Acta Pacis Westphalicae III A 6 : Die Beratungen der Städtekurie Osnabrück: 1645 - 1649 / Günter Buchstab

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Herr Director proponirt: Es seye denen herren abgesandten vorgestriges
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tages, was von dem stättischen collegio zu Münster wegen der statt Hervordt
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schrifftlich anhero berichtet, von herrn Fürstenau daselbsten per memoriale
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gesucht und bey dem Churmaintzischen directorio verrichtet worden

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Schreiben und Memorial Fürstenaus vom 9./19. und 18./28. September 1647 in MEA FrA , RK )
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Fasz. 27; vgl. auch Schreiben Herfords vom 28. August 1647 an den Kurfürsten von Brandenburg
37
und seine Gesandten (Druck Meiern IV S. 757 –759).
, be-
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reits communicirt. Dieweiln nun darauß, daß dem werckh noch nicht ge-
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holffen, zu ersehen und die herren stättischen zu Münster der hiesigen bey-
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wohnende gedanckhen darüber zu vernemen begehren, alß werden verhof-
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fentlich die herren abgesandten ihnen nicht mißlieben laßen, ihre hiebey
28
führende gemüthsmeinungen zu eröffnen, inmaßen er sie darum dienstfleißig
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ersucht und gebeten haben wolte.

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Lübeck. Gleich wie sich an seitten der erbaren stätt, daß diese die statt
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Hervordt betreffende sach zu fürderlichster expedition gebracht werden
32
solle, leichtlich zu resolviren und man ihro gern geholffen sehe, also hette
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man ihro auch bestmöglichst an die hand zu gehen. Man habe zwar, was sich
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stättischen theils bey der sachen thun laßen wollen und der statt Hervordt zu

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1
statten kommen können, bereits gethan, stehe aber noch an, an effectuirung
2
jüngst per majora placitirten schreibens an den churfürsten zu Brandenburg.
3
Wiße also vast nicht, was ex parte der stätt, wie gern man auch gleich wolte,
4
dießfalls weitter vorzunemen sein möchte, sondern wolte vielmehr dafür
5
halten, weiln die stätt, wann sie nicht als ein collegium concurriren, für
6
partes angesehen werden dörfften, sie hetten in terminis consilii zu ver-
7
bleiben und den Hervordischen solicitanten dahin, daß er bey dem Chur-
8
maintzischen directorio zu Münster um schleunige expedition selbsten an-
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halte, anzuweisen. Wolte man aber dafür halten, daß die stätt bey Churmaintz
10
ohne verweiß oder verdacht einiger partheylichkeit etwas weitters der statt
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Hervordt zum besten per deputatos und durch zusprechen außrichten
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köndten, wolle er es ihme nicht zuwider sein laßen, besorge allein, es dörffte
13
von den höheren, sonderlich aber dem churfürsten zu Brandenburg, als der
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ohne das ein starckhes aug auff das stättische collegium dies orths werffe, ohn-
15
gleich angesehen werden und offension gebähren.

16
Nürnberg. Er habe sowohl das Münsterische schreiben als des Hervordti-
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schen deputirten eingereichtes memoriale gelesen und den mit der statt
18
Hervordt vorgenommenen process jederzeit also qualificirt befunden, daß
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man reichsstättischen theils nicht ursach habe, den fuchsen dabey zu strei-
20
chen, sondern sich vielmehr derselben omnibus modis anzunemen. Und
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gleich wie zu wünschen were, daß dasjenige, was hiebevor sowohl anseitten
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der stätt als auch von den Münsterischen chur- und fürstlichen in dieser
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sachen geschloßen, were attendirt worden, also wiße er nicht, wann man das
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jenige, was communiter für guth angesehen und per majora placitiret wor-
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den, zurückhalten wolte (maßen dann der clare augenschein, daß es an exe-
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cution des beliebten schreibens an den churfürsten zu Brandenburg erman-
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gele, zu erkennen gebe), weßen man sich zu versehen habe oder was bey der
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sachen weitter zu thun sein werde. Begehre sich zwar auch, wann man das
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hiesige Churmaintzische directorium ansprechen wolte, wiewohln es von
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keinem effect sein werde, nicht abzusondern, hielte aber für das beste, wann
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man den Herfordtischen deputirten mit seinem der attestation halben getha-
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nem petito ab- und dahin anweisen thete, daß er das werckh bey Churmaintz
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drüben zu Münster embsig treiben und, daß das bereits per majora geschlo
34
ßene schreiben an Churbrandenburg ehist zur expedition gebracht werden
35
möchte, alles vleißes solicitiren solle.

