Acta Pacis Westphalicae III A 6 : Die Beratungen der Städtekurie Osnabrück: 1645 - 1649 / Günter Buchstab
Herr Director proponirt: Er hette wegen deßen, so der verdrießlichen
praecedenzstrittigkeit halben zu Lengerich vorgangen, nacher Münster ge-
schrieben und nach eingelangter antwort diese extraordinari zusammen-
kunfft angestellt, in meinung, übrigen herrn collegis parte davon zu geben.
Hat darauff das schreiben abgelesen, welches in substantia dahin gangen,
obwohl man, bey so hochnothwendiger beförderung des friedensgeschäffts
durch particularstrittigkeiten zu einiger verzögerung nicht leichtlich ursach
zu geben habe, weniger zu gänzlicher Separation und absonderlicher hand-
lung die sache außschlagen laßen solle, weiln jedoch herr Langerbeck im
vertrauen so viel, gleichwol etwas obscur, zu verstehen gegeben habe, als
were fürstlichen theils die resolution dahin gefaßt, zum fall sich die stätti
schen ferner opiniatriren und mit dem vorgeschlagenen modo nicht conten-
tiren würden, daß denselben alsdann in etwas gratificirt und damit die schon
vorhin unterschiedlich causirte praejudicia widerumb auffgehoben werden
solten, als seye gegen dem Ulmischen herrn abgesanden gedacht worden,
man solte vor allen dingen in die fürstliche intention noch weiters penetriren
und, damit in dieser dem gesambten stättischen wesen so hochangelegenen
und langgeführten streitsache etwas gutes erhalten werde, unterstehen. Da
es aber nicht abgehen wolte, deßwegen sich nicht separiren, sondern das
praejudicium auf andere wege verhüten. Welches dann durch eine solennem
und wohleingerichtete protestation oder cautelam geschehen könte. Nach
welcher verlesung der herr director ferner angezeigt, es hette zu anstellung
dieses convents auch dieses ursach gegeben, daß die herren Frankfurthische
davor gehalten, es werde nöthig sein, daß man sich vorhero, ehe man sich
bey den fürstlichen heute wiederumb einfinde, umb etwas miteinander be-
spreche. Hoffe also, es werde den herren Frankfurthischen abgesanden nicht
zugegen sein, sich weiter vernehmen zu laßen.
Frankfurt. Danken vorderist umb communication des schreibens und
sagen, daß in alle weg dahin, damit das haubtwerkh nicht in steken gerathe,
zu sehen und auff allen fall, wann die fürstliche auff ihrer meinung bestehen
wolten, auf eine protestation zu gedenken seye. Was herr Langerbeck mit
herrn Dr. Ölhafen geredt haben möchte, stellen sie dahin, dieser dörffte viel-
leicht seine meinung geändert haben. Laßen geschehen, daß der fürstlichen
opinion penetrirt werde, seyen auch der meinung, wann hoffnung vorhan-
den, daß die fürstlichen cediren möchten, daß bey der stätte gefaßten resolu-
tion zu verbleiben. Sie tragen aber die beysorg, jene werden nicht weichen,
von ihme zu hoffen, er bestehe mordicus auf seiner gefaßten opinion. Zu
deme, so seyen unter den fürstlichen über 3 oder 4 nicht, die es gut mit den
stätten meinen. Altenburg gehe zurukh, wolle keinen § um zu end anhenken
de non praejudicando, betrohe dabey, die soldatesca werde es rechen. Gebe
vor, der adel seye in possession des vorgangs, worauff man ihn gefragt,
warumb er
mahlen vorgesezt habe? Wann es nicht ex proaeresi geschehen, so accusire er
damit seine ignoranz. Halten davor, daß man sich bey den fürstlichen einstel-
len und hören könne, was sie vorbringen werden; wann daßelbe geschehen,
könten die stättische alsdann einen abtritt nehmen und sich einer gewiesen
resolution vergleichen. Der von Gemmingen brauche keine licita media, er
hänge sich an die catholische, seine sach damit durchzutreiben. Und seye es
ihme nicht umb diesen actum allein zu thun, sondern er suche die ganze sach
in eine confusion zu bringen. Welches
den, es habe aber ein mehrers bey ihme nicht verfangen, als wann es zu
einem stein were geredt worden. Stellen, was dabey zu thun, sie könten sich
zur separation gar wohl verstehen, weiln ihre herrn kein interesse dabey
haben, andererhalben aber seyen sie sorgfältig. Die fürstliche werden verhof-
fentlich soviel stätte umb eines und des andern reichs vom adels willen nicht
zurukh sezen, weiln eine bey dem gemeinen wesen mehr thun könne als der
ganze adel miteinander. Halten auch davor, wann man sich mit den herren
fürstlichen hierinnen ie nicht vergleichen könte, daß man auff eine pro-
testation gedenken und sich damit gefast halten und alsdann accommodiren
solte, mit angehengter erinnerung, daß, auf den fall die stätte mit ihnen nicht
concurriren, sie ebensowohl dabey leiden werden. Den herrn Kayserlichen
könte man die protestation mit übergeben und sagen daß die fürstliche ihr
absehen mehr auff privatrespect als das publicum gewendet hetten, deß
wegen sie die stätte verhoffentlich nicht verdenken werden, daß sie ein
anders zu promoviren suchten.
