Acta Pacis Westphalicae III C 4 : Diarium Lamberg: 1645-1649 / Herta Hageneder

[p. 1] [scan. 41]


1

REISE NACH OSNABRÜCK


2
1644 VIII 4
Donnerstag Nach 4 uhr nach mittag bin ich mit 2 fenster-,
3
ein mantl- und ein ristwagen von Wien außgefahren und 6 reitkleppern
4
vortgeraist. Mein gmahl

Judith Rebecca Eleonore, geb. Freiin von Würben (1612–1690), vgl. ADB 17 S. 539 und
Igálffy, Stammtafeln S. 60.
hat mich sambt meiner tochter Leonorl

Eleonore Franziska (1636–1689), in erster Ehe vermählt mit Heinrich Wilhelm Gf. Starhem-
berg, in 2. mit ihrem Vetter Anton Franz Lamberg (vgl. Rolleder S. 197f., Heilingsetzer
S. 78f.).
und sohn
5
Franzl

Franz Josef (1638–1712), vgl. ADB 17, S. 540 .
biß auf Steyr

5 beglaittet] Hs.: geblaittet.
beglaittet. Den hofmaister

Franz Busiz. Die Namen seiner nach Osnabrück mitreisenden Bedienten trug Lamberg am
Beginn seines Tagebuchs in einem „Verzaichnus aller der Officier und Diener“ ein (= O. Ö.
LA, HASteyr, Hs. 1495).
hab ich mit dem tafl-
6
dekher

Hans Ernst Weiß (a. a. O.).
und 2 köchen

Francois Sambl und Zacharias Krumb (a. a. O.).
vorangeschikht mit ein kaleß.

7
Zu nacht auf Purkerstorff

Purkersdorf, Markt, Bez. Wien-Umgebung, NÖ.
. 3 meil. Regen.

8
1644 VIII 5
Freitag Zu mittag auf Saledorff

Saladorf, Dorf in der Gemeinde Würmla, Bez. Tulln, NÖ.
. 3 meil. Über den berg
9
haben wir fürspann genommen bei Sigerzkirchen

Sieghartskirchen, Markt, Bez. Tulln, NÖ.
. Regen.

10
Zu nacht bey St. Pelten

St. Pölten, Stadt, NÖ.
. 3 meil über die Dräsen

Traisen, Fluß in NÖ.
. Regen.

11
1644 VIII 6
Samstag Zu mittag auf Lostorff

Loosdorf, Markt, Bez. Melk, NÖ.
. 3 meil. Regen.

12
Zu nacht zu der Erlauff

Erlauf, Markt und Fluß, Bez. Melk, NÖ.
. 3 meil.

13
1644 VIII 7
Sonntag Seind wir nahe bei Henneburg

Wahrscheinlich Hengstberg, Dorf in der Gem. St. Martin am Ybbsfeld, NÖ.
über die Ipß

Ybbs, Fluß in NÖ.
, und
14
weilen dieselbe wegen continuirlichen regen starkh angeloffen, haben wir
15
unß und die wagen auf einer pletten hinüber führen müßen laßen, da wir
16
ein par stund zugebracht.

[p. 2] [scan. 42]


1
Zu mittag auf Blindenmarkh

Blindenmarkt, Markt, Bez. Melk, NÖ.
. 3 meil. Mein capellan

Johannes Studena (O. Ö. LA, HASteyr, Hs. 1495 a. a. O.).
hat dort meß
2
gelesen. Schön.

3
Zu nachts auf Aschpach

Aschbach, Markt, Bez. Amstetten, NÖ; ehemals der HASteyr, O. Ö., gehörig.
. 2 starkhe meil. Die burgerschafft daselbst hat
4
mich sambt ihrem richter und pfarrer empfangen und, weilen derselbe
5
markh under die herrschafft Steyr gehört, ein supplicirn übergeben.
6
Schön.

7
1644 VIII 8
Montag Mein capellan hat unß daselbst meß gelesen.
8
Zu mittag auf Weißerach

Weistrach, Dorf im Bez. Amstetten, NÖ.
. 2 meil.

9
Zu nacht auf Steyr

Stadt in O. Ö.
. 2 meil. Schön.

10
1644 VIII 9
Dienstag Bin dort gebliben, der capellan hat in dem schloß
11
meß gelesen. Frau rentmaisterin

Magdalena von Seeau, geb. von Altenau, Tochter der Salome Alt und des Ebf. Wolf Dietrich
von Salzburg (vgl. Hebenstreit, Seeau S. 941f.; bei Martin S. 63f. irrtümlich Susanne).
, der pfleger

Cyprian Säntinger (O. Ö. LA, HASteyr, Schachtel 499).
und die pflegerin haben zu
12
mittag bei mir geeßen. Zu nacht alla retirata.

13
NB: der p.rector

Rektor der Jesuiten war seit 1643 P. Johannes Baptist Lackhner (vgl. Brandl S. 53).
der Jesuiter und p.

P. Johannes Sengler, Prior der Dominikaner seit 1640, vgl. Annalen (O. Ö. LA, HASteyr,
HS. 1517 S. 240).
der Dominicaner haben mich
14
nomine collegii et monasterii empfangen. Schön.

15
1644 VIII 10
Mittwoch Seind wir dort gebliben und die meß bei den p.
16
capucinern

Seit 1615 bestand in Steyr ein Kapuzinerkloster (vgl. Pritz, Steyr S. 243).
gehört, da auch mein capellan meß gelesen. Zu mittag hat die
17
frau rentmaisterin, die iezige und vorige

Maria, Frau des gewesenen Rentmeisters Adam Wolf (O. Ö. LA, HASteyr, Schachtel 499).
, herr stattpfarrer

Achaz Schrott, Stadtpfarrer von Steyr 1620–1653 ( Pritz, Steyr S. 389).
, der Riß

Wahrscheinlich Matthäus Riss von Risenfels, Ratsbürger und Handelsmann zu Steyr; 1662 in
den neuen Ritterstand des Landes ob der Enns aufgenommen (vgl. Siebmacher IV/5 S.
295).
,
18
handlßman, der pfleger und sye und der geweste gegenschreiber

Johann Hanrieder (O. Ö. LA, HASteyr, Schachtel 499).
bei mir
19
geeßen. Zu nacht bin ich in den hofgarten gangen, und der pfleger bei mir
20
geeßen. Mein stallmaister

Leopold Gottlieb Neidhardt, 1673 in den erbländischen Freiherrenstand als Freiherr von
Neidhardt, Herr auf Spättenbrunn und Leopoldstein erhoben (vgl. Siebmacher IV/5 S.
221).
ist in seinen aignen geschäfften auf der post
21
nach Linz; hab dem herrn landßhaubtman

Hanns Ludwig Gf. Kuefstein (1582/83–1656) war von 1631 bis 1656 Landeshauptmann im
Land ob der Enns (vgl. ADB 17 S. 304f. ; Schwarz S. 271f.; NDB 13 S. 183f. ).
daselbst geschriben. Schön.

