständig: sie reicht nur bis Art. XVI,11 IPO; diese Übersetzung mit ihrer spezifischen Untergliederung ist in The Consolidated Treaty Series, Volume I (1969; vgl. S. 184 Titel 159), übernommen worden.
. Die englische Übersetzung des IPM, die drei Jahre zuvor erschien

Ebenda [I], 1–38; vgl. S. 191 Titel 58 und, für die zweite Auflage, S. 193 Titel 79.
, zerlegte diesen Vertrag in 128 römisch bezifferte Abschnitte, bei denen für einige ein bis dahin und auch später nicht gebräuchlicher Anfang gewählt wurde. Schließlich hat Henri Vast 1893 in seiner Edition der in Paris liegenden Urkunde des IPM die in der Vorlage gesetzten 124 Abschnitte durchgezählt und als Untergliederung verwendet

Vgl. S. 196 Titel 115. Zu seinem Vorgehen vgl. Vast, 11. Diese Gliederung wurde von Zeumer in die erste Auflage seiner Quellensammlung (S. 197 Titel 117) übernommen.
– eine Entscheidung, die sich ebensowenig wie das in England gewählte Verfahren oder das Vorgehen der Bearbeiter der Vertragssammlung von 1698 und der Herausgeber der späteren Ausgaben von Heiss von Kogenheim gegen die im Reich üblich gewordene, vom Mainzer Kurerzkanzler 1660 initiierte Zitiermethode beider Verträge durchsetzen konnte.
In den beiden folgenden Aufstellungen (Nr. 1 und 2) sind einige der in den späteren Textabdrucken verwendeten Untergliederungen zusammen mit den Initien der Paragraphen und Versikeln zusammengestellt

Eine ähnliche, allerdings weniger detaillierte Aufstellung bei Senckenberg, 227–239.
. Neben der heute üblichen Zitierweise werden für das IPO drei andere Zählweisen der Artikel und Paragraphen dokumentiert, für das IPM sechs. Nr. 3 bietet eine alphabetische Liste der Initien aller heute üblichen Paragraphen von IPO und IPM mit dem Konkordanzvermerk.

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