Acta Pacis Westphalicae II A 2 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 2: 1644 - 1645 / Wilhelm Engels mit einem Nachtrag von Karsten Ruppert
Ewer Kayserlichen Mayestät sollen wir allerunderthenigist nit verhalten,
das gestern vormitags umb 10 uhr beede herren mediatores sich bey uns
eingefunden und die von denn Franzößischen plenipotentiarien dermaln
heraußgegebene proposition innhalts mitfolgender abschrifft überbracht,
dabey auch ire mündtliche anzeig fast dahin gestelt haben, es weren bemelte
Franzosen an vorgangnen sontag bey inen erschienen und heten dieihenige
conditiones, auf welche sie mit Ewer Kayserlichen Mayestät und dem reich
einen frieden ze schliessen gedächten, erstens mündtlich der lenge nach
vorgetragen, dabey auch allerhandt informationes und argumenta angehengt,
warumb sie selbige also ze sezen und zu behaubten befuegt ze sein vermeint.
Hernach zwar auf ir zuesprechen ein copei oder schrifftliche verfasßung
über solch vorgetragene conditiones zuegestelt, dieweil aber sie, mediato-
res, in ersechung derselben befunden, das darinnen auch ein punct wegen
vergleichung der religions- und geistlicher güetter streittigkeit und be-
schwärungen eingeruckht worden, als heten sie und sonderlich herr nuncius
inen starckh deßwegen zuegesprochen auch endtlich sovil erhalten, das sie
solchen puncten außgelassen und ein andern vergriff heraußgeben.
Wiewol sie anfangs ungern daran kommen seyen und vorgewendt heten,
sie könten es darumben nit underlassen, uf das die protestierende nit ver-
meinen, sie wolten sich irer gar nichts annemmen, und daher ursach ergreif-
fen theten, sich allerdings an die Schweeden zu henckhen, und obschon
herr nuncius in diser materi sich keiner mittlung undterfangen wolt oder
könte, so verhofften sie doch, es wurde der Venetianische ambassator des-
sen einige bedencken nit tragen. Darauf er geantwortet, das er zwar erbüet-
tig sein würde, hierundter sein interposition auch zu üeben; er were aber
zwischen Ewer Kayserlichen Mayestät und der cron Schweeden kein und-
terhändler, und gehörte dise materi nicht zu denn hießigen tractaten, son-
dern stuende dahin, was die Schweeden dessentwegen zu Oßnabrugg uf die
baan bringen wurden. Also were ein pur lauter vergeblich ding, das solcher
punct in irer, der Franzößischen plenipotentiarien, proposition einkommen
solt.
Sodann haben sie, mediatores, auch summariter über etlich puncten der
proposition weitere erleütterung gegeben, als das sie denn Franzosen vor-
gehalten, die im eingang gezezte clausula reservatoria addendi, minuendi,
declarandi etc. were captiosa, und möchte dardurch zu allerhandt neüen
disputaten und irrungen anlass genommen werden. Darauf wer ir erclärung
erfolgt, das sie dardurch kein neüen haubtpuncten verstüendten, sondern
allein, wo etwas in denn gezezten conditionibus zweifel- oder manglhäfftig
scheinen solt, das sie dabey ir weiter notdurfft einzefüechen befuegt sein
möchten. Item weil sie in dem articulo von irer praetendierten satisfaction
ganz generaliter hindurch giengen, wurde nötig sein, das sie in specie, was
sie hiermit vermeinten, eröffnen theten. Darüber sovil vermerckht worden,
das sie solches bis zu ankonfft dess duca di Longavilla wurden anstehen
lassen.
Wegen dess Don Odoardo di Braganza haben die mediatores instendig
angehalten, das dessen erlädigung von Ewer Kayserlichen Mayestät möchte
richtig gemacht werden, dann die Franzosen suechten es darumben von
derselben, weil der durch iren bevelch were in verhafft genommen und her-
nach denn Spanischen, doch gegen einen revers denselben uf begeren wider
zuruggfolgen zlassen, überlifert worden, da doch sie, Franzosen, vorgeben,
man hete dessen weder fueg noch recht gehabt, dann es hete sich einige
conspiration mit dem neü eingetrungenen könig noch vil weniger sonst
einiges verbrechen wider Ewer Mayestät auf ine nit gefunden
Eduard von Braganza (1605–1649), der Bruder Kg. Johann IV. von Portugal hatte im Kriegs-
dienst des Kaisers gestanden und war nach der portugiesischen Revolution auf Drängen Spaniens
am 14. Febr. 1641 in Regensburg verhaftet und später den Spaniern übergeben und nach Mailand
gebracht worden, wo er im Sept. 1649 in Gefangenschaft starb.