[p. 3] [scan. 43]


1
1644 VIII 11
Donnerstag Vor mittag hab ich in nammen Ihr Mayestät
2
lechen verlichen. Mein capellan hat meß gelesen, und in wehrender meß ist
3
herr praelat von Gärsten

P. Roman Rauscher, von 1642–1683 Abt des Benediktinerklosters Garsten bei Steyr (vgl.
Pritz, Garsten und Gleink S. 68ff.).
zu mir khommen, mich haimbgesucht und hinaus
4
geladen in das closter. Der gegenschreiber und pfleger haben bei mir
5
geeßen. Nach dem eßen hab ich mein stallmaister zum herrn praelaten von
6
Garsten geschikht, das ich ihn haimbsuchen wolle. Schön.

7
1644 VIII 12
Freitag In der schloßcapellen meß gehört und etwas
8
frustukht. Meine wägen hab ich voran nach Welß

Wels, Stadt in O. Ö.
geschikht und mit
9
meinen kleppern hinach geritten.

10
Wels: 4 meil. Herr graf Franz von Harrach

Franz Albrecht Gf. Harrach (1614–1666), Oberstallmeister; 1645 in diplomatischer Mission
in München (vgl. ADB 10 S. 638 ; NDB 7 S. 698 ).
ist von Linz auf der post zu mir
11
khommen und zu nacht dort geeßen.

12

12 Randbemerkungen: Grießkirchen: Meine wägen zu mittag. Peurbach: Zu nachts.
1644 VIII 13
Samstag Umb 8 uhr bin ich sambt meinem camerdiener

Georg Dietrich Kaufmann (O. Ö. LA, HASteyr, Hs. 1495).

13
und page Brokowiz

Johann Andre Brokowiz (ebenda).
auf der post nach Amrang

Dorf und Schloß im Lkr. Wasserburg am Inn, Oberbayern.
. Meine wägen vortge-
14
schikht gegen Straubing

Stadt in Niederbayern.
.

15
Aßerßhaimb

Aistersheim, Dorf im Bez. Grieskirchen, O. Ö.
: Zu mittag dort geeßen.

16
Ried, Bayrisch

Ried im Innkreis, Stadt in O. Ö., bis 1779 bayrisch.
: 2 posten.

17
Braunau

Braunau am Inn, Stadt in O. Ö., bis 1779 bayrisch.
: 2 posten. Regen.

18

18 Randbemerkungen: Sigarting: Meine wägen zu mittag. Scharding: Zu nacht.
1644 VIII 14
Sonntag Ötting

Altötting, Stadt in Oberbayern.
: Ich zu mittag. 1½post. Regen.

19
Amerang

Zu Amerang vgl. Crailsheim.
: 2 post. Zu nacht ankhommen.

20
1644 VIII 15
Montag Hab meß in der hofcapellen gehört. Den ganzen
21
tag dort gebliben. Meine wägen sind zu Scharding

Schärding am Inn, Stadt in O. Ö., bis 1779 bayrisch.
still gelegen.

[p. 4] [scan. 44]


1
Hat mir mein frau mutter

Johanna von Lamberg, geb. von der Leiter, verw. Freiin von Dietrichstein (1574–1644), vgl.
Rolleder S. 144 und Weiss S. 49ff.
ein goldnes gescharlztes großes halßpand, mit 4
2
diamanten, 4 robinen und 4 perlenrosen versezt, daran ein schönes hangen-
3
des clainod, mit dergleichen stainen versezt, verehrt.

4
NB: Mein frau mutter hat meinem herrn bruder graf Hanß Wilhelm

Johann Wilhelm Gf. Lamberg (1611–1649) begründete die Lambergische Linie zu Amerang
(vgl. Rolleder S. 300).

5

5 am Rande: NB: Hab dises halßpand interim herrn bruder Hanß Wilhelm daselbst
zuegestelt.
gleichfals ein mit stainen verseztes halßband geschenkht, ohne clainod.

6
1644 VIII 16
Dienstag In der schloßcapelln meß gehört. Meinem herrn
7
bruder hab ich ein flache uhr mit ein kettl, zu Wien gemacht, geschenkht.
8
Ehe ich von Amerang verraist, ist einer von Haimbhausen

Schloß Haimhausen im Lkr. Dachau, Oberbayern (vgl. Frankenburger S. 25–54).
sambt dem
9
pflegsverwalter von Aham

Dorf und Hofmark, Lkr. Wasserburg am Inn, Oberbayern.
khommen und mir sein schwager, herrn Caspar
10
Widman

Wahrscheinlich Johann Caspar Widmann, Sohn des kfl. Hofkammerrates Wiguleus Wid-
mann, dessen Schwester Clara Elisabeth 1637 den Freiherren Franz Albert von und zu
Haimhausen, kfl. Truchseß, Rat, Kastner und Mautner zu Aibling, ehelichte (vgl. ADB 10
S. 388
; Ferchl S. 206f.).
, recommendirt und gebetten, ihn mit mir nach Cöln zu nemmen.
11
Zu Amerang hab ich das frustukh geeßen und nach empfangnem mütterli-
12
chen segen sambt meinem herrn bruder, Widman und dienern weggeritten.
13
In kuchl, menschern etc. verehrt: 9 fl.

14
Müldorff

Mühldorf, Stadt am Inn, Oberbayern.
, Salzburgische statt: Zu nachtmahl, hab bei den pp. capucinern

Das Kapuzinerkloster entstand 1640 (vgl. Eberl S. 145).

15
daselbst geeßen. 4 meil. Schön.

