Acta Pacis Westphalicae III C 3,1 : Diarium Wartenberg, 1. Teil: 1644-1646 / Joachim Foerster
Mittwoch Konferenz der katholischen kurfürstlichen Ge-
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sandten .

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W bei Longueville / Servien: Die katholischen Unterhändler in Osnabrück
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warten vergeblich auf eine protestantische Erklärung zu den katholischen
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Media, die Gegenseite scheint davon auszugehen, daß die inhabende imme-

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1
diat und mediat stiffter und geistliche guter ihnnen in perpetuum sollen
2
gelaßen werden. Auf Beschluß der heutigen Konferenz ersucht er deshalb
3
die Franzosen, daß sie zu andern billigmeßigen und a parte catholicorum
4
verandtwortlichen mittell die protestirende disponiren, derentwegen dan
5
auch den Schwedischen zusprechen und ihre displicentz bey solchen verzug-
6
lichen modo und nit zuläsig- noch verandtwortlichen petitis den Schwedi-
7
schen auch zu erkennen geben und es pro bono religionis catholicae dahin
8
richten helffen wolten, damit es vor Gott und in dem gewissen, auch bey
9
der wehrten posteritet zu verandtworten sein mögte. Daß in perpetuum die
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stiffter und geistliche guter nit zu uberlaßen, noch darauff bona conscientia
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et sine summa iniuria fundatorum et praedecessorum zu renuntiiren, das-
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selbe wurden sie bey sich selbsten woll erkennen. Fast alle Kurfürstlichen
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haben perpetuitatem abgelehnt, Trier hält wegen der zu bewilligenden Frist
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noch zurück. Da auch Kursachsen und mehrere Protestanten aus dem frän-
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kischen
und schwäbischen Kreis nur auf eine bestimmte Frist gehen, so
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wurde hierin, wan die cron Franckreich ihren eiffer auch etwas mehrers
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sehen ließ, besser fortzukommen sein, und wurde ihr gewissen ihnnen herrn
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Frantzösischen desto mehr antreib geben, weiln sie nunmehr handtgreifflich
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gespurt, welcher gestalt bißhero under verschiedenem praetext der catholi-
20
schen religion zum höchsten nachtheil im reich verfahren wehre. Zwar
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berufen sich die Protestanten darauf, daß im Passauer Vertrag und
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Religionsfrieden keine gewisse zeit ohne des volligen vergleichs bey dem
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concilio benendt. Während aber dazu damals Hoffnung bestand, als der
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Streit hauptsächlich in communione sub utraque et coelibatu clericorum be-
25
standen, sind inzwischen die Augsburger Konfessionsverwandten weiter-
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gegangen
, die Calvinisten sind hinzugekommen und es ist die Bedingung
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gestellt worden, daß der Papst nur als Partei auf dem Konzil erscheinen
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dürfe. Und wehre considerando tam diversas haereses cum ipso fervore et
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obstinacia animorum die sach ietzo nit dergestalt auf ein concilium natio-
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nale vel generale zu verschieben. Zudem haben die Protestanten verschie-
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dene
Stifter gegen den Religionsfrieden eingezogen und können sich ietzo
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nicht beschweren, wan man ihnnen von denselbigen stifftern, warzu sie
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vermögh ihrer vorelteren so starcken versprechungen nit befuegt, einige ad
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certos annos ruhig laßen wolte, weiln dabey gleichfalß verabscheidet, daß
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keiner unterdessen etwas feindtliches tentiren, weniger nach umblauff der
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jahren etwas mit thadtligkeit oder waffen solte vornehmmen. Wie nun
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dieses in den allgemeinen friedensschluß zu pringen, deßwegen hetten sie
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gnugsame versicherungh und die catholische mehrere ursach considerando
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praeterita sorgfältig zu sein, daß ihnnen dieses gleich vorgemelten Passawi-
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schen vertrag nicht wurde gehalten werden. Machten sich gleichwoll dabey
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diese hoffnung; es wurde die cron Franckreich nunmehr erkennen, was den
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catholischen vor schaden zugefuegt, indeme sie die Frantzosen den prote-
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stirenden so leichtlich gehor geben und sich ihrer der catholischen religion
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zum hochsten nachtheil angenohmmen, und wurden deßwegen inskunfftig

