Acta Pacis Westphalicae III C 2,1 : Diarium Volmar, 1. Teil: 1643 - 1647 / Joachim Foerster und Roswitha Philippe
1646 X 1

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1646 X 1
Montag

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3 Lunae] am Rande: Mediatores von der Franzosen verrichtung zu Oßnabrukh.
Lunae, 1. huius, seind die herrn mediatores bei unß
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erschienen und haben unß referirt, daß die Französischen plenipotentiarii
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inen von ihrer zu Oßnabrukh vorgehabter verrichtung nachfolgende com-
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munication gethan: Namblich sie hetten die gantze zeit über, weil sie alldort
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gewesen, sich alles fleiß angelegen sein lassen, mit denn Schweden zu tractirn,
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und sie zu deme, waß mit unß abgeredt worden, zu behandlen understanden,
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vordrist aber, weil diselben anfangs sich gar hart und widerspennig erzeigt,
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gar nit rathsamb befinden mögen, wegen der grauaminum und waß dißortts
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die stände hinc inde anbelangen thet, vil ze movirn, als dardurch nur weit-
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läuffige disputationes hetten erweckht und die gantze hauptsach in merk-
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liche verzögerung gesetzt werden könden, sondern sich endtlich mit er-
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meldten Schweden allein denn punctum satisfactionis zu vergleichen bemüe-
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het , da dann selbige anfangs und fast biß uff den letstern tag, als sie, Fran-
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zosen , zum abraisen ferttig gewesen, allerdings uff ihren vorigen pretensio-
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nibus , namblichen uff gantz Pommern, dem seehafen Wißmar und denn
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beeden stifftern Bremen und Ferden, verharret weren. Letstlichen aber uff
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ihr, der Franzosen, weiter und ernstliche zusprechen – daß obzwar die cron
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Frankreich sich von deren mit Schweden habender pündtnus abzesöndern
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nit gemeint, iedoch im fahl, die cron Schweden uff dergleichen extremiteten
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verharren und die cron Frankreich dessentwegen zu weiterer continuation
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deß kriegs ziehen wolt, so würden sie bezeügen müessen, daß solches
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wider deroselben intention und willen lauffen thet – were die endtliche verab-
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schiedung dahien gefallen: Namblich daß die Schwedischen plenipotentiarii
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vordrist zwar remonstrirt, daß sie einmahl gemessne instruction und bevelch
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hetten, uff gantz Pommern, Wißmar, Bremen und Ferden zu verharren; sie
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weren aber erbiettig, alsbaldt an ihr königin zu schreiben und vorzeschlagen,
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daß sie es weiter mit guettem consens der interessirten nit getraweten ze
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bringen, als daß der cron Schweden allein halb Pommern verbleiben und
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der ander halbtheil, es wer nun Vor- oder Hinderpommern, dem chur-
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fürsten von Brandenburg restituirt, doch iedesmals die statt Stettin neben
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dem einen halben theil der cron Schweden zugleich verbleiben solle. Glei-
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chergestalt solten auch die Französischen plenipotentiarii ihrem residenten
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am königlich Schwedischen hof

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Pierre Hector Chanut (1601–1662), französischer Resident in Schweden 1645 bis 1649. Vgl.
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DBF VIII Sp. 402f.
schreiben, daselbst die einwilligung ze
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sollicitirn. Sodann hetten sie, Franzosen, auch einen anwurff gethan, ob nit
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der sachen mit einem stukh gelts möchte fortzehelffen sein, namblich daß
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eintweder dem herrn churfürsten von Brandenburg gegen hinderlassung

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der statt Stettin neben Vorpommern in zwo million reichsthaler oder gulden
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von gmeinen reichstenden nach geschlossnem generalfriden möchten be-
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zahlt oder die Schweden gegen hinderlassung Stettin und Hinderpommern
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solche summa gelts anzenemmen und sich damit ze contentirn behandlet
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werden. Es were auch vermerkht worden, daß sich die Schweden nit un-
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genaigt darzu ansehen liessend; und wann es nur mit diser statt Stettin zur
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richtigkheit gelangte, so sagten die Franzosen, wurde der friden in 8 tagen
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geschlossen sein, dann waß die grauamina betreff, die wurden alsbaldt auch
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componirt werden und wegen deß termini uff anno 1624 kein sondere
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difficultet erscheinen. Deßgleichen contentirten sich auch die Schweden
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wegen der Pfaltzischen chursach allerdings mit deme, waß von denn Kayser-
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lichen vorgeschlagen. Waß unsere übrige nebenpuncten anlangen thet, son-
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derlich wegen der Württembergischen pfandt- und lehenschafften wie auch
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wegen demolition der vestung Hohendwiel und besatzung der statt Lindaw,
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da wolten die Schweden nichts darvon hören. Bei restitution der Unter-
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pfaltz wolten beede cronen zugleich nit gestatten, daß die Bergstraß auß-
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genommen und vorbehalten werden, sondern die restitution müeßte völlig
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geschehen, wie es Pfaltz vor dem krieg inngehabt. Alsdann möchte Chur-
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maintz sein reluition mit recht suechen, und im fahl, die urtel für Maintz
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fallen sollte, wolten sich beede cronen obligirn, die executionem helffen
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handtzehaben.