16
Seind meine wägen zu mittag gelegen zu Fürstenzell

Dorf im Lkr. Passau, Niederbayern.
; Vilzhoven

Vilshofen, Stadt in Niederbayern.
: zum
17
nachtmahl.

18
1644 VIII 17
Mittwoch Hat herr P. Maximilian

Wahrscheinlich P. Maximilian von Deggendorf (1588–1670), vgl. Eberl S. 75.
, capuciner da zu Mül-
19
dorff, mich und meinen herrn bruder wegen der noch von anno 1632
20
beederseits noch nit gethoner raittung solchergestalt verglichen, das solche
21
weder von ein noch andern thaill gemacht wurde, und weilen ich ein
22
starkhen rest von villtausent ihme heraus zu geben schuldig sein wurde,
23
daß ich gedachten meinen herrn brudern mit der Manßfeldischen schuld
24
der 9000 fl, was sein part antrifft, enthoben und noch darüber in 3 jahren

[p. 5] [scan. 45]


1
ihme 2000 fl bezahlen solte, welches ich eingangen; und derentwegen 2
2
gleichlauttende instrumenta aufgrichtet worden

Die beiden Brüder einigten sich auf Wunsch ihrer Mutter über die seit dem Tode des Vaters
Georg Siegmund (gest. 1632) bestehenden gegenseitigen Ansprüche (vgl. O. Ö. LA, HASteyr,
Schachtel 1219, Fasz. 8 Nr. 160).
.

3
Landshut

Stadt in Niederbayern.
, stadt: 2 posten. Nach dem eßen bin ich auf ein caleß gefahren
4
auf Landshut. Über nacht da gebliben. Es war gleich jahrmarkh. Meine
5
wägen seind zu mittag gewesen zu Osterhoven

Osterhofen, Stadt im Lkr. Vilshofen, Niederbayern.
. Zu nachts zu Plattling

Stadt im Lkr. Deggendorf, Niederbayern.
.
6
Regen.

7
1644 VIII 18
Donnerstag Bin ich mit einem khlainen wagele gefahren
8
auf Hofdorf

Dorf im Lkr. Dingolfing, Niederbayern.
.

9
Hofdorf: Zu mittag.

10
Straubing

Stadt in Niederbayern.
: Zu nachts. Meine wägen seind zu mittag dort ankhomen.
11
Regen.

12
1644 VIII 19
Freitag Hab ich dort bey den pp. Jesuiten

Seit 1631 wirkten die Jesuiten in Straubing (vgl. Handbuch, Bayern S. 725).
meß gehört. Zu
13
mittag und nacht bey meinem schwager, herrn Fridrich von Penzenau

Johann Friedrich Freiherr von Pienzenau, kfl. bayrischer Vizedom zu Straubing
(1604–1655), vermählt mit Anna Eusebia von Lamberg (vgl. Ferchl S. 25).
,
14
vizedomen daselbst, geeßen. Hat mir ein rappen zu mein zug verehrt.

15
Scripsi dem fürsten von Dietrichstain

Maximilian von Dietrichstein (1596–1655), ein Halbbruder Lambergs aus der ersten Ehe der
Johanna von der Leiter mit Siegmund von Dietrichstein, erbte von seinem Onkel, Kardinal
Franz von Dietrichstein, die Fürstenwürde (vgl. ADB 5 S. 202 ; NDB 3 S. 701; Schwarz
S. 225f.).
, meiner gmahl, graven Kurtz

Ferdinand Sigismund Kurz von Senftenau, Reichsgraf von Valley, seit 1637 Reichsvizekanz-
ler (1592–1659), vgl. ADB 17 S. 428f. ; Schwarz S. 260ff.; NDB 13 S. 328f.
, reichß-
16
vicecanzlern, graven von Wirben

Wahrscheinlich Wenzel Gf. Würben (1589–1649), ksl. Kämmerer und Hofmarschall (vgl.
Igálffy, Stammtafeln S. 57).
und graven Franz von Harrach

Vgl. oben [S. 3, Z. 10] .
.

17
1644 VIII 20
Samstag Guattern

Pfatter, Dorf im Lkr. Regensburg, Oberpfalz.
: zu mittag. 3 meilen. Eben.

18
Regenspurg

Regensburg, Stadt und Lkr., Oberpfalz.
: zu nachts. 3 meilen. Eben. Der rhat daselbst hat mich durch 3
19
rhatsherrn empfangen und 12 khanden von allerley weinen verehrt, den
20
tragern geschenkht: 6 fl. Herr von Wildenstain

Schweighart Sigmund Freiherr von Wildenstein (1598–1672), vgl. Schwaiger S. 117.
, canonicus, hat mich
21
haimbgesucht. Schön.

[p. 6] [scan. 46]


1
1644 VIII 21
Sonntag Hab ich bey den parfußern

1638 war den Franziskaner-Reformaten das Katharinenspital in Stadtamhof zugewiesen
worden (vgl. Lins S. 21f.; Staber S. 141).
, jehnseits der stain-
2
prukh, gepeichtet und das gestikhte rekhl für Unser Liebe Frau und das
3
Jesuskhindl in nammen meiner gmahl überantworttet. Denen pp. umb 6
4
seelmeßen bezahlt: 3 fl. Zum frustukh dort gebliben.

5
Und zu nachts zu Hembhausen

Hemau, Stadt im Lkr. Parsberg, Oberpfalz.
, Pfalzische statt. Über nacht dort gebliben.
6
7 stund stainig und bergigen wegs. Schön.

7
1644 VIII 22
Montag Zu mittag auf Deining

Dorf im Lkr. Neumarkt, Oberpfalz.
, Bayrisch. Da fangt der
8
sandige weg an, ist auch gepürg und vill gehülz. 6 stund. Schön.

9
Neumarkh

Neumarkt, Stadt und Lkr., Oberpfalz.
, Bayrische statt, zu nachts. Obrist Trukmüller

Georg Truckmüller zu Prum (gest. 1659), 1635 Oberst, 1646 Generalwachtmeister, 1647
Feldmarschalleutnant (vgl. Heilmann S. 1123f.).
ist daselbst
10
commendant gwesen. Schön.

11
1644 VIII 23
Dienstag Feichte

Feucht, Markt im Lkr. Nürnberg, Mittelfranken.
, Nürnbergisch: Zu mittag. 3 meil. Ist
12
lautter sand und wald.

