Acta Pacis Westphalicae III A 6 : Die Beratungen der Städtekurie Osnabrück: 1645 - 1649 / Günter Buchstab
Herr Director proponirt: Es seye zwar, wie bekandt, bey neulicher zusam-
menkunfft der verlaß, den von ihme bereits abgefaßten auffsatz in der Mil-
lendonckischen arrestsach abzuhören, genommen worden. Weiln aber in
deßen die herren Kayserlichen ihre erclärung in puncto gravaminum außge
stelt
Kaiserliche Erklärung in puncto gravaminum in Meiern IV S. 78–86.
zu schreiten, den vorigen auffsatz gegen disem zu halten und, wie weit sie
mit einander differiren, zu sehen habe, alß wolle auch stättischen theils die
nothdurfft dabey beobachtet sein. Zu solchem ende habe er ein Lateinisch-
und Teutsches concept, so viel die reichsstätt in particulari concernire, abge
faßt . Seye bey demselben aber, ob die antegravatae civitates hineinzubrin-
gen, darumb angestanden, weiln 1. derselben propria sedes bey dem termino
a quo, deme sie alß eine exceptio a regula immediate nachzusetzen, 2. dise
materia, da sie an zweyen orthen widerholet werden solte, nur desto odioser
würdte, hingegen 3. von desto größerem nachdruck sein würdte, wann die
herren fürstliche concurrirten und sich der sach, velut causae communis, zu-
gleich mit annemen theten, weiln 4. bey erster in puncto gravaminum
gehaltener session es bey dem 2. articulo der antegravatorum halben auff eine
specification gestellt worden und 5. zu befahren stehe, wann es bey der regul
nicht erhältlich, daß es bey der stätt articul noch viel weniger geschehen,
consequenter die repetitio an demselben orth vergeblich, und endtlich 6. der
articul solcher gestalt desto kürtzer sein würdte. Wolte aber beßere ge-
dancken gerne vernemmen.
Was 2. die reichspfandschafften betreffe, habe er selbige auch in dem auffsatz
darumb praeterirt, weiln von denselben an einem anderen orth und zwar art.
9 in specie gehandelt wirdt, sie auch deßwegen in die stättische differenzien
nicht mitkommen. Und die generalitas verborum, wann der reichspfand-
schafften diß orths insgemein gedacht werden solte, bey den herren Kayser-
lichen neuen zweiffel erwecken würdte, an dem aber, wo sie eingebracht
werden, nichts gelegen, weiln die stätt alles deßen genießen sollen, was in
diser vergleichung begriffen, zumahlen weiln sie under den generalwortten
„auff einigerley weis und weg“ implicite includirt. Verlaß darauff das con-
cept und stelte zu der übrigen herren belieben, ob sie davon oder dem
Millendonckischen geschäfft reden wolten?
Lübeck. Was die Millendonckische sach betreffe, seyen von denen Inter-
essenten und sonderlich dem Hamburgischen verschiedene erinnerungen
deßwegen zusammengetragen, in mundum gebracht und, weiln sich der Cöl
nische secretarius, daß man mit der consultation so lang zurückhalte,
, auch die sach keinen verzug leiden wolle, herrn Vollmarn privatim
zugestelt worden, so er neben den anderen herren Kayserlichen plenipoten-
tiariis wohl auffgenommen. Hielte also dafür, daß man dergleichen auch dem
Churmainzischen directorio publico nomine einhändigen köndte.
Disem nach den stättischen auffsatz betreffend, habe ein jeder von dem
ersten momento an darauff zu gedenken ursach gehabt, wie derselbe
kürtzeste, cum prolixitas ubique sit odiosa, eingerichtet werden möchte, die-
weiln dann denen herren Kayserlichen und catholischen die specificatio ante-
gravatorum zimlich odios vorkomme, habe er seine gedancken darüber auch
schrifftlich zusammengetragen und dahin eingerichtet, daß so viel möglich
alle odia evitirt werden möchten. Laße ihm sonsten den vom herrn directore
abgefaßten und verlesenen auffsatz gar wohl gefallen, könne sich auch damit,
weiln er kurtz und nervos begriffen, ebener maßen conformiren. Verlaße
darauff loco voti sein concept und hielte davor, weiln beede concept in
effectu übereinkommen, man köndte selbige collationiren und, wo etwas
were außgelaßen worden, suppliren.
hielten es zwar pro materia odiosa und seye derselben nicht viel zu gedenk-
ken. Weiln man aber selbige jedesmahl mit angezogen und die herren
Kayserlichen sich bereits darüber erclärt, dise sach auch in engen terminis
bestehe und mit 2 oder 3 wortten annectirt werden könne, auff der herren
fürstlichen antegravatos nicht zu bauen, die antegravatae civitates seyen
meistentheils in politicis beschwärdt, wie bey Augspurg und anderen zu
sehen, die herren Kayserlichen aber sich mit der restitution in politicis gar
liberal bereits ercläret, alß seye er ratione modi indifferent, ob man es auff die
aequalitet ad commissiones setzen wolte.
