Acta Pacis Westphalicae II A 2 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 2: 1644 - 1645 / Wilhelm Engels mit einem Nachtrag von Karsten Ruppert
Obzwar Ewer Kayserliche Mayestät in unserer vom 20. dieß abgeloffener
relation allerunterthenigst berichtet worden, welchergestalt wir weder bey
dem hertzog von Longavilla noch seinen beeden collegis mit guetem
glimpff zu mündtlicher ansprach heten gelangen mögen, so haben sie sich
iedoch hernach baldt anderst besinnet undt unß andeuten lassen, daß der
herzog die visita von unß entlich anzunehmen erbietig wer. Derentwegen
wir gleich hernachgefolgten sambstags, den 21., unß zu ihme verfüeget,
seindt auch von ihme der gebüehr gemeeß empfangen worden, undt ist
er biß an wagen entgegengangen, auch hernacher wider biß an wagen
beglaittet, auch nit zurugggehen wollen, biß wir fürgefahren sein, undt
alß vorderist ich, graff von Nassau, in Franzößischer, sodan ich, Volmar,
in Lateinischer sprach die sallutationes undt complimenti verrichtet, er
auch darauf selbst geantwortet undt weitleüffig seines königs und der königin
gefaste guete resolution zum frieden contestirt, haben wir folgendts, in
ansehung hiebey auch seine collegae gegenwertig weren, anlaaß gesuecht,
in ferrern discurs zu khommen undt vermelt, sie hetten nunmehr Ewer
Kayserlichen Mayestät responsiones in handen undt könten darauß leicht-
lich ersehen, daß sie sich aller billigkheit genähert und an ihren nichts het-
ten erwenden lassen, waß zu erleuchterung dieser friedenshandlung möchte
dienstlich sein. Undt obzwar der hertzog in seiner antwort under andern
bedeuttet, man müeste die obstacula auß dem weeg raumen, so hielten wir
iedoch darfür, daß es nunmehr ahn Ewer Mayestät seiten guetermaßen
beschehen wer undt ahn deme bestunde, waß sie, Frantzößische plenipo-
tentiarii, weiters für obstacula im weeg zu ligen vermeinten, damit man
davon weiters handlen und reden könte. Sie haben aber sich hierauf mit
keiner rechten particularitet nit heraußlassen wollen, sondern insgemein
dahin bezogen, daß sie der Schwedischen gesanten ehister tagen alhie er-
warten theten undt willens weren, sich mit denselben in ein und andern zu
unterreden, alß dann auch unß mit einer gewißen antwort zu begegnen.
Wir sagten, daß wir zwar deme also zuwarten müesten undt hofften, es
wurde zu Oßnabrug mit extradition der Kayserlichen responsionum nun-
mehr auch sein richtigkheit erlangen, undt alßdan die conferentz zwischen
ihnen undt den Schwedischen weiter sich nit verziehen, entzwischen könte
iedoch wohl von den sachen discurrirt werden, sonderlich wusten wir wohl,
daß man inter obstacula pacis die Pfalzische sach halten thet, da verlangten
wir zu hören, wie sie vermeinten, daß selbige hinzulegen sein möcht. Sie
wolten sich aber in hoc puncto gar zu kheinem discurs eröffnen, bekenten
zwar, daß daher vornemblich dies Teutsche kriegsweesen entsprungen und
des gewesten Pfalzgraven actiones nit gebilligt werden könten, sie weren
aber benötiget, hierunder nach guetachten ihrer confoederirten zu dispo-
niren, undt schnitten damit allen weitern discurs in dieser materii ab.
Folgendts kamen sie uf den punctum satisfactionis undt sagten, Ewer Kay-
serliche Mayestät heten einen gueten theil ihrer articul mit dem wortt placet
beantwortet, aber bey diesem puncto were kein placet, sondern wurde noch
ein starckhe gegenforderung gesezt; undt alß wir hingegen sagten, Ewer
Mayestät hetten deßen rechtmeßige ursach, dan sie ia der cron Franckreich
zu keiner offension ursach gegeben, da seindt sie uf generaldiscurs gefallen,
haben angefangen außzufüehren, waßgestalten das hauß Österreich seine
macht allerorthen zu extendiren undt die cron Franckreich solchermaßen
einzuschliessen unterstanden, daß sie entlich besorgen müeßen, das un-
glückh sie zuletzt auch treffen wurde, haben unter andern dabei den Man-
tuanischen krieg angezogen, wie auch das der hertzog von Fridlandt inten-
tionirt gewesen, sich so starckh zu machen, daß er in undt durch Franckreich
seines gefallens hette dominiren, marchiren und den Spannischen die handt
bieten können, hetten also genuegsambe ursach gehabt, sich ihrer confoe-
derirten in Italia undt Teutschlandt anzunehmen, daher man leichtlich
gedenckhen könt, daß sie so viel bluet undt gelts nit vergeblich spendirt
haben könten, begerten, daß zu behalten, waß sie im krieg erobert. Wir
antworteten, sie wüsten wohl, daß die Italianische sach zu Regenspurg undt
folgendts auch in Italia verglichen undt daher ahn Ewer Kayserlichen Maye-
stät nichts zu praetendiren wer. So geben die protestirende bestendig vor,
daß die cron Franckreich sich ieweils erklert, vom reich nit einigen schuechs-
breit an sich zu behalten, ia sie bezeigten, dergleichen declarationes erst
newlicher tagen nit allein von den Schwedischen gesanten zu Oßnabrugg,
sondern auch von dem hertzogen von Longavilla selbst gehört zu haben,
wie dan solche contestationes von dem Frantzößischen ambassator, mon-
sieur Fequier, anno 1634 zu Franckfurth den ständen selbst geschehen undt
in offenem truckh vorhanden weren
Die Gesandten übergaben am 16. Oktober 1645 den Mediatoren einen Auszug aus der Pro-
position des Marquis de Feuquières, die dieser den protestantischen Reichsständen am 11. Juni
1634 in Frankfurt gemacht hatte. Kopie: RK , FrA Fasz. 92 VI nr. 854a fol. 270–271
(in lat. Sprache übersetzt); vgl. auch APW [ II A 1 nr. 179.]