13
Nürnberg

Nürnberg war freie Reichsstadt, ab 1803 bayrisch.
: zu nacht. 2 meil. Sand biß zu der statt. Denselben abent ist
14
Jacob Kreß

Vermutlich Jobst Christoph I. Kress von Kressenstein (1597–1663), seit 1641 im Inneren Rat
der Stadt Nürnberg (vgl. K. F. Frank S. 502–550; NDB 13 S. 11 ).
des innern rhats in nammen des magistrats zu mir geschikht
15
worden, mich zu empfangen. Schön.

16
1644 VIII 24
Mittwoch In der frue hat mein capellan in dem Teutschen
17
hauß

In der Elisabethkirche, die bereits im 13. Jh. dem Deutschen Orden gehörte (vgl. Handbuch,
Bayern S. 531).
meß gelesen. Hernach haben wir etliche Luthrische und die vornem-
18
ste kirchen besucht. Umb mittag hat der magistrat 2 burger geschikht,
19
mich abermahl zu empfangen, und haben mir 20 khanden wein von allerlei
20
sorten und ein lagl visch verehren laßen; denen tragern hab ich geschenkht
21
16 fl. Daselbst hab ich ein vierekhigen spiegl von stahl in Indianisch und
22
ebenholz eingefast gekaufft: 9 fl. Ein perspectiv von Indianischem holz: 3
23
fl. Umb puxpamene große kampl: 3 fl.

24
Nach mittag hat mich gemelter Kreß in das arsenal

Wahrscheinlich das kleine städtische Zeughaus, in dem sich eine berühmte Modellsammlung
von Waffen aller Art befand (vgl. Anzeiger 1962 S. 19).
geführt, welches
25
ansehlich und in schöner ordnung, auch ghar seuber gehalten, darin denen

[p. 7] [scan. 47]


1
leuth darin verehrt: 18 fl. Von danen haben wir ein khauflichen tisch sambt
2
dem kasten, der auf 12 taler geschäzt und dabey 400 markh silber sein soll,
3
besichtigt, verehrt: 3 fl. Hernach hat man unß das rhathauß

Dieses aus mehreren Bauteilen bestehende Rathaus hatte nach 1616 eine palastartige
Ausgestaltung gefunden ( Anzeiger S. 5).
gwisen. Zu
4
mittag hat gedachter Kreß, zu nachts aber ein Khevenhiler

Vielleicht Bartholomäus Khevenhüller (1626–1678), vgl. Zedler 15, Sp. 562.
, der daselbst
5
alß exulant auß den erbländern wohnet, dan herr obercommissar Nidekh

Wahrscheinlich Damian von Nidegg, später ksl. Proviantmeister am Niederrhein (vgl.
Kriegsarchiv Wien, HKR, Kanzleiregistraturprotokolle 1647, fol. 123; Alte Feldakten 1646,
1/18).

6
bei mir geeßen. Gegen abent hab ich die frau Maria Lisel Khevenhilerin

Maria Elisabeth (gest. 1662), geb. Freiin von Dietrichstein, war vermählt mit Johann von
Khevenhüller, der 1632 in Nürnberg gestorben ist (vgl. Czerwenka S. 516ff.).
,
7
geborne von Dietrichstain, wittib, haimbgesucht. Schön.

8
1644 VIII 25
Donnerstag In der frue bin ich verraist.
9
Und zu mittag khommen auf Emßkirchen

Emskirchen, Markt im Lkr. Neustadt an der Aisch, Mittelfranken.
, Culmbachisch. Ist maistens
10
sand und wälder. 4 meil. Schön.

11
Zu nacht bin ich khommen auf Neustatt

Neustadt, Stadt und Lkr., Mittelfranken.
, Culmbachisch. Ist halb abge-
12
brant, wald und sand. 2 meil. Dem trompeter, den die statt mitgeben,
13
verehrt: 3 fl.

14
1644 VIII 26
Freitag Zu mittag meine wägen und leuth auf mark
15
Bibemth

(Markt) Bibart, Markt im Lkr. Scheinfeld, Mittelfranken.
, Würzburgisch. Ist gebürgig und wälder. 2 meilen. Schön.

16
Auf ein halb stund von danen ligt gegen Neumarkh die grafschafft und
17
schloß Schwarzenberg

Schloß im Lkr. Scheinfeld.
; und weilen herr graf Johann Adolph

Johann Adolf J. von Schwarzenberg (1615–1683), 1640 Reichshofrat, 1670 Erhebung in den
Reichsfürstenstand (vgl. Schwarzenberg S. 116ff.).
mit seiner
18
gmahl

Maria Justina (1608–1681), geb. Gräfin Starhemberg (vgl. Schwarzenberg S. 127).
daselbst war, bin ich mit meinen kleppern dahin geritten; den
19
stallmaister, Brokowiz, Khayserlichen trompetter Ernst, 2 laggeyen und ein
20
reitknecht mitgenommen. Da hab ich zu mittag und zu nacht geeßen; in
21
die kuchl und sonst verehrt: 12 fl. Zu nacht sein meine wägen auf Kizing

Kitzingen, Stadt und Lkr., Unterfranken.
,
22
Würzburgisch; ist stainig, walder. 3 meil.

23
1644 VIII 27
Samstag Bin ich von Schwarzenberg dahin geritten, wo die
24
wägen meiner erwarttet haben. Regen.

25
Auf die nacht khommen auf Wirzburg

Stadt und Bistum in Unterfranken.
. Ist stainig. 3 meil. Der herr

[p. 8] [scan. 48]


1
bischove

Johann Philipp Gf. Schönborn (1605–1673), 1642 Bf. von Würzburg, 1647 Ebf. von Mainz,
1663 Bf. von Worms (vgl. ADB 32 S. 274ff. ; NDB 10 S. 497–499 ).
hat spat zu mir geschikht und mich nach hof laden laßen. Hab
2
mich aber entschuldigt und zeitlich nidergelegt. Regen.

3
1644 VIII 28
Sonntag. Hab ich mir daselbst von mein capellan meß lesen
4
laßen.