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1
der catholischen in Teutschlandt destomehr annehmen. Longueville:
2
Der catholischen vorgeschlagene mittel zeigten deren friedtliebende inten-
3
tion gnugsamb, wehren auch wegen ihrer billigkeit nicht zu verwerffen,
4
und nachdem solche mittel von den catholischen vorgeschlagen, wehre der
5
protestirenden sache und procedere dardurch bey anderen in mehrern ver-
6
dacht kommen; daß in perpetuum die stiffter und geistliche guter nicht zu
7
uberlaßen, derentwegen weren sie Frantzosen mit den catholischen ainig.
8
Wolten so viel sie konten die sachen befurderen helffen, daß es bey gewis-
9
sen jahren sein verpleibens haben möchte. Sonsten vermeinte er woll gut zu
10
sein rebus per ipsam pacem iam bene stantibus et constitutis, wan man zu
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einem concilio generali kommen und versuchen möchte, ob die streitigkeiten
12
in religione beyzulagen; daß communio sub utraque nit gestattet wurde,
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fiende er, daß solches grose veranlasung zu den ketzereyen und deren
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behauptung verursacht hette, erkente gleichwoll, daß sub nomine et specie,
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glaubenssachen bey dem concilio zu vergleichen, kein tempus indefinitum
16
nachzugeben, sondern gewisse jahr der catholischen meinung nach bey
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dieser composition zu benennen. Welchem der conte Servient noch
18
dieses hinzugesetzet, das die begierde, geistliche guter zu genießen, ver-
19
scheidene abhielte von der catholischen religion und derenthalber zu
20
wunschen, daß sie niemalß darzu kommen wehren. I. H. G.: Woll wehre
21
zu betawern, daß sie albereits so weit umb sich gegriffen, die ursachen des
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verlauffs wehren bekandt, und gloriirten die uncatholische in Teutschland
23
selbsten, daß sie durch favor und assistentz der cron Franckreich ihre
24
sachen damalß und ietzo so weit gebracht; eß wurde hingegen Franckreich
25
selbsten bey sich finden, daß niemalß die Hugenotten einige unruhe oder
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krieg angefangen, daß ihnnen nit die Teutsche protestirende mit geworbe-
27
nen und zugeschickten völckern assistirt. Eß wehre hohe zeit, allerseits die
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begangenen fehler zu erzehlen und das interesse religionis zu beobachten,
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unnd nachdemahln in puncto satisfactionis nunmehr die Kayserliche solche
30
erklerung von sich gegeben, die ihre Friedensliebe zeigt, so hetten sich
31
sowoll Ihre Kayserliche Majestät alß auch die catholische [...] die hoff-
32
nung zu machen und darumb einstendig anzuhalten, daß die Franzosen
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sowoll den Schwedischen alß den protestirenden etwas mehrers zusprechen
34
und der sachen, wie es der billigkeit und dem gewissen gemeeß, mehrers
35
anzunehmen. Longeville: Die Kayserliche herrn gesandten hetten sich
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zwar etwas näher in puncto satisfactionis vernehmen laßen, giengen aber so
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langsamb damit umb und brachten das werck so stuckweiß und dergestalt
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conditionirt vor, daß es den friedensnegotiis und der catholischen sachen
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schadtlich und hinderlich; ohne uberlaßung der vestung Breysach seye ein-
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mal kein friede zu machen. Das begehren der 5 millionen seye excessif, und
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wehren diese pupillen von dem hauß, welches sowoll Spanisch- alß Teut-
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schen theilß mit Franckreich in feindtschafft begriffen. [...] Wan der
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konig den pupillen etwas gebte, solches geschähe ex mera gratia; sie die
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alhie anwesende Frantzosische abgesandten weren miteinander eines freyen

