Acta Pacis Westphalicae III A 1,1 : Die Beratungen der kurfürstlichen Kurie, 1. Teil: 1645 - 1647 / Winfried Becker

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Kurmainz . Sie stelzen in keinen zweiffell, eß werden die herrn gesanden
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sambt und sonders vernohmen haben, welchergestalt die fürstliche gesanden
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sich uber alle maßen hoch beschweren, daß mit ihnen biß dahero einige
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re- oder correlation noch communication durch die churfürstliche princi-
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palabgesandten nit, sondern nur allein durch die secundarios unnd secre-
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tarios umb deßwillen gehalten werden wolle, weyln sie denselben das
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praedicatum Excellentiae zue geben verweigert. Nachdemahln eß dan nu-
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mehr ahn deme, das die frembde cronen ihre replicas extradiren werden
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unnd solchem nach die notturfft erfordern würdt, daß man in publico zusa-
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menkomme und daruber consultation anstelle, die fürstliche abgesandte sich
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aber, maßen der Österreichische abgesandte Dr. Richterßberger (den sie
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vor wenig tagen, unnd zwar uff der protestirenden vermittelß eines auß-
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schueß beschehenes ansuchen von Oßnabrügg derentwegen expresse anhero
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zue ihnen geschickt) angezeigt, dahien außtrücklich erclärt, daß sie zue
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einiger re- oder correlation zue schreiten nit gedächten, eß hetten dann die
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churfürstliche solcheß wieder das herkommen angemastes praedicatum
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Excellentiae wiederumb abgeschafft, allß werde bey gegenwertiger session
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zue deliberiren stehen, ob den furstlichen gesandten in solchem ihrem
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suchen zue deferiren unnd das praedicatum Excellentiae begehrtermaßen
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zue cassiren oder waß etwan vor ein expediens zu ergreiffen, damit dieselbe
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in etwaß befriediget unnd die handtlung durch dieße strittigkeiten nit
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etwan verzögert werden;

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36–38 das – fallen] Fehlt in Kurtrier zA, spA, Kurköln zA I, spA I, Ib.
das praedicatum sogleich uff der fürstlichen abge-
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sanden begehren abzueschaffen oder zue cassiren, wolte ihnen bedencklich
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fallen. Der graff von Trautmansdorff

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Maximilian Gf. von Trauttmansdorff ( 1584–1650), 1609 Reichshofrat, 1623 Reichsgraf,
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Obersthofmeister, ksl. Prinzipalgesandter ( über ihn Dickmann S. 243f., 195f., ADB 38
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S. 531ff. , Gschliesser S. 183–185, Koch I S. 14ff., Wurzbach 47 S. 76–79, Zedler
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45 S. 261). Trauttmansdorff kam am 29. November 1645 in Münster an und reiste am 5. Dezem-
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ber
nach Osnabrück weiter.
hette den vorschlag zue Oßnabrügg

[p. 405] [scan. 529]


1
gethan, ob eß nit dahien zue richten,

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1–3 daß – gegeben] In Kurbayern K II, spA II zusätzlich: in pleno.
daß den churfürstlichen gesanden in
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Teutscher sprach ihr praedicat, wie im reich herkommen unnd breuchig,
3
gegeben, in Frantzößischer, Italienischer oder Lateinischer sprach aber bey
4
dem Venetianischen ambassadorn unndt churfürstlichen gesandten daß
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praedicatum Excellentiae gebraucht werde. Stelten solchem nach zue der
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herrn gesandten belieben, hierüber ihre beygehende gedancken zu eröffnen,
7
mit dem bedeuten, eß hetten sich die herrn gesanden erpotten, wan eß allein
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des Venetianischen ambassadors halben wegen der praecedentzstrittigkeiten
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zue thun, künfftig demselben dergleichen praedicat auch nit zue geben.