Regensburg. Dankt vorderist dem herrn directori der communication hal-
ben und sagt: Die herren Kayserliche sagen, Thumbshirn esse hominem
immobilem, wolten lieber mit einem stein als ihme tractiren, er laße keine
rationes bey sich gelten. Sein collega habe das memorial, so der von Gem-
mingen bey der generalitet eingegeben, gelesen. Das schreiben, so des erz-
herzogs Leopoldt Wilhelms Hochfürstlicher Durchlaucht an Ihre Majestet
abgehen laßen, solle gar scharff sein. Es heiße bey dem von Gemmingen,
flectere si nequeo superos, Acheronta movebo . Halte davor, daß die herrn
fürstliche in das memorial, so er leztlich übergeben, nicht consentiren wer-
den
Memorial vom 6. August 1646, übergeben am 10. August in Meiern V S. 325 –327.
von ihnen zu separiren, seye den stätten nichts nuz, wann sie selbige schon
vorsezen, hernach aber etwas anders absonderlich übergeben, dann sie exclu-
diren die stätte selbsten und separiren sich von denselben, da man doch zu-
zeiten ihre selzame begehren helfe secundiren; in odiosis wollen sie die stätte
bey sich haben, in favorabilibus aber separiren. Stelle dahin, ob ein ander
mittel und vielleicht der protestation zu ergreifen. Weil es aber besorglich
ohne effect verbleiben dörffte, könnte man vielmehr, daß der chur-, fürsten
und stände aller orten gedacht und hernach dem stättischen articul ein pro-
oemium des inhalts gemacht werde, begehren.
chur-, fürsten und ständen mitbegriffen, iedoch aller disputation vorzukom-
men, sollen sie
maln der § us die stätte betreffend convenienti loco einzuruken, wo es aber
nicht verfangen solte, alsdann sich mit protestation, wie Frankfurth er-
innert, zu verwahren, sonsten dörffte dem stättischen voto decisivo, wel-
ches bey den churfürstlichen noch nicht allerdings richtig, abbrüchig sein
und hindernus gebähren, wann die fürstliche von den stätten auch abtretten
solten, welches dann nicht verantworlich were. Die stätte werden, ratione
formalium, wann man die acta des 1555 jahrs bey dem Lehmanno auf-
schlage, nicht wol fortkommen können.
Nürnberg. Dankt vorderist ebenmäßig der communication halben und sagt,
er sehe ungern, daß sich Altenburg so wiedrig erzeigt. Seye zwar, neben dem
herrn Eßlingischen
Georg Wagner ( 1605–1661), Stadtkämmerer und 1647 Bürgermeister von Eßlingen; vertrat
neben seiner Heimatstadt Heilbronn, Nördlingen, Reutlingen und Schwäbisch Hall (K. Pfaff
S. 5–7; APK 27306–27309; J. L. Walther S. 87f; APW [II C 2 S. 193 Anm. 2] ).
commission bey demselben, weiln er ihnen erst nachmittag umb 2 uhren die
stund ernennt, noch nicht ablegen können. Bitten, sich also für entschuldigt
zu halten. Das haubtwerkh selbsten belangend, habe er bey nächster post
außtrüklichen befehl erhalten, dahin zu trachten, daß unwillen und Separa-
tion verhütet werden möge und seines theils zu cediren, soviel immer mög
lich. Wann nun der rigor von den fürstlichen behauptet werden solte,
könnte man, mit gewißer verwahrung und protestation, weichen, sonderlich
bey jezigen gefährlichen läufften, da es die stätt in anderen occasionen dörff
ten entgelten müßen. Er erinnere sich aber, was Langerbekh zu ihme gesagt,
wann die stätte auf ihrer intention beharren und mine machen werden, daß
sie nicht weichen können, so werden die fürstliche am ende nachgeben. Solte
es aber nicht sein, finde er doch diesen vorgeschlagenen modum favorabilio-
rem als den ersten, dann sie wollen die stätt vorsezen und bey der übergab
contestiren, daß sie niemanden begehren zu praejudiciren. Man könne sich
aber bey übergab des jenigen projects, da die ritterschafft vorgesezt, nicht
finden, woltens aber diejenigen fürstlichen, so der ritterschafft beystehen,
thun, stelle ers dahin. Were also noch zur zeit nicht gewillet zu weichen,
sondern vielmehr der meinung, daß man den herrn fürstlichen zu verstehen
geben sollte, man erkenne zwar, daß sie in favorabilibus den stätten biß
weilen beygestanden, sie werden aber verhoffentlich hinwiederumb gestehen
müßen, daß man dißeits nicht weniger gethan habe, sonderlich in dem darin-
nen die churfürstliche ihnen zuwider gewesen seind. Solte es aber nichts ver-
fangen, laße er ihme den von Regenspurg vorgeschlagenen modum nicht
übel gefallen, daß vorderist der chur-, fürsten und stände gedacht und her-
nach ein exordium besagter maßen gemacht werde.
