Acta Pacis Westphalicae II A 4 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 4: 1646 / Hubert Salm und Brigitte Wübbeke-Pflüger unter Benutzung der Vorarbeiten von Wilhelm Engels, Manfred Klett

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Rezepisse auf Beilage A. Nun ist von hertzen zue bedaueren, daß bey aller nit allein von den
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meinigen, sondernn auch von Euer Liebden unndt aller anderen chur-, fürsten unndt sten-
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den, der mediatoren auch selbsten angewendten unaussetzlichen bemuehung unndt wider
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die Euer Liebden vom cardinal Mazarini, den meinigen aber von den Schweedischen mini-
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stris erfolgte sincerationes, vertröstung unndt versicherung gleichwohl der liebe friden biß
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ahnhero nit hat weitter khönden gebracht werden, ia sich ermelte cronnen dises congressus
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zuemahlen nit dahin, daß dem geliebten vatterlandt unndt der gantzen christenheith der-
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mahl einige rueh unndt respiration widerfahre, sondernn vielmehr zue dem ende gebrau-
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chet, daß ein gantze newe trennung unndt bluethstürtzung im Theütschlandt angerichtet
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unndt alles auf die spitz unndt eüsseriste extremiteten gesetzt werde.

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Es erscheinet auß hiebeykhommenden, von meinen gesandten zue Oßnabrug mir über-
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schickhten relation unndt prothocollo überigs, daß waß beede cronen sich sowohl in
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puncto satisfactionis alß amnistiae unndt gravaminum bißhero schiedtlichs (obschon wenig
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verleßlich were) vernemmen lassen, nichts alß scheinworth unndt dahin angesehen gewesen
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sein, daß die catholischen in hofnung des fridens addormentiert unndt sicher gemacht, umb
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daß sie alßdann desto eher unndt leichter von beeden cronen unndt theyls protestierenden
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auf einmahl opprimiert möchten werden, immassen es eben mit dem gantzen Westphali-
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schen crayß unndt

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42 Churcöllens liebden] Verbessert aus dem Reinkonzept RK FrA Fasz. 52d fol. 124’. In der
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Druckvorlage Churcöllen daß.
Churcöllens Liebden ertz- unndt stiffter unversehens bereit geschehen
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were, wann nit meine unndt Euer Liebden underhabende reichswaffen es verhindert hetten
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unndt noch verhinderten. Ich bin also mit Euer Liebden einig, daß der bevorstehenden Ope-
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ration im veldt zuezuwarthen unndt will die hofnung nit verliehren, wann der Allmechtige
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dißseits einzigen glückhlichen streich verleyhen unndt darmit der gegentheylen hochmueth
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in etwaß stürtzen wolte, daß alßdann beede cronen sich nit was milters unndt friedtlichers
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alß bißhero geschehen finden lassen möchten, halte auch selbsten nit für rathsamb, daß die
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tractaten dissolviert werden, unndt hat derzeith noch mein oberister hofmeister kheinen

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befelch von Münster ab- unndt anhero zue raisen. Da es auch darzue mitler zeith khommen
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solte, so wurden doch die tractatus vermitlest seiner mitgesandten continuiert werden khön-
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nen unndt also dieselbe von mir alzeith unabgebrochen bleiben.

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Demnach es aber in grundt der sachen an deme, daß man sich viel mehr auf kheine alß auf
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einzige aufrichtige naigung unndt ernstliche intention zuem friden bey den feindtlichen cro-
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nen noch zuer zeith zue versehen, ja selbe sich ohne scheüh vernemmen lassen, daß sie mit
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Theütschlandt tanquam cum iam debellata unndt anderst nit handlen wollen, so bleibt mir
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unndt denen catholischen chur-, fürsten unndt stenden nichts anders überig, alst daß man
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sich auf die Göttliche allmacht unndt providentz unndt die gerechte sache von Euer Lieb-
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den wohlbedachtermassen verlasse unndt lieber daßienige, waß noch überig, für unnseren
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schutz unndt rettung gebrauche alß wohl etwan gar zue vermehrung unndt versterckhung
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der feindtlichen kräften wider unnß unndt erstbemelte catholische chur-, fürsten unndt
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stende reserviren. Maßnahmen in den kaiserlichen Erblanden zur weiteren Fortsetzung des
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Krieges.

