Acta Pacis Westphalicae III A 6 : Die Beratungen der Städtekurie Osnabrück: 1645 - 1649 / Günter Buchstab
Herr Director. Es habe gestrigen abend das Churmaintzische directorium
zur consultation ansagen und auff befragen, daß es umb die an den Brabanti-
schen gräntzen gelegene und zu dem Römischen reich gehörige gravschafft
Boxtell
Stadt, Schloß und Herrschaft Boxtel in der Meierei Herzogenbusch mit neun Dörfern (Provinz
Nordbrabant), ursprünglich Reichsleben und freie Herrschaft, 1440 von Hg. Philipp II. von Bur-
gund der brabantischen Lehenshoheit unterworfen, gelangte dann in den Besitz der Grafen von Horn
(nach APW [III A 1, 1 S. 790 Anm. 2] , dort auch weiterführende Literatur).
tractaten mit Holland obhanden, seyen die herren Kayserlichen sorgfältig
worden, es möchte vielleicht auch obbemelte gravschafft Boxtell darein ge-
zogen und dem heyligen Römischen reich durch entziehung derselben an
seinen juribus mercklich praejudiciret werden, haben zu solchem ende auch
verschiedene schreiben an die königliche Spanische regierung, die herren
Staaden und den possessoren deßwegen abgehen laßen. Nachdem sie aber,
daß sie ohne verfang sein wollen, abgenommen und verspürt, verhoffen sie
vermittelst der gesambten stände adsistenz und beyhülff ein mehrers zu er-
halten. Im übrigen halte er ohnnöthig, die wegen diser sachen per publicam
dictaturam communicirte schreiben
Gleichzeitig mit der Proposition an das Reichsdirektorium vom 8. Mai 1647 hatten die ksl.
Gesandten das Zitationsschreiben Kaiser Ferdinands II. an Gf. Albert von Horn und Beaucignies
als dem Inhaber des Reichslehens Boxtel sowie ksl. Schreiben an den Gouverneur der Spanischen
Niederlande und an die Generalstaaten vom Juni 1646 eingegeben, in denen verlangt wurde, Boxtel
wieder als Reichslehen anzuerkennen ( Meiern V S. 290–294; vgl. APW [III A 1, 1 S. 791 Anm. 1] ).
bige sonders zweiffel auch erhalten und durchgangen haben werden, abzu-
lesen, sondern wolle allein zu deroselben belieben stellen, ihre gemüths
meinung, was bey der sachen zu thun sein möchte, ohnbeschwärt zu eröff
nen.
Frankfurt sagt: Er halte dafür, soviel quaestionem an betreffe, es werden
alle stände dahin incliniren, daß, was zu erhaltung dises reichslehens immer
gereichen möge, in obacht zu nemen sein wolle. Seye sonsten lächerlich zu
vernehmen, daß man dasjenige, was an so weit abgelegenen orthen seye,
erhalten wolle, da doch viel andere importirende fürstenthumb und lande
von dem Römischen reich abgerißen werden. Circa modum werde man, was
die herren fürstliche dabey und ob an Ihre Erzherzogliche Durchlaucht
Ehg. Leopold Wilhelm von Österreich (über ihn oben [S. 366 Anm. 5] ).
deßwegen zu schreiben seye, für guth befinden werden, zu erwartten haben.
Repetire diß sein votum auch convenienti loco et ordine nomine Lübeck.
Regensburg sagt: Quaestio an seye dißorths leicht zu decidiren, zumahln ein
solches die Kayserliche capitulatio außdrucklich erfordere. Were auch deß
wegen der zusammenkunfft wohl nicht vonnöthen gewesen. Ratione modi
vergleiche er sich mit den majoribus und sonderlich der höheren stände
regierung, sondern auch die herren Staaden von Holland zu dirigiren. In
deßen aber der herren
Nürnberg. Weiln man dahin zu trachten habe, daß des heyligen Römischen
reichs splendor müglichst erhalten werde, wolle er vorige vota deßwegen
hierhero widerholet und, daß man Ihrer Majestät dißfalls schuldige adsistenz
leisten solle, placitiret haben. Ob es aber per modum deputationis oder
schrifftlich geschehen solle, conformire er sich auch mit denen majoribus
und sonderlich deren höheren ständen votis.