Endtlich haben sie, mediatores, auch angezeigt, das sie den Franzosen nach
eröffneter proposition auch weiter vorgehalten, seitemaln die erfahrung
bißher bezeügte, wie offt und vil die vorgehabte fridenshandlungen
durch die uf ein und andern seiten begebene kriegßfähl verendert, verhin-
dert und schwärer gemacht worden, und daher in allen fridenshandlungen
gemeinlich dahin gesechen werde, das man sich vorderist eines stillstandts
der waaffen vergleichen thue, damit man desto leichter zu einer haubthand-
lung gelangen mög. Inmaasen in ganz Italien die mainung sey, man werde
nimmer zu einigem tractat gelangen, wo man nit wenigist auf etlich wenig
wochen sich eines anstandts vergleichen thue. So solten die Franzosen sich
erclären, ob sie nit an irem ort sich darzue verstehen möchten. Warauf die
antwort gegeben worden, das sie es vorderist mit iren collegatis communi-
cieren und derselben mainung vernemmen müesten. Sie, mediatores, wolten
uns also gleichmäsßige erinnerung gethan haben, wie sie dann auch deß-
wegen mit denn Spanischen ze reden vorhabens weren, dann die Franzosen
selbst geben sovil zu verstehen, es müeste ein gemein und durchgehend
werckh werden.
Der Venetianische ambassator hat vermeldet, von dem Hesßischen depu-
tato Dr. Vulteio vernommen ze haben, das die frau landtgräfin ire sach nit
durch die Franzosen, sondern immediate mit Ewer Mayestät abgeordneten
zu tractieren vorhabens, wann sie allein von uns sovil scheins ersechen
möcht, das wir dessen begwalttiget weren. Dahero nit unrathsamb, das
Ewer Kayserliche Mayestät uns irem vom 26. Aprilis iungsthin gethanem
allergenedigisten erclären
Vgl. [nr. 141.]
stem zuekommen liessend. Inmitlst haben wir uns erbiettig gemacht, disen
Hesßischen abgeordneten ein vidimierte abschrifft unserer generalvollmacht
in eventum erfolgen ze lassen.
Im übrigen haben wir die mediatores vor dißmal allein per generalia dahin
beantwortet, das wir nit ermanglen wolten, die eingehendigte Franzößische
proposition mit denn churfürstlichen auch anderer ständten deputatis för-
derlichist zu berathschlagen und alßdan uf ieden puncten unsere antwortt
zu ertheilen. Befinden gleichwol ettlich puncten darinnen, so theils wider
die vernunfft, theils wider dess Römischen reichs freyheit lauffen theten,
deren verthädigung iedoch die Franzosen sich so hoch berüembten, als was
darin von erwöhlung eines Römischen königs vivente Caesare, von handt-
habung der reichssazungen etc. begriffen wer. Darauf sagte der Venetia-
nische ambassator, ime were von denn Franzosen angezeigt worden, das
ein Römischer Kayser in seiner wahlcapitulation formaliter schweren müest,
nit zu verstatten, das bei seinen lebzeiten ein Römischer könig erwöhlet
werde. Wir haben ime aber gleich anzeig gethan, das die gegentheil sich
hierundter gröblich irrten, und dergleichen weder in der Gulden Bulla noch
in der wahlcapitulation ze finden wer. Und were diss eine sach, so absolute
bei dem churfürstlichen collegio stüende.
Nun haben wir gleich gestrigen nachmittags dem herren bischoffen von
Oßnabrugg als der anweesenden churfürstlichen deputatorum directori,
weil von Churmainz noch derzeit niemandts alhier ist, von disem anbringen
bericht gethan und befunden, das ime bereits von denn Franzosen auch ein
copey irer proposition zuegeschickht worden. Wollen auch nit underlassen,
geliebts Gott, morndrigen tags mit den sambtlichen alhie anweesenden chur-
fürstlichen deputatis ein conferenz ze halten, umb zu sechen, wie man negst-
vorgehender communication mit denen zu Oßnabrugg über die materias
der Franzößischen und Schweedischen proposition, welche nun auch eröff-
net ist, zu einer sambtlichen consultation gelangen möcht, und mit negstem
Ewer Kayserlichen Mayestät darvon weitere gehorsamiste relation erstatten.
Wir haben aber unserer schuldigkeit ze sein ermessen, disen unseren vor-
bericht bey heütig Cölnischer post ablauffen ze lassen und dem Kayserli-
chen postmeister zu Franckfurth
ordinari staffetta fortbeförderen solle, als wir verhofferi, deme folg besche-
chen, und Ewer Kayserliche Mayestät desto zeitlicher uns dero ferrere gene-
digiste resolution einzuschicken gelegenheit erlangen werden.
[ Eigh. Zusatz Nassaus:] Gestern seint an die viertzig karren und wagen, deß
duca de Longeville bagagi, alhier angelanget mit bericht, daß deßen in
dreyen oder vier tagen noch an die fünftzig alhier anlangen würden. Die
Frantzosen geben für, daß in wenig tagen der duca de Longeville selbsten
hier anlangen werde.