Was aber in specie die statt Aach betreffe, were es derethalben beim vorigen
zu laßen. Zumahl weiln die herren Schwedischen, sich derselben anzunem-
men in specie instruirt, daßelbe auch thun werden. Wiewohl nicht alles bey
dem auffsatz bleibe.
Anlangend die pfandschafften müße er zwar bekennen, wann man selbige
gesambter hand urgiren solte, daß es von beßerem nachdruck sein würdte,
maßen auß demjenigen, so deßwegen bey der anderen conferenz vorgeloffen,
zu ersehen. Seye aber auch indifferent, ob man gedachte pfandtschafften bey
dem stättarticul außlaßen und ad alium locum remittiren oder mit gar weni-
gem, weiln den interessenten ratione status sui ecclesiatici mercklich daran
gelegen, derenselben gedencken wolle.
Neben disem komme 3. auch die statt Augspurg in consideration, welcher
anligen bey den herren Schwedischen, wie bekandt, recommendiret wor-
den, die sich auch derselben vor allen anderen anzunemmen versprochen
und gesagt, sie hetten solches zu thun dahero genugsame ursach, weiln nicht
allein die evangelische bürgerschafft in ignominiam religionis undertrucket
worden seye, sondern auch der könig in Schweden das wortt, dise statt
nimmermehr hülffloß zu laßen, von sich gestellet habe. Und alß den herren
Schwedischen an die hand gegeben worden, daß derselben beßer nicht, dann
vermittelst einer durchgehenden aequalitet und gleichheit in politicis zu
remediren stehe, habe herrn Salvii Excellenz sich vernemmen laßen, wann
schon die evangelischen derselben sich nicht angenommen hetten, daß sie es
dannoch gethan haben wolten. Weiln demnach zu bedencken, wie man sich
bey disem pass an stättischer seitten comportiren wolle, halte er an seinem
wenigen orth dafür, es werde eine guthe moderation, damit der evangeli-
schen bürgerschafft zu Augspurg die adsistenz nicht etwa hiernächst zu ohn-
statten gereiche, darunter zu gebrauchen sein. Die erbaren frey- und reichs
stätt aber auch, zumahlen gedachte bürgerschafft die aequalitatem in politicis
so starck nicht urgire und die Kayserlichen ihnen den terminum ratione
politicorum schon bewilliget, das odium allein nicht zu übernemmen haben,
sondern auß dem stättischen articul zu laßen seye. Im übrigen aber, weiln die
herren Schwedischen ihnen so geneigt, hette man auch diß orths ihnen eben
sowenig außhanden zu gehen, der herren fürstlichen guthachten darüber zu
begehren und, auff den fall sie es zu proponiren und zu urgiren bedenckens
tragen solten, dieselben, daß sie sich der sachen, zumahlen sie die gesambte
evangelische angienge, underziehen wolten, inständig zu ersuchen und zu
bitten und dises bey denen herren Altenburgischen durch den herrn Franck-
fortischen und Lindauischen anbringen zu laßen. Da selbige solches guth
befinden, alß dann dem auffsatz einzurücken, wo nicht, zu umbgehen und
der catholischen intention gemäs einzurichten.