Ulm. Mit wiederholter danksagung, sagt: Er habe gern vernommen, daß
von Münster geschrieben worden, man solle nicht weichen, sondern auf
voriger intention vest bestehen und sehen, daß die stätt obtiniren. Der
Altenburgische abgesande habe in favorem der ritterschafft alle rationes
angeführt, man habe ihme hingegen instantias gemacht, er habe sich weder
büken noch biegen laßen wollen, unangesehen ihme alle seine fundamenta
solidissime refutirt worden. Er praesupponire, ex parte nobilitatis, posses-
sionem, weiln ihme aber ein anders genugsam remonstrirt worden, wolle er
hoffen, er werde eine beßere resolution, alß bißhero geschehen, faßen und
die stätt ihre intention erlangen, wo nicht, seye er mit dem Regenspurgi-
schen vorgeschlagenen modo einig, wann aber auch derselbe nicht ange-
nommen werden sollte, seye er instruirt, in mitiorem partem zu incliniren
und, wie Frankfurth votirt, sich mit protestation möglichst zu verwahren,
weiln seine herren das hauptwerkh lieber befürdert, als daß man sich in
dieser streitigen praecedenz sache noch länger aufhalte, sehen wolten. Alten-
burg habe gesagt, man dörffe eben bey extradition beeder exemplarien nicht
nur concurriren, sondern nur bey demjenigen, wo die stätte vorgesezt seind,
und könne hernach sagen, man hette von dem andern nichts gewust, sondern
daßelbe ex post facto erst erfahren und also darwider zu protestiren für
nöthig erachtet, daß es also keines sonderbaren § i bedörffte.
Eßlingen. Sagt, er könne nicht hindern, was von vorsizenden vorgebracht
worden, sondern laße allegirte rationes dahin gestellet sein, von dem von
Gemmingen aber sich im wenigsten nicht schröken, daß er die soldatesque
auf seine seiten gebracht haben solte, sondern habe vielmehr hoffnung, daß
die resolution von den fürstlichen anderst fallen werde. Sehe nicht, warumb
man sich so weich finden laßen wolte, sondern halte davor, daß die stätte
nochmaln auff ihrer gefaßten resolution bestehen und es gehen laßen sollten,
wie es gehe. Seye den fürstlichen eben so viel an den stätten als diesen an
jenen gelegen. Man könte ihnen sagen, daß die stätte niemanden zu prae-
judiciren begehren, sie solten alterniren und iezo die stätte vorsezen. Erwar-
ten, was sie thun wollen. Gehe es nicht ab, stehe der mildere weg allzeit
offen. Wann die stätte vest stehen bleiben, werden sie durchdringen, wo
nicht, könne mans fallen laßen. Doch were es beßer gewesen, man hette es
nie angefangen, der von Gemmingen dörffte sich sonsten rühmen, er habe
victoriam erhalten und davon gebracht. Doch stelle ers ad majora. Wann der
religionfrieden recht gelesen, werde man am ende finden, wie schön und art-
lich die stätte gesezt, nemlich „und haben wir uns mit chur-, fürsten und
ständen, auch mit der erbaren reichsstätte bottschafften und gesanden ver-
glichen“. Des adels aber werde dabey ganz nicht gedacht.
Memmingen. Praemissa gratiarum actione, sagt, die hauptfraag betreffend,
habe er deßwegen keine instruction, müße es bey den majoribus bewenden
laßen. Laße ihme nichts mißfallen, daß man noch zur zeit auf voriger reso-
lution beharre. Wiedrigen falls aber liese er ihm den Regenspurgischen vorge-
schlagenen modum belieben. Und da auch derselbe nicht erhältlich sein
solte, könte man sich mit protestation bestmöglichst versehen.