5
In der frue ist herr graf von Hazfeld

Melchior Gf. Hatzfeld (1593–1658), ksl. Feldmarschall (vgl. ADB 11 S. 35f. ; Schwarz S.
244f., NDB 8 S. 64f. ).
, Khayserlicher feldmarschall, bei mir
6
gewesen und 1½ stund mit mir geredet, und sich

6 wider] Der folgende Name ist chiffriert.
wider … beschwert. Bald
7
nach 10 uhr

7 hat] Hs. folgt: mich
hat derselbe herr bischove mir ein von adl geschikht mit sein
8
leibwagen und mich zum fruemahl laden laßen, dahin ich auch gefahren
9
bin. Hat mich an der tafl oben allein gesezt. Und nach dem eßen biß zu
10
seiner carozza, mit der er mich wider in das wirtshaus führen laßen,
11
beglaittet. Von danen auß ich mit meinen kleppern und ein convoy von 14
12
musquetiren und des bischovs trompetter geritten.

13
Und umb 9 uhr abents khomen bis nacher Werthaimb

Wertheim, Stadt im Kr. Tauberbischofsheim, Baden-Württemberg.
, statt. Ist ein sehr
14
übler stainiger weg biß dahin, man hat 9 stund daran zu fahren. Meine
15
wägen sind jehnseits des Mains vast umb selbige stund auch dort ankhom-
16
men und sich auf pletten überführen laßen. Sobald ich in das wirtshauß
17
angelangt, seind beede graven von Lewenstain zu Wertheim, herr Ferdi-
18
nand Carl und Johan Dietrich

Ferdinand Karl (1616–1672) und Johann Dietrich (1623–1645) Gfn. von Löwenstein-
Wertheim-Rochefort ( Isenburg III, Tafel 101).
, gebrüder, zu mir khommen und mich mit
19
ihr carozza in ihr hauß geführt, und daselbst logirt. Regen.

20
1644 VIII 29
Montag Den tag daselbst still gelegen, und weillen wegen
21
der Frantzösischen und Heßischen parteyen unsicher war, ohne paß
22
weitter vort zu raisen

Hessen-Kassel war seit dem Vertrag von Dorsten 1638 mit Frankreich verbündet und hielt
einzelne Gebiete von Köln, Mainz, Paderborn und Fulda besetzt ( Dickmann S. 380f.).
, hab ich meinen hofmaister auf der post nach
23
Frankfurt mit ein brief zum herrn graven Ernst von Ötting

Gf. Ernst von Oettingen-Wallerstein (1594–1670), vgl. Schwarz S. 316–318.
, Khayserlichen
24
commissarium daselbst, geschikht und ersucht, mir den gebettnen paß der
25
frau Landgravin zu Heßen Caßl

Amalie Elisabeth von Hanau (1602–1651), Witwe des Lgf. Wilhelm V. von Hessen-Kassel
( ADB 1 S. 383f. , NDB 1 S. 237 ).
, da er ankhommen, zu schikhen.

26
1644 VIII 30
Dienstag In der frue bin ich daselbst mit pletten über den
27
Main gefahren, beede herrn graven haben mich auf ein stund mit 12 oder

[p. 9] [scan. 49]


1
13 pferd beglaittet, 14 musquetire, ein corporal und ein trompeter mitge-
2
ben. Regen.

3
NB: Die graven haben mich und alle meine leüth und pferd kostfrey
4
gehalten und, was sye in 3 wirtsheüsern verzehrt, zahlen laßen, dahero ich
5
auch in das hauß

5 verehrt] Die folgende Geldangabe fehlt:
verehrt: ****

6
Hart an Werthaimb ist gleich an waßer ein hocher berg, da man vorspann
7
haben muß, wehret ein starkhe halbe stund, und ist ein schlimmer weg.
8
Auf ein halbe meill von Mildnberg ist ein sehr übler stainiger weg und
9
hocher perg hinab.

10
Zu mittag sein wir khommen auf Mildnberg

Miltenberg, Stadt und Lkr., Unterfranken.
, statt, Churmainzisch. Man
11
hat 7 stund daran zu fahren.

12
Auf die nacht nach Klingenberg

Stadt im Lkr. Obernburg, Unterfranken.
, statt, Churmainzisch. Ist ain starkhe
13
meill, aber gutter weg, da wächst der gutte wein.

14
1644 VIII 31
Mittwoch Da muß man sich über Main führen laßen.
15
Zu mittag auf Ascheburg

Aschaffenburg, Stadt und Lkr. in Unterfranken.
, Churmainzische statt. In 4 stund fahrt man
16
leicht hin, ist gutter weg. Ein schönes schloß

Die sogenannte Johannisburg, 1605 erbaut (vgl. Handbuch, Bayern S. 36f.).
, von rottem stain gebaut,
17
Churmainz gehörig. Regen.

18
Zu nacht auf Heiligstatt

Irrtum Lambergs. Gemeint ist Seligenstadt, Stadt und Benediktinerabtei, Kr. Offenbach,
Hessen, bis 1803 unter Kurmainz.
, statt, Mainzisch. In 3 stunden leicht zu fahren.

19
1644 IX 1
Donnerstag Wir haben da ein klains frustukh umb 8 uhr
20
geeßen.

21
Und umb 3 uhr nach mittag khommen auf Frankfurt

Freie Reichsstadt bis 1806.
: Ist gutter weg, sein 6
22
stund daran gefahren, haben hart vor Hanau

Doppelstadt der Gfn. von Hanau, Hessen.
passirt. Denselben abent ist
23
herr graf Ernst von Ötting

Gf. Ernst von Oettingen-Wallerstein befand sich seit 1643 als ksl. Vertreter in Frankfurt auf
dem Deputationstag, der über Landfrieden und Justiz beraten sollte ( Dickmann S. 113–117;
Kietzell S. 99–119).
und graf von Wolkhenstain

Georg Ulrich Gf. Wolkenstein (1584–1663), Deutschordensritter, Kanonikus zu Brixen, 1629
Reichshofrat, Vertreter des Ks. in Frankfurt, später österreichischer Prinzipalgesandter in
Münster und Osnabrück (vgl. Wurzbach 58, S. 54; APW [III D 1 S. 351] ).
, Khayserlicher und
24
erzherzoglicher gesande, zu mir khommen. Regen.

25
1644 IX 2
Freitag Bin ich in etlich buchladen gewesen und zu mittag
26
von herrn graven von Ötting geladen worden.