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Lindau. Es seye beschwärlich zu vernemen, daß das Churmaintzische
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directorium zu Münster zu außfertigung mehrbesagten schreibens an Ihre
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Churfürstliche Durchlaucht zu Brandenburg nicht verstehen wolle, da es
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doch anfangs gar willig und großen eyffer und willfahr dabey scheinen laßen,
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sogar daß auch Churbrandenburg sich darob beschwärdt und offendirt be-
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funden. Nachdem es aber damit auff eine änderung des conclusi außschlagen
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und die expedition des schreibens sich steckhen wolle, werde man besorglich
43
bey Churmaintz schlechten effect des ansprechens zu gewartten haben.

[p. 598] [scan. 670]


1
Deme aber seye, wie ihm wolle, hette man sich stättischen theils der statt
2
Hervordt eifferigst anzunemen und, dafern es verfangen wolte, dem hiesigen
3
Churmaintzischen directorio nomine collegii ebenmäßig hierunder beweg-
4
lich zuzusprechen. Laße sich nicht groß irren, daß die stätt bey dem chur
5
fürsten zu Brandenburg in den verdacht der partheylichkeit gerathen und
6
das stättische votum decisivum in dieser sachen angefochten werden möchte,
7
weiln solcher gestalt auch das churfürstliche votum, deßen collegii Chur-
8
brandenburg ein membrum, eben sowenig attendirt werden köndte. Dem-
9
selben aber vorzukommen, köndte der Hervordtische deputirte, daß er selb-
10
sten bey dem Churmaintzischen directorio das werckh eifferig urgire, ange-
11
wiesen werden. Wollte man aber auch nomine collegii civitatum bey dem-
12
selben der statt Hervordt sich noch ferners annemen und umb fürdersame
13
außfertigung offtermelten schreibens ansuchung thun, werde solches seinen
14
herren principalen und ihme gantz nicht entgegen sein.

15
Herr Director. Hette auß verlesung des Münsterischen schreibens und bey
16
geschloßenen memorials soviel befunden, daß man sich vornemblich auff
17
nachfolgende 3 quaestiones werde zu resolviren und endschließen haben:
18
1. Ob rathsam und dem publico verständig vorständig seye, daß mit außfertigung und
19
abschickung des für die statt Herfordt per majora guth befundenen schrei-
20
bens an Ihre Churfürstliche Durchlaucht zu Brandenburg noch länger cunc-
21
tirt und eingehalten werde. Obgleich berürte statt Herfordt ihren ersten
22
general gewaldt revocirt und durch ihre nach Cleve zum churfürsten ge-
23
schickte deputirte umb suspension des schreibens ansuchen laßen

41
Vgl. dazu R. Pape S. 93ff.
?

24
2. Was stättischen theils, zum fall vorgehende frag in negativam decidirt und
25
erörtert werden solte, zu beschleunigung der expedition noch ferners ge-
26
schehen köndte und in specie, ob die Kayserlichen herren plenipotentiarii
27
umb vermittelung zu belangen seyen?

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3. Ob dem sollicitirenden herren Antoni Fürstenau begehrtes attestatum
29
mitzutheilen, daß er fines mandati nicht überschritten habe, sondern viel-
30
mehr wegen seiner negotiation in des heyligen reichs schutz wider ohnbil-
31
lichen gewalt zu nemen und die statt Herfordt ihn und seine angehörige
32
deßwegen zu indemnisiren und schadloß zu halten schuldig seye?

33
So viel nun die erste frag betreffe, könne er keine genugsame ursach finden,
34
umb deren willen das bereits abgefaßte und per majora approbirte schreiben
35
noch länger auffzuhalten und einzustellen were, sondern halte vielmehr
36
dafür, daß daselbe umb verschiedener hochwichtiger motiven willen jüngst
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geschloßener maßen müglichst zu maturiren und zu treiben seye.