Lindau. Sagt, ob er wohin die protestation nicht angehöret, verstehe er
doch auß den votis soviel, daß man den Altenburgischen vorschlag nicht
acceptiren, sondern darauff, daß die stätt der ritterschafft vorgesezt werden,
beharren solle. Der ritterschafft abgeordneter gebe es iezo etwas näher, in
dem er vorhero allen stätten vorgesezt zu werden begehret, jezund aber, daß
man zwey exemplaria außfertigen und in dem einen die stätte vorsezen
möge, zulaße. Dieser modus aber seye nicht beßer, als der vormals gebraucht
worden. Dann was dazumal geschehen, seye ohne wißen der stätt vorgan-
gen. Dieses aber solle consentientibus civitatibus geschehen. Ergo würden
die stätte dadurch mit der ritterschafft ad paria judicirt. Halte also davor, daß
man keine ursach habe, von gefaßter resolution noch zur zeit zu weichen,
besonders weiln man wiße, daß die majora anderst im fürstenrath gefallen.
Wann die fürstliche sehen werden, daß die stätte bey ihrer meinung be-
stehen, werden sie sich verhoffentlich anderst bedenken. Was das votum
decisivum anlange, seye den fürstlichen eben soviel als den stätten daran
gelegen, weiln es an sie hernechst auch kommen dörffte. Das seye ratio strin-
gens. Doch stelle ers auf die majora. Wann 2 exemplaria überreicht werden
solten, werden die stätte nur bey deme, darinnen sie vorgesezt, sein, im
übrigen aber nicht verwöhren können, was die fürstliche absentibus civi-
tatibus thun möchten. Halte also dafür, daß man bey vormals gefaßter reso-
lution, solang es möglich, verbleiben solle. Sollten aber die majora anderst
fallen, stelle ers dahin. Weiln auch zu befahren, es dörfften die fürstlichen
nicht weichen wollen, stelle er zum nachdenken, ob nicht an die fürsten selb-
sten zu schreiben were, damit man inskünfftig der vielen mühe
bleiben könnte?
Directorium. Die zeit seye passirt und müße man nunmehr zu den Magde-
burgischen gehen, halte dafür, so wenig das hauptwerkh umb dieser prae-
cedenzstrittigkeit willen aufzuhalten seye, so wenig habe man in hoc puncto
staab und Stangen fallen zu laßen. Die armeen werden verhoffentlich ein und
andere statt umb dieses streits willen nicht überstoßen, noch selbige insge-
sambt entgelten laßen. Und wann sie schon hierinnen deferirten und der
ritterschafft in allem nachgeben, werde es doch keine hiernächst bey den
generalspersonen und officieren umb den geringsten heller zu geniesen
haben. Hingegen was man iezo
geschehen. Zu Frankfurth, da de summa rerum gehandelt ward, habe man
die tractaten deßwegen drey monath lang aufgehalten und endlichen obge-
sieget. Altenburg habe keine decision hierinnen gegeben, könne es auch
nicht thun, sondern allein gesagt, der adel könne mit reputation nicht
weichen. Hingegen der stätt rationes auß parteylichkeit nicht mit allen com-
municiret, deßwegen nöthig, daß es coram und in offener versammlung
geschehe. Alsdann seye zu erwarten, was sie thun und sich darauff erklären
wollen. Die stätte seyen von Ihrer Kayserlichen Majestät cum libero voto et
suffragio beschrieben, darumb können es die fürstliche ihnen nicht nehmen.
Ihre Kayserliche Majestet werden umb deren willen, die am wenigsten
geben, die stätt nicht abandonniren. Der von Gemmingen habe sich mit
seinem gestriges tages übergebenen memorial sehr verhaßt gemacht. Wann
einer von den stätten dergleichen gethan hette, er würde mehr haß als hülff
zu gewarten haben. Herr Langerbekh habe soviel zu verstehen geben, wann
die stätte bey ihrer meinung bleiben, daß die fürstliche cediren werden, die
trohungen seyen nur fulgura ex pelvi und die leuthe zu intimidiren ange-
sehen. Halte also auch dafür, daß noch zur zeit bey voriger resolution zu
bestehen und zu erwarten sein werde, was die fürstliche thun wollen. Wann
die antwort nicht nach belieben fallen solte, hette man die rationes in pleno
anzuführen. Wann es aber darauff noch nicht gehen solte, alsdann weiter
von der sachen zu reden.
Ist also das Conclusum dahin gangen, man solle auff voriger resolution an-
noch bestehen, was die herrn fürstliche sich erklären werden, anhören, wann
die resolution nicht annehmlich, dienliche remonstrationes thun, und wann
auch selbige nicht verfänglich, alsdann weiter von der sachen reden.