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Kurtrier . Sie hetten zwar keinen rechten fundamentalbericht, waß etwan
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zue annehmung dießes praedicats ursach geben, außerhalb weiln man gese-
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hen, daß der Venetianische ambassador sich deßen angemast, die churfürst-
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lichen gesanden aber mit demselben der praecedentz halber in strittig-
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keiten begrieffen, so hetten die churfürstlichen gesanden sich desen zue
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verhüetung besorgenden praeiudicii ebenmeßig underfangen müßen.
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Hielten, eß wehren dießes solche wichtige ursachen, crafft deren solches
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praedicatum wohl zue praetendiren unnd die furstliche gesanden sich dar-
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über so hoch nit zue beschweren. Sie müsten bekennen, daß dießes eine
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newerung; man wüste wohl, waß im reich herkommen unnd den gesanden,
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eß seyen standts- oder geistlicher personen, vor ein praedicat gebühre.
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Eß were aber dießes ein absonderlicher convent, da vast auß gantz Europa
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aller potentaten gesanden beysammen unnd die ehr, so den churfürstlichen
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gesanden gegeben werde, geschehe zue erhaltung des Römischen reichs
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hochheit.

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24–27 Hielten – solle] Fehlt in den anderen Überlieferungen; in Kurtrier zA, spA
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statt dessen: Beschwerden der Stände über die Titulatur sind auch deswegen nicht angebracht,
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weil diese inskünfftig underlaßen werden solle.
Hielten, den fürstlichen gesanden die erleuterung zue thun, daß
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dießes praedicat, so Keyserliche Mayestät selbsten unnd alle frembde cronen
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den churfürstlichen gesanden geben, ihnen ahn ihrem standt, auch sonsten
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nit nachtheilig sein solle; unnd wan man etwan zur re- oder correlation
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schreiten solte, würde zue ihrem belieben gestelt, unnd könte man conni-
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vendo geschehen laßen, ob sie solcheß geben wolten oder nit.

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29–33 Jedoch – verweigern] Abweichend Kurtrier zA, spA, Kurköln zA I, spA I,
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Ib, Kurbayern K II, spA II: Den Titel fallenzulassen, wird nachteilige Folgen bei Venedig
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und den auswärtigen Mächten haben; sie sind weder für noch gegen den Titel instruiert und
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zur Annahme jedes vernünftigen Kompromißvorschlags bereit.
Jedoch ver-
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hofft man, wan man etwan bey frembden außländischen zusammenkommen
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solte, sie würdten alßdan den churfürstlichen gesanden zue verhüetung
32
besorgenden praeiudicii das praedicatum Excellentiae zue geben auch nit
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verweigern.

[p. 406] [scan. 530]


1
Kurköln . Eß hetten die churfürsten des reichs sich dießes praedicat
2
Excellentiae nit auß ambition oder newerliche hocheit zu erlangen, angemast,
3
sondern wehre bloß darumb geschehen, weyln man darvorgehalten, daß
4
man dem Venetianischen ambassadorn hierin zue weichen nit verbunden
5
unnd, wan die Keyserliche den churfürstlichen gesanden solcheß praedi-
6
catum geben, die Frantzöß- und Spanische auch dergleichen thun würdten,
7
zuemahln wiederigenfalls, wan man dem Venetianer hierin ichtwaß nach-
8
geben solte, die Genueser, Holländer, Savoien unnd andere mehr denselben
9
folgen würden unnd also dem churfürstlichen collegio dardurch ahn seiner
10
hocheit nit wenig derogirt werden dörffte. Man were auff seiten des chur-
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fürstlichen collegii inn den gedancken gestanden, wann Ihre Keyserliche
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Mayestät den churfurstlichen gesanden dießes praedicat geben ließen, es
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werde bey andern auch die meinung haben, dan eß bey Ihrer Kayserlichen
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Mayestät allein stünde, ein- oder andern standt zu erheben; unnd wann
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von deroselben einer oder ander mehrers erhoben würdt, müste derselbe
16
von andern auch davor gehalten undt respectirt werden.

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Wegen der zu befürchtenden, von den Fürstlichen angedeuteten bößen sequelas
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mögte villeicht das vorgeschlagene mittell, das nemblich in Teutscher
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sprach die churfürstliche gesanden dem herkommen gemees

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19–20 in – congressibus] Statt dessen in Kurbayern K II, spA II in pleno; laut Kur-
39
trier
zA, spA, Kurköln zA I, spA I, Ib bezieht sich Kurköln allgemeiner auf den in
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der Proposition erwähnten Vorschlag.
in publicis
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congressibus tractirt würden, nit außer acht zue laßen sein.

