Acta Pacis Westphalicae III A 3,4 : Die Beratungen des Fürstenrates in Osnabrück, 4. Teil: 1646 - 1647 / Maria-Elisabeth Brunert
135. Sitzung des Fürstenrats (sessio publica XL) Osnabrück 1647 Mai 17/27
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Braunschweig-Calenberg B I fol. 441’–443’ (= Druckvorlage); damit identisch Baden-
Durlach A I fol. 453–455, Braunschweig-Celle A I fol. 129–132’, Braunschweig-Wol-
fenbüttel B I fol. 366–369’, Braunschweig-Wolfenbüttel C I fol. 453–456, Hessen-Kas-
sel A XIII fol. 469–470’, Magdeburg E fol. 566’–569’, Magdeburg Ea fol. 660–661’, Pom-
mern A I fol. 533–534’, Sachsen-Altenburg A II 1 fol. 463–464, Sachsen-Gotha B IV
fol. 316–318’ und 320–321, Sachsen-Lauenburg B S. 895–901, Grafen von Schwarzburg
A I fol. 366–368, Wetterauer Grafen ( Nassau-Dillenburg) C 2 fol. 127–129’, Wetter-
auer Grafen ( Nassau-Saarbrücken) A III 4 fol. 320–321’, Wetterauer Grafen ( Ysen-
burg ) A I unfol., Württemberg A I S. 908–912, Würzburg A I 1 fol. 278’–281, Druck:
Meiern V, 294f.; vgl. ferner Magdeburg D fol. 343–344’ (Mitschrift).
Beratungsvorlage: Schreiben der kaiserlichen Gesandten in Münster von 1647 V 8 mit drei
Beilagen
An das Kurmainzer Reichsdirektorium. Text, diktiert Osnabrück 1647 V 14 durch Kur-
mainz: Meiern V, 290 f. Inhalt: Unter Verweis auf die Beilagen überlassen es die ksl. Ges.
dem Reichsdirektorium, ob sich die gesamten Rst. gemäß der Intention des Ks.s wegen des
Reichslehens Boxtel an die Gst. und die Regierung der Span. Ndl. wenden sollen. – Dazu
die Beilagen (diktiert Osnabrück 1647 V 14 und 15 durch Kurmainz): [1.] Vorladung des
Inhabers des Reichslehens vor den RHR wegen unterlassener Bitte um Investitur, Linz
1646 VI 28; [2.] Aufforderung des Ks.s an den Gouverneur der Span. Ndl., die Braban-
ter Lehnsbehörden zur Preisgabe der mißbräuchlichen Beanspruchung des Reichslehens
zu veranlassen, Linz 1646 VI 28; [3.] Ersuchen des Ks.s an die Gst., die mißbräuchli-
che Beanspruchung eines Viertels des Reichslehens abzustellen, Linz 1646 VI 28; Text:
Meiern V, 291 –294. KFR, FRM und SRM hatten am 22. Mai 1647 darüber beraten
und Re- und Correlation gehalten; der SRO beriet gleichzeitig mit dem FRO darüber
( APW III A 1/1 Nr. 118; 6 Nr. 107). – Die Freiherrschaft Boxtel lag im Süden der Meierij
van s’Hertogenbosch, einem der vier Quartiere Brabants, das Oosterwijk, Kempenland,
Poeland und Maesland in der Umgebung der Stadt ’s-Hertogenbosch (Herzogenbusch in
Nordbrabant) umfaßte; Boxtel war der Hauptort von Oosterwijk. Das Exercitium reli-
gionis in der Meierij und ihre Zugehörigkeit zu ’s-Hertogenbosch, das sich seit 1629 in
der Hand der Gst. befand, waren strittig, so daß der Versuch, die Wiederanerkennung der
Reichsunmittelbarkeit Boxtels und damit die Erhaltung der kath. Religion durchzusetzen,
vor dem Hintergrund der span.-ndl. Verhandlungen in Münster zu sehen ist. Boxtel wurde
1356 als Reichslehen vergeben, war seit 1440 aber der Lehnsherrschaft der Hg.e von Bra-
bant unterworfen ( APW III A 1/1, 792 Z. 1ff., 11–17; Meiern V, 290 ; Moser, NTS IX,
881; Ersch / Gruber I.12, 164f.; Velthoven, 71–88, Karte nach 235; Poelhekke, 302f.).