38
Dann es seye 1. in dem landfrieden literaliter versehen, daß den bekriegten
39
oder beschädigten ohnverzügliche hülff und beystandt oder rettung besche-
40
hen solle.

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1
Wann man sich 2. säumig dabey erzeigen solte, dörffte es das ansehen bey
2
Ihrer Kayserlichen Majestät und dem reichsfiscal gewinnen, ob trügen die
3
stände belieben an der that und wolten deßwegen wider den landtfriden
4
zum wenigsten heimlich, connivendo et ommittendo handlen und gevölgig,
5
weiln daßelbe in keinem weg geschehen solle, sich der daselbst bestimbten
6
poenen schuldig machen.

7
Weiln 3. der cammerrichter und urthelsprecher nicht allein auff anruffen der
8
bekriegten oder beschädigten parthey, sondern auch ex officio und von
9
ampts wegen wider die überfahrer, wie recht, procediren können, so werden
10
die stände des reichs oder der mehrere theil derselben, wann sie gleich Ihre
11
Churfürstliche Durchlaucht umb schleunige deslogirung ihrer völcker und
12
restitution der subjungirten subjugirten statt Herfordt mit einem freundlichen ersuch-
13
schreiben motu proprio anlangen und begrüßen, viel weniger zu ver-
14
dencken stehen.

15
In mehrer betrachtung, daß nicht allein die cammer von den ständen depen-
16
dire und also diesen nicht weniger als jener in anderen und dergleichen fällen
17
zu gelaßen, sondern auch 4. chur-, fürsten und stände des reichs bey denen
18
pflichten, aiden und gehorsamb, so sie der Kayserlichen majestät und dem
19
heyligen reich gethan haben und zu thun schuldig seindt, gehalten und ver-
20
bunden seyen, den landfriden auffrichtig, getreulich und gehorsamlich helffen
21
handzuhaben, zu schützen und zu schirmen. Wo sie sich anderst nicht denen
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darauff gesetzten straffen, der 2000 marck löthigen goldts und verlust aller
23
ihrer freyheiten und recht, so jeder von Ihrer Kayserlichen Majestät und dem
24
heyligen reich hatt, underwürfig machen wollen.

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Es köndte 5. bey fernerer verzögerung des wercks ein großes praejudicium
26
bey der statt Herfordt mit abnöthigung des homagii vorgehen und die
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hauptsach dadurch noch mehr verschwäret werden, inmaßen man Chur-
28
brandenburgischer seitten damit umbgehe, das werck so lang zu proteliren,
29
biß Ihre Churfürstliche Durchlaucht daselbsten ankommen und die huldi-
30
gung einnemen möchten, zu deren leistung die bürgerschafft, in hoffnung
31
ervolgender abbirdung obhabenden einquartirungslasts nicht ohngeneigt
32
sein dörffte. Der höchstschädlichen consequenz und nachfolg wie auch
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anderer inconvenienzien und zerrittungen, so auß der procrastination ent-
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stehen köndten, an itzo und zum 6. zu geschweigen, deren denen aber gleich wohl,
35
weiln das gantze Römische reich occasione diser hochärgerlichen that an-
36
einander erwaxen köndte, publicae tranquillitatis et securitatis causa sorg
37
fältig vorzukommen, cum quod exemplo sit fit , recte fieri putetur et cuivis con-
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tingere possit, quod cuiquam.

39
Und daran solle 7. nicht hinderen die suspensio des Chursächsischen voti,
40
weniger der hiesigen fürstlichen discrepanz, am allerwenigsten aber der statt
41
Herfordt selbst eigenes in contrarium beschehenes ansuchen.

42
Dann gleich wie auff alhiesige chur- und fürstliche, nachdem die majora
43
ohne sie gemacht und summum periculum in mora, desto weniger zu sehen,
44
weiln theils derselben, so wohl der strittigen Clevischen land alß künfftigen

