Acta Pacis Westphalicae II A 2 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 2: 1644 - 1645 / Wilhelm Engels mit einem Nachtrag von Karsten Ruppert
Wir haben auß Eur Liedben und Excellenz auch deß herrn und meines
hochgeehrten herrn iungstem schreiben mit verwunderung vernommen,
waßgestalten durch die Französische plenipotentiarios ettliche puncten, so
ihres vorgebens mit unß verglichen sein sollen, spargirt und wider die an-
wesende deputatos deß heyligen Römischen reichs fürsten und ständen
außgebreittet worden. Nun mögen wir hinwiderumb zum bericht nit ver-
halten, daß unß dergleichen beraits anvor allhier auch, zwar selbigerzeit
allein als ein sach, so die bemeldte Französische gevollmächtigte vor sich
also faßten, angefüegt worden, darauff wir nit ermanglet haben, dieienige
puncten, so anderst als von unß iemaln gedacht, geredt oder gefaßt worden,
in disem vergriff zu lesen vorkommen seind, mit beisetzung deß rechten
verlauffs abzeleinen und der unwarheit zu straffen, gestalten Eur Liebden
und Excellenz auch der herr und mein hochgeehrter herr auß der beylagen
zu ersehen.
Damit nun aber dieienige, wölche im namen ein und andern reichsstandts
sich zu Oßnabrukh gegenwerttig befinden thuend, deß gantzen verlauffs
ein rechte grundtliche wissenschafft erlangen mögen, so ists an deme,
daß, als die Französische plenipotentiarii sich vermerkhen lassen, wie
inen fast unlieb wer, bei fortsetzender handlung ieweils in schrifften
zu verfahren, als wölches gar leicht zu meheren weitleüffigkeiten ursach
geben möchte, wir darauff geanttworttet, wir weren deßen gar wol zufriden
und erbiettig, hinfüro solche schrifftwexlungen zu underlassen, ausserhalb,
daß man inskünfftig allein dieienige puncten, wölche die substantz deß paci-
ficationswesens, die media und conditiones pacis und clausulas selbst be-
treffen theten, kurtz zu papyr verzeichnen sollte, damit man desto sicherer
darüber handlen und nit von einem oder andern theil ein lapsus memoriae
praetendirt werden möcht. Daß aber wir unß iemaln hetten vernemmen
lassen, alle und iede reichsstände, so in Münster ankommen und versamblet
sein werden, bei denn vorgehenden friedenstractaten cum iure suffragii an-
gehört, auch under inen in formb und maaß, wie uff denn reichstägen zu
geschehen pflegt, die deliberationes zugelassen werden sollen, daß wurde
sich nit erfinden. Wir könden auch keinesweegs glauben, daß die herrn
mediatores solche umbstände an die Französischen plenipotentiarios im ge-
ringsten referirt haben, sondern müessen es darfürhalten, daß der Fran-
zösische protocollist ime selbst disen ungleichen und widersinnigen ver-
standt fingirt und eingebildet hab, dann als die mediatores unß vorgehalten,
die Franzosen köndten nit verstehen, waß es vor ein beschaffenheit mit
resolvirter translation der reichsdeputation habe und ob den andern stän-
den, so nit darinn begriffen, auch daz ius suffragii zugelassen, haben wir
inen geanttworttet, es hetten ire Kayserliche mayestät denn ständen deß
reichs cuius cunque ordinis solches ius suffragii bei einiger reichsversamb-
lung und consultation niemalen verwehrt oder ze disputirn in gedankhen
gehabt. Die reichsdeputation sey darumben allherzekommen resolvirt,
damit allerhandts anderwerts befahrende confusiones vermitten blieben.
Diese reichsdeputation hab potestatem ordinariam, in constitutionibus
imperii fundatum, von solcher materia pacis et belli ze deliberirn. Es werden
die churfürstlichen collegialiter erscheinen, ein gleiche meinung werdts auch
mit denn übrigen deputirten fürsten und ständen haben; inen sambtlich
werde ein volkommne freyheit gelassen sein, mit unß über die vorkommende
materias ze deliberirn; wir würden unß dero räthen, stimmen und schlußen
bedienen und, waß mit bederseits gemeinen concluso verabschiedet, den
gegentheilen per mediatores vorhalten lassen. Wann die Franzosen unß
ein andern modum abtringen wolten, were es ein clares zeichen, daß sie
kein friden, sondern ein trennung under den ständen suechten. Dreyerlei
consilia weren beim reich herkommen: 1. ein gemeiner reichstag, 2. ein
gemeiner craißtag, 3. ein ordinari reichsdeputationtag. Ausserhalb diser
dreyen wüßten wir unß keines reichsconvents zu erinnern, darin die stände
ihr ius suffragii exercirn köndten. Derzeit war kein gemeiner craißtag, vil
weniger ein gemeiner reichstag allhie, weil nit allein die stände ermangleten,
sondern auch, wölches ad essentiam rei gehördte, kein ausschreiben a
Caesare deßwegen vorgangen wer. Auch dieienige stände, so sich extra
deputationem ordinariam allhie befinden theten, niemandt als allein ihre
principales in particulari, keinesweegs aber daß corpus imperii in communi
zu representirn hetten. Endtlich aber, waß ein- oder andern standts interesse
antreffen thet, wo deßwegen waß bei der reichsdeputation zu handlen vor-
fallen würde, were auß iedem craiß deß reichs ein deputatus vorhanden,
durch den solche sachen beobachtet, auch in eventum mit andern seines
craißes anwesenden mehrern deputatis consultirt werden köndten, inmaas-
sen die herrn mediatores solches alles selbst der billicheit gemäß gefunden
und die confusion im übrigen ze vermeiden rathsamb erachtet.