sich nit uf des hauß Osterreichs erblanden, dan selbe gehörten nit zum
reich, es were auch dieses von ihnen nit so viel zu einer satisfaction alß zu
ihrer und des friedens assecuration angesehen. Alß wir aber replicirten,
man müeste hierunter den unterschied wissen, daß Ewer Kayserliche Maye-
stät königreich Hungarn undt Böheimb vom Römischen reich exempt undt
außgezogen, aber die Nieder-, Ober-, Inner- und Vorderösterreichische
landen constituirten einen besondern craiß im reich, müesten zu begeben-
den notfählen mit demselben contribuiren, hetten ihren bestimbten an-
schlag; ein ertzhertzog zu Osterreich müeste derowegen sein lehen vom
Römischen Kayser mit sonderbarer solennitet empfahen, hetten session,
stimb undt standt im reich. So wolten sie zu keinen weitern particulariteten
in hoc puncto heraußgehen, nur daß der monsieur Servient meldete, die
Regenspurgische tractaten weren von ihrem könig widersprochen worden,
weilen dessen abgesanter uber seine instruction gegangen, deßwegen er
auch in Frankreich darumb nit zum besten were angesehen worden. Es
were zwar nit ohne, daß hernach zu Cherasco dieselbe sachen weren ver-
glichen worden, dabey er sich befunden hette.
Wie wir dan auch bedenkhens getragen, vor uns selbst der Vorderoster-
reichischen landen meldung zu thuen, damit sie es nit also aufzunehmen,
gleichsamb wolten wir ihnen hierunter einig anerbietens thuen oder mit
ihnen in ein capitulation eintretten, dan auß allen ihren discurriren er-
scheint, daß sie gern einig apertur haben wolten, daß sie wenigist sagen kön-
ten, man hette sich der schuldigkheit in thesi bekendtlich gemacht, damit
sie hernach ad specialia inferiren könten. Und stehet unsers erachtens der
gantze zwekh ahn deme, warauf entlich die cron Schweden ihre satisfaction
determiniren werde; dan solte dieselbe sich anderst nit, alß mit landt undt
leüthen abweisen lassen wollen, so wurden es die Franzosen auch praeten-
diren und darfürhalten wollen, daß die Schweden ihnen crafft ihrer pündt-
nus darzue verholffen zu sein schuldig weren, wofern aber die Schweden
dergleichen praetension nit füehren solten, allermassen die protestirende
noch bestendig vorgeben thuen, daß derselben meinung nit seye, dem reich
das geringste vorzuhalten, so werden auch die Frantzosen mit anmassender
retention einiger zum reich gehöriger provintzen zuruckbleiben müessen.
Wie mir, Volmahrn, dan der Württenbergische cantzler Dr. Burckhardt
außtruckenlich angezeigt, daß ihme noch erst vor 5 wochen der Schwedi-
sche plenipotentiarius Oxenstiern gesagt, man hette sich umb die satisfac-
tion gegen Franckreich nit viel zu bekhümmern, dan ihr foedus were gra-
tuitum, undt könten dergleichen, so zu abbruch des reichs außlauffen thet,
nichts praetendiren.
Es haben auch die Franzößische plenipotentiarii der landtgräfin zu Hessen
Cassel praetension contra Darmbstatt meldung gethan, vorgebend, daß sie
billiche beschwerung wider die in selbiger Marburgischen streitsach ergan-
gene urtheil, darauf erfolgte militarische execution und abgetrungene trans-
action einzuwenden hette. Undt ob wir zwar ihnen zu erkhennen geben,
daß dies ein außgemachte sach undt mit gewaffneter execution des werkhs
nit zuviel beschehen wer, seitemalen des heyligen Römischen reichs execu-
tionsordnung ein solches mit sich brächten; da auch einem Römischen Kay-
ser die militarische executiones rerum iudicatarum solten benohmen wer-
den, ferrer kein iustitia im reich zu erhalten sein wurde, sie, Franzosen,
auch bekhennen müesten, daß sie sich in dergleichen sachen nit einzumischen
hetten. So sagten sie doch, es werde diese sach, alß welche a publicis sepa-
rirt, die friedenshandlung nit hindern, man müeste aber sehen, wie diese
beede heuser solcher differentz halber miteinander verglichen werden kön-
ten, dan es sonst keinen bestendigen frieden geben könte, wan dergleichen
sachen unerörtert bleiben solten, darzue sie ihrestheils gern alle beyhülff
thuen wolten. Undt dieweil wir dan ein weiters und mehrers nit herauß-
bringen mögen, so wollen wir jedoch nit unterlassen, die herren mediatores
hierunter noch ferners zu informiren, und sehen, waß durch ihre vermitt-
lung ferrer in der sach geschafft werden könte, habens immittelst Ewer
Kayserlichen Mayestät alleruntherthenigst zu uberschreiben nit umbgehen
sollen.
Eigh. PS von Nassau ( nur in der Ausfertigung) – In dießem moment schicket
der duca de Longeville zu unß, nachmittag heüte umb zwo uhren unß die
visite zu restituieren.