Acta Pacis Westphalicae I 1 : Instruktionen, Band 1: Frankreich - Schweden - Kaiser / Fritz Dickmann, Kriemhild Goronzy, Emil Schieche, Hans Wagner und Ernst Manfred Wermter
Memorial derjenigen Aufträge, deren Verrichtung in Deutschland Ihre Maj. dem
Hofkanzler Salvius allergnädigst anvertraut hat.
Datum Stockholm, den 28. April 1636.
1. Salvius soll sich eilends fertigmachen, das ihm zugewiesene Schiff besteigen und
mit ihm sofort nach Stralsund abreisen, oder wo er den Reichskanzler antrifft.
2. Nach seiner Ankunft soll er dem Reichskanzler die ihm mitgegebenen Briefe
aushändigen und außerdem berichten, warum Ihre Maj. ihn diesmal so schnell zu ihm
abgefertigt hat.
3. Der Grund ist folgender: Weil Ihre Maj. den Reichskanzler heimbeordert
hat, jedoch die Friedensverhandlungen gern befördert haben möchte, um dessentwillen
Ihre Maj. keine vertrauenswürdigen schwedischen Männer von hier verlieren möchte,
womit sie auch niemanden von den draußen Befindlichen beschäftigen kann, der nicht
ohnedies höchst beansprucht ist, soll sich Salvius zu diesem Zweck draußen mit
allem Fleiß und aller Treue verwenden lassen.
4. Also ist die Hauptintention der Kommission des Salvius, darnach zu trachten,
soweit es sich machen läßt, und sich zum höchsten zu befleißigen, daß zwischen dem
Kaiser und seinen Assistenten einerseits und Ihrer Maj. und der Krone Schweden
andererseits je eher desto besser ein reputierlicher und sicherer Frieden angebahnt und
unter Dach gebracht werden möge.
5. Nach Ansicht Ihrer Maj. ist der Reputation damit genuggetan, wenn das
Friedensinstrument auf der einen Seite im Namen Ihrer Maj. und der Krone Schweden
und auf der anderen im Namen des Kaisers und des Römischen Reichs aufgerichtet
wird, in der Weise und der Form, wie Kursachsen sein zuletzt übersandtes Konzept
abgefaßt hat.
6. Am reputierlichsten wäre auch weiterhin, daß in den Frieden eingeschlossen
werden 1. die Verbündeten Ihrer Maj., insonderheit Frankreich und die in den Prager
Frieden nicht aufgenommenen deutschen Stände, 2. alle, die in diesem Krieg seit 1618
gedient haben; und Ihre Maj. wünscht, es möge noch mit Fleiß darauf hingearbeitet
werden. Aber sollte dies nicht durch Verträge und im guten zu erwirken sein,
erachtet es Ihre Maj. für unnötig und müßig und sich selbst nicht für verpflichtet,
auf eigene Gefahr und eigene Kosten um jener willen Krieg zu führen, besonders
weil Frankreich à part seinen Vorteil durch eigene Verträge in Italien mit dem
Kaiser und dem Spanier erstrebt, die deutschen Verbündeten selbst von uns
abgefallen sind und die Soldateska oder die anderen, die von 1618 bis 1630 gegen den
Kaiser gedient haben, Ihre Maj. wenig angehen, sondern wenn alle diejenigen, welche
Seiner K. Maj. seit 1630 in diesem Krieg gedient haben, eingeschlossen werden, so
möge der Frieden, soweit es auf diesen Punkt ankommt, in Gottes Namen so ge-
schlossen und ein solches Vorgehen bei den oben genannten Interessenten mit der
einschlägigen Begründung entschuldigt werden.
7. Die Sicherung des Friedens betreffend wäre am ehesten das beste, 1. daß der
Kaiser das, was abgeschlossen würde, ratifizierte, 2. daß es auf einem Reichs-
tag oder zumindest auf einem Kurfürstentag im Reich approbiert würde, 3. daß
man irgendeine reale Sicherung an der Seeküste in die Hände bekäme. Ist dieses letzte
nicht zu erhalten, muß man auf den zwei ersteren bestehen; und sollte sich das
zweite nicht machen lassen, dann zu guter Letzt sich mit dem ersten allein zufrieden
geben, so wie es in dem zuletzt abgeschickten Instrument Kursachsens heißt.