Memmingen. Weiln man in quaestione an richtig, ratione modi aber der
höheren stände gedancken erwartten wolle, wiße er an seinem orth nicht
beßer davon zu reden, alß bereits geschehen.
Herr Director. Er habe auch dafür gehalten, es were nicht nöthig gewesen,
daß man über diser sachen consultirt hette, seye quaestio an ohne das richtig
und nicht allein der capitulation gemäs, sondern
reichs authoritet und conservation deßelben glider, seye auch umb soviel
nöthiger, weiln dem Römischen reich ohne das viel länder und provincien
entzogen werden. Was aber den modum, und wie derselbe werckstellig zu
machen sein werde, betreffe, hette man der herrn Kayserlichen in disem
stück tragende höchstrühmliche sorgfalt nicht allein zu loben, sondern auch
dieselbe, daß sie in solcher höchstlöblicher intention continuiren wolten,
alles fleises zu ersuchen und sich zu möglichster assistenz an allen dien-
samen orthen erbietig zu machen, es geschehe gleich mündtlich oder schrifft-
lich. Stelte dabey auch zum nachdencken, ob man hac occasione, in dem
nemblich an die königliche Spanische regierung geschriben oder derensel-
ben zu Münster anwesende gesandtschafften per deputatos mündlich bespro-
chen werden solle, nicht zugleich der vormahls gebettenen abstellung der
durch die Brabantische bullen eingerißene mißbräuch und sonderlich der
daher rührende Millendonckischen arresten in dem concluso gedencken
solte? Und weiln die übrigen herren abgesandten ihnen solches wohl gefal-
len laßen, ist deme zuvolg das
Conclusum volgender gestalt abgefaßt und eingerichtet worden: Was der
Römischen Kayserlichen Majestät unseres allergnedigsten herren zu gegen-
werttiger allgemeiner fridenshandlung verordnete hochansehnliche herren
plenipotentiarii vermittelst des löblichen Churmaintzischen reichsdirectorii
an die samptliche stände des reichs wegen des reichslehens Boxtell gelangen
und zu derenselben guthachten stellen laßen, haben der erbaren frey- und
reichsstätt anwesende räthe, bottschafften und gesandten auch ihres orths
ersehen und darob sehr wohl und löblich gethan zu sein befunden, daß die in
allerhöchstgedachter Ihrer Kayserlichen Majestät und des heyligen Römi
schen reichs schutz und schirm begriffene, von außwerttigen gewalten mit
beschwärlichen aufflagen nicht graviret, weniger zu nachtheil, verringerung
und abbruch Ihrer Kayserlichen Majestät und des heyligen Römischen reichs
jurisdiction, authoritet und gerechtsame gantz abgerißen, sondern im ge-
gentheil bey ihrer immedietet, immunitet und freyheit gehandthabt und mit
ihren lehen und aigenthumb, in mehr allerhöchstgemelten Ihrer Kayserlichen
Majestät und des heyligen Römischen reichs treu und gehorsamb ohnge
schwächt erhalten werden. Deretwegen auch sich ohn einig hinderdencken
damit verglichen, daß Ihre Kayserliche Majestät höchstrühmlichsten inten-
tion zuvolg, die herren Staaden von Holland so wohl alß die königliche
Spanische regierung in denen Niderlanden, vermittelst eines im namen ge-
sambter stände des reichs beweglich abgefaßten schreibens und daneben
einer auß allen dreyen reichscollegiis gemachten deputation die zu Münster
anwesende königliche Spanische und Staadische herren gesandten, dem
inhaber obgedachten reichslehens nichts zu praejudiciren, sondern selbigen
bey seiner immedietet ohnperturbirt zu laßen, ersucht und disponirt werden
möchten.
Hie beneben wirdt stättischen theils auch gebührendes vleises gebetten,
eadem opera gegen die königliche Spanische regierung umb abstellung der
so genandten Brabantischen bull und daher rührenden, zu der commercien
eüsersten ruin beständig anhaltender excess, repressalien und thätlichkeiten,
solche remonstrationes und erinnerungen mit einzuwenden, wie in dem letz-
teren Regenspurgischen reichsabschiedt längst geschloßen und jüngst über
reichten etlicher, vornemlich
betten worden.