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1
liberalen naturels und mogten ihres theyls den pupillen woll etwas gonnen,
2
musten aber mit einer alsolcher sollicitatur beym koniglichen hoff zu Paris
3
das gantze werck nicht wiederumb verletzen und umbstoßen, noch gleich-
4
samb, was ihnnen zur satisfaction zu geben, mit bahrem gelt kauffen. Nach
5
Volmar betragen die Einkünfte der ursprünglich geforderten Gebiete jähr-
6
lich
etwa 100 000 Reichstaler, der jetzt gebotenen vielleicht 60 000, diese
7
mit millionen an sich zu pringen, darzu wehre keine apparentz, und muste
8
man consideriren, wan sich Franckreich Philipsburg cum linea communi-
9
cationis, deß Breißgaw und der waltstätten begebte, daß eine solche con-
10
siderabile vestung wie Breysach und so viel landts, alß sie im Elsaß beke-
11
men, ex priori petitione satisfactionis zuruckließen. I. H. G.: Sie wolten
12
nit hoffen, daß man in puncto satisfactionis widder zuruck handelen
13
wurde, pupillorum causam esse favorabilem, und wan Franckreich gleich-
14
woll etwas zu geben sich resolvirte, so muste solches pro dignitate et statu
15
tam dantis quam accipientis gerichtet und nun mehr nit hervor gesucht
16
werden, wardurch der alter unwill widder zu erwecken. Die cron Franck-
17
reich konte bey dieser occasion sich noch großen rhumb und affection bey
18
anderen acquiriren, und pflegten potentaten und konige nit eben auf die
19
einkompsten zu sehen und wie die kauffleuth ihre sachen außzurechnen,
20
sondern woll zu wissen, daß die dominia und landtschafften eines unaesti-
21
mirlichen wehrts und importantz bey ihrem estat wehren. Eß wehre auch
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der cron vortheiliger, wan sie sich mit den pupillen auf ein erträgliches zu
23
handelen einließe und also ihren consensum in die alienation erlangten, alß
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wan sie also gantz lehr abweisen wolten. Welches der conte Servient
25
wahr zu sein bekandt, und der Longeville daruf geandtwortet, sie giengen
26
candide et sincere in diesem puncto satisfactionis umb, herr graff von
27
Trautmansdorff hette anfanglich sich beflissen, ob er Schweden von
28
Franckreich separiren konte, nunmehr scheine, daß er zu erkennen an-
29
fienge, wie solches nit practicabel, und wehre besser, daß man sich mit
30
solchem vergeblichem versuch nit auffhielte noch die sachen verbitterte. Eß
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giengen bey den tractaten viel sachen vor, und wolte ein jeder des ersehen-
32
den vortheyls sich gern bedienen, und wie der Servient dazwischen ver-
33
meldet, wurde solcher furtheil solertia et industria personarum auf eine
34
seithe gezogen, dabey man sich zu hueten, daß keine redden und discursen
35
vorfielen, darauß ein punctus honoris zu machen und newe ressentimenti
36
entstehen könten. W: Seines Wissens sucht Trauttmansdorff den Frie-
37
den
mit beiden Kronen, man muste die friedeshandtlung mit bosem arg-
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wohn nit turbiren, bei den Ksl. ist einige suspicion vorhanden, alß wan a
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parte Franckreich vor und nacher newe postulata vorgebracht werden
40
möchten. Longueville und Servien beteuern, daß sie mit keinen newen
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postulatis diese handtlung schwerer zu machen gedachten, hetten auch zu
42
bezeigung ihrer friedtliebenden begierdt auf Trauttmansdorffs Angebot
43
sich viel faciliores in puncto satisfactionis bezeigt, alß sie in instructione
44
gehabt und andere inhaerendo diutius suis gradibus wurden gethan haben.