Besitzer Boxtels, in der ksl. Vorladung falsch angegeben, war Ambrosius van Horne (de
Hornes), Gf. van Bassigny (de Baucignies), Baron van Boxtel (1609–1656, seit spätestens
1641 in span. Kriegsdiensten, 1646 VI 19 General). Er hatte Boxtel 1628 XII 13 in Brabant
zu Lehen genommen und blieb stets Anhänger Spaniens ( Denayer, [4]; Schwennicke
XVIII T. 65; Beermann, 63; Lorthiois, 56–60; van den Broek, 170f.). – Generalgou-
verneur der Span. Ndl. war 1644–1647 Manuel de Moura y Corte Real, marqués de Castel
Rodrigo, conde de Lumiares (gest. 1652), s. APW II B 5/1, 38 Anm. 10 und demnächst
Michael Rohrschneider: Der gescheiterte Frieden von Münster. Spaniens Ringen mit
Frankreich auf dem Westfälischen Friedenskongreß (1643–1649).
Sollen die Reichsstände die Generalstaaten und die Regierung der Spanischen Niederlande
schriftlich auffordern, bei Aushandlung des spanisch-niederländischen Friedens die Zugehö-
rigkeit des Reichslehens Boxtel zum Reich sowie Stand, Freiheit und Reichsunmittelbarkeit
seines Inhabers zu achten?
Eine Umfrage.
Beschluß, einstimmig: Zustimmung zur Proposition, Vorschlag zweier Reichsdeputationen in
dieser Sache.
(Im Rathaus zu Osnabrück). Vertreten: Salzburg (Direktorium), Bayern (durch Salzburg),
Würzburg, Sachsen-Altenburg, Freising, Sachsen-Coburg, Sachsen-Weimar, Sachsen-Gotha,
Sachsen-Eisenach, Brandenburg-Kulmbach, Brandenburg-Ansbach, Braunschweig-Celle
(durch Braunschweig-Wolfenbüttel), Braunschweig-Grubenhagen (durch Braunschweig-
Wolfenbüttel), Braunschweig-Wolfenbüttel, Braunschweig-Calenberg (durch Braunschweig-
Wolfenbüttel), Pommern-Stettin
Die Votenfolge müßte nach der Alternationsregelung (s. APW III A 3/3 [Nr. 95 Anm. 22] )
korrekt lauten: Mecklenburg-Schwerin und -Güstrow, Pommern-Stettin und -Wolgast,
Hessen-Darmstadt, Baden-Durlach.
Schwerin (durch Sachsen-Lauenburg), Mecklenburg-Güstrow (durch Sachsen-Lauenburg),
Sachsen-Lauenburg, Hessen-Darmstadt (durch Sachsen-Lauenburg), Anhalt, Henneberg,
Fränkische Grafen. (Zu den Gesandten siehe die Verweise im Vorläufigen Personenregister.)
Salzburgisches Direktorium. Praemissis praemittendis, die herrn
abgesanten würden aus der reichsdictatur empfangen unnd verlesen haben,
waß die Kayserlichen herrn plenipotentiarii der churfürsten, fürsten unnd
stände rähten, pottschafften unndt gesanten wegen des reichslehens Box-
telle zum nachdencken an hand gegeben, ob nemblich nicht auch im nah-
men churfürsten, fürsten unnd stände, maßen in ihr Kayserlicher mayestät
nahmen schon geschehen, sowol an die königlich Spanische regierung in
den Niederlanden alß an die herrn Generalstaden zu schreiben unndt sie zu
erinnern, damit dißfals bey vollenziehung des friedens zwischen Spanien
unnd Holland
men, sondern sölch reichslehen bey demselben unnd der inhaber bey sei-
nem stand, freyheit undt reichsimmedietät ungeschmelert gelaßen werde
etc. Weil nun dieser rahtgang dahin angesehen, das man hiervon deliberiren
unndt rahtschlagen wolle, so würden sie sich allerseits mit ihren beywoh-
nenden gedancken herauß- unndt darauf vernehmen laßen.
