Acta Pacis Westphalicae III C 3,1 : Diarium Wartenberg, 1. Teil: 1644-1646 / Joachim Foerster
1646 IV 10

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1646 IV 10
Dienstag Reichsräte . – W bei Chigi. Hat das Gutachten
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Quirogas

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Diego de Quiroga OFM Cap (1574–1649), Beichtvater der Kaiserin Maria Anna.
zum Prager Frieden beschaffen können, weiß aber nicht, ob sich
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hierauf die Ksl. jetzt beziehen. Chigi nach kurzer Durchsicht: Das sol-
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ches keine fundirte opinion sein könne, inmaßen auch keine einzige citation
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oder authoritas vel patrum vel doctorum oder anderer theologorum darinn
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zu finden. W: Es ist bereits 1635 durch Kölner Theologen widerlegt
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worden

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Vermutlich gemeint das Kölner Theologengutachten Januar 1635 (vgl. J. Foerster
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S. 34); demnach auch nicht das Wiener Theologengutachten 1635 II 16, sondern Qui-
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rogas Stellungnahme von Dezember 1634 (vgl. K. Repgen , Kurie S. 351ff).
, alßo dieße opinio privata und in conscientia nicht tuta seye, wel-

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ches der herr nuncius affirmirt. W: Um so bedauerlicher, daß es sogar bei
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den Protestanten kursiert, von denen es einer mit dem Bemerken zitiert hat,
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warumb alhier solche difficulteten in dergleichen sachen gemacht würden,
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da doch die theologi und der Kayserinnen beichtvatter selbst die stiffter
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und geistliche güeter hinzulaßen nicht nur für guet, sondern gar nötig
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erachten thette. Auf welches der herr nuncius seuffzend gedacht, ihme
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gienge ein stich durchs hertz, daß so gar nichts gehaimb gegen die uncatho-
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lische verpleiben soltt, und dergleichen sachen spargirt würden, nur die un-
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catholische gegen die catholische zue animiren.

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W bei Trauttmansdorff. Dieser bleibt wegen der Stifter in generalibus
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und verweist auf Volmar, der noch weiters, wie newlich, referiren könne,
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wie starck die Kayserlichen deßwegen sich hetten angenommen. Alß
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I. H. G. replicirt, das sie daran ganz nicht zweiffeln thetten, fiele der herr
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graff in die red mitt vermelden, und insonderheit ihrenthalb wegen des
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stiffts Verden, und daß hoffnung seye, solches heraußzupringen. I. H.
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G.: Daß sie des stiffts Verden halber allein nicht redeten, dan man sonst
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meinen möcht, alß ob es propter privatum geschehe, sondern seye die inten-
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tion , daß sie wegen aller stiffter sorgfälttig, das dan einmaln auf solche
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weiß per modum feudi der stiffter sich zu begeben, würde der ganze geist-
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liche vorbehaldt fallen. Dan auf dem fall der Kayser dieße 2 stiffter der
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cron Schweden per modum feudi cum voto et sessione zu geben vermöchte,
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köntte auch per identitatem causae Chursachßen Magdenburg, Holstein
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Lübeck, und ander andere güeter praetendiren, und der Kayser innen
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solche eben so wohl geben, welches aber eine große ruina der catholischen
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religion were. Der herr graff: Wan mans pro amore pacis nicht thuen
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müste, woltte er sein eußerist darzue anwenden. I. H. G.: Es köntten sie
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noch nicht dencken, waß das iüngst erwehnete consilium theologicum für
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ein consilium sein köntte, wüsten sich des P. Quirogae, welches anno 1635
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examinirt und wiederlegt, wohl zu erinneren, wanß dießes sein solle, würde
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sicher darauf nicht zu bawen sein. Alß er darauf vermeldet, daß es dießes
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nicht, sondern ein anders, sagtten I. H. G., daß des P. Quirogae scriptum
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gar unter den uncatholischen umbgienge. Über welches er sich verwundert,
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und daß es eine böße sach seye. I. H. G.: Umb deßwillen müste man
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umb so viell mehr sagen, daß es ein privat scriptum, so von den catholi-
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schen nicht approbirt, dan wiedrigen falß, wan mans ex parte catholicorum
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selbst soltte approbiren, hetten sie unßere eigene waffen in ihren händen.

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Der herr graff: Die impossibilitet und necessitet müeße in gewißen viell
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endschuldigen. I. H. G.: Er möchte es ihr verziehen, dieienige so die
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sachen ad hanc necessitatem et impossibilitatem hetten kommen laßen, wür-
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den die erste sein, welche gegen Gott eine beschwerliche verandtworttung
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geben müsten. Und seyen der haubtursachen, auß welchen die necessitas der-
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gestaldt erwachßen, underschidliche: 1. Daß anno 1627 alß zue Mühl-
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haußen im churfürsten rhadt, welcher gestaldt mitt Dennemarck und Pfalz
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paciscirt werden sollen, geschlossen, ahm Kayserlichen hoff nicht were ein-

