Acta Pacis Westphalicae II A 2 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 2: 1644 - 1645 / Wilhelm Engels mit einem Nachtrag von Karsten Ruppert
Am 24. Februar sind zwischen 6 und 7 uhr gegen der nacht beede herren
mediatores zu uns kommen und haben uns neben weitlaüffiger erzehlung,
wie starckh und vilfältig sie die französischen Gesandten zur Herausgabe der
Proposition angetriben, derselben proposition, welche sie erst iezunder von
inen empfangen haten, vorgelesen und mit uns über dern innhalt undterred
gepflogen, auch auf unser begeren darvon am nachgefolgten sambstag ein
abschrifft zuekommen lassen, inmassen selbige hiebey lit. A. zu sechen und
daraus abzunemmen, das dise Franzößische gevollmächtigte, ob sie wol
nit in abred sein können, sondern bekennen müessen, von dem königlichen
hof bevelcht ze sein, etwas nächers zu denn fridenstractaten füerzeschreit-
ten, iedoch nochmalen ire vorige postulata, das alle reichsständt alher erfor-
dert, wie auch der herr churfürst von Trier erlödigt sein müeste, widerholen
und es folglich dahinsezen thuend, das man sich anderergestalt von inen
einiger haubtsächlicher handlung nit zu getrösten haben werde. Zum ande-
ren wirdt in dem § pour ce qui regarde etc., waß die befridung selbst
zwischen Ewer Mayestät und dem könig in Franckreich anlangt, so ver-
schraufft eingeflickht, das kein aigentlicher verstandt daraus genommen
werden kan, ob Franckreich mit Ewer Mayestät und dem reich haubtsäch-
lich in fridenshandlungen eintretten, oder nit vilmehr sich pro arbitrio
zwischen Ewer Kayserlichen Mayestät und dem reich in componendis
rebus imperii aufzuwerffen, gemeint sein wölle. Zum dritten kommen sie
abermalen mit irer claußul, das ire confoederierte mit und neben inen coniunc-
tim stehen und solchergestalt zufridengestelt werden müessen, aufgezogen.
Vierttens lassen sie sich ansechen, als wolten sie die handlung der Italieni-
schen sachen auch in einem andern modell giessen und aus den herren
interpositoren, der Päpstlichen heylichkeitt auch der republic zu Venedig,
entweder parteyen oder doch absolutos arbitros machen. Und letstlich wol-
len sie den punctum assecurationis tractandorum aniezt, und noch das
geringste nit abgehandlet, verglichen haben.
Wiewol nun diss alles sachen seint, so allein deren herren mediatoren star-
cken zuesprechen sich umb etwas zu entladen und im übrigen das ganze
haubtwerckh noch ferrer auf die lange panckh zu verschieben angesechen,
dessen auch aus demihenigen, waß Ewer Kayserlichen Mayestät gevoll-
mächtigte zu Oßnabrugg von dess Dennemarckischen secretarii anzeig
berichten thuend
Vgl. [ nr. 98.]
deren hierüber mit den Churcöllnischen und Churbayrischen gesandten
bereits zum zweiten mahl gehaltener conferenz darfür gehalten, es werde
ein notdurfft sein, gleichwol hieraus einige apertur und anlaaß zu ergreif-
fen, ob gedachte Franzößische plenipotentiarii besser in die enge getriben
und zu eröffnung mehrer specialiteten gebracht werden möchten, wie es
dann die herren mediatores bey einliferung diser proposition irestheils auch
für sehr rathsamb und Ewer Mayestät fürstendig ze sein, erachten wollen.
Demnach so haben wir in abschrifft beykommendes concept lit. B. in formb
einer declaration oder replic verfast und weren mit rath und guetfinden
der churfürstlichen deputierten vorhabens, selbige eheister tagen denen
mediatoren einzuhendigen. Doch haben wir nit ermanglet, darundter auch
Ewer Mayestät gesandten zu Oßnabrugg zuezuschreiben
guetachtens
von denn Spanischen plenipotentiariis dabey erinnert werden möchte, wer-
den wir uns mit den churfürstlichen eines entlichen zu vergleichen und
dess ferreren verlauffs Ewer Kayserlichen Mayestät mit negsten gehorsa-
mist zu berichten uns angelegen sein lassen. Wir hatten es zwar dahin rich-
ten wollen, das vorderist, und ehe dann einige replic übergeben, Ewer
Mayestätt resolution erwarttet wurde, dieweilen es aber nochweils zu keinem
haubtweesen gelangt und kein deren gegentheil unzimbliche ufzüglicheiten
widerlegt werden, so haben wir die vorsorg getragen, die churfürstlichen
möchten den verzug ungleich aufnemmen; neben deme zu mehr und mehrer
erhebung dess glimpfs vor Ewer Kayserliche Mayestät ein hoche notdurfft
sein will, mit der beantwortung diser ungereimbten schrifft nit lang inzu-
halten, sondern solche eheist möglich an tag zu bringen, uf das der gegen-
theil sich desto weniger berüehmen kan, als ob er gar ein starkhe apertur
zu der haubthandlung gethan hete, underthenigister hoffnung, Ewer Maye-
stät iren dise intention in Kayserlichen genaden also gefallen lassen wer-
den.