Salzburg. Demnach sie des hochwürdigsten etc. sonderbahres verlan-
gen unnd vorsorg dahin gestellet wüsten, das dem Heyligen Römischen
Reich an deme, was ihme rechts wegen zustehe, nichts entzogen werde, so
ließen sie ihnen gar wol gefallen, daß ihr Kayserlicher mayestät intention
zufolge sowol die Spanische regierung in denen Niederlanden alß auch die
herrn Generalstaaden durch schreiben oder eine deputation zu ersuchen,
damit bey dem zwischen ihnen beederseits erfolgendem friedensschluß die
reichsherrschafft Boxtelle in die tractaten und deren execution nicht einge-
flochten werde, sondern dieselbe ungeschmälert bey dem Reich unnd der
inhaber bey seinem freyen stand unndt reichsimmedietät unangefochten
verpleiben möge.
Bayern. (Per dominum directorem
Ob Zauchenberger, Motzel oder Reiter das Direktorium führte, konnte nicht ermittelt
werden. Wahrscheinlich war es Motzel, dessen Anwesenheit durch das Votum Freisings (s.
S. 247 Z. 10–13) gesichert ist; denn er hatte bereits im April 1646 das Direktorium im FRO
geführt (s. APW III A 3/3, 380 Z. 28f., 391 Z. 30f.).
cher anderer habenden verrichtungen entschüldigen, doch dabey dieses
anzeigen laßen, daß ihme seinestheils nicht zuwieder sey, sowol bey der
königlich Spanischen regierung alß denen herrn Staaden durch schreiben
oder deputirte dißfalß einzukommen, auf maße unnd weise, wie die herrn
Kayserlichen plenipotentiarii selbst es an die hand gegeben.
Würzburg. Wie Salzburgk etc.
Magdeburg. (War leibesbeschwerung halber nicht zur stelle etc.)
Pfalz-Lautern, -Simmern, -Neuburg, -Zweibrücken und
-Veldenz. Aberant, unndt erinnerte der Salzburgische herr director, Pfalz
Newburg würde sonder zweifel schon zu Münster votiret haben .
Sachsen-Altenburg. Billig were ihr Kayserlicher mayestätt allerunter-
thenigster danck zu sagen, daß sie sölche reichsväterliche sorgfalt trügen,
daß Heylige Römische Reich wieder zu seiner integrität zu bringen unndt
deßen iura zu beobachten, sintemahl sölches ein stück dero Kayserlichen
hohen ambts unnd dero Kayserlicher wahlcapitulation gemeeß sey
S. die Wahlkapitulation Ks. Ferdinands III. von 1636 XII 24, Art. III.3 (der Kg. will die
Rst. bei ihren Regalien und sonstigen Rechten schützen und beschirmen) und IX. 1–2 (der
Kg. soll nichts vom Reich ohne Zustimmung der Kf.en veräußern, sondern vielmehr mit
Rat der Rst. bestrebt sein, das dem Reich Entfremdete zurückzugewinnen), s. Christoph
Ziegler, 126 und 128f.