27
Nach dem eßen gegen abent hat mich der Churmainzische canzler Raiger-

[p. 10] [scan. 50]


1
sperger

Nikolaus Georg Raigersperger (1595?-1652), Kurmainzischer Kanzler und Reichshofrat (vgl.
Walther S. 38; APW [III D 1 S. 347] ).
und der Burgundische gesande

Peter von Weyms, Ratspräsident im Herzogtum Luxemburg, Vertreter der burgundischen
Stimme, die Spanien auch am Reichsdeputationstag in Frankfurt führte ( APW [III D 1 S. 350] ;
Dickmann S. 114).
haimbgesucht, mich ansehlich
2
empfangen und glik gewünscht. Denselben tag in der frue hat mir die statt
3
30 khanden wein verehren und durch 2 rhatsherrn empfangen laßen. Zu
4
nachts in dem wirtshauß geeßen. Schön.

5
1644 IX 3
Samstag Zu mittag daselbst geeßen, und ob ich zwahr von
6
herrn graven von Wolkhenstain zu gast geladen worden, hab ich mich
7
entschuldigen und alle meine wagen, pferd und bagage auf 3 schiff laden
8
laßen und biß nach Cölln davor bezahlen müßen: 367 fl 30 kr.

9
Auf die nacht sein wir khommen auf Mainz

Kfl. bis 1803.
. Derselben churfürst

Anselm Kasimir Wamboldt von Umbstadt (1583–1647), seit 1629 Ebf. von Mainz ( NDB 1 S.
310
; Rauch S. 152).
lag an
10
podagra krankh. Die thör waren schon zue, und haben mich allein mit 4
11
personen eingelaßen, die andern haben darauß über nacht bleiben müßen.
12
4 meil.

13
1644 IX 4
Sonntag In der thumbkirchen hat mein capellan meß gelesen,
14
nach welcher ich meinen hofmaister zu des churfürsten großhofmaister,
15
herrn von Schönkern

Gerhard Freiherr von Waldenburg zu Heiligenhoven genannt Schenckern (oder Schenkherr),
Kurmainzischer Großhofmeister (biographische Angaben fehlen).
, geschikht, mich entschuldigen laßen, das ich Ihr
16
Churfürstlichen Gnaden nit aufwarte, wolte derselben nit gehrn ungele-
17
genhait machen, weilen ich dero unpaßligkhait wüste. Zudem khunte ich
18
mich wegen habenden Khayserlichen bevelch nit aufhalten etc. Herr
19
Schönkern ließ mir hinwider vill complimenten machen, und das er mich
20
bei Ihr Churfürstlichen Gnaden schon entschuldigen wolle; thätte ghar
21
recht, das ich mich nit aufhielte, es wäre auch der partheyen halb was
22
unsicher. Batte mich aber, ich wolte mit Ihr Churfürstlichen Gnaden
23
correspondirn.

24
Auf die nacht khammen wir auf Boppart

Boppard, Stadt im Kr. St. Goar, Rheinland-Pfalz.
, Churtrierisch. Sein 10 meil
25
dahin. Ist ein stättl, die burgerschafft hat wacht gehalten.

26
1644 IX 5
Montag Gegen mittag hab ich zu Andernach

Stadt im Kr. Mayen, Rheinland-Pfalz.
zuegelendet und
27
2 fuder und 2 ohm Mosellwein gekhaufft, des alten und heyrigen, ieden
28
ohm zu 8 taler: 168 fl.

[p. 11] [scan. 51]


1
Auf die nacht zu Bonn

Stadt und Residenz der Kölner Kff. bis 1794.
, Churcölln. Seind 10 meil dahin. Ich bin noch vor
2
gespertem thor khommen, meine 2 andere schiff aber erst ein stund
3
hernach. Es haben aber Ihr Churfürstliche Durchlaucht

Kf. Ferdinand von Bayern (1577–1650), seit 1612 Ebf. von Köln, Bf. von Lüttich, Paderborn,
Münster und Hildesheim, Abt von Stablo-Malmedy (vgl. Foerster und die dort angegebene
ältere Literatur; insbes. S. 1f.; ebenso Ennen S. 1–27).
bevolchen, sobald
4
sye khommen, meine leuth und pferd einzulaßen.

5
1644 IX 6
Dienstag In der frue haben mich herr Ernst von Traun

Ernst von Traun (1608–1668), Hofkriegsrat und Landmarschall in Österreich unter der Enns
(vgl. Hoyos S. 33).
,
6
Khayserlicher commissarius, graf Geleen

Gottfried Huyn Gf. Geleen (1595–1657), kurbayrischer, dann ksl. General, 1644 vom Ks.
mit dem Generalat im Westfälischen Kreis betraut ( ADB 8 S. 543 ).
, Khayserlicher feldmarschall, und
7
generalcommissarius Blumenthall

Johann Friedrich von Blumenthal (1609–1657), bis 1641 in kurbrandenburgischen Diensten,
später Reichshofrat und ksl. Generalkriegskommissar ( ADB 2 S. 616 ; NDB 2 S. 330f. ).
haimbgesucht. Umb 10 uhr haben Ihr
8
Churfürstliche Durchlaucht mich mit ihrem leibwagen mit 2 pferden
9
abhollen und zu der audienz belaitten laßen, Horst

Nicht näher zu identifizieren.
ist mein commissarius
10
gewesen. Ihr Churfürstliche Durchlaucht haben mich bei der thür der
11
ritterstuben empfangen und die rechte Hand in gehen und sizen geben.
12
Habe mit Ihr Churfürstliche Durchlaucht allein geredet biß es zeit zum
13
fruemahl gewesen, dabei ich oben an, herr von Traun neben mir, auf
14
meiner rechten der churfürst, auf der linkhen ein Neuburgischer gesande
15
zum Khayserlichen hof, Egloff

Hans Caspar Egloff von Zell, Pfalz-Neuburgischer Hofmarschall, Kämmerer und Rat (vgl.
Lahrkamp, Werth S. 73 und 76f.; Briefe und Akten, NF II, 8 S. 429ff.).
, und also vortan underschiedliche canonici
16
und thumbherrn geseßen. Man hat ungevär 3 stund geeßen. Ihr Mayestät
17
beeder gesundhaiten haben Ihr Churfürstliche Durchlaucht stehend
18
gedrunkhen. Und ist man wegen Philipßburg

Stadt im Kr. Bruchsal, Baden-Württemberg. Philippsburg war von Kf. Philipp Christoph von
Sötern zu einer Festung ausgebaut worden, die 1634 an Schweden verloren, aber im gleichen
Jahr wieder von den Kaiserlichen erobert worden war. 1644 belagerten sie die Franzosen
( Dickmann S. 286f.; APW [II B 1 Nr. 228 S. 481] ).
, welches von den Franzosen
19
belägert wär und an deren succurirung alle hoffnung verloren, sehr perplex
20
gewesen. Zu nachts hat man in meiner anticamera tafl gehalten, churfürst
21
aber hat sich entschuldigt.