Regensburg. Ad 1. Was die Millendonckische sach betreffe, weiln neulicher
zeit schon dafür gehalten worden, daß man der interessirten wegen ihres
dabey habenden interesse darüber vernemmen und ihre beybringende erin-
nerungen anhören und beobachten solte, also
majoribus
Ad 2. Was den punctum gravaminum und in specie der erbaren frey- und
reichsstätt articul concernire, befinde er, daß alles, was zu einer und anderer
zeit darbey erinnerlich vor- und angebracht, fleißig in acht genommen wor-
den seye. In specie auch Regenspurg, deretwegen pro communi causa sta-
tuum gehalten worden, ob die ante pacem religionis ergangene res judicatae
durch den religionfrieden auffgehoben worden seyen. Die catholischen wol-
len zwar das widrige dafür halten, habe aber gleichwohl mit etlichen evan-
gelischen darauß communicirt und, daß man niemanden hierinnen praejudi-
ciren wolte, erinnerung gethan. Deßwegen er dann auch dahin, was vor oder
nach dem religionfrieden bey gemeldter statt Regenspurg in disem passu
vorgangen, zu sehen bewogen worden seye. Weiln er nun befinde, daß in
beeden verlesenen auffsätzen
wohl underschieden, die specialgravamina darinnen guther maßen beobach-
tet und alles mit solchen clausulis, damit er wohl zufrieden sein könne,
versehen worden seye, alß stelle er dahin, welchen auffsatz man behalten
wolle; zum wenigsten köndte dasjenige, was etwa in einem außgelaßen wor-
den sein möchte, auß dem anderen ersetzt werden.
Die antegravatos betreffend bekenne er, daß die von dem herrn directore
deretwegen angeführte erinnerungen in acht zu nemmen seyen und die sach
vielmehr nachtruck haben werde, wenn sie von gesambten ständen entweder
bey dem termino a quo oder alio commodiore loco urgirt und getrieben
werde.
4. Ratione der pfandtschafften seye ihme nicht zuwider, daß derselben in
dem stätt articul, tali modo, wie der Lübeckische in seinem voto vorgeschla-
gen, gedacht werde.
Was 5. wegen der evangelischen bürgerschafft zu Augspurg von dem herrn
Lübeckischen erinnert worden, damit könne er sich auch leichtlich confor-
miren.
Letztlich erinnerte er obiter: Es seye in jüngst gehaltener conferenz in
puncto gravaminum der jurium territorialium dergestalt gedacht worden,
daß, wo einer oder der andere seitt anno 1624 in spritualibus vel temporali-
bus turbirt worden, derselbe in ejus anni statum salvo tamen petitorio resti-
tuirt werden solte. Weiln nun sonder zweiffel bekandt, daß Ihre Churfürst
liche Durchlaucht in Bayern den spithal zu Regenspurg seinen herren und
oberen sub praetextu juris territorialis anno 1629 eingezogen
Kurbayern hatte am 28. August 1628 aus dem Spital St. Katharina unter Mithilfe des Regens-
burger Bischofs alle evangelischen Priester, Meßner und Mitarbeiter vertrieben und damit – nach
Ansicht des Rates – in die Rechte der Stadt eingegriffen (Regensburger Gravamina in Strassburg
AA 1140 fol. 14–15; zu dem außerordentlich komplizierten Rechtszustand innerhalb der Stadt
K. S. Bader, Regensburg).
diese erinnerung in obacht zu nemmen und loco conveniente derselben auff
diese mas zu gedencken, daß es nemblich ratione gedachten spithals ohne
respect praetendirter jurium territorialium in dem stand, wie es anno 1624
gewesen, salvo tamen petitorio gelaßen werden möchte.
Frankfurt sagt: Er habe auß abhörung der verlesenen auffsätz so viel wahr-
genommen, daß beede auff einen scopum collimiren und dahero leichtlich
zu conciliiren sein werden. Könne sich auch an seinem orth gar wohl damit
conformiren, bitte aber der statt Augspurg, weiln nicht allein die catholi-
sche in specie derselben jederzeit gedacht, sondern auch der herr grav von
Trauttmansdorff deßwegen sich etwas willfähriger erzeigt, darinnen mit
mehreren zu gedencken, und stelte im übrigen zum nachdencken, ob nicht
dasjenige, was die catholischen in ihrem auffsatz gesetzt, zu decliniren, oder ob
nicht ein
zuzustellen were, darinnen ihre rationes per indirectum abgeleint und die
unserigen beygebracht werden köndten. Seye nicht genug zu sagen, was wir
haben wollen, sondern wir müßen auch, warumb wir zu dem ihrigen nicht
verstehen können, ursachen anführen, sonsten pleiben ihnen die praesuppo-
sita allezeit im kopff und wir reciprociren eandem serram in eadem materia.
