Acta Pacis Westphalicae II A 5 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 5: 1646 - 1647 / Antje Oschmann
332. Nassau an Trauttmansdorff und Volmar Münster 1647 März 22
Münster 1647 März 22
Ausfertigung: RK FrA Fasz. 92 XI nr. 1634 fol. 519–523’ = Druckvorlage – Kopie: RK FrA
Fasz. 53a fol. 121–125’; RK FrA Fasz. 88b fol. 1–9’; KHA A 4 nr. 1628/43 unfol.; Giessen
208 nr. 202 p. 1056–1071.
Die Mediatoren: Keine Aussicht für eine Trennung Frankreichs von Schweden; gutes Einver-
ständnis zwischen beiden Kronen; um so größere Notwendigkeit des spanisch-französischen
Friedensschlusses; Hilfe Trauttmansdorffs dafür; Druck auf die schwedischen und protestierenden
Gesandten durch seine Abreise von Osnabrück!; große Schwierigkeiten bei den spanisch-
französischen Verhandlungen wegen der von Frankreich geforderten Assistenz für Portugal;
direkte kaiserlich-hessen-kasselische Verhandlungen über diese Satisfaktion?
Ewer Excellence und deß herrn schreiben vom 21. huius hab ich wohl
empfangen und vermög deren anschaffung alsopaldt mich zu den mediatores
in deß herrn nuncii losament begeben und von Ewer Excellence und deß
herrn wegen, praemissis curialibus, angezeigt, was mir aufgetragen worden
ist.
Die herren mediatores haben sich der vertrawlichen communication bedank-
ket , die erinnerung und begehren gern vernohmen und sich darbey erbotten,
alles den herren Frantzosischen umbständt- und beweglichen vorzutragen, zu
remonstriren und dahin zu ermahnen. Sie besorgten sich aber, es wurde wie
biß anhero bey den herren Frantzosen bey den wortlichen erpietungen und
versicherungen allein verpleiben, zumahln aber keine würckliche separation
von ihren alliirten zu erhalten sein, dan sie wohl versichert, daß hiesige
Frantzösische gesandte darzu gar keinen gewaldt, sondern vielmehr dargegen
außtrücklichen befelch hetten, mitt eußerstem fleiß die coniunction undt
confoederation mitt Schweden zu erhalten und zu conserviren. Wüsten auch
wohl, daß herr graff Oxenstirn noch kurtzverwichener tagen sich mitt dem
graff von Avaux fast auffgestossen, beklagendt, daß die Frantzosen fast zu
viel eilten, den frieden zu promovieren, wehre gegen ihrer, der Frantzosen,
cron diensten und intention, so viel do mehr, da sie im werck verspühren,
daß ihre waaffen allenthalben so glücklich fortgiengen, müsten also solche
occasion nitt versaumen und noch eine campagna thuen. Sie wüsten auch
wohl (doch bätten, hierin nitt gemeldt zu werden), daß der cardinal Mazzari-
ni und der alt Oxenstirn in Schweden, und also die Frantzosisch und
Schwedische königliche regirungen, in einer sehr gutter und vertrawlicher
verständtnis anitzo stünden und keiner dem anderen etwas zu nachtheil
wurde vorgehen lassen. Man wüste wohl, daß in vielen stücken der alte
Oxenstirn außtrücklichen in sachen verordnet, so der königin in Schweden
erclehrungen und außgegebenen resolutionen schnurstracks zuwiderlieffen,
wie daß einig exempel mitt Oßnabrück gnugsamb außweiße, doh die königin
die restitution albereit gewilligt hatte, wan dem Gustav Gustavi nur etliche
monath contribution zu seiner satisfaction zugegeben wurden, der alt Oxen-
stirn aber solches alsopaldt wider verändert und remonstriret, daß der cron
Schweden dienst solches nitt zugebe und dem Gustavo zu kurtz geschähe,
dardurch dan die handlung wegen deß stiffts Oßnabrück in itzige terminos
gesetzt wehre. Sie, mediatores, hetten die gewisse advisen auß Franckreich,
daß die Frantzosen sich durch die Schweden widerumb hetten veränderen
lassen und beyderseits noch eine campagne zu thuen intentionirt wehren.
Deß gegentheils intention und wie wenig sie es mitt ihrer Kayserlichen
mayestät und dero höchstlöblichsten ertzhauße meineten, wehre leicht auß
den absönderlichen tractaten, so sie mitt Churbayeren führeten, abzunehmen
wie auch auß dem discurs, so der Salvius bey begehrung der autonomiae in
den erblanden geführet habe, da er vermeldet, es müste selbige in den
erblanden gleich alß eine kleine mauß erhalten werden, welche algemächli-
chen die würtzel zernagte, biß der baum ubern hauffen fiele .