8. Und Ihre Maj. hält dafür, daß in diesen zwei Punkten, der Reputation und
der Sicherung, für diesmal die meisten substantialia pacis bestehen.
9. Betreffend die übrigen zwei Punkte, an denen sich schließlich die Angelegenheit
am meisten gestoßen zu haben scheint, nämlich die Satisfaktion der Krone Schweden
und das Contentement der Soldateska, ist die endgültige Meinung Ihrer Maj. folgende:
10. Zuallererst soll man darauf bestehen, daß diese Punkte beide, jeder für sich
besonders, erreicht werden, daß nämlich Ihrer Maj. eine billige Satisfaktion für ihre
geleistete Assistenz und die Kriegskosten zuteil wird, da alle zwischen Seiner
Königl. Maj. höchstlöblichen Andenkens und den deutschen Ständen aufgerichteten
Bündnisse die Verpflichtung der deutschen Stände aufweisen, die gesamte Soldateska
zu befriedigen, die jetzt im Namen Ihrer Maj. und der Krone Schweden draußen dient.
11. Sollten sich Zeit- und verschiedene andere Umstände so anlassen, daß es den
Anschein hat, beide diese Dinge erreichen zu können, so möge man die Satisfaktion
so hoch wie irgend möglich treiben und sich schließlich mit dem Erreichbaren zufrieden
geben; und wenn nicht alles bar erlegt werden kann, lasse man sich mit gewissen
Terminen abfinden und bemühe sich inzwischen darum, Wismar oder Stralsund
mit so viel umliegendem Land wie möglich als Unterpfand zu behalten.
12. Sollten daneben auch die deutschen Stände das Contentement der Soldateska
auf sich nehmen, möge man Offiziere hinzuziehen und mit ihnen verhandeln, wie
dies am sorgfältigsten und besten geschehen könne.
13. Sollten diese beiden Punkte aber nicht jeder für sich zu erlangen sein, wollte
man vielmehr eine Geldsumme für alles zusammen geben (weil dies in den Schreiben
der Kurfürsten jetzt erwähnt wird, 25 Tonnen Gold in Meißnischen Gulden) und
diese dann sowohl für die Satisfaktion der Krone als auch für das Contentement der
Soldateska in Rechnung setzen, ist zuerst auf die Unbilligkeit und das Mißverhältnis
hinzuweisen, die darin bestehen, daß eine solche Summe nicht im geringsten für die
Vergütung der Soldateska allein ausreicht, geschweige denn es der Reputation Ihrer
Maj. und der Krone angemessen wäre, eine solche lächerlich kleine Belohnung für die
nicht abzuschätzenden Kosten und Schäden entgegenzunehmen.
14. Aber wenn man schließlich sieht, daß nichts Weiteres erreicht werden kann,
dann lasse man den Anspruch auf die erwähnte Satisfaktion fallen, begnüge sich
hierbei mit der Versicherung von Freundschaft und guter Nachbarschaft und lasse
es hernach allein auf das Contentement der Soldateska ankommen.
15. Und während so nichts mehr übrigbleibt als die erwähnte bloße Bezahlung und
Abfertigung der Soldateska, möge es schließlich auch in diesem Punkt dabei bleiben,
daß die deutschen Stände sie auf die Weise zufriedenstellen, wie sie es am besten und
bequemsten tun und vereinbaren können, und damit den Frieden schließen.
16. Aber da Ihrer Maj. Etat draußen durch viele Gläubiger und anderes erheb-
lich Ungemach hat, soll bei diesem Punkt beachtet werden, daß bei dem Geldbetrag
die gesamte Soldateska, keine Nation ausgenommen, berücksichtigt wird und daß
sowohl Schweden als auch Ausländer, Schotten und Deutsche, befriedigt werden.