Was 2. die antegravatas civitates betreffe, weiln dises der
ten einer, submittire er sich, so viel Augspurg anlange, den majoribus und
könne man die rationes auch im fürstenrath erwegen laßen. Sehe sonsten
nicht, wie gedachte evangelische bürgerschafft zu Augspurg, weiln sie in
ecclesiasticis noch nicht restituirt, eine durchgehende gleichheit in politicis
begehren könne. Wolte zwar nicht gern etwas in detrimentum illorum
rathen, es exorbitire aber dise clausula antegravatorum trefflich a regula;
verursache nur bey dem gegentheil reciprocationem, mache die gantze sach
verhaßt, falle auch ohnmöglich der antegravatarum civitatum interesse,
weiln sie underschiedlich, per regulam zu
commissiones geschehen müßen, sonsten confundire man das liquidum cum
illiquido und, was einer statt vorträglich seye, praejudicire den übrigen. Die
herren Schwedischen möchten die aequalitatem crafft ihrer promessen,
welche zwar groß, im nachtruck aber bißher gar schlecht gewesen, urgiren.
Er submittire sich zwar, wie gemeldt, den majoribus, wann man, daß der
betrangten bürgerschafft zu Augspurg auff solche weis geholffen werden
könne, dafür halten solte. Wolte aber lieber sehen, daß in dem evangeli-
schen auffsatz deßelben puncten nur in genere, in dem stättischen aber gar
nicht gedacht würdte. Seyen ihm sonsten bey den übrigen vor dem termino
gravirten stätten die rationes dubitandi nicht, bey Augspurg aber dises be-
kandt, daß, wann sie die aequalitatem in politicis behaupten wolte, alle ihre
verträge, welche ihr bestes fundament seyen, auffgehebt werden müßten,
daß ihnen also mit berürter aequalitet nicht geholffen.
3. Die pfandschafften betreffend könne er, daß derselbe paß dem auffsatz
eingerucket und die possessio, via juris reservata, urgirt oder in ein nebens-
memoriale gebracht werde, wohl geschehen laßen.
So viel 4. die Millendonckische sach angehe, wer etwas dabey zu erinnern
habe, dem stehe es frey zu thun. An seinem orth habe er das auffgesetzte me-
morial gelesen und, daß selbiges gehöriger orthen eingeliffert werde, kein
bedencken getragen. Und weiln Comte d’Avaux noch nicht geschriben, den
Holländern ihre wahren auch noch nicht relaxirt, alß werde man dabey zu
vigiliren haben und hochnöthig sein, daß das werck an die 3 reichscollegia
zeittlich gebracht werde. Seye sonsten, wann die wahren weggenommen,
keine hülff mehr vorhanden. Hamburg wolle bey dem Churmaintzischen
directorio auch urgiren.
Was endlich der herr Regenspurgische wegen der jurium territorialium erin-
nert, laße er ihme, daß solche consideration in acht genommen und dersel-
ben entweder bey denen juribus civitatum oder anderer stände gerechtigkei-
ten gedacht werde, nicht zuwider sein. Daß die vor dem religionfrieden ge-
troffene transactiones durch den religionfriden cassirt worden, seye verissi-
mum und, was die catholischen darwider vorgebracht, ein mera calumnia,
wie man deßen bey Augspurg ein praejudicium habe. Seye sonsten indiffe-
rent, ob man des Löwenbergischen accords in specie gedencken wolle oder
nicht. Halte endlich dafür, es solle ein memoriale confutatorium auffge-
setzet und denen herren Caesareanis recommendirt werden, darinn dann
auch viel, das auß dem auffsatz zu laßen, gebracht werden köndte.
Nürnberg sagt: Er habe sowohl das in der Millendonckischen sach abge
faßte memorial alß was der herr Hamburgische dabey erinnerlich ange-
bracht, gelesen und, weil seine herren und oberen nicht sonderlich dabey
interessirt, so könne er wohl geschehen laßen, daß es solcher gestalt ausge-
fertiget werde, zumahln weiln diser sachen durch verzögerung großer
schad zuwaxen köndte.
Punctum gravaminum und in specie den stättischen articul betreffend
komme das werck nunmehr an die bündtrühmen, und habe er herrn Oxen-
stirns proposition wie auch der herren fürstlichen meinung dahin eingenom-
men und verstanden, daß man sich mit der ultima declaratione gefaßt
machen und selbige alß dann pro conditione sine qua non außstellen solte.