Hielten also ihrestheils darfur, daß best und sicherste mittel seie, wan Euer
Excellence verspühren wurde, daß die Schweden und protestirende zu keiner
accomodation kommen wolten, daß sie mitt erstem und zwar noch weiln der
graff d’Avaux sich alhie befiende, anhero kämen und den frieden zwischen
Spanien und Franckreich durch ihre hohe autoritet befürderen hülffen,
welchen sie ihrestheils vor dießmahl dem Teütschen frieden vorzugehen ahm
nützlichsten und nöttigsten erachteten; darfurhaltendt, wan selbiger gemacht,
daß alle andere paldt folgen wurden und Ewer Excellence alßdan alhie mitt
allen catholischen chur-, fürsten und ständen einer tapfferen zusambenset-
zung mitt ihrer Kayserlichen majestätt sich vergleichen, in eine gutte und
starcke kriegsverfassung zu setzen, damitt dem gegentheil man mitt guttem
nachtrück daß haubt bieten könne. Dan sie ihrestheils hielten nitt darfur, wan
man auch schon dem gegentheil alles und daß eußeriste nachgeben und
einwilligen wurde, man dießseits doch denn frieden nitt erlangen wurde,
weiln, wie vorgedacht, die gegentheile mehr die continuation der campagna
alß den friedenschluß suchen. Ewer Excellence abzug von Oßnabrück wurde
den Schwedischen und protestirenden ein großes nachdencken und jalousie
verursachen und etwan zu milteren resolutionen ursach geben. Der herr
Venetus ersuchte mich sönderlich, Ewer Excellence von seinetwegen zuzu-
schreiben , daß Ewer Excellence palde heruberkunfft er do nöttiger hielte,
weil er wüste, daß in den Spanischen tractaten Ewer Excellence viel vermö-
gen und die Frantzosen zu deren respect in einem und anderm do mehr
nachgeben wurden.
Vermeldete dabey, daß es mitt selbigen tractaten anitzo in sehr gefährlichem
standt stünde und, da der liebe Gott nitt ein sönderliches miracel thun wurde,
er gewiß darfur hielte, daß heut oder morndrigen tags die ruptur zwischen
den Spanischen und Frantzosen geschehen wurde. Er fünde zwar, daß gutte
hoffnung gewesen wehre, daß in wenig stunden die noch unerörtterte
articulen hetten können verglichen werden, wie dan beyderseits sich darzu
wohl verahnlast gehabt. Es hette sich aber anheut der duc de Longeville
sowohl gegen sie, herren mediatores, alß den Holländischen gesandten
erclehrt, wan die herren Spanische von Portugal zu tractiren nitt zulassen
wolten oder zum wenigsten verstatten, daß Franckreich hiernegsten im fahl
der noth Portugal assistiren mögte, ohne daß gleichwohle dardurch der mitt
Spanien gemachte friede nitt gebrochen noch einige ruptur zwischen beyden
cronen geschehen solle, gleichwie hiebevorn die Frantzosen Savoyen, Grau-
bunden , Veltelinen und Holländern, ohne mitt Spanien zu rumpiren, geholf-
fen hetten, wehren sie, Frantzosen, nitt gemeint, einige weitere tractaten mitt
Spania zu pflegen, darbey begehrendt, daß auff solchen fahl der Holländisch
abgesandter von den herren Spanischen alle von den Frantzosen ihnen
eingegebene schrifften abforderen und ihnen, Frantzosen, wider uberliefferen
wolt; gleichergestalt wolten sie alle der Spanischen empfangene schrifften
denselben wider zurugg geben. Und wehre hiebey deß temperamenti auch
gedacht worden, daß zwischen beyden cronen Spanien und Franckreich
mögte (ohne einige meldung von Portugal) verglichen werden, daß in
jahrszeit keiner dieser cronen gegen einigen, wer es auch sein mogt, in
Europa, außerhalb dem Turcken, einigen krieg offensive fuhren solte. Sie
wolten nuhr zu bedencken anheimb gestelt haben, ob bey so erfolgender
ruptur die Frantzosen zu einiger separation von den Schweden werden zu
bewegen sein. Wolten iedoch auff dieses ihnen beschehenes erinnern und
begehren nitt unterlassen, morgen deßwegen den Frantzosen zuzusprechen,
ahn ihre hiebevor gegebenen parolam erinneren und die gefahr, so der
catholischen religion in Teutschlandt durch längern auffenthalt deß frieden-
schluß entstehen, auch ihr eignes interesse beweglichen zu gemueth führen.
Sie, herren mediatores, seindt anitzo zu den Spanischen gefahren, umb alle
mittel und wege zu versuchen, diese obgesetzte befahrende ruptur zu
verhinderen, darzu sie doch wenig hoffnung hetten, weiln beyderseits in
puncto Portugals auff gefaster resolution hart zu bestehen befunden.
Der herr Venetus begehrte auch, daß Ewer Excellence ich von seinetwegen
zuschreiben wolte, er der sachen sehr vorträglich befinde, wan Euer Excel-
lence sich gefallen lassen wolte, die Hessen Casselische gesandte zu sich zu
erforderen und zu versuchen, ob Ewer Excellence persönlichen wegen ihrer
satisfaction und Marpurgischer sachen etwan leichter mitt ihnen uberein-
kommen könten, dan er gewislich darfur hielte, die cronen zu keinem
friedenschluß es wurden glangen lassen, es seie dan Hessen Cassel satisfac-
tion geschehen. Hielte auch gäntzlich darfur, daß sie anitzo viele hinderun-
gen einstreweten und dieß werck dardurch schwerer machten, hergegen viele
gutte officia praestiren wurden und könten, wan sie ihr satisfaction haben
wurden, dan ihm wohl bewust, daß bey den cronen sie groß gehör und credit
hetten. Bin ich also nunmehr durch die mediatores dern Frantzosen ercleh-
rung erwartendt, so Ewer Excellence und dem herrn gehorsamblichen und
dienstlichen berichten werde.
Bey den herren Spanischen hab ich mich allbereit angegeben, umb von
obigem allem ihnen parte zu geben. Haben sich aber wegen überhaufften
geschefften und daß die herren mediatores zu ihnen kommen wolten,
entschuldigt und diese conferentz biß morgen außgestelt.