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1
succession halben

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Andeutung des Jülich-Klevischen Erbfolgestreites, der nach dem Tode Hg. Johann Wilhelms von
37
Jülich, Kleve, Berg, Mark und Ravensberg 1609 ausbrach und in dem neben Brandenburg Habs-
38
burg
, Kursachsen und Pfalz-Neuburg Ansprüche erhoben (M. Ritter II S. 283ff.; E. Dösse
39
ler
S. 256f.; A. Gail; O. R. Redlich; K. Wolf; E. W. Zeeden S. 556–560).
, bey der sachen interessirt, theils der anderen parthey
2
mehr affectionirt, theils zu gleichförmigen proceduren, wann diese also ohn-
3
geandet ablauffen solte, nicht ohngeneigt sein möchten, also seye der statt
4
Herfordt sinn und gedancken nie anderst gewesen, dann allein dasjenige zu
5
verhütten, was zu besorglicher ihrer größeren beschwärung anlaß geben
6
möchte, maßen sie dann von den Churbrandenburgischen, daß solches ge-
7
schehen werde, wann das schreiben abgefaßtermaßen an Ihre Churfürstliche
8
Durchlaucht abgehen und deroselben ein fridbruch zugemeßen werden
9
solte, bereits beredt und betrohet seye. Im übrigen widerhole sie ihr erstes
10
begehren noch immerdar beständig, daß man sich ihrer umb des allgemeinen
11
interesse willen, mittleidenlich und außträglich dahin annemen wolte,
12
damit sie obhabenden lasts befreyet und in vorigen standt gestellet werden
13
möchte.

14
Die andere frag belangend halte er nicht davor, daß bey hiesigen Kayser-
15
lichen herren plenipotentiariis das ansprechen umb vermittelung, wann es
16
gleich vorgehen solte, großen effect gewinnen würdte. Vielmehr dörfften sie
17
sich mit dem defectu mandati gleichergestalt entschuldigen und bey Chur-
18
brandenburg nicht ohnwerth machen wollen, bevorab weiln sie schon ein-
19
mahl eine reproche vom Kayserlichen hov wegen des churfürsten von Cöln
20
bekommen haben. Herr generalcommissarius Blumenthal

40
Joachim Friedrich von Blumenthal (1609–1657), 1635 Direktor des kurbrandenburgischen
41
Kriegsrates, 1636/7 Gesandter auf dem Regensburger Kurfürstentag, 1641 Übertritt in ksl.
42
Dienste, 1642 oberster Kriegskommissar bei der ksl. Armee am Niederrhein, 1644 Reichs-
43
pfennigmeister, 1647 Reichshofrat, 1649 wieder im brandenburgischen Dienst (O. v. Gschliesser
44
S. 260f.; ADB II S. 752ff. ; NDB II S. 330f. ).
seye zu Cleve bey
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Ihrer Churfürstlichen Durchlaucht gewesen und zweiffelsfrey praeoccupiret,
22
von deroselben auch ein expresser nach dem Kayserlichen hov spediret
23
worden, das factum zu entschuldigen. Wann nun die Churbrandenburgische
24
der stätt vornemen in erfahrung bringen solten, würdten sie es dahin deut-
25
ten, ob hetten sie Ihre Churfürstliche Durchlaucht bey den herren Kayser-
26
lichen verhaßt machen wollen, wie sie ohne daß derselben bißherige vota
27
also auffgenommen haben. Ad extremum würdten die herren Kayserlichen
28
sich erbieten, das anbringen mit ihren herren collegis zu Münster zu commu-
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niciren. Wann nun dieselben keinen lust zur sachen hetten, were das an-
30
sprechen alhie vergebens. Verhoffentlich auch nicht von nöthen, wann dem
31
Churmaintzischen directorio zu Münster obangeführte fundamenta in namen
32
der samptlichen reichsstätt zu gemüth geführt und daneben zu verstehen
33
gegeben würdte, daß die Churbrandenburgische einwürff dadurch am aller-
34
besten zu hindertreiben und außzunemen weren, wann das concept schrei-
35
bens also eingerichtet würdte, ob ließen es die stände nicht auff ansuchen der

[p. 601] [scan. 673]