Habe man also auch stättischen theils ursach, dem werck fleißig nachzu-
dencken und den articulum also einzurichten, damit ihren angelegenheitten
abgeholffen, alle curiositet aber dabey verhüttet und dasjenige, so mehrere
verbitterung erwöcken möchte, außgelaßen werde. Maßen man erfahren,
daß sich andere über der weitleufftigkeit scandalisirt. Sonsten dörfften die
erbaren stätt den namen der protraction bekommen. Erinnere sich zwar, daß
underschiedliche auffsätz gemacht worden, durch die particulariteten aber
jedesmahl dermaßen erwaxen seyen, daß andere darüber gestimpfft. Wann
man rem ipsam und dasjenige, was den erbaren stätten alß ständten des
reichs competire, haben könne, seye sich umb die particularia so sehr nicht zu
bemühen. Weiln er nun, daß in beeden auffsätzen, welche stätt pro evangeli-
cis zu halten, wohl und zu genügen erläuttert und sonsten alles übrige also
abgefaßt seye, daß er damit zufrieden sein könne, abgemercket, laße ers dabey
bewenden, wolte aber des herrn directoris auffsatz mehr belieben.
Die bey den antegravatis vorkommene quaestion, ob derenselben in dem
stättischen articul oder anderswo zu gedencken, betreffend, seye es eine auff-
hebung des termini, laße ihme aber des herrn directoris vorschlag, daß man
sich zwar ihrer, aber nicht hoc, sondern suo et magis conveniente loco, allwo
die herren fürstlichen auch andere stätt, alß Donauwörth, Speyer etc., speci-
ficirt, annemen solle, damit keine außgeschloßen, noch einig praejudicium
causirt werde. Wolle sich aber auch von den majoribus hierinnen nicht sepa-
riren. Was die suchende paritatem in politicis anlange, erinnere er sich, daß
dahero der statt Augspurg under anderen beschwärdten das größeste grava-
men zugewaxen seye, wolte gern zu ihrem besten concurriren, stehe aber
auch an, ob es alhie geschehen solle. Und könne es darumb nicht räthlich
befinden, weiln es 1. etwas neues und von zeit des religionfridens an nicht
also gewesen, lauffe 2. wider den terminum 1624, werde auch 3. anderen
stätten dadurch praejudicirt, weiln die catholischen reciprocationem praeten-
diren. So gehe auch seine instruction nicht dahin, daß man per modum con-
ditionis sine qua non procediren, sondern moderata media gebrauchen solle.
Man könne sich ihrer wohl annemen, aber nicht eben hoc loco. Stelte
dabey zum nachdencken, ob nicht wegen der evangelischen bürgerschafft zu
Augspurg eine deputation an die herren Schwedischen nomine omnium
statuum evangelicorum zu suchen und zu bitten were, daß sie sich deren-
selben angelegenheit regia manu annemen und die sach auff ein aequalita-
tem tam ratione numeri quam dignitatis richten wolten?
Das memoriale confutatorium betreffend seye er derethalben, wann man
darvor halte, daß es nutzlich seye, indifferent.
Bey den pfandtschafften seye eadem ratio vorhanden, müße ihnen zwar ge-
holffen werden, gehöre aber aigentlich nicht hieher, sondern ad punctum
amnistiae, seye gleichwohl auch indifferent, ob man sie mit wenigem annec-
tiren wolle?
Bremen. Sagt, er habe beede auffsätz abgehört, gefallen ihme auch beede
wohl, zumahlen sie auff müglichste kürtze angesehen, insonderheit aber der
Straßburgische propter brevitatem, seye sonsten der andere in substantiali-
bus et effectu idem.
Memoriale confutatorium betreffend halte er, es solte nicht ohndienlich sein,
daß man dasselbige denen herren Kayserlichen und Schwedischen zustellen
thete, trage aber doch die beysorg, es möchte bey ihnen nur ursach zur weit
läufftigkeit und retardation des puncti gravaminum gebären. Wolte also
lieber mit seiner meinung dahin schlagen, daß es denen herren Schwedischen
allein, damit sie desto beßer durchtringen köndten, überreicht würdte.