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Wann aber 2º die nottdurfft erfordern solte, daß die churfürstliche unnd
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fürstliche abgesanden absonderlich zuesammenkommen müsten, so geben
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den herrn gesanden zu erkennen, ob sie guthbefinden, allßdan das praedi-
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catum zue

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24 simuliren] Gemeint laut Kurtrier zA, spA, Kurbayern K II, spA II dissimuliren.
simuliren. Sie wehren zwar derentwegen nit instruirt, wolten
25
aber demnegsten heimberichten und um Bescheid nachsuchen. Sie ihrestheils
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hetten zwar dabey kein sonderbar bedencken, weyln Ihre Fürstliche Gnaden
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zue Oßnabrügg allß principalabgesandter ihres hohen standts halber mit
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solchem praedicat nit titulirt werden. Wann gleichwohl ubrige gesanden
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dafürhalten solten, sich bey allerseits principaln hierüber bescheidts zu
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erholen, werde man der sachen biß dahien einen anstandt geben müßen.
31
Solte man aber immittelß zusammenkommen müßen, werde nothwendig
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ein temperament zu gebrauchen sein. Solte man das praedicatum Excellentiae
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uff der fürstlichen gesanden anhalten gleichsamb per pactum nachlaßen
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unnd solcheß die frembde cronen verstehen, würdten sie von solcher titula-
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tur zue derselben nit geringer verkleinerung einen absprung nehmen.

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Kurbayern . Erinnern noch einmal an die vor etlichen Jahren erfolgte Privilegierung
37
des Venezianers am ksl. Hof; wären damals die Kurfürsten gefragt worden, gäbe

[p. 407] [scan. 531]


1
es jetzt keinen Streit. Erinnern an

33
1 die – Kurbrandenburgs] Statt dessen in Kurbayern K II, spA II, Kurtrier zA, spA:
34
die einhellige Meinung der kurfürstlichen Gesandten; Kurbayern im kurbayerischen Votum
35
durch Wiederholung früherer Argumente ausführlicher.
die Äußerungen Kurkölns und Kurbrandenburgs

2
auf der Lengericher Konferenz, wonach die Kurfürsten solange wie Venedig auf dem
3
Exzellenztitel beharren sollen, in erwegung man alhie vor allen potentaten
4
in gantz Europa versire unnd uff den wiederigen fall der Venetianische
5
vorgeben dörffte, allß wan er vor andern statlich tractirt worden wehre.
6
Die Fürstlichen haben keine Ursache, sich über die ksl. disposition zue beschwe-
7
ren, zuemahln man nunmehr vast in einem gantzen jahr durch underschiedt-
8
liche re- unnd correlationes gehalten unnd die churfürstliche principalge-
9
sanden jederzeit zue hauß plieben, welchem modo sie dan auch noch zue
10
inhaeriren vermeinten.

11

36
11–15 Sie – geben] Zusätzlich in Kurbayern K II, spA II, sinngemäß auch in Kur-
37
köln
zA I, spA I, I b: Es ist auch keineswegs sicher, ob der Venezianer die Fürstlichen
38
annehmen würdt ohne solches praedicat.
Sie vernehmen zwar, daß sich die furstliche gesanden erpotten, wan es
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allein des Venetianischen ambassadorn wegen zue thun, daß sie demselben
13
solches praedicatum auch nit geben solten: Sie besorgten aber, wan die
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frembde cronen solcheß vernehmen solten, […] sie würden eß gleicherge-
15
stalt zum großen affront der Kurfürstlichen nit geben.

16
Außerdem werden sich auch Niederländer und Schweizer wie der Venezianer
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titulieren lassen.

39
17 Dies – vorzutragen] Zusätzlich in Kurbayern K II, spA II: Besonders die Öster-
40
reicher
haben kaum Ursache, vom Kaiser Zugestandenes disputiren zu lassen.
Dies alles ist den Fürstlichen vorzutragen,
bevorab aber dabey
18
zue bedeuten, daß dießes alles ohne einiges praeiudiz geschehe unnd daß
19
sie ahn dießer ehr auch participirten,

41
19–20 zuemahln – seyen] Fehlt in Kurtrier zA, spA, Kurköln zA I, spA I, Ib.
zuemahln underschiedtliche von den
20
churhäußern selbsten seyen, unndt sie beneben zu ersuchen, dem vorigen
21
modo zue inhaeriren.