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1
Zudeme nehmen sie gleichsamb ietzo noch an das officium sollicitaturae,
2
die sachen am koniglichen hoff zu erhalten, warzu man derendts keine
3
inclination haben möchte. W: Trauttmansdorff hat ihm beteuert,
4
wegen Breisach keine Vollmacht zu haben. Darauf haben er und die
5
Bayern ihn zur Rückfrage in Wien gedrängt. Erinnert an die Äußerung
6
Trauttmansdorffs, er werde seine Instruktion überschreiten, wenn man der
7
französischen Unterstützung für die Katholiken sicher sei. Sie hetten nun-
8
mehr handtgreifflich gespurt, in was große gefahr und schaden dieser
9
kriegh die catholische religion gesetzt, man solte doch nunmehr dem noch
10
bevorstehenden ubel bey zeiten ihres theyls, wie man gar woll könte, vor-
11
kommen und sich in futurum zu dergleichen der catholischen religion nach-
12
theyligen kriegen nit einlasen. Duc de Longeville und conte Servient:
13
Den catholischen in Teutschlandt wehre der friedt sehr nötig, wolten ihres
14
theilß darzu helffen, sie musten aber auch selbsten das werck bey den Kay-
15
serlichen befurderen und daran sein, daß sie realimente mitt ihnnen proce-
16
dirten und keine verzögerung suchten, dan ipsa mora catholicis periculo-
17
sissima sein könte. Eß wehre ein gewisse sach obhanden, deren außschlag
18
sich baldt wurde außweißen, und wardurch dem Kayser und Ihrer Chur-
19
fürstlichen Durchlaucht in Bayern einiger schade mochte zuwachsen. Dieses
20
propos, wie gern mans auch gesehen, haben sie nit recht expliciren wollen,
21
sondern der conte Servient darauff angefangen zu vermelden, wie schlecht
22
und gefährlich des königs in Engelandt sachen stunden, wobei die Pfälzer
23
sich Hoffnung auf Unterstützung durch das Parlament machen. Da so
24
leicht eine neue Verbindung aller Protestanten entstehen könne, sei es zeit,
25
daß man Franckreich nit langh mit der satisfaction auffhielte. Wan der
26
konig begerter maßen den besitz und standt mit im reich hette, so wehre
27
Franckreich ein catholischer reichsstandt und insoweit Teutsch mit, wurde
28
auch mit ihnen getrewlich halten und keine uneinigkeit zu befahren sein,
29
weyln die Teutsche und Frantzosische nationes under sich keine odia ge-
30
habt. W: Seine und der Bayern Bemühungen um die französische Satis-
31
faktion
sind bekannt; gegen die Feindseligkeiten Pfalz-Heidelbergs haben
32
die Katholiken die Liga ohne yemandts offension zum Schutz der Religion
33
bilden müssen, Frankreich aber hette sich von den protestirenden verleiten
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laßen, dardurch die presentia mala et pericula verursachtt. Sie seheten nun-
35
mehr selbsten den außschlag, wurden also zuversichtlich selbsten dahin
36
bedacht sein, wie den Engellendischen, Pfältzischen und dergleichen gefehr-
37
lichen consiliis vorzukommen, und sich inskunfftig von den catholischen
38
und deren interesse keinergestalt separiren laßen. Longeville: Die
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catholische liga wehre gantz Osterreichisch gewesen und hette von dennen
40
und den Spanischen consiliis ihre dependentz gehabt. I. H. G.: Die
41
catholische liga hette wedder von Osterreich noch Spanien ihre dependentz,
42
sondern auf erhaltung der catholischen landen und religion ihr absehens
43
gehabt. Spanien hat dem Kaiser zur Erhaltung der Religion in Böhmen ge-
44
holfen
, was auch Frankreich gutt und billig zu sein erkant hette. Nach-

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1
gehents, alß mehrere krieg in Teutschlandt erweckt und den catholischen
2
vielfältig zugesetzt worden, wehren sie yederzeit bey ihrer intention, allein
3
pro imperii statu et catholica religione conservanda zu streiten, verplieben,
4
und wan Franckreich nit sich hette auf die andere parthey ziehen laßen, so
5
wurde es woll beßer ietzo mit der catholischen religion, alß leider thut,
6
stehen. Longeville: Man soll Franckreich von solcher intention woll
7
versichert und informirt, auch sich nit so gar Osterreichisch bezeigt
8
haben. I. H. G.: Sie wehren vom anfang bis zum endt bey den bundt-
9
consiliis geweßen, konten sie woll versicheren, daß man ihrem bedeuten
10
nach dabey, wie sie es nenneten und vermeinten, von Osterreichisch- und
11
Spanischen consiliis nicht habe dependirt noch sich von denselben dirigiren
12
laßen. Longueville und Servient: Eß seye darin gefehlet, daß einer
13
denn andern nit gnugsamb sincerirt, man muste inskunfftig vertrewlich
14
umbgehen und nit propter respectum Austriacorum sich gegen Franckreich
15
gleichsamb zu sein bezeigen, oder deren commercien und correspondentz
16
vermeiden. I. H. G.: Weiln von der catholischen liga meldung gesche-
17
hen und dan deren gute intention gnugsamb bedeutet, so wolten sie auch
18
wegen dero kriegsoperationen, welche so unverschuldeterweise von den
19
Hessen Casselischen [...] inculpirt, ohne verdruß auch die behörende infor-
20
mation einnehmen. Die Behauptung, die Ligatruppen hätten Hessen ver-
21
heert
und wären Ursache des erlittenen Schadens, ist ein unerweißliches
22
angeben. Auf die Einfälle Christians von Braunschweig und Mansfelds