Die antegravatos betreffend seye hiebevor meldung geschehen, daß die
catholischen pro ludibrio halten werden, wenn man einen terminum setzen,
von conventione termini aber per exceptiones abschreitten wolte, weiln sol-
cher gestalt eines, sive sit positus terminus, sive non, doch seye der evangeli-
schen consensus jeder zeitt limitatus gewesen und die antegravati darumb
nicht auß acht zu laßen, weiln man bey letzterer conferenz derenselben resti-
tution außtrucklich begehret. Die designationem aber halte er darumb nicht
für guth, weiln es anderen stätten zum praejudiz außschlagen möchte, son-
dern man köndte 2 oder 3 stätt benambsen und danach die wortt und andere
dergleichen addiren und hienzusetzen. Der statt Donauwörth were propter
rei indignitatem nicht zu vergeßen. Ihre sach aber pure ad commissionem zu
verweisen, darumb nicht rathsamb, weiln sie dadurch in mehreres stecken
gerathen dörffte. Consentire also mit Lübeck, ut specifice ponatur, daß die
antegravatae civitates in den stand, wie sie ante turbationem gewesen und in
specie auch die statt Aach crafft ihres anno 1611 auffgerichten accords
1598 hatte Rudolf II. über die seit den 80er Jahren protestantisch regierte Reichsstadt die Reichs-
acht erklärt und die Mitglieder des Rats in Unfrieden gesetzt. Erst 1611 gelang es den Pro-
testanten, die rekatholisierte Stadt wieder in ihre Gewalt zu bekommen, bis schließlich 1614
spanische Truppen endgültig das katholische Regiment herstellten (zu den Vorgängen von 1611
M. Classen S. 318ff; zur Auseinandersetzung zwischen Katholiken und Protestanten unter
wirtschaftlichem Gesichtspunkt H. v. Asten).
tuirt werden solten, wegen welcher die herren Schwedischen special bevelch
haben und das ihrige dabey thun werden. Laße ihme auch Comte d’Avaux
das werck, sonderlich weiln der accord authoritate coronae Gallicae getrof-
fen worden, sehr angelegen sein. Das übrige aber müße Gott bevohlen
werden.
So viel Augspurg betreffe, seye billich, daß selbige statt in den stand, darin-
nen sie sich vor der turbation befunden, restituiret werde. Was aber vorge-
schlagene paritatem in politicis concernire, were ihnen selbige desto mehr zu
günnen, weiln auch andere in eodem caeno et luto stecken. Man habe aber
periculum reciprocationis auff seitten der catholischen dabey zu befahren.
Hielte also dafür, es würdte das beste sein, die restitutionem pure et simpli-
citer zu begehren, können alß dann die herren Schwedischen das werck
sponte sua haben, seye es ihnen wohl zu gönnen. Den locum betreffend,
weiln es eine sach von importanz, werde derselben hoc loco jedoch kürtzlich
uno vel altero verbo zu gedencken und daßelbe bey den pfandtschafften zu
observiren sein. Ratione transactionum et jurium territorialium seye er mit
deme, was der herr Regenspurgische erinnert, gantz einig.
Rothenburg per Nürnberg sagt: Er habe, daß bey beeden auffsätzen alles
wohl in achtgenommen worden seye, observirt und dahero sich damit zu con-
formiren, halte aber nicht nöthig zu sein, mit einem scripto confutatorio sich
außzulaßen, weiln nicht allein die nothdurfft bereits remonstrirt, sondern
selbiges auch bey dem gegentheil nur weitläuffigkeit gebären würdte, quo
praesupposito wolle er sich mit dem Straßburgischen auffsatz, weiln er etwas
kürtzer gefaßt und übriges alles in der generalitet darinn begriffen seye,
desto lieber vergleichen.
Den Löwenbergischen accord und die amnistiam betreffend können zwar
beede pass stehen bleiben, lauffen aber auff eine tautologiam auß, seye gleich-
wohl dabey indifferent, wie man es machen wolle.
Die pfandschafften anlangend, laße er, was der herr Lindauische dabey zu
erinnern haben möchte, dahin gestelt sein; gleichwie sonsten auch der statt
Weißenburg am Nordgau
In der unmittelbaren Umgebung Weißenburgs befanden sich einige Dörfer und Gehöfte, die ur
sprünglich von Reichspflegern verwaltet wurden. Nach 1534 war das Amt – gegen Zahlung einer
bestimmten Geldsumme – an die Stadt verpfändet. 1621 wurde die Pfandschaft nicht verlängert,
sondern das Amt von Eichstätt besetzt. Weißenburg forderte die Rückgabe der Pfandschaft sowie
die Abstellung der inzwischen eingetretenen Auseinandersetzungen (vgl. Memorial in Strass -
burg AA 1140 fol. 209–210).
ließe er sich vor seine persohn wohl damit contentiren, daß auch andere alio
loco gesetzet werden. Könne es aber auch an diesem orth geschehen laßen.-
Die antegravatos betreffend, gleich wie das werck an sich selbsten sehr odios
und die höhere stände dasselbe mit beßerem nachtruck durchtreiben können,
die antegravatae auch ein jus acquisitum per commissionem vor sich haben,
also were zu wünschen, daß aller gedacht werden köndte; wann man sie aber
ea qualitate in den evangelischen auffsatz bringe, werde der stätt articul desto
kürtzer. Maßen sich die stätt ohne das der generalitet per specificationem
begeben und etlichs ad punctum amnistiae zu bringen seye.