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Damit auch niemandt vermeine, als suechten beederseits plenipotentiarii
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nur durch solche remission nach Schweden die sach auffzuziehen und sich
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inmittelst deß fürbruchs der waffen zu bedienen, so hetten sie, Franzosen,
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sich mit denn Schweden verglichen, mit unß einen anstandt der waaffen uff
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2 oder 3 monat einzegehen, und weren erbiettig, dessentwegen alsbaldt aigne
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currier zu ihren generalen zu schikhen, wann wir unserstheils zugleich sol-
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ches an Ihr Kayserlicher Maiestät generales gelangen lassen wolten. Die
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Schwedischen plenipotentiarii hetten sich zwar entschuldigen wollen, daß
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sie dessen kein instruction hetten, als inen aber hierunder sonderlich der
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duca di Longavilla alles ernsts zugesprochen und zu erkennen geben, daß
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es sich nit wurde thuen lassen, wann sie ieweils in dergleichen hauptpuncten
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sich uff ermanglende instruction wurden beziehen wollen, hetten sie es endt-
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lich bewilligt.

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Ihr Excellentz, herr obristhofmeister, hatt denn herrn mediatorn kurtzlich
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geanttworttet: Wir würden unß über diß nach nothurfft bedenkhen und unß
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alsdann gegen inen ferners vernemmen lassen. Wir verspürten alle wol, daß
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die Franzosen sovil als nichts außgericht, und weren ebendergleichen vor-
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schläg schon, ehe sie nach Oßnabrukh kommen, beschehen. Sei auch nit zu
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zweifflen, wofern Churbrandenburg darein consentirn wollen, daß schon
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mit denn Schweden wurde geschlossen sein, ehe die Franzosen nach Oßna-
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brukh kommen. Die mediatores haben auch angeregt, daß zwar der fürsten-
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thumb in Schlesien, so Churbrandenburg in ricompensa ze überlassen, von
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denn Schweden auch were meldung beschehen, es wer aber nit in acht ge-

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nommen worden. Hierüber replicirt Ihr Excellentz, man könde sich einmahl
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darauff nichts einlassen, dann es hetten die Schweden auff Schlesien forma-
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liter verzigen. Aber der Venetianische pottschaffter meldet, daß die Fran-
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zosen sagten, die Schweden weren dess nit geständig, ja sie hetten noch
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denn Franzosen ein schrifftliche attestation zustellen wollen innhalts, daß
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sie der beschehenen renunciation uff Schlesien von denn Kayserlichen un-
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gleich bezüchtigt wurden. Der abschied war vor dißmal, daß die mediatores
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bei denn Franzosen erinnerung thuen wolten, die sachen bei denn Schweden
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dahien zu richten, daß die Schweden Stettin gegen bezahlung 2 million gul-
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den neben Hinderpommern dem churfürsten von Brandenburg abtretten,
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doch so lang, biß die bezahlung geschehe, zum underpfandt innbehalten
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solten. Deßgleichen wolten wir disen vorschlag auch den Churbranden-
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burgischen abgesandten vorhalten.