40
Christian von Braunschweig-Wolfenbüttel (1599–1626), Administrator von Halberstadt
41
1616–1624; Peter Ernst von Mansfeld (1580–1626); über ihre Einfälle in Westfalen
42
1621/23 und die Gegenaktionen der Liga vgl. A. Weskamp.
hin
23
hat Kurköln Ligatruppen zum Schutz herbeigerufen, das Hessenlandt aber
24
damit nicht beschadigt. Als Tilly

43
Johann Tserclaes Gf. von Tilly (1559–1632), Feldherr der Liga und des Kaisers.
an der Weser gegen Dänemark operierte,
25
hat Hessen wie alle benachbarten Länder Quartiere stellen müssen, es
26
wehre aber darin nit gebrent worden, sondern landtgraff Wilhelm per
27
favorem der catholischen ligae völckeren bey lebzeiten seines vatters in die
28
regierung gesetzt. Übergibt ein Memorial

44
Anlage 28 (Memorial betr. hessische Satisfaktionsforderungen): fehlt.
, aus dem zu ersehen, wie unbillich
29
es seye, daß ex tali causa sie einige satisfaction begerten, da der geklagte
30
brandt und schaden der catholischen ligae völckern nit beyzumessen.

31
Longeville: Man muste amore pacis etwas thun, und wie der Servient
32
dabey anzeigte, sey besser und leichter, den Hessen etwas pro satisfactione
33
zu geben, alß die ihnnen inhabende plätze mit gewalt zu recuperiren. Deme
34
der duc de Longeville noch hinzugesetzt, sie die Frantzosen wehren den
35
Hessen zimblich obligirt und sähen gern daß ihnnen etwas gegeben
36
wurde. I. H. G.: Man wurde ja bey diesen tractaten cum ratione proce-
37
diren. Wan nun selbige attendirt wurde, so muste man die ursach warumb
38
examiniren, und von welchen Hessen einige satisfaction haben wolten. Die
39
vorgewendte ursachen beziehen sich auf angeblich durch die Liga verur-

[p. 453] [scan. 503]


1
sachte
Schäden, wofür die in den katholischen Fürstentümern besetzten
2
Plätze bis zur Wiedergutmachung einbehalten werden sollen. Die Fran-
3
zosen
haben offters vor diesem, auch anietzo wollmeinentlich erinnert, daß
4
bey den friedenstractaten nit de causis belli, sed de mediis compositionis zu
5
tractiren. Bey alsolcher regul pliebe man dieserseits. [...] Und wan ratione
6
damnorum utrimque perpessorum wie dan expensarum et contributionum
7
datarum mit den Hessen eine rechnung angehen solte, so wurden, da die
8
Hessen 100 000 reichsthaler designirten, die von ihnnen bekriegte und gra-
9
virte stiffter millionen hingegen in einem bestendigen wahrhafften computo
10
zeigen. Die Hessen haben Paderborn und Fulda von Schweden zu Lehen
11
genommen

43
Vgl. oben S. 283.
und die Einkünfte des Landesherrn und des Kapitels an sich
12
gezogen; das gleiche geschieht in Münster, wo die auf den Gefällen stehen-
13
den
Belastungen nicht bezahlt werden; die Stadt Paderborn ist während des
14
Waffenstillstandes ausgeplündert worden