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So berichten mich meine zue Münster unndt Oßnabrug anwesende gesandte, daß die catho-
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lischen ständt daselbst durchgehendt, nachdeme sie nunmehr auch mit handt greiffen, daß
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es umb die religion unndt ihre ertz- unndt stiffter, kheines verschont, totaliter zue thuen
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unndt kheine andere hilf alß eines yeden selbsteigene groß oder kleine noch verhandene
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macht überig, zuemahlen sich dißorths uf Franckhreich nichts zue verlassen seye, lieber daß
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eüsseriste daranstreckhen alß die religion unndt ihre ertz- unndt stiffter den protestierenden
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zue raub unndt zue nur gröserer unndt betawrlicher der catholischen underthruckhung las-
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sen wollen.

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Waß Euer Liebden bißhero, bey dem algemeinen wesen unndt meinem ertzhauß ersprießli-
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ches unndt ruehmliches gethan, daß ist mir unndt meniglichen wissendt, unndt were zue
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wüntschen, daß all solches zu dempfung meiner unndt Euer Liebden feinden, erhebung des
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friden unndt beruehigung des geliebten vatterlandts, wie es wohlmeinendt unndt trewlich
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beederseits aufgesetzt, also auch erkleckhlich were gewesen. Es ist aber ahn deme, daß wann
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nicht noch ein algemeiner durchgehender sforzo unserseiths geschieht, man nit allein von
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feindtlichen praetensionen einzige milterung nit zue hoffen hat, sondern es stehet neben
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unseren landt unndt leuthen alles daßienige, waß so kostbarlich dise 24 iahr über von blueth
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unndt gelt dargeschossen worden, in augenscheinlicher gefahr unndt auf völligem verlust.
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Vorschlag einer Kriegskonferenz zwischen Kaiser, Spanien und Kurbayern.

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Waß im überigen Euer Liebden mir auß getrewer wohlmainung zue bedenckhen geben, ob
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nit rathsamb unndt vorstendig, daß die protestierende stendt wie dann auch die reichsstätt,
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sonderlich die vornembsten, durch bewögliche erinnerungsschreiben von ihren vorhaben-
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den extremiteten abgemahnt unndt zue verantworthlichen vergleichsmittlen disponiert
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wurden, da werden Euer Liebden zweifelsohne die nachricht bekhommen haben, daß die
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meisten protestierenden sich nacher Münster begeben unndt daß man alda in völliger ar-
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beith begriffen, den punctum gravaminum zuem endt zue bringen, Euer Liebden auch ent-
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zwischen eingelangt sein, wessen ich hierin meine abgesandte befehlcht unndt waß ich Euer
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Liebden darbey freundlich gnediglich ersuecht. Stehet nun zue erwarthen, wie weith meine
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intention bey den catholischen unndt protestierenden verfange, verhalte immitelß Euer
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Liebden nit, daß ich meine gesandten zue Oßnabrug bereit vor lengst befelcht, wie hiebey

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Der Ausfertigung an den bay. Kf.en lag wahrscheinlich nr. 183 bei.
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daß sie dergleichen ietzo von Euer Liebden eingerathene abmahnung vornehmmen sollen.
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Desgleichen habe ich Chursachsens wie auch Braunschweyg, Weimar, Altenburgs liebden
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noch underm dato 14. Junii negsthin zuegeschriben , wie Euer Liebden auß deren anderen
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beylagen sehen. Habe auch die nachricht bekhommen, daß Chursachsens liebden im
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werckh begriffen, die begerten abmahnung würckhlich unndt nachtruckhlich zue thuen.

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Dieweylen aber die protestierenden etwaß weitters gegangen, auch mit unndt neben den
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Schwedischen sehr unverhoffte unndt weithaußsehende postulata gethan, denen sich hierin-
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nen die Franzosen nicht opponiert, auch nicht opponieren, unndt die Schweeden auch die

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ihnen anhengige protestierende parthey umb der catholischen willen nie lassen werden, also
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schreib ich Chursachsen unndt anderen stenden zu, wie Euer Liebden auß der beylag ver-
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nemmen, befilch auch ein ebenmässiges, waß in dem schreiben begriffen, meinen gesandten
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zue Münster unndt Oßnabrug gehöriger orthen zue verrichten. Weylen ich aber gleichwohl
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nit waiß, wie weith man mit den protestierenden in puncto gravaminum khommen unndt
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ob es einer mehrern abmahnung weitter vonnöthen habe, den sachen also nicht zue viel
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noch zue wenig geschehe, also schliesse ich solche schreiben ietztgemelten meinen gesand-
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ten ein, damit dieselben gestalten sach nach solche ahn gehörige orth überschickhen oder
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auch zueruckhhalten khönnen. Versicherung der Beachtung kurbayerischer Interessen in der
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Pfalzfrage.

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