1
statt Herfordt, sondern ob interesse publicum imperii utpote in casu notorio
2
für sich selbsten abgehen. Theils in ansehung obhabender pflichten zu ernst-
3
licher manutenenz und handthabung des landfridens, theils zu verhüttung
4
befahrender höchstschädlicher consequenzen und weiln der scopus ac inten-
5
tio gegenwertiger tractaten principaliter dahin gerichtet, daß ein jeder stand
6
vor gewalt errettet, in pristinum gestellet und alles dahin vermittelt werden
7
möge, daß, wer zu dem anderen spruch und forderung hatt, solches an denen
8
enden und gerichten thue, da die sach vorhin zu außtrag verwisen gewesen
9
oder sonsten ihrer natur und eigenschaft nach gehörig seye. Were das Chur-
10
maintzische directorium dahin zu permoviren, stünde demselben nochmahln
11
frey, das geenderte concept in die reichsräthe noch einmahl zu bringen oder
12
bleiben zu laßen. Und hette man auff denselben fall der herren Kayserlichen
13
vermittelung nicht von nöthen, wolte man aber je etwas bey ihnen ex super-abundandi superabundanti
14
thun, ne quid omnissum omissum videatur, begehre er es seines theils
15
mehr zu promoviren alß zu verhindern oder schwär zu machen.

16
Des herren Fürstenaus begehren 3. anreichend seye demselben an seitten hie-
17
siger stätt bereits ein genügen in soweit geschehen, daß er fines mandati
18
nicht überschritten, sondern dasjenige allein gethan und negotiret habe, was
19
so wohl die generalitet seiner gehabten vollmacht zugelaßen alß die beschaf-
20
fenheit der sachen requiriret und erfordert habe, consequenter auch deret-
21
wegen von seinen herrn committenten nach besag der recht schadlos zu
22
halten seye. Solte es ihme darumb zu thun sein, daß von übrigen zu Münster
23
sich befindenden stättischen herren abgesandten ein gleichförmige attesta-
24
tion verfertigt würdte, hette er sich darumb, alß ohne das in loco befindlich,
25
bey denselben zu bewerben und das hiesige vorzuweisen. Nicht zweiffelnd,
26
er werde daselbsten ebenmäßige gratification erlangen. Vermög landfridens
27
bleibe er ohne das in des heyligen reichs schutz und schirm, seye also ohn
28
vonnöthen, ihn allererst diser sachen halben darein zu nemen.

29
Das begehren wegen arrestirung der anbringer seye impertinent und der
30
statt Herfordt abschrifftlich von guth befundenem schreiben zuzuschicken,
31
noch zur zeit nicht thunlich, theils weiln es nicht außgefertiget und zum
32
stand gerichtet, theils weiln die communicatio dem Churmaintzischen direc-
33
torio oder dem herrn solicitanten zustehe. Sie zur standthafftigkeit zu erin-
34
nern, werde endweder nicht von nöthen oder von keiner würckung sein,
35
bevorab, weiln die bürgerschaft auff Churbrandenburgischer seitten sehr
36
inclinire. Hette man also disem nach denen zu Münster subsistirenden
37
stättischen herren gesandten 1. für beschehene communication sowohl des
38
überreichten memorials alß der von dem Churmaintzischen directorio auff
39
gethane anmahnung erhaltenen resolution zu dancken, 2. dißorths vorkom-
40
mene underschiedliche bedencken ihrem begehren gemäs hinwiderumb ex-
41
tractsweis zu communiciren und sie 3. zu ersuchen, daß sie bey dem Chur-
42
maintzischen directorio in namen gesambter stätt noch eins beweglich ein-
43
kommen, umb änderung des concepts und möglichste maturation der auß
44
fertigung mit vorstellung darzu dienlicher rationum ohnbeschwärdt an-

[p. 602] [scan. 674]


1
suchung thun und, wie selbige abgeloffen seye, nach der hand hieher berich-
2
ten wollen wolten .

3
Solte dem Churmaintzischen directorio gefällig sein, die außdrückliche
4
meldung des fridbruchs in dem schreiben zu umbgehen, hette Chur-
5
brandenburg desto weniger ursach, offension darob zu nemen oder die
6
statt Herfordt deßelben endtgelten zu laßen, noch alhiesige fürstliche sich
7
davon zu separiren. Dann ob man wohl scapham scapham nennen dörffte et
8
ligonem ligonem, weiln jedoch veritas odium gebäre und juxta Senecam

38
Seneca BNF 4, 17, 02 De Beneficiis: Quis est, qui non beneficus videri velit qui non
39
inter cetera et iniurias opinionem bonitatis adfectet, qui non ipsis, quae impotentissime
40
fecit, speciem aliquam induat recti velitque etiam iis videri beneficium dedisse, quos
41
laesit?