44
Vgl. unten S. 497.
. Daß wehren alsolche laesiones
15
und schaden, daß wan amore pacis sie nachgegeben wurden, die Hessen sich
16
woll eines guten friedenstractats zu erfrewen hetten, und muste die cron
17
Franckreich sich hierin nit mehr versundigen, dan ohne ihr gelt und zuthun
18
der Calvinismus und die Hessen solchen fortgang nit wurden gewonnen
19
haben noch die catholische stiffter also beschädigen können. Die recupera-
20
tion der inhabender plätze wurde zwar seine zeit und unkosten erforderen,
21
wan aber Franckreich und Schweden die handt abzügen, so möchte man
22
noch lieber sehen, wie die Hessen widder darauß zu pringen, alß das man
23
cum perpetua indignitate rei et tali iniquitate den Hessen etwas geben und
24
lasen solte. Die Hessen hetten nichts im ertzstifft Colln, was ihnnen nit
25
beneficio regis Galliarum eingeraumbt, dabey hetten sie sich, wie auch der
26
confoederation verpflichtet, in dem catholischen religionis exercitio und
27
iuribus nichts zu enderen; wie sie aber daß gehalten, daß wehre ihnnen
28
herrn plenipotentiariis offters geklagtt worden. Servient: Musten be-
29
kennen daß die Calvinisten etwas harter fielen alß andere. I. H. G.:
30
Wie es dan zu verandtworten, daß man ihnnen von den catholischen lan-
31
den, wie sie praetendirten, solte konnen etwas uberlasen. Servient: Man
32
könte es ratione religionis woll praecaviren, und das solche stuck pro certa
33
pecuniae summa wieder loßbahr wehren, alß etwa umb 20 000 reichsthaler
34
jahrliches einkommens. I. H. G.: Sie mochten doch das ietzo ubergebe-
35
nes memorial woll erwegen, wurden iuxta aequitatem et rationem ein und
36
anders mußen iudiciren, und sey es einmal vor Gott nit zu verandtworten,
37
den Hessen einige catholische underthanen zu untergeben, hetten auch
38
keine ursach, andere satisfaction an gelt zu forderen. Der kriegh wehre
39
lang genug cum tanta oppressione catholicorum et damno religionis, wie
40
sie Frantzosen selbsten gestehen musten, gefuhrt, und wurden sie herrn
41
plenipotentiarii sich bey dem friedensschluß in favorem Calvinistarum et
42
Calvinismi den catholischen zuwidder ohne schwere verandtwortung bey

[p. 454] [scan. 504]


1
Gott und grosem verweiß bey der posteritet nicht bezeigen können. Der
2
Calvinismus und Hessen hetten bereits zuviel vortheilß bey diesem krieg
3
gehabt, und könte man leichtlich gedencken, sie werden den stifft Hirsch-
4
feldt, wie andere uncatholische in puncto gravaminum die inhabende be-
5
halten, auch einzubehalten gedencken. Wenn der Kaiser, wie schon bei den
6
früheren Verhandlungen, hierin und mit Verzicht auf Wiedergutmachung
7
der angerichteten Schäden entgegenkommt, hetten sie Franckreich hochlich
8
und daß sie einen guten tag alhie gehalten, zu dancken. Servien: Hers-
9
feld
steht Hessen schon nach dem Passauer Vertrag zu. W: Erst Lgf.
10
Moritz hat es in diesem Jahrhundert an sich gebracht

41
Lgf. Moritz von Hessen-Kassel hatte in Hersfeld, für das alte hessische Schutzrechte
42
bestanden, die Bestellung seiner Söhne Otto (1594 1617) und Wilhelm V. zu Admini-
43
stratoren 1606 bzw. 1617 durchgesetzt.
. [...] Und nach-
11
demahln es mit Hessen ratione Imperatoris, imperii ac legum viel ein
12
andere beschaffenheit alß den außlendischen cronen hette, so wehre auch
13
das argumentum nit zu gebrauchen: den außlendischen crönen geschieht
14
einige satisfaction, ergo mueß es den Hessen Casselischen auch geschehen.
15
Angesichts der noch während der Verhandlungen vorgekommenen Ver-
16
heerungen
in der Nähe von Bonn habe man sich einer solcher vermessenheit
17
billich zu verwunderen, daß sie noch vorgeben dorffen, alß wan sie sich
18
deß brennens gantzlich endthalten. Servient: Mit annehmung der
19
Schwedischen infeudation sey nicht recht geschehen, man muste aber de
20
reliquo amore pacis sehen, wie man sich mit Hessen vergliche. I. H. G.:
21
Der modus des vergleichs stehe in amnistia reciproca, warauff Hessen so
22
starck tringen thut, und weiln sie amnistiam illimitatam einrathen, so
23
musten sie selbsten keine exceptiones pro damno et gravamine aliorum hin-
24
zusetzen. Agi in isto negotio de patrimoniis Dei et sanctorum, und wan sie
25
die befindende unbillichkeit den Hessischen remonstrirten, so wurden sie,
26
weiln alle ihre hochmütigkeiten und impertinentien von Franckreich ihr
27
nutrimentum nehme, woll einen billigeren wegh eingehen. Eß wehren alle
28
protestirende, alß man de satisfactione Hassica deliberirt, der bestendiger
29
meinung geweßen, daß solches ihr postulatum unbillig seye, und daß
30
derentwegen die Kayserlichen herrn abgesandten ihnnen zuzusprechen.
31
Nochmalige Empfehlung der Stifter Bremen und Verden.

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