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Wie dann eodem nachmittags geschehen. Dann es haben beede Chur-
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brandenburgische abgesandten, der von Haiden und Dr. Portmann, bei unß
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angebracht: Es hette sich ihr gnedigster churfürst und herr uff der Schwe-
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dischen plenipotentiarien biß daher wegen Pommern gefüertte pretensiones
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nunmehr dahien erclärt, wofern die cron Schweden selbige miltern und
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etwan sich mit einem theil von Vor- oder Hinderpommern begnüegen liesse,
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daß Seine Churfürstliche Durchlaucht amore pacis auch daran waß ze hinder-
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lassen nit ungneigt sein wurden. Wofern aber die cron Schweden noch uff
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gantz Pommern bestehen thet, so köndten Ihr Churfürstliche Durchlaucht
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sich in einige handlung nit einlassen noch auch nachgeben, daß denn
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Schweden uff einigerlei weiß noch weeg die statt Stettin in handen bleiben
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solle. Sein Durchlaucht hetten auch vor guett angesehen, die herrn Fran-
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zösischen und Stadischen gesandten zu erbitten, daß selbige sich ins mittel
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schlagen und dahien bearbeitten solten, daß die Schweden zu miltern con-
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ditionibus bewegt wurden. Nachdem aber auch bei denn Schweden die
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erwöhnung stekhe, alß solten wol die reichstände nit ungern sehen, daß
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inen Pommern in handen bleibe, so hetten sie, abgesandten, dessentwegen
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vor ettlich wochen daß Churmaintzische reichsdirectorium ersuecht, in die
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reichsräthe ze proponirn, das gesambte stände dessentwegen intercedendo
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bei denn Schweden einkommen wolten. Wölches zwar zu Oßnabrukh all-
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beraits durch die evangelische geschehen, und were solche von dennselben
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eingewendte intercession von den Schweden wol auffgenommen worden;
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allhier aber were es mit dem schluss so weit kommen, daß man vordrist
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hiervon mit unß, denn Kayserlichen, communicirn und von unß vernemmen
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solte, wie weit es in puncto satisfactionis mit denn Schweden kommen wer,
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sodann waß denn evangelischen zu Oßnabrukh uff ihr abgelegte intercession
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aigentlich vor eine resolution ertheilt worden, und drittens hetten die catho-
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lischen darfür wollen halten, daß man vordrist der erledigung der grauami-
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num zuwartten solte, damit man alsdann mit gemeinsamer zusamensetzung
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dest eifferiger mit der vorhabenden intercession verfahren möcht. Nun wer
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aber gleichsamb periculum in mora, und wie lenger man dise intercession

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auffzihlen thet, wie mehr die Schweden sich in ihren gedankhen bestärkhten,
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daß die stande gleichsamb tacite in ihre pretensiones gehelen theten. Die
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Franzosen und Staaden hetten nunmehr daß ihrig gethan und verlangten
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selbst, daß sich die stände zugleich interponirn möchten. Die Schweeden
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geben ieweils vor, daß Ihr Kayserliche Maiestät inen gantz Pommern accor-
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dirt , und were dem herrn churfürsten nichts anders als die blosse pretensiones
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vorbehalten. Ersuechten dem allem nach unß, wir wolten bei denn ständen
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selbst daran sein, auff daß die bedeütte intercession dermahln zu werkh
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gesetzt werden möchte.

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Responsum, wir wußten uns dessen, waß unlengst von denn ständen dis
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begehrens halber angebracht worden, wol zu erinnern, hetten auch an unserm
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ortt niemahln unterlassen, deß herrn churfürsten interesse nach eüsseristem
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vermögen zu verfechten, und were denn Schweden ein mehrers nit nach-
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zegeben bewilligt worden, als warzu Ihrer Churfürstlichen Durchlaucht
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consens erfolgen würde. Die Schweden hetten die possessionem naturalem
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über daß hertzogthumb Pommern durch die waaffen, von Ihr Kayserlicher
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Maiestät aber hetten sie noch derzeit weder inuestituram noch andere
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rechtliche übergab, köndten sich also in nichts berüemen. Wir möchten
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aber nit verhalten, daß unß allberait per mediatores wer angezeigt worden,
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wie weit es die Franzosen in hoc puncto mit den Schweden gebracht hetten,
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namblich daß sie vermeinten, die sach dahien ze richten, daß, wann denn
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Schweden gegen zurukhlassung Hinterpommern und der statt Stettin zu
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dem vordem theil noch in 2 million gulden oder reichsthaler bezahlt und
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inen so lang, biß diese summa erlegt, Stettin loco hypothecae in handts
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gelassen wurde, sie darmit content sein solten. Wir begehrten derentwegen
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von inen, Churbrandenburgischen, zu vernemmen, ob ihr herr darmit auch
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zufriden sein wurde. Responderunt, sie köndten sich darauff nichts erclären,
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dann diser vorschlag wer zuvor niemals auff die baan kommen und rüerte
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noch derzeit allein von der dritten handt her, daß man sich nichts drauff
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verlassen köndt. Neben deme so wer es nit nur umb Stettin, sondern auch
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umb ein freye außfahrt in die see ze thuen, wölche man nit haben köndt,
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wann es nit bei Wolgast

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Wolgast a. d. Peene (Vorpommern), beherrschte den westlichen Oderausgang.
in specie wurde versehen werden. Patten in caeteris
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nochmaln wie oben. Ihr Excellentz haben sie darauff an die Churmaintzischen
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gewisen, dann wir hetten rebus sic stantibus kein sonder bedenkhen, daß die
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begehrte intercession zu werkh gesetzt werden möchte. Ita dimissi sunt etc.

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