umb man auch Sachsen Altenburgischen theils der meinung, es sey billig,
daß ihr Kayserlicher mayestät churfürsten, fürsten unnd stände hierunter
an die hand gehen. Könne sich demnach mit Salzburg wol conformiren
und vergleichen. Nur allein gebe er noch dieses zu bedencken anheimb,
ob nicht diese beede mittel also zu combiniren, das zugleich an beede ohrt
geschrieben unndt dan auch eine deputation, so sich’s wolte practiciren
laßen, an beederseits herrn ambassadores
Peñaranda, Bergaigne und Brun sowie die Ges. der Gst. Barthold van Gen(d)t, heer van
Loenen und Meinerswijk (für Gelderland), Johan van Mathenes, Herr von Mathenesse,
und Dr. Adriaen Pauw (für Holland und Westfriesland), Johan de Knuyt (für Seeland),
Godard van Reede, heer van Nederhorst (für Utrecht), Frans van Donia (für Friesland),
Willem Ripperda (für Overijssel) und Adriaan Clant (für Groningen), s. APW II B 5/1
[Nr. 1 Anm. 15] . Von den ndl. Ges. war im Mai 1647 nur Barthold van Gen(d)t in Münster
( Dethlefs, van Gent, 223).
werde etc.
Freising. Wie Salzburgk, benebenst mit Sachsen Altenburg sich sowol
wegen Salzburg alß Freysingen conformirend, daß es nemblich coniunc-
tim beedes, durch schreiben unnd dann durch eine deputation, geschehen
könte etc.
Sachsen-Coburg. Wie Sachsen Altenburg, das nemblich beydes ge-
schehe etc.
Sachsen-Weimar, -Gotha und -Eisenach. Wie vor ihme Sachsen
Altenburgk etc.
Brandenburg-Kulmbach und -Ansbach. Wie Salzburgk.
Braunschweig-Celle, -Grubenhagen, -Wolfenbüttel und
-Calenberg. (Per herrn Dr. Kölern etc.:) Wie die vorsizenden.
Pommern-Stettin und -Wolgast. Wie Sachsen Altenburgk.
Baden-Durlach. Wie Saltzburg 〈und〉 Altenburg.
Mecklenburg-Schwerin und -Güstrow. (Per Sachsen Lawen-
burgk:) Ließe sich entschüldigen, conformire sich aber denen maioribus.
Sachsen-Lauenburg. Cum maioribus, wie imgleichen, doch suo loco
zu verstehen, wegen Hessen-Darmstadt.
Anhalt. Wie vorhin.
Henneberg. Wie Salzburg unndt Sachsen Altenburgk etc.
Fränkische Grafen. Cum praecedentibus conformibus etc.
Salzburgisches Direktorium. Pro concluso: Demnach der Römi-
schen Kayserlichen mayestät, unserm allergnedigsten herrn, für dero zu
erhaltung des Römischen Reichs tragende sorgfalt allerunterthenigster
danck zu sagen unndt ihr mit gehorsambster bezeugung billig unnd in
alle wege an hand zu gehen, so halte man dafür, das sowol die königlich
Spanische regierung in denen Niederlanden als die herrn Generalstaa-
den durch schreiben wie auch per deputatos aus allen drey reichsrähten
beederseits herrn ambassadors zu ersuchen, damit sie bey vollenziehung
des zwischen ihnen beeden getroffenen friedens zu nachtheil des reichs-
lehens Boxtelle nichts fürnehmen, sondern daßelbe bey dem Heyligen
Römischen Reich undt deßen inhaber bey seinem freyen standt unndt
reichsimmedietät geruhig undt unangefochten verpleiben laßen wolten
Dieser Beschluß wurde am 1. Juni 1647 dem KFR in Münster bekanntgegeben ( APW III
A 1/1, 802 Z. 15–19). Text (lat.) des hier beschlossenen Schreibens der Reichskurien an
die Gst. und mutatis mutandis an den neuernannten Gouverneur der Span. Ndl., Ehg.
Leopold Wilhelm, Münster 1647 VII 2: Meiern V, 296 f.; über die Deputationen wurde
nichts ermittelt. Über die Sache wurde in Osnabrück nicht mehr beraten, da die Rst. in
Münster (unter Beteiligung einer Reihe von Rst. n, die sonst in Osnabrück votierten) am
27. Juni 1647 über den Entwurf des genannten Schreibens abstimmten (s. [Nr. 137 Anm. 6] ).