9
nemo ita malus sit ut etiam velit videri malus, so köndte mentio pacifragii
10
wohl außen gelaßen werden, bevorab weiln qualitas facti auß deßelben umb
11
ständen und collation des landtfridens von selbsten resultire und erhellet erhelle ac
12
taciti eadem vis fit, quae expressi. Fiscalis camerae auch kein blatt vor das
13
maul nemen noch sich schämen werde, das factum mit seinem eigenen
14
namen hiernächst zu baptiziren. Dißorts aber man, partes accusatoris vel
15
judicis zu übernemen, nicht gemeint sein werde.

16
Conclusum. Verstehe demnächst die majora und den schluß dahin, daß das
17
Churmaintzische directorium zu Münster per deputatos collegiis collegii civitatum
18
noch einmahl angesprochen und vermittelst beweglicher remonstration in
19
landfriden enthaltener rationum umb schleunige außfertigung des an Ihre
20
Churfürstliche Durchlaucht zu Brandenburg abgefaßten und per majora
21
placitirten schreibens inständig ersuchet werden solle. Welches auch darumb
22
desto leichter werde geschehen können, weiln 1. res nicht mehr integra,
23
sondern schon ein ansprechen von denen herren stättischen zu Münster
24
geschehen seye und also 2. nichts neues dadurch gesucht, sondern dem vori-
25
gen begehren allein inhaerirt werde. Und ein solches 3. von denen Chur-
26
brandenburgischen, nachdem das schreiben bereits per majora guth befun-
27
den worden und die solicitatur allein auff expedition deßelben gehe, nicht
28
übel gedeuttet werden könne.

29
Verlaß darauff ein concept antwortschreiben antwortschreibens an die herren stättischen zu
30
Münster, darinnen dieselbe, umb befürderung des an Churbrandenburg diri-
31
girten schreibens bey Churmaintz anzuhalten, alles vleißes ersuchet werden.

32
Welches auch also beliebt und zur außfertigung gegeben worden.

33
Nächst disem proponirte der herr Lindauische abgesandte, was löbliche
34
statt Eßlingen an ihn 1. wegen der von denen Frantzosen ihro zumuthenden
35
überschwären kriegscontributionen und exactionen und 2. der cammer-
36
gerichts underhaltung halber besorgender process in schrifften klagend ge-
37
langen laßen

42
Eßlingens Finanzlage war schon vor Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges prekär und ver-
43
schlechterte sich durch Kontributionen und Einquartierungen in bedrohlichem Maße; die Kredit-
39
geber der Stadt konnten nicht mehr befriedigt werden, so daß sie schon 1640 vor dem Reichs-
40
kammergericht klagten und Exekution erwirken wollten (vgl. F. Blaich S. 226; E. Blaich
41
passim; R. Bührlen ; G. Buchstab S. 167, 189f.; zum Kreditwesen der Zeit allgemein F.
42
Blaich S. 225–235; G. Buchstab S. 167–170)
. Mit bitt, er woltte solche ihre beschwärdten dem collegio

[p. 603] [scan. 675]


1
gebührender maßen vortragen, der herren abgesandten vernünfftige ge-
2
dancken darüber in einem und dem anderen vernemen und sich ihrer bey
3
den herren Frantzosen oder wo es sonsten möglich, anzunemen, höchlichen
4
ersuchen, allermaßen er auch darumb gebetten.

5
Nürnberg. Gleich wie er sich gegen dem herrn Lindauischen für erstattete
6
communication der statt Eßlingen angelegenheiten freundlich bedancke,
7
also trage er mit derselben billich großes mitleiden, daß sie von denen Frant-
8
zosen solcher gestalt tractiret werde, und möchte wünschen, daß ein mittel,
9
dadurch ihro außträglich geholfen werden köndte, zu ersehen were. Seinen
10
herrn und oberen seye vast aber dergleichen von den Kayserlichen und
11
Schwedischen widerfahren; es haben aber die deswegen beschehene remon-
12
strationes nirgendts verfangen wollen, sondern seyen allezeit von hier weg
13
gewiesen worden, besorge also, man dörffte dißorths dergleichen abschlägi
14
gen bescheydt von den herren Frantzosen auch bekommen, zumahlen, wie
15
er berichtet seye, generalfeldtmarschall Turenne eine absonderliche ordre
16
und keinen respect auff die Frantzösische herren plenipotentiarios haben
17
solle. Wolle aber deßen ohngeachtet daßjenige, worzu er ohne das von
18
seinen herren und oberen instruirt und den stätten, in particulari aber der
19
statt Eßlingen, zum besten gereichen möge, allermöglichkeit nach befürde
20
ren helffen.

