Acta Pacis Westphalicae III D 1 : Stadtmünsterische Akten und Vermischtes / Helmut Lahrkamp
Und ist nicht allein, daß darin wir kauffleutte und gemeine ingesessene bur-
gerschafft unß beschwert befinden, waß wegen deß licents erwehnet, sonder
eß erinnern sich daneben ewer wolledlen und vorsichtige, daß man von
undencklicher zeit hero zu Schonefliet allein vier pfenninge zu bruggengelt
geben pflegen; und wan bey sommerzeitten die Embs dermassen außge-
trucknet oder bey winterzeitten also zugefrorn, daß mit wägen dadurch
oder uberführt werden kan, alßdan solche uber- oder durchfuhr ohne gelt
frey gelassen, vor wenig jahrn aber die vier pfenninge zu sechs schilling
erhohet und so gnaw beobachtet worden, daß auch bey sommer- und win-
terzeit die uber- und durchfuhr nicht frey gelassen wirt, und obgleich offt
und vielmaln man unß vertrostet, herrn fürstliche rhäte und ein thumb-
capittul solten verwilliget haben, sobalt der schilling uff die zufuhr der geist-
lichen were abgeschaffet, solte auch zu Schonefliet die newerung der sechs
schillingen cessirn, ist doch weniger alß nichts erfolget.
Man wolle aber recht consideriren, waß dieser eintzige zoll für theurung
veruhrsacht, sonderlich wie hoch derselbige die armuet in der statt Münster
und die armen haußleute uff dem platten landt trucke, indeme daß von den
ortten nicht ein fuder holtzes, ja nicht ein molt korns, welches uff einem
wagen geführt wirt, zu Schonefliet vorüber kan, eß müsse 6 schilling geben.
Demnach wirt eß zu Münster uffm marckte praesentirt und niemant anders
schaden empfindet dan die betrubte schämele armuet, so ankommende rog-
gen und andere victualien uff dem marckte suchen müssen; diejenige aber,
so vielleicht glück haben mogten, irgenswo durch die Embs zu kommen,
werden uff dem fueß von den soldaten auff Schonfliet verfolget, geschlagen
und zur würcklichen erlegung der sechs schilling gezwungen. Wie merck-
lich aber dadurch beneben der waarensteigerung die zufuhr werde verhin-
dert und abgeschrecket, kan ein jeder verstendiger ermessen; die aber, so
mit den 6 schillingen gravirt, haben darab einen praetext, ihre waaren desto
höher zu remedirn, die schämele burger aber werden genötiget, desto tieffer
in den beuttel zu greiffen; und da man bey diesen hochbekümmerten zeitten
auß mitleiden der taglichen unauffhörlichen einfallenden kriegscontributio-
nen den armen leutten, sowoll in den stätten alß uff dem platten landt,
leichterung soll schaffen, werden doch dieselbige durch diesen Schonflie-
tischen zoll der 6 schilling und durch die vielfältigkeit der licenten desto
mehr beschweret.
Wir willn geschweigen von den commendanten-, adjutanten- und schreib-
geldern in allen guarnisounen; also wan alles, waß dergestalt zu beschwer
der schämelen armuet und denen, so sich der handtierungen befleissigen,
durch solche mittele uffgetrungen wirt, mit recht angesehen werden will,
ungleich mehr schadens dem stifft Münster und dessen einwohnern zu-
wächst, alß inen dazu vortheils gerechnet werden kan, zu geschweigen, wie
kentlich dadurch die commercien von dieser statt ab an andere örter als uff
Bremen, nach der Weser und Soest, da dergleichen licenten und ufflagen nit
erfindlich, ab- und hinverwiesen und den frembden der vortheil gegünnet
und zugeworfen würdt, wobei wir dann auch dieß nicht verschweigen kön-
nen, welches gleichwoll unß uffs höchste betrübet, daß nemblich in newlig-
keit zu Schonefliet den vorüberreisenden nicht alleine die 6 schilling, son-
dern auch die licentzettule abgefordert und die waaren dagegen visitirt und
confecirt worden und, was mehr befunden alß die licentzettuln außweisen,
preißgemacht werden wollen, biß zur abbitt der angemaßten confiscation der
kauffman zwei halbe faß Friesischer butter ad 40 reichsthaler und dazu noch
20 reichsthaler an gelde herzugeben genötiget worden. Auf wessen geheiß
solchs hergangen lassen wir Gott befohlen sein. Dieß wissen wir aber, daß
eß bißherzu unerhört, sich auch an dem ortt nicht gebühret, darumb dan
unß die noth desto mehr zwinget, hiegegen rettungsmittele zu suchen und
daferne ewer wolledlen und vorsichtige unß ersprießlich nicht succuriren
können, werden wir genöttiget, mit zuthuen anderer stätten und aller dern,
denen hieran gelegen, uff solche mittele zu gedencken, welche, obwoll der
mühe halben beschwerlich, dannoch unß und anderen und gantzer gemein-
heit dieser statt ersprießlich fallen mögten.
Und ist unß rhatsamer, das eusserste zu versuchen, dan wissentlich zu einer
solcher vertruckung gebracht zu werden, alß es vielleicht einige vorhaben
mögten; haben gleichwoll dieß unser anliggen ewer wolledlen und vor-
sichtigen noch einmall entdecken müssen, uffs allerflehentlichst bittendt, an
endt und orttern, wo sie am besten vermeinen, hiegegen nutzliche remedia
zu befördern, sonsten unß nicht zu verdencken, daß wir alß dieses ortts
trostlose und gantz verlassene durch andere hülffmittele suchen müssen.
Den Schonflietischen zolln aber, doferne der lengst vertrostunge zufolge
dieselbige, waran eß gelegen, nicht abschaffen wollen, muß billig der Schil-
ling indifferenter wiederumb angestellet oder aber uff andere, obwoll ver-
drießliche, dannoch unvorbeygenckliche mittelen gedacht werden, welcher-
gestalt gegen daßjenige, waß also de facto eingeführt werden will, de facto
remedirt werde, dweill kein suppliciren, flehen und bitten, barmen und
seuffzen helffen mag.
Waß für ansehen aber eß gebehrn wirt, wan den ankommenden allerhöchst,
höchst und hohen potentaten der gantzen lieben christenheit plenipotentia-
riis die Steigerung der waaren in dieser statt und die behemmunge der zu-
fuhr entdeckt wirt, geben wir denen, so eß besser verstehen dan wir, zu
bedencken und derwegen bey gutter zeit von ewer wolledlen und herrlich-
keit rettungsmittele zuvorn zu suchen unß angelegen sein lassen wollen,
dieselbe damit dem gnädigen schutz Gottes empfelendt.