Bei deß herrn churfürsten von Trier restitutionsach ist nichts zu erinnern,
weil es entzwischen damit ohne zuthuen der Franzosen und Schweden uff
die anvor ein lange zeit mit ime obgeweßte besondere tractatus allerdings
zue richtigkeit kommen ist.
Wegen der confederirten ist unser erclärung mit außgetrukhten wortten
dahien gangen, daß unß nit werde zuwider sein, von derselben interesse
suo loco et ordine ze tractirn, dieweil aber ie die Franzosen selbige anietzt
nit nambhafft machen wolten, so erforderte die vernunfft selbst, daß in dem
künfftigen pacificationscapitulo gleich im ersten articul wegen der confede-
rirten ein besondere clausul eingerukht werde, namblich, daß beeder par-
teyen confederierte in disem friden mit begriffen sein sollen, doch aber
allein dieienige, wölche in nachfolgenden articulen besonders und mit
namen außgetrukht seind und anderst nit, nach dem exempel dern zwischen
Kayser Carln dem V. und könig Franciscio in Frankreich dem I. anno 1526
zu Madrit vorgangner pacification .
Nit weniger hatt es bei unß wegen künfftiger versicherung der tractaten
im geringsten die meinung niemaln gehabt, daß kein andere als allein die
verification bei denn parlamenten gesuecht werden solte; dann es ist
unsere erclärung praecise dahien gangen, daß solche quaestion de futura
assecuratione biß zu beschliessung der pacification außgestellt werden solte,
alsdann wir solche rationes remonstrirn wolten, warumb wir billich zu
begehrn, daß die versicherung nit nur von den parlamenten, sondern gar
von den ständen deß königreichs erstattet werden solle. Als wir auch dessen
den herrn mediatoren ein clares exempel auß deren anno 1529 zu Camerich
zwischen Frankreich und Spanien auffgerichte pacification
sen und endtlich dabei gesetzt, daß ihre Kayserliche mayestät eben dieienige
assecuration von der cron Frankreich zu begehren haben werden, so dise
von ihrer mayestät pretendirn theten.
Wir ersuechen demnach Eur Liebden und Excellenz, auch den herrn und
meinen hochgeehrten herrn, sie wollen unbeschwehrt sein, dennjenigen
ständen, so von denn Franzosen mit ungleicher information eingenommen
sein möchten, disen unßern bericht ze communicirn und inen zu erkennen
geben, wie ungleich in disen und andern sachen die gegentheil andere leütt
zu verlaitten und in missgedankhen zu stekhen sich befleissen thuend.
Solchem nach verhalten wir inen nit, daß wir mit guettem grundt berichtet
seind, daß die Churbayrische gesandten nit allein bei beden mediatoren,
sondern auch bei denn Franzosen selbst und sonderlich dem Servient gar
starkh von newen dingen umb ein suspensionem armorum, ia auch wol
mehrer sachen, iedoch hinderruks unser, ansuechen thuend, da wir dann in
sorgen stehen, es were bei gestriger conferentz mit denn Churmainzischen
gesandten darvon auch etwas gehandlet worden sein. Weil nun dessen
wissenschafft zu erlangen sehr vil dran gelegen, aber auch under inen, Main-
zischen, ein grosser underschiedt, da haben wir Eur Liebden und Excellenz
und dem herrn auch meinem hochgeehrten herrn hiemit unmaßgeblich an
handt geben wollen, daß Eur Liebden und Excellenz, der herr graf von
Lamberg, vor sich ein visita an herrn graf Cratz thuen und sehen möcht,
wie er in vertraulicher conversation heraußlokhen köndt, waß bei diser con-
ferentz in specie berüertten punctens halber vorgeloffen.
Sodann haben wir von dem Venetianischen ambassadeur per discursum
verstanden, ob solte villeicht nit unthuenlich sein zu versuechen, wie man
den Salvium zu seinem particularinteresse gewinnen köndt, weil er allem
ansehen nach sein stabilimentum im reich Teutscher nation zu erhalten mit
gedankhen umbgehen thue. Und seitemalen dann seinesgleichen subiecta
gemeiniglich mehr uff ihr aigen als ihrer principalen interesse zu sehen
pflegen, so stehet ebenmässig zu bedenkhen, wie man hinder ein gehaimes
tractament mit ime kommen möchte; lassens also zu Eur Liebden und Excel-
lenz auch deß herrn und meines hochgeehrten herrn belieben gestellt sein,
ob sie villeicht durch den Mechelburgischen gesandten oder iemandt andern
über sein, Salvii, inclination und cupiditates etwas wolten nachforschen
lassen, dadurch einiger weeg zu mehrer Anfeßlung möchte gebannt werden.