Was aber in specie die parität bey der statt Augspurg betreffe, wann man
nicht ex affectu, sondern rationibus judiciren wolle, könne deroselben auffs
wenigste in disem articul darumb nicht gedacht werden, weiln kein catholi-
cus davon ichtwas wiße und, das sie dergleichen paritet hinwiderumb haben
wolten, zu befahren stehe. Ubi enim eadem est ratio, ibi
aber das werck fideliter erwegen wolle, müße der statt in diesem stuck,
welches proprie ad punctum amnistiae gehöre, 1. durch moderata consilia
und guthe behutsamkeit an die hand gegangen, 2. auch der herrn Schwedi-
schen rath und that, welche nicht an den terminum gebunden, hierunder
gebraucht und denenselben das werck durch eine ansehnliche deputation
wohl recommendirt, auch die ursachen, warumb man stättischer seitten
gedachter statt Augsburg dißfalß sich expresse anzunemmen, bedenckens
trage, eröffnet werden in hoffnung, weiln herrn Salvii Excellenz, daß sie sol-
ches proprio motu thun wolten, sich jüngsthin erbotten, es werde an guthem
effect nichts ermanglen. Conformire sich im übrigen mit Lübeck.
Herfordsagt: Wollte sich in der Millendonckischen sach ratione des auffge-
setzten memorialis mit den vorsitzenden conformiren.
Wegen der beeden stättischen auffsätze seyen die bereits abgelegte vota sehr
vernünfftig gefallen; und weiln nunmehr die ultima außgestelt werden sol-
len, können per constitutionem regulae viel begriffen, des herrn directoris
auffsatz aber mit dem Lübeckischen, weiln beede sehr wohl abgefaßt, con-
ferirt werden. Sonsten wolte er von wegen seiner herren und oberen, daß es
in allem bey der regul verbleibe und denen herren Kayserlichen und catholi-
schen zur exception kein anlaß gegeben werden möchte, gerne sehen, daß
auch denen antegravatis außträglich geholffen werden möchte, von hertzen
wünschen und im übrigen mit den majoribus sich vergleichen.
Eßlingen per Lindau: Ad 1. Was die Millendonckische sach betreffe, habe
er nichts dabey zu erinnern.
Ad 2. Die in puncto gravaminum abgehörtte stättische auffsätz anreichende,
finde er beede in substantialibus sehr wohl abgefaßt und seye billich prolixi-
tas zu evitiren, jedoch aber auch nichts substantial und insonderheit die statt
Augsburg ex urgentibus rationibus außzulaßen.
So viel 3. die antegravatas civitates anlange, seye bereits hiebevor, wie ihnen
zu helffen, berathschlagt und auff die gleichheit in politicis geziehlt worden
und also noch dabey zu verpleiben; solte es aber nicht gehen, hette man bey
dem subsidiali remedio
dabey allerhand inconvenientien befinden. Vermeinte sonsten, weiln man
nur etlicher wenig gravirter stätt in specie gedacht, es werde zur recipro-
cation nicht also baldt ursach geben. Kauffbeyren habe amore pacis, mit dem
termino vergnügt zu sein, sich bereits ercläret. Ob aber in diesem articul
oder vorhero der antegravatarum civitatum zu gedencken sein werde, stelle er
dahin, wolte aber, wann die herren fürstliche selbige zu ihren antegravatis
eintragen, darumb desto lieber sehen, weiln es majoris authoritatis sein und
dieser auffsatz umb soviel kürtzer würde. Im widrigen fall aber müßte ihrer
alhier mit müglichster kürtze gedacht werden, wie auch der statt Aach und
Donauwörth.
Augsburg aber betreffend werde der evangelischen bürgerschafft daselbsten,
weiln sie dafür halte, daß ihro durch auffhebung des Löwenbergischen
accords und die amnistiam geholffen werden könne, nicht zu vergeßen sein.
einmahl der statt Augspurg größtes gravamen ex hoc capite her und bezeuge
es der catholischen aigene bekandtnuß, in dem sie sich ohngescheut ver-
lautten laßen, daß sie auß disem fundament die evangelischen am besten
haben verdringen können. Welcher weg ihnen, dergleichen hinführo zu
thun, noch nicht abgegraben seye, würdte also, wann solche paritet erlangt
werden köndte, der statt Augspurg trefflich zustatten kommen und dar-
durch ein schwerdt das andere in der scheiden behalten. Stünde also zu
bedencken, ob man disen pass mit hineinrucken oder denselben dem
Lübeckischen vorschlag gemäs den herren fürstlichen und Schwedischen
recommendiren und bey ienen zur umbfrag stellen wolte, ob der statt Augs-
purg die paritet gedeuen möchte und die deputation deßwegen an die herren
Schwedischen fortzustellen seye. Welches alles aber vor extradition des stät
tischen auffsatzes vorzunemen sein würdte.