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gefolget . 2. Daß man ohne der herrn churfürsten wißen und willen den
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Mantuanischen krieg angefangen. 3. Daß man die intention reducendi
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ubique religionem catholicam geendert; einen newen dominat in mari Bal-
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tico zue Wißmar der Friedland gesucht, und alßo der könig in Schweden
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incitirt worden. Daß, welches das clägligste, auff alles der chur-, fürsten
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und stendt clagen, guetachten und einrahten so gar keine disciplina mili-
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taris in so vielen iahren introducirt, und die ansehenliche mittel nicht mitt
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gueter ordnung verwendet, sondern die landen auf einmal iederzeitt im
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grund gleich verdorben, und sonsten mitt so unerhörten lasterlichen thaten
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Gotts zorn nur täglich promoviren thetten; andere stendt verschonet man
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mit contributionibus, andern liesse man neutralitatem, die wenige ubrige
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getrue sonderlich in disem craiß miesten den lasst allein tragen; welches
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impossibile; auß welchem man zue dießer necessitet gerahten. Herr
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graff von Trautmansdorff: Er müeße selbst bekennen, daß alles das, waß
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I. H. G. vermeldet, wahr, es seye aber theilß vor ihme geschehen, theilß alß
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militaria hette er nicht zu verandtwortten. I. H. G.: Sie sagtens darumb
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nicht, daß sie ihme die schuldt geben woltten, sondern waß passirt seye;
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und zweifelten sie nicht, daß er alß ein verstendiger herr viell sachen gern
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anders gesehen hetten. Der herr graff: Er woltte versicheren, daß er
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bey dießen tractaten, warzue er nicht gezwungen, nicht werde vergeben.

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I. H. G.: Sie woltten ihme in vertrawen nicht verhaltten, daß sie under-
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schiedtliche discursus von ainigen catholischen vernommen. Es werde die
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posteritet ex factis et protestationibus erkennen können, waß bey dießem
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krieg und pacificationsweeßen in dießen iahren, und sonderlich mitt den
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geistlichen, vorgangen, und das man in effectu nur alles auf die geistlichen
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und stiffter schieben, und selbige in die außgab setzen wolle, in welchen
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miseriam sie allein gerahten, daß sie dem hauß Österreich aßistirt, und bey
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demselben bishero bestendig geplieben. Waß nun die posteri darauf urthei-
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len werden, hette er leicht abzunehmen. Der herr graff: Waß immer
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möglich zue enderen wollte er nicht laßen, und versichere nachmaln, daß
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den Schweden mitt Bremen und Verden keine versprechung geschehen,
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sondern deßhalber res noch integra, und die Franzosen noch wohl darinnen
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negociiren, und das ihrige werden thuen können. I. H. G. referirten
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ihme hiebey weitläuffig, waß für discurs sie deßhalber mitt den Franzosen
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iüngsthin gehabt, und sich dieselbe erclert und erpotten. Welches er
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graff gern vernommen und zue secundiren sich offerirt. Spanisch- nieder-
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ländische
und spanisch-französische Verhandlungen. Zu den haubttractaten
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imperii cum Gallis [...] sagte der herr graff, daß die Franzosen gar zuviel
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begerten, welches in seiner macht nicht were. W: Sie behaupten, die
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Erklärung des Kaisers zu kennen. Trauttmansdorff: Unmüeglich seye
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es ihnen zu wißen, dan Ihre Mayestätt die resolution von eigenen handen
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ahn Churbayern und inen geschrieben, und woltte er I. H. G. sopaldt sehen
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laßen, waß darauff Churbayeren ahn Ihre Mayestätt geandtworttet, und
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der communication und erclerung sich höchlich bedanckt. In specie,

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sagten I. H. G., hetten die Franzosen sich laßen vernehmen, daß der Kayser
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auff das ganze Elsas sich soltte erclert haben. Der herr graff: Damitt
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woltten sich die Franzosen nicht contentiren, sondern darzu etwas auß dem
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Bryßgaw haben, wavon aber in der Kayserlichen resolution nicht mitt
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einem wortt gedacht; alßo er notwendig weiteren befelchs müste erwartten.
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Wan die Franzosen von dießem postulato abzupringen, köntte der fried
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leicht geschloßen werden [...]. W: Anregung der Franzosen wegen
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Bremen. Trauttmansdorff: Er woltte sich noch weiter confidenter
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expectoriren. Er seye nicht befelcht, ein oder anderen stifft per modum
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feudi, vornehmblich wan solches von den catholischen nicht würde guet-
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befunden , zu überlaßen, sondern hette er auf solche weeg, wie ietzgemelt
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von den Franzosen vorgeschlagen, vorhin gedacht, und verhoffe er, die
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sachen dahin zu pringen. Kirchliche Übergriffe der Staaten in Jülich-
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Berg
. Jülicher Sukzessionsstreit. Zur Pfälzer Sache berichtet Trauttmans-
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dorff
, die staatischen Gesandten hätten zur Vermittlung der Streitigkeiten
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im Reich erstlich die amnistiam ad annum 1618 zu ziehen, und dan die
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Pfalzische sach in gebührende obacht zu nehmen gepetten. Er hat an der
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Amnestie von 1641 festgehalten und die Wiederaufnahme der Wiener Ver-
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handlungen
vorgeschlagen, wobei hinsichtlich der Oberpfalz die bayerische
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Schuldforderung zu berücksichtigen sei und im übrigen die achte Kur in
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Frage komme. Letzteres haben die Staatischen als großes Zugeständnis
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angesehen und gar content sich darüber bezeigt.

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