Acta Pacis Westphalicae III C 3,1 : Diarium Wartenberg, 1. Teil: 1644-1646 / Joachim Foerster
Freitag W bei Chigi. Bericht über das Gespräch mit Ser-
20
vien
, wozu Chigi bemerkt, er spüre wohl, daß die Franzosen alß andere
21
(welches er, wie es geschienen, auf den Venetianischen gedeuttet) durch
22
I. H. G. starckes remonstiren und zusprechen zu andern gedancken ge-
23
bracht. Er fur sein theyl werde nit underlaßen, sobald er von der Chur-
24
bayerischen hereinkunfft vernehmen wurde, sich gegen dieselbe gebuhrend
25
zue bezeigen.

26
W bei Saavedra / Brun: Die Bayern sind angewiesen, allen Gesandten die-
27
jenigen
Ehren zu erweisen, die sie auch von ihnen erhalten. Nachdem die
28
Franzosen eine günstige Resolution erhalten haben, zweifelt man nicht, daß
29
eine solche inzwischen auch aus Brüssel vorliegt. Warauf der Savedra mit
30
etwas empfindung heraußgefahren, sie hetten mit den Franzosischen keine
31
correspondentz, wüsten weder was von denselben fur difficulteten gemacht
32
noch erklehrt sein werde. Ihres theylß hettens ahn Don Castel Rodrigo
33
nacher Brüssel nohtwendig gelangen laßen mußen, deßen andtwort sie
34
annoch und vermuthlich gegen morgen erwartten thetten, darauf dan die
35
intention I. H. G. unverhalten bleiben solt. Des lengern verweylens ursach
36
aber seye des Castel Rodrigo uberhauffte viele negotia, maßen dan von
37
ihme innerhalb zwey oder drey posten von dar andere schreiben nit emp-
38
fangen, alß daß er sich deßhalber durch den secretarium endschuldigen
39
lassen. Mochte auch villeicht wol anietzt, weilen er dieser commission er-
40
laßen, bedenckens haben, in einem solchen wichtigen werck sich zu erkleh-

[p. 92] [scan. 142]


1
ren . Warauf I. H. G., sie wolten nit verhoffen, daß mans nun erst auf
2
den duca de Medina, welcher vielleicht vorm sommer nit ankommen
3
möchte, hinstellen und verweisen wolte, zumaln der conte Pigneranda, wie
4
sie vernehmen, underwegs; und fragten dabey, ob er beraiz in Franckreich
5
ankommen und Pariß vorbey seye. Saavedra: Man weiß nur, daß er
6
am 20. Januar abreisen wollte und daß in Franckreich zu seiner emp-
7
fahung beraiz in confinibus deputirte[...] sich befünden. I. H. G. ge-
8
dachten, dieses wolte noch lang anstehen, sonderlich, weiln so wenig vom
9
aufbruch, alß ob er in Franckreich angelangt, einige bestendige sicherheit
10
vorhanden, und würden darauf die herren churfürsten nicht warten
11
kindten oder wollen. Befünden aber sonsten nit, warumb diß werck erst
12
weiters ahn andere ihre mitdeputirte solte zu verweisen und aufzuschieben
13
sein, weilen doch sie, vermög der plenipotenz, in selbiger abwesen trac-
14
tiren und ohn ihr zuthun schließen konten, auch daß sie den churfürst-
15
lichen gesandten das tractament solten difficultiren, und da andere will-
16
fährig sich erklehrt, den undanck allein auf sich laden wollen. Und sezten
17
ferner hienzu, es sey ein selzams ding, hettens auch erst unlengst bey den
18
Franzosischen meldung gehabt, daß beyde diese cronen sonst in allem an-
19
dern discrepirten und eben iezt in dem, wie sie die chur- und fursten des
20
reichs despectiren und disgustiren möchten, einig weren. Warauf der
21
Savedra, die mainung habe es nit, insonderheit mit Churbayern, zumaln
22
selbiger seinem konig und zuvorderist dem Kayser also nahend anverwandt
23
und solch hauß sich bey ihnen so hoch meritirt gemacht, er auch so lang in
24
Bayern gewesen und so viele große genaden empfangen hette; sondern sage
25
er allein, daß der andwort annoch, und hoffentlich morgen erwarttendt
26
weren, die alßdan I. H. G. zu wissen gethan werden solt. I. H. G., sie
27
praesupponirten selbst ein anderß, und wolten also gegen morgen der
28
andtwort gern erwartten, damit sie alßdan mit ihnen vermog Churbaye-
29
rischer declaration weitter reden, auch dero abgesandten ihres verhaltens
30
avisiren konten. Auf den fall aber solch ihr difficultiren dahin angesehen,
31
damit sie sich gegen die Franzosische desto beßer zu endschuldigen, welches
32
ihnen dan nit zu verublen, und wurde es zweifflßohn auch Churbayern
33
gern dissimuliren. Auf welches der Bruin, darumb seye es nit zu thun,
34
wolten des morgigen tags abwartten und alßdan sich cathegorice erkleh-
35
ren. Hiervon ist man auf andere discurß kommen, und gedachte der
36
Savedra der großen kriegs praeparatorien, welche in Spanien, auch in
37
Niederland zue Brüssel gemacht wurden, und daß der Piccolomini

42
Ottavio Piccolomini (1599–1656), Hg. von Amalfi, Reichsfürst 1650, ksl. Feldmarschall,
43
Militärbefehlshaber in den spanischen Niederlanden 1644–1647, ksl. Generalleutnant 1648.
eine
38
armada von 30 000 man zusammenpringen solt. I. H. G. sagten, daß es
39
wol vonnöthen, und hette es lengst geschehen konnen, wan man die mittel,
40
wie ietzt, nemblich daß die getrewe landstend selbst die volcker zu under-
41
halten ubernommen, gebrauchen wollen. Worauff der Savedra, es seye

[p. 93] [scan. 143]


1
doch bißherzu vom Kayser selbst nit geschehen, und solches dem Westvali-
2
schen craiß solang difficultirt, seyen rationes pro et contra. Man sehe
3
aber hingegen auch, sagten I. H. G., ab effectu, wie eins und anders aus-
4
schlage [...]. Und man spuhre es genugsamb, wie es hergehe, wan man den
5
stenden nit wolle trawen, und was für große diffidenz mit ansezung unan-
6
nehmblicher gubernatorn erweckt werde, welches sich vor disen in der
7
Schweiz, und mit dem duc de Alba

38
Fernando Álvarez de Toledo (1507–1582), duque de Alba de Tormes, Gouverneur der
39
Niederlande 1567–1573.
in Niderlandt hiebevor, auch noch de
8
novo in Spanien ieziger zeit bezeigt hette. Der Brün andworttete,
9
dergleichen komme von den ministris her, denen die schuld beygemessen
10
werden must. I. H. G. replicirten, deßen ursach sey, daß keine natio-
11
nales, sondern solche ministri geschickt würden, zu denen die stende keine
12
confidenz hetten, da sie verspuhrte, wie man ihnen nicht trawen thue.

13
Auf abermaliges Anfragen wird den Deputierten von Lübeck, Bremen und
14
Hamburg

40
Anlage 21 (Kreditiv der Gesandten an W): fehlt.
für morgen die Audienz bewilligt.

Dokumente