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Kurbrandenburg . Sie hielten dafür, eß könten die fürstliche den churfürst-
23
lichen gesanden dießes praedicat Excellentiae nit denegiren, zumahln Ihre
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Keyserliche Mayestät (alß von dero allß dem oberhaupt alle dignitäten her-
25
kommen, sie auch selbsten von deroselben ihren hohen standt hetten) ihnen
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solcheß zu geben nit verweigerten. So were dießes auch eine solche sach,
27
die sowohl ihnen allß dem churfürstlichen collegio zue ehren gereichig, dan
28
viele fürstliche von den churfürstlichen häußern herrürig unnd sie deßen
29
ratione successionis mit genießen

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29 theten] Zusätzlich in Kurbayern K II, spA II: Wollen die Fürsten aber die republic
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höcher ehren als die herrn curfürsten, folge unfehlbahr, das sie sich dardurch selbst
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ringeren.
theten. Die herrn churfursten begehrten
30
keine newerung einzuführen, sondern beim alten herkommen es allerdings
31
zue laßen. Haben den Titel nur wegen des Venezianers beansprucht. Dan wan sie
32
dem Veneto weichen solten, wurden die frembde auch eine nachvolg neh-

[p. 408] [scan. 532]


1
men und endtlich die churfürsten, consequenter auch die fürsten gahr zue
2
gering geachtet werden.

33
2–3 Sie – nachzugeben] Abweichend in Kurköln zA I, spA I, Ib: Sind auf ein medium
34
wie in propositione nicht instruiert; sowie Kurtrier zA, spA: will sich im Fall un-
35
nachgiebiger
Haltung der Fürstlichen die media circa distinctionem linguarum nicht
36
zu wieder sein laßen, fraglich ist, ob die Fürstlichen mit ihrer Weigerung dem Venezianer
37
gegenüber Erfolg haben werden; abweichend wiederum in Kurbayern spA II, K II: Haben
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Bedenken, vorgeschlagene media zu bewilligen, denn die auswärtigen Mächte werden den
39
Titel dann den Kurfürsten wieder entziehen.
Sie weren nit instruirt, ichtwaß, so der churfürst-
3
lichen hocheit zue nachtheil gereichig, nachzugeben. Müssen über diese die
4
kurfürstliche dignität betreffende Frage dem Kurfürsten berichten, auch mit ihren
5
Kollegen in Osnabrück sich in Verbindung setzen. Solte man gleichwohl immittelß
6
zusammenkommen müßen unnd darzue ein interimsmittel vorgeschlagen
7
werden, wolten sie sich derentwegen von den maioribus nit separiren.

8
Kurmainz . Sie hetten vernohmen, daß die herrn Churtrierische dafürhiel-
9
ten, es seye bey den bevorstehenden conferentiis den fürstlichen gesanden
10
freyzustellen, ob sie wolten den churfürstlichen gesanden das praedicatum
11
Excellentiae geben oder nit, die herrn Churcöllnische aber der meinung
12
weren, man hette zue befurderung der höchstnöthigen communication
13
mit den fürstlichen gesandten das vorgeschlagene mittel, waß nemblich in
14
Teutscher sprach vor ein praedicat zue geben, in publicis congressibus
15
zu conniviren. Die herrn Churbayerische hetten, soviell sie abnehmen mö-
16
gen, vor rathsamb erachtet, auß den angeführten motiven es bey Keyserli-
17
cher Mayestät dießfalls beschehenen verordtnung zue laßen und derent-
18
wegen den fürstlichen gesanden die notturfft zue remonstriren, mit denen
19
die herrn Churbrandenburgische auch einig,

40
19–31 jedoch – dient] Fehlt in Kurköln zA I, spA I, Ib.
jedoch mit dem anhang, da
20
man immittelß, biß sie vom Kurfürsten hieruber befelch erlangt unnd mit
21
andern ihren zue Oßnabrügg anwesenden gesandten dießfalls behörige
22
communication gepflogen, zum fall man zuesammenkommen solte, ein
23
mittel zu ergreiffen vor nöthig befinden würde, daß sie sich alßdan derent-
24
wegen von den maioribus auch nicht separiren wolten.