Gegen denn Spanischen gesandten haben die Franzosen zwar auch ein
proposition, aber verschlossen, denn mediatoren und mit dem geding ein-
gehendiget, das sie selbige inen, Spanischen, nit, als bis sie ire neüe voll-
macht der depositierten minuta gemess eingeben haben wurden, außliferen
solten.
Nachdem wir auch in der Oßnabruggischen an Ewer Mayestät mit diser
ordinari ablauffender relation
Vgl. [ nr. 105.]
potentiarius Salvius sich gegen dem decan zu St. Johann einer differenz
wider die Franzosen vernemmen lassen, haben wir hiemit zu dessen mehrer
erleütterung gehorsamist andeütten sollen, das uns vertraute nachricht
eingelangt, solche differenz in vier puncten bestehen thue. Als erstlich wegen
deren vom Salvio selbst angeregter praecedenz; zum andern, das die Fran-
zosen außgeben, es theten allein die Schweedische so starckh auf die er-
scheinung aller reichsständt tringen und wolten ohne deren gegenwarth sich
zu keiner handlung vermögen lassen, da doch hingegen die Franzosen eben
dieihenige weren, welche solches anmaassen inventiert hetten; zum dritten,
das sie, Franzosen, ir, der Schweeden, unbefragt mit irer proposition herauß-
gangen weren; und zum vierten, so suechten die Franzosen allein ir aigen
interesse und wollen, das der Torstensohn an den Rhein gehen oder weni-
gist sein armada theilen, daran ein gueten theil an Rhein schicken und mit
den Franzosen coniungieren solte, über welche sachen alle die Schweeden
sehr disgustiert sein sollen.
Sodann hat sich diser tagen ein adiunctus dess Savoyischen gesandtens
Der savoyische Gesandte Claudio Gerolamo Chabot, marchese di San Maurizio (1583–1659)
war Anfang Februar 1645 auf dem stiftmünsterischen Amtshaus Wolbeck, eine Meile von der
Stadt Münster entfernt, eingetroffen (vgl. Diarium Wartenberg I S. 500f.). Über ihn vgl.
APW [ II C 2 S. 498 Anm. 3] und V. Kybal S. 288 Anm. 1. Sein Adjunkt war der Präsident
von Turin, Dr. Gian Francesco Bellezia (1602–1672). Über ihn vgl. V. Kybal S. 309 Anm. 2
und DBI VII S. 634–637.
so sich nit weit von hier aufhaltet, bey uns angeben und von uns, wie man
disen gesandten im empfachen, visitieren und anderen complementi trac-
tieren wolte, zu wissen begert, auch sein praetension dahin gesezt, das er
denn churfürstlichen gesandten gleich solte gehalten werden, aus denen
fundamenten, das es die herzogen von Savoy also hergebracht, das sie
fürsten und vasalli, auch vicarii perpetui per Italiam dess Römischen reichs
weren, das auch Ewer Kayserliche Mayestät inen den titul serenissimi geben
theten. Wir haben ine keiner antwort bescheiden können, sondern der
sachen nachzudencken benommen, gleichwol gesagt, das wir disen gesand-
ten sowenig als den churfürstlichen das praedicatum excellentiae geben
wurden; ob ime aber die wagen entgegenzuschicken auch in der visita die
oberhandt zu geben, da stehen wir ahn und piten Ewer Kayserliche Maye-
stät, uns darüber mit eheistem allergenedigist bescheiden wollen, dann es
will dises competenzweesen zimblich weit einreissen, und werden andere,
so hievor etwan mit Venedig oder Savoy in streit gewesen, dergleichen
tractament auch suechen. Sonst hat er uns auch ein copei eines aufm reichs-
tag anno 1582 von chur-, fürsten und ständten dess reichs, weyland Kayser
Rudolphi dem andern in puncto praecedentiae contra Florenz abgangnen
guetachtens, so hiebey lit. C., vorgewisen, was aber darüber resolviert wor-
den, hat er kein bericht geben.
Die Churbayrischen gesandten haben wir heüt 8 tag besuecht und es bey
denn gewohnlichen praedicatis gegen inen verbleiben lassen, wie sie es
dann auch also gegen uns gehalten. Es hat zwar am abendt zuvor herr
bischoff von Oßnabrugg den canonicum von Landtsperg zu mir, grafen von
Nassaw, geschickht und zu wissen begert, ob wir dises tractaments halber
etwas neüe bevelch von Ewer Kayserlichen Mayestät empfangen, und ob
wir inen den titul excellentiae geben wurden. Ich habe ime aber geantwortet,
das es Ewer Kayserliche Mayestät bey den vorigen der churfürstlichen
deputaten empfachung halber ergangnen bevelchen bewenden lüessend, wir
auch nit wüsten, warumb zwischen uns als Teütschen und im reich gegen-
einander verwahndten ständten einige neüerung anfangen solten, derent-
wegen auch bedacht weren, uns dess alten styli zu gebrauchen, dabei es
dann verbliben.