Die pfandschafften betreffend seye vorhin zu genügen bekandt, daß sie
religionis intuitu entzogen worden seyen. Und weiln sie dahero ad punctum
gravaminum gehören, alß bete er, daß selbige convenienti loco dem auffsatz
inserirt werden möchten, welche bitt er auch nomine der statt Weißenburg
und zwar desto mehr repetirt haben wolte, weiln allein die stätt und nicht die
fürstliche in hoc passu sich zu beklagen haben.
Das memoriale refutatorium anlangend, köndte daßelbe, weiln es besorglich
zu schrifftwexlung anlaß geben möchte, wohl zurück verpleiben.
Was endlich die vom herrn Regenspurgischen de cassatione rerum judicata-
rum et transactarum angeführte erinnerung concernire, seye er jederzeit der
meinung gewesen, daß selbige durch den religionfriden implicite cassirt
worden seyen. Nachdem aber durch die reformationscommissarien under-
schiedliche dubia deretwegen movirt worden, habe man auff außtrückliche
cassation derselben billich zu gehen. Were also dem herrn Regenspurgischen
zu gratificiren.
Memmingensagt: Weiln nunmehr die zeit passirt und von einem und ande-
rem gnugsam geredt, wolle er sich von demjenigen, was bereits placitirt
worden, nicht separiren. Seye sonsten der Straßburgische auffsatz kürtzer
und beßer abgefaßt.
Bey der Millendonckischen sach hetten zwar seine herren und oberen kein
interesse, das werck aber an sich selbsten were zu befürderen.
derselben alhier oder bey dem anderen articul gedencken solte, sehr an.
Hielte aber doch dafür, weiln der stätt wenig, daß wohl ein via, dieselbe an
disem orth zu beobachten, erfunden werden köndte.
Herr Director. Ad 1. Die Millendonckische sach betreffend stehe es dahin,
daß die erinnerungen, welche die interessenten dabey gethan oder noch
ferner beybringen möchten, beobachtet werden.
Ad 2. Weiln sein auffsatz beliebt, seye er erbietig, dasjenige, wordurch selbi-
ger zu verbeßern sein möchte, in acht zu nehmen.
Bey den antegravatis civitatibus führe er mit übrigen herren abgesandten in
dem einerley meinung, daß man nemblich sich derselben annemen solle,
aber nicht eben hoc articulo, sondern, wie es die herren fürstlichen mit ihren
antegravatis halten werden, wahrneme. Stehe zu besorgen, wann bey der
regul die exceptio nicht zu erhalten, es werde solches an disem orth noch
viel weniger geschehen.
Ebenmäßiges habe man auch ratione der pfandschafften in obacht zu nem-
men.
Was die paritatem in politicis anlange, könne man wohl auch übrige herren
evangelische, ob selbige der statt Augspurg vorständig seye, vernemen,
indeßen aber denen herren Schwedischen per deputatos, darzu er den herrn
Lübeckischen und Nürnbergischen mit zuziehung noch zweyer erbetten
haben wolte, recommendiren, die rationes, welche die statt Augspurg pro
aequalitate führe, remonstriren und sich auff allen fall zu noch mehrerer der
sachen erleutterung erbietig machen.
Das memoriale refutatorium aber were seines dafürhaltens zu differiren,
weiln es bey denen herren Kayserlichen ohne das nichts, sondern vielmehr
contrarium effectum operiren würdte.
Gleich wie man endlichen der rerum judicatarum jeder zeitt gedacht, also
seye bey der 49. differenz des juris territorialis auch nicht vergeßen worden.
Conclusum. Warbey es auch in ein und anderem verpliben und den stätti
schen articul ad dictaturam zu geben für guth angesehen worden
Gesamtprojekt der evangelischen Stände vom 25. Februar 1647 (einschließlich des Städteartikels)
in Meiern IV S. 89 –99 (lat.), S. 99–109 (dt.).