25
Erinnern daran, daß

41
25 auf – Wien] In Kurbayern K II, spA II neben dem Reichstag von 1641 und dem Kur-
42
fürstenkonvent
in Wien 1642 der Nürnberger Kurfürstentag von 1640 genannt. Laut Kur-
43
trier
zA, spA nimmt Kurmainz auf den Schriftwechsel zwischen Kurfürstlichen und
44
Venetianischen in anno 1636 undt 1641 Bezug.
auf die dem Kaiser auf den Konventen in Regensburg und Wien

26
vorgetragenen rationes, sein Dekret für Venedig zu kassieren, eine Entscheidung
27
nicht erfolgt ist. Der Kaiser hat nur verlautbart, er habe die Kurfürsten nicht
28
präjudizieren wollen, und zue dem endt den kurfürstlichen Gesandten bey dießen
29
tractaten den Exzellenztitel ertheilen laßen. Ihrer Meinung nach haben die Fürsten
30
keinen Grund zur Beschwerde über diese ksl. Verordnung, die der churfursten unnd
31
consequenter ihrer selbst unnd des reichs mehrer erhöhung dient. Da aber die
32
Fürstlichen nun jede Re- und Correlation und andere Konferenz ausschlagen wollen, falls

[p. 409] [scan. 533]


1
dazu nicht wie herkömmlich die kurfürstlichen Primargesandten erscheinen, so wehren
2
sie der meinung, sich mit denselben ehender einzuelaßen allß die sach inn
3
weitleufftigkeit zue bringen unnd nit etwa wiederigenfalls den frembden
4
cronen dardurch ursach zue geben, die handtlung noch ferner, zue des
5
heyligen Römischen reichs höchster vernachtheiligung, zue verschieben.
6
Nachdemahln gleichwohln die herrn Churcöllnische unnd andere gesandte
7
sich hieruber noch nicht instruirt befinden unnd daruber demnegsten
8
bevelch einzuholen erclärt, so hette man deren zuvorhero zu erwartten.
9
Solte gleichwohl man vor einlangung deren mit den fürstlichen gesanden,
10
bevorab bey vertrösteter extradirung der Frantzößischen unnd Schwedi-
11
schen responsionen, in deliberation unnd consequenter zur re- unnd
12
correlation tretten müßen, hielten sie dafür, ein solch expedient zu ergreif-
13
fen, crafft deßen die tractaten nit verschoben werden mögten, worzue dann
14
das Churtrierische vorgeschlagene mittell, daß man nemblich bey bevor-
15
stehenden conferentiis mit den fürstlichen gesandten des praedicati halber
16
zue dissimuliren hette, nit undienlich sein mögte, jedoch dergestalt, da
17
hernegst die herrn churfursten andere befelch ertheilen solten, das daruber
18
ein conclusion verfast unnd denselben inhaerirt werden. Wolten gleichwohl
19
die herrn gesandten uber solch interimsmittell nachmahls vernehmen.

20

36
20 Kurtrier ] Zu Beginn ihres Votums erklären die Kurtrierer laut Kurtrier zA, spA,
37
Kurköln zA I, spA I, Ib, daß sie erst jetzt aus den Voten die fundamenta, warauff
38
daß praedicat gegründet, eingenohmen.
Kurtrier . Die Fürstlichen hätten es durchaus bei der ksl. Verordnung belassen
21
können, zuemahln solcheß ihnen zue keinem praeiuditz, noch künfftig zu
22
mehrerer erhöhung des churfürsten- oder verringerung des fürstenstandts
23
gerreichen werde. In Anbetracht ihrer unnachgiebigen Haltung aber ist Kurtrier
24
nachmahls der meinung, man hette sie bey künfftigen zuesammenkünfften
25
gewehren zue laßen, waß sie den churfürstlichen gesandten vor ein prae-
26
dicat geben wolten, oder dem Österreichischen gesanden Dr. Richterßber-
27
gern anzuedeuten, daß die fürstliche den churfürstlichen gesanden in
28
verweigerung des praedicats Excellentiae in genere mit dem titul „Chur-
29
furstliche Abgesanden“ tractiren wolten. Wan die