22
1644 IX 7
Mittwoch Umb 11 uhr bin ich zu schiff gangen.
23
Und umb 4 uhr angelangt zu

23 Cölln – meil] am Rande: Adveni Coloniam.
Cölln. Biß dahin sein 4 meil. Des herrn

[p. 12] [scan. 52]


1
graven von Gronßfelt

Jost Maximilian Gronsfeld Gf. Bronckhorst (1598–1662), kurbayrischer Feldmarschall, 1649
in ksl. Diensten ( ADB 9 S. 726ff. , NDB 7 S. 128f. ).
frau gmahl

1639 vermählte sich Gronsfeld mit Anna Christina, Tochter des Kölner Bürgermeisters
Johann von Hardnrath und der Katharina Gail ( NDB 7 S. 128 ).
hat mir zu sonderbaren gefallen, auf
2
vorgehendes schrifftliches ersuchen, eines auß ihren heüsern gelichen

Gronsfelds besaßen mehrere Häuser in Köln (vgl. Handbuch, Nordrhein- Westfalen S.
417).
. Zu
3
nachts daselbst geeßen.

4
1644 IX 8
Donnerstag Bin zu den parfüßern

Wahrscheinlich die Franziskaner-Observanten, die seit 1589 in Köln ansässig waren ( LThK 6
Sp. 388).
gefahren und daselbst meß
5
gehört und mein andacht verricht. Der magistrat hat mich von einem
6
burgermaistern und 3 andern rhatsherrn empfangen und 20 khanden wein
7
verehren laßen. Zu mittag und nacht zu hauß geeßen. Nach dem mittag-
8
mahl bin ich auf vorher beschechnes einladen zu den pp. societatis

1541 gründete der Jesuitenorden in Köln das erste Kolleg auf deutschem Boden (vgl.
Handbuch, Nordrhein- Westfalen S. 416).
mit
9
meinen 2 wägen gefahren und des P. Sandaei

P. Max. Sandaeus S. J. (1578–1656), Professor für Philosophie und Theologie in Würzburg,
Mainz und Köln, beliebter Prediger ( ADB 30 S. 339f.).
sermon gehört, nach
10
welchem sye mir das collegium und die kirchen gewisen und das completo-
11
rium in music singen laßen.

12
1644 IX 9
Freitag Hab ich bei den 3 Khönigen

Gemeint ist der berühmte Schrein mit den Gebeinen der Hl. Drei Könige im Dom zu
Köln.
mir von mein capellan
13
meß lesen laßen, deren heilige corpora mir hernach von dem graven von
14
Ritberg

Ferdinand Franz Gf. Rietberg (1613–1648), Domherr in Köln, Magdeburg, Halberstadt und
Straßburg (vgl. Leesch S. 339f.).
, thumbherrn, geweisen worden. Hernach sein wir auf den thurm
15
hinauf gestiegen, sind 250 staffl.

16
Nach dem eßen sein wir zu St. Ursula

Adeliges Damenstift bis 1802 (vgl. Wegener ).
und von danen zu den Chartheuser

Die Kartause St. Barbara war in Köln der Mittelpunkt der katholischen Erneuerung gewesen
(vgl. Greven).

17
gefahren, da ich unsern vor etlich und 20 jahren gewesnen diener P.
18
Joannem Pistorium besucht. Zu mittag und nacht hab ich zu hauß
19
geeßen.

20
1644 IX 10
Samstag Hab ich bei den pp. Cartheusern, aber nit in
21
refectorio, zu mittag geeßen, vorher mein capellan daselbst meß lesen
22
laßen. Gegen abent hat mich herr thumbdechant daselbst, herzog Franz
23
von Lothringen

Franz Hg. von Lothringen (1599–1661), Bf. von Verdun, Domdechant von Köln ( Roth S.
261).
, haimbgesucht. Regen.

[p. 13] [scan. 53]


1
1644 IX 11
Sonntag Hab ich bei den pp. societatis meß gehört und bey
2
herrn feldmarschall graf Geleen zu mittag geeßen. Gegen abent hab ich
3
den herzogen auß Lothringen visitirt, der mich biß zum wagen beglaittet.

4
1644 IX 12
Montag Habe die fürstin von Eßen – war ein gravin von
5
Spaur

Äbtissin des reichsunmittelbaren Damenstiftes Essen war Maria Klara Gfin. Spaur
(1614–1644), LThK 3 Sp. 1109.
– haimbgesucht.

5–6 Nach – schiff] am Rande: Abivi Colonia.
Nach dem frustukh mit allen wägen und pferden zu
6
schiff gangen.

7
Zu nacht auf Zonß

Zons, Stadt im Lkr. Grevenbroich, Nordrhein-Westfalen.
. Sein 3 meil. Haben wegen des starkhen contrari wind
8
nit weitter fahren khönnen.