Weiterhin ist darauf zu achten, daß die Stände selbst alle ausländischen Truppen
durch Anweisungen, oder wie sie es am ehesten können, zu sich ziehen und zufrieden-
stellen. Die Kommissare Ihrer Maj. sollen versuchen, das, was rechtmäßig den schwe-
dischen Truppen zufällt, sofort voll bar ausbezahlt zu erhalten, damit man mit
diesem Geld die Gläubiger draußen bezahlen kann und das schwedische Heer hier
daheim mit inländischen Mitteln befriedigt, wenn es, so Gott will, herüberkommt.
17. Sollte auch bis zum letzten nicht zu erwirken sein, daß die deutschen Stände
die Bezahlung der gesamten Soldateska allein übernehmen, worauf man jedoch bis
zum höchsten bestehen und wozu man es treiben muß, dann mag es, bevor deswegen der
Friede hintangesetzt wird, schließlich doch dabei bleiben, daß sie alle Fremden
befriedigen und Ihre Maj. dann ihre Gläubiger und das übrige Kriegsvolk selbst
bezahlt.
18. Und dies ist also Ihrer Maj. äußerste Meinung und Erklärung, über die in
den Friedenssubstantialien hinauszugehen sich Ihre Maj. nicht in der Lage sieht.
19. Die Kommissare müssen sich auch zum höchsten befleißigen, bei jedem der
oben erwähnten Punkte das meiste zu erreichen. Aber falls es nicht anders geschehen
kann, mögen sie schließlich getrost darauf abschließen, hernach nicht nur das resti-
tuieren, was wir oben in Deutschland besitzen, sondern auch das, was wir in Pommern
und Mecklenburg noch innehaben, alles und jedes an den früheren zuständigen Herrn,
und dann das Kriegsvolk, die Artillerie und Munition mit Schiffen, Fahrzeugen
und allem andern, was dort draußen hierher gehört, je früher desto besser hierher
herüberschaffen.
20. Die Verfahrensweise in all diesem und die Mittel, wie am besten diese
Absichten zu erzielen sind, stellt Ihre Maj. dem Gutdünken und der Einsicht des
Reichskanzlers anheim und überläßt es dem eigenen Urteil des Salvius und derjenigen,
welche mit ihm in der Kommission Verwendung finden werden, das anzupacken und
zu nutzen, was ihnen je nach der Laune der Personen, den Interessen des einzelnen, der
Zeiten und der Dinge Veränderung und vielen anderen Umständen dienlich sein könnte,
damit alles in guter Manier, mit Respekt und Gefälligkeit zugehe und verlaufe.
21. Wenn nun die anberaumten Verhandlungen in Lübeck stattfinden sollen, möge
Salvius mit demjenigen dahin reisen, den ihm beizuordnen der Reichskanzler für gut
finden wird, sich dort entweder als Subdelegierter oder als Ihrer Maj. und der Krone
Immediatlegat vorstellen, je nachdem was der Reichskanzler als das beste ansieht und
welche Verhandlungsweise er ihm vorschreiben wird.
22. Falls die Verhandlungen nicht schnell vorangehen oder fruchtlos verlaufen, soll
Salvius sowohl zu den Kurfürsten von Brandenburg und Sachsen als auch anderen
Ständen reisen, deren Einbeziehung ihm nötig erscheint, und bei ihnen entsprechend
dem ihm vom Reichskanzler vorgeschriebenen Modus mit allen manierlichen Mitteln
die oben erwähnte Hauptintention erwirken; hierbei wäre gelegentlich an die Ant-
worten anzuknüpfen, die Kursachsen am 28. Februar und 5. März, Kurbranden-
burg am 8. März sowie mehrere Stände Ihrer Maj. geschickt haben, die Ihre Maj.
vergangenen Winter durch Melchior Falckenberg besucht hatte.