39
29 catholische] Fehlt in den anderen Überlieferungen; in Kurbayern K II, spA II fehlt
40
29–31 Wan – practicirt].
catholische chur-, fursten
30
unnd anderer standt gesanden beysammen geweßen, wehre dießfalls kein
31
streit geweßen; hielten, eß könten solche mittell practicirt, die haubtreso-
32
lution aber, biß man befelch erlangt, hinderhalten werden.

33
Dafern man aber in particulari zuesammenkommen solte, stünde dahien,
34
ob die principales dabey sein oder wie sie sich etwan von ihnen tractiren
35
laßen wolten.

[p. 410] [scan. 534]


1
Kurköln . Wehren der congress zweyerley, nemblichen in publico et privato.
2
Heften dafürgehalten, wan man in publicis conferentiis werde zuesammen-
3
kommen, das man solcheß praedicat, „die Herrn Churfurstliche Gesanden“,
4
annehmen könte, welcheß man dan zue keinem praeiuditz außdeuten
5
könte, weyln es ein wordt, so sambtliche gesanden concernirt.

6
Belangend aber die particularcongress oder -ansprach, da gebe solcheß ex
7
parte Cölln wegen des reichsfürstlichen Titels Wartenbergs keine difficultäten.
8
Waß nun ubrige churfurstliche gesanden zu verantwortten getrawten,
9
stünd bey ihnen, unnd hetten sie ihnen hierin nichts vorzueschreiben,
10
sondern da mit ihnen fürstliche gesanden in conferentz zue tretten begehren
11
würden, werden sich dieselbe des praedicats halben zue verhalten oder bey
12
ihren herrn principaln befelchs zu erholen

28
12 wissen] Zusätzlich in Kurköln zA I, spA I, Ib: Wollen bei morgiger post um In-
29
struktion
bitten.
wissen.

13
Kurbayern . Hielten, den modum, wie dato beschehen, noch solang zu
14
gebrauchen, biß jede gesandtschafft solcheß ihrem herrn referirt unnd sich
15
befelchs erholet.

16
Kurbrandenburg . Eß wolte schwehr fallen, die sach, biß mann ein- unndt
17
andern ohrts befelch erlangt, auffzueschieben. Solte man dahiengegen icht-
18
waß, so der churfürstlichen authorität zuewieder, nachgeben, würdte
19
solcheß auch bedencklich sein. Hielten derowegen, ohne maßgebung,
20
immittelß in pleno et privato titul anzuenehmen, wie im reich bräuchig,
21

30
21–21/22 oder–titulirten] Dieser Vorschlag fehlt in Kurbayern K II, spA II, Kurköln
31
zA I, spA I, Ib; laut Kurtrier zA, spA hingegen ist er der einzige, den Kurbranden-
32
burg
gelten läßt.
oder zue dissimuliren, wie die fürstliche gesanden die churfurstlichen titu-
22
lirten.

23
Kurmainz .

33
23 Concludirten] Nach langwiriger underredungh laut Kurtrier zA, spA, per dis-
34
cursum laut Kurköln zA I, spA I, Ib; laut Kurbayern K II, spA II handelt es sich
35
um einen Beschluß per maiora, den Kurmainz durch nochmalige Umfrage hat vermeiden
36
wollen.
Concludirten, daß hiernegst in publicis congressibus zue ver-
24
hüetung mehrer weitleufftigkeit daß praedicat inn Teutscher sprach, wie im
25
reich herkommen, von den fürstlichen gesandten anzuenehmen.

26
Waß aber particularzusammenkünfften belanget, hetten die principalgesan-
27
den biß zue einlangung befelchs sich absent zue

37
27 halten] Zum Schlußproponiert Kurmainz laut Kurtrier zA, spA noch die fernere quaestion,
38
ob churfürstliche secundarien den fürstlichen primariis vor-oder nachgehen sollen,
39
so biß zu nechster zusamenkunfft außgestelt wirdt.
halten.

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