21
Lindau. Es seye wohl zu beklagen, daß die guthe statt Eßlingen mit der-
22
gleichen beschwärlichen contributionen und exactionen von den Frantzosen
23
angefochten werde. Wiße aber kein ander mittel, ihr zu helffen, alß wann der
24
liebe friden erhoben werden möchte. Stelle jedoch zum nachdencken, ob
25
man 1. die herren Schwedischen, daß sie die herren Frantzosen, die abstel-
26
lung solcher beschwärdten durch ihre intercessiones ehist abzuwenden, ver
27
mögen, per deputatos collegii ansuchen oder 2. immediate die herren Frant-
28
zosen deßwegen ansprechen und 3. mit denen herren stättischen zu Münster
29
darauß vorhero communiciren wolle? Könne aber, das vor erlangtem friden
30
weder auff eine noch die andere weise etwas außzurichten sein werde, nicht
31
erachten.

32
Herr Director. Was 1. löbliche löblicher statt Eßlingen geklagte kriegsbeschwärd
33
ten betreffe, seye zwar billiches mitleiden mit derenselben zu tragen und zu
34
wünschen, daß sich einig außträglich mittel, ihro solchen last abzubürden,
35
erzeigen möchte. Besorge aber, es werde die klag von denen herren Schwedi-
36
schen nicht angenommen und von denen herren Frantzösischen plenipoten-
37
tiariis an die generalitet verwisen werden, gestalt sie sich in allen derglei-
38
chen fällen bißhero mit dem defectu mandati et instructionis beständig excu-

[p. 604] [scan. 676]


1
sirt. Und dahero nicht vermuthlich, daß sie itztmahls ein andere resolution
2
ertheilen werden. Er habe von löblicher statt Ulm

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Vgl. Schreiben Ulms und anderer schwäbischer Reichsstädte vom 12. Juni 1646 (Druck Meiern
III S. 612f. ).
und Speyer

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Konzeptschreiben der Stadt Speyer (verfaßt von Dr. Markus Otto, ihrem Bevollmächtigten) in
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Strassburg AA 1140 fol. 58–58’, 59–59’.
dergleichen
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klagen auch bekommen, ihnen aber, daß weder bey einem noch andern theil
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etwas fruchtbarliches dißorths außzurichten seye, remonstrirt und sie zur
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gedult biß auff erfolgenden friden, mit welchem solche und dergleichen
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beschwärdten fallen und hingegen bey continuation des kriegs fort und fort
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und zwar dermaßen waxen, daß auch die libertet endlich zugleich damit
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periclitire, disponirt. Laße ihme zwar, daß bey den herren Frantzosen deß
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wegen ansuchung geschehe, gantz nicht zuwider sein, besorge aber, weiln
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man auch anderer stätt alß Ulm, Wormbs, Speyer, Weißenburg, Landau, Heil-
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bronn etc., denen dergleichen kriegsbeschwärdten nicht weniger auff dem
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halß liegen, dabey gedencken müßte, es dörffte die sach dadurch nur schwä
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rer gemacht werden.

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Was fürs andere die cammergerichtsunderhaltung betreffe, glaube er wohl,
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wann man sich schrecken laße, daß die cammer mit erkennung der process
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fürgehen dörffte, weiln aber das von chur-, fürsten und ständen in hoc
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puncto jüngsthin abgangene schreiben auff terminos possibilitatis expresse
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gestelt und eingerichtet, also köndte sich löbliche statt Eßlingen darauff fun-
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diren und ihre gravamina daneben deduciren. Auff allen fall habe sie sich
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keiner execution zu befahren, weiln vermuthlich, daß die benachbarten sich
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mit abstattung ihrer angebühr bey disen zeitten auch nicht praecipitiren
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werden. Worbey es auch verpliben und von dem herrn Lindauischen für
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eröffnete vernünfftige gedancken und anerbottene assistenz gebührender
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danck gesagt worden.

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