23. Und weil die Summe aller oben erwähnten Antworten darauf hinausläuft,
daß sie 1. ihren Abfall von und ihre Feindschaft gegen uns rechtfertigen, 2. Schuld
und Haß auf die Amtsträger ihrer Maj. und des Reiches draußen werfen, 3. in
bezug auf einen angemessenen Frieden noch Geneigtheit und Hoffnung bezeugen,
4. auch Ihre Maj. dazu drängen und schließlich 5., wenn dies nicht angenom-
men würde, de futuris protestieren, soll deswegen des Salvius Proposition darauf
Bezug nehmen und dahin ausgerichtet sein, 1. deren Entschuldigungen und Beschul-
digungen gebührend zu beantworten, Ihrer Maj. und des Reiches Unschuld und Ver-
dienste zu rechtfertigen, die Amtsträger Ihrer Maj., soweit sich dies mit guten
Gründen und mit Gebühr tun läßt, von allen falschen Anklagen und Beleidigungen
zu befreien, die Geneigtheit Ihrer Maj. zu einem angemessenen Frieden zu bezeugen
und endlich, wie ja Ihre Maj. wegen ihrer eigenen Geneigtheit und wegen der von ihnen
bezeugten Geneigtheit zu einem Frieden diese Gesandtschaft zu ihnen abgefertigt
hat, zu versuchen, ob es nicht doch noch einige des weiteren heranzuziehende Mittel
gäbe, um allem weiteren Vergießen evangelisch-christlichen Bluts, des Bluts der
Religions- und Bundesgenossen sowie der Länderzerstörung zuvorzukommen; all
dies soll unter Hervorhebung dessen gesagt werden, daß all dies mehr von dem Wohl-
wollen ausgeht, das Ihre Maj. für deren eigene und des allgemeinen evangelischen
Wesens Wiederaufrichtung hegt, als auf Grund irgendwelcher anderer Ursachen.
24. Und dies ist im allgemeinen etwa das, was Ihre Maj. als Antwort darauf
haben will und worauf man hierbei hinzielen soll. Aber wie die Proposition jedem
einzelnen angepaßt werde und welche besonderen Argumente bei jedem Punkt
angeführt werden sollen, darüber soll Salvius vom Reichskanzler unterrichtet werden;
das übrige möge er gemäß eigenem Urteilsvermögen und treuer Gesinnung verrichten,
und zwar unter Bemühung darum, bei der Angelegenheit das Zustandekommen eines
Vertrags und, wie gesagt, einen leidlich friedlichen Verlauf zuwege zu bringen.
25. Die ihm für alles mitgegebenen Kreditive und Vollmachten kann er nach
Bedarf verwenden.
26. Falls der Reichskanzler eilig aus Deutschland abreist, soll Salvius mit
allem Fleiß die Verbindung mit Herrn Sten Bielke aufrechterhalten und dessen
Ratschläge in dem einen oder anderen benutzen und befolgen.
27. Er soll auch nicht unterlassen, mit den Feldmarschällen über das, was mitteilbar
ist, zu korrespondieren und Ihre Maj. häufig hierher zu benachrichtigen, was in der
einen oder anderen Hinsicht vor sich geht und verrichtet wird, sowie fleißig aufzuzeigen,
ob bei dem einen oder anderen Hoffnung oder das Gegenteil dazu zu bestehen scheint.
28. Solange irgendwelche Hoffnung besteht, die Angelegenheit zu einem friedlichen
Ablauf zu bringen, möge er dort draußen bleiben und auf alle gebührliche Weise
und an allen Orten sie in dem Sinne weiterbetreiben. Aber wenn alle Hoffnung auf
einen Frieden zunichte wird, soll er sich wiederum hierher heimbegeben.
29. Wenn es ihm indes an Mitteln mangeln sollte, um zu leben und all dies zu
verrichten, soll ihm hierin vom Reichskanzler oder in dessen Abwesenheit von Herrn
Sten Bielke der Gebühr nach für seine Notdurft geholfen werden.
Namens höchstgemeldeter Ihrer K. Maj. von Ihrer K. Maj. sowie des Reiches
Schweden respektive Vormunde und Regierung unterzeichnet.