9
1644 IX 13
Dienstag Auf mittag zu Düßldorff

Düsseldorf war seit 1614 im Besitze der Pfgff. von Pfalz-Neuburg, Hge. von Jülich-Berg.
. Sein 3 meil dahin, haben
10
contrari wind gehabt. Ich hab in dem wirtßhaus eingkhert, es hat aber der
11
herzog

Wolfgang Wilhelm (1578–1653), ADB 44 S. 87–116 ; Isenburg I, Tafel 34.
alsopald ein leibwagen mit 6 pferden und den guardileutenambt
12
geschikht, mich nacher hof abzuhollen. Es war gleich 1 uhr, und der herzog
13
zur tafl gangen. Sobald ich kham, ist er mir sambt seinem sohn, den
14
prinzen

Philipp Wilhelm (1615–1690), Isenburg a. a. O.
, biß zu dem wagen entgegen gangen, dabei auch pfalzgrave
15
Christian von Pirkefelt

Christian I. Pfgf. von Birkenfeld (1598–1654), Isenburg I, Tafel 37.
, einer von Landsperg

Friedrich Ludwig zu Landsberg (1619–1681), seit 1661 Pfgf. von Zweibrücken ( Isenburg I,
Tafel 36).
und des alten herzogen
16
gmahlin bruder, pfalzgrave Fridrich

Friedrich Pfgf. von Zweibrücken (1616–1661), Isenburg a. a. O.
, gewesen, die sein mir alle vorgetret-
17
ten, und ich mit dem alten herzog allein nachgangen. Alß wir in die
18
taflstuben durch alle cammern und guardi khommen, sind die herzogin

Katharina Charlotte (1615–1651), Tochter des Pfgf. Johann II. von Zweibrücken, seit 1631
vermählt mit Hg. Wolfgang Wilhelm ( Isenburg I, Tafel 34 und Tafel 36).
,
19
des prinzen gmahlin

Anna Katharina Konstanze (1619–1651), Tochter Kg. Sigmund III. von Polen, seit 1642
vermählt mit Philipp Wilhelm von Pfalz-Neuburg ( Isenburg I, Tafel 34 und Isenburg II,
Tafel 79).
(NB: des khönigs in Pollen frau schwester) und der
20
herzogin freyle schwester

Wahrscheinlich Juliane Magdalena (1621–1672), 1645 verheiratet mit Friedrich Ludwig
Pfgf. von Landsberg-Zweibrücken ( Isenburg Tafel 36).
gestanden, welche ich alle empfangen, und
21
darauf mir die erste stell oben an der tafl, wiewoll ich dieselbe den
22
herzoginen offerirt, gegeben worden. Zu nacht hab ich gleichfals zu hof
23
geeßen und darin logirt.

[p. 14] [scan. 54]


1
1644 IX 14
Mittwoch Hab ich wegen des starkhen contrari winds mich
2
daselbst aufhalten müßen, zudeme mich der herzog und der prinz hoch
3
ersuchen laßen, da zu bleiben. Hab also zu mittag und nacht dort geeßen
4
mit allen denen fürstlichen personen.

5
1644 IX 15
Donnerstag Umb 6 uhr hab ich meß gehört und hernach zu
6
schiff gangen. Ihr Durchlaucht haben mich mit denen fürsten in 2 wägen
7
biß zum waßer beglaittet und etliche stukh loßbrennen laßen. Daselbst
8
verehrt: ****

9
Wir sein bei Khayserswerth

Kaiserswerth. Zuerst freie Reichsstadt, seit dem 13. Jh. bei Kurköln, 1772 an Kurpfalz, 1815
an Preußen, 1929 Düsseldorf eingemeindet (vgl. Handbuch, Nordrhein- Westfalen S. 372).
, Ordungen

Uerdingen, Stadt im Kr. Krefeld, Nordrhein-Westfalen.
, Orsoy

Stadt im Lkr. Moers, Nordrhein-Westfalen.
passirt und zu nachts
10
khommen auf Rheinberg

Stadt im Lkr. Moers.
, statt, Hollendisch. Daselbst seind 2000 mann in
11
der guarnison gelegen

Rheinberg spielte als Festung im 17. Jh. eine große Rolle und sah abwechselnd spanische,
französische, deutsche und niederländische Truppen in seinen Mauern (vgl. Handbuch,
Nordrhein - Westfalen S. 636f.).
. Der comendant daselbst ließ mich durch 2 officieri
12
empfangen, vill offerten thun und bevelch geben, man solte die losung von
13
mir nemmen. Verzehrt: ****

14
1644 IX 16
Freitag Schikhte der comendant eben selbige officieri in der
15
frue mit einer caroci von 4 pferden, von mir urlaub zu nemen und
16
compliment zu machen.

17
Zu mittag kham ich nacher Wesel

Stadt im Lkr. Rees, Nordrhein-Westfalen. Im 30jährigen Krieg verband sich die Stadt mit
den Niederländern, die sie bis 1672 besetzt hielten. Später kam sie an Kurbrandenburg (vgl.
Handbuch, Nordrhein - Westfalen S. 774).
, Hollendisch. Da besahen wir die statt
18
und giengen in etliche laden. Zu nachts bliben wir da, und ließe ich mittls
19
pferd für das kuchl caleß und karren, die 2 fuder wein vortzuführen,
20
bestellen. Muste von jeder ohm 3 taler biß nach Münster bezahlen: 63 fl.

21
1644 IX 17
Samstag Zu mittag auf Scharenbekh

Schermbeck im Lkr. Rees, Nordrhein-Westfalen.
, Churbrandenburgisch.
22
Man hat 4 stund zu fahren. Schön. Ist alles verwüst und ruinirt.

23
Auf die nacht zu Haltern

Stadt im Lkr. Recklinghausen, Nordrhein-Westfalen.
, Münsterisch. Dahin sein 5 stund. Ein stund von
24
danen, alß meine pferd und wägen ein stukh wegs voran waren und der
25
bagagewagen etwas zurukhblib, khammen 13 starkhe kerln mit langen
26
wören auß einem pusch gesprungen und wolten den wagen antasten und
27
blindern. Alß aber die gutschi starkh schreyeten und wir avisirt worden,

[p. 15] [scan. 55]


1
schikhten wir alsopald unsere pferd und leuth mit rören gegen sye; alß sye
2
es wahrnammen und sahen, das wir ihrer maister sein khunten, ließen sye
3
davon ab und giengen widerumb ihren weg vort

Überfälle und Plünderungen in der Umgebung Münsters waren in den ersten Kongreßjahren
keine Seltenheit (vgl. Dickmann S. 192; Lahrkamp, Friedenskongreß S. 201).
.

4
1644 IX 18
Sonntag Zu mittag auf Lentinghausen

Lüdinghausen, Stadt und Lkr., Nordrhein-Westfalen.
, Münsterisch. Seind 5
5
stund dahin. Weilen es sontag war, ließ ich durch mein capellan meß lesen.
6
Hier bin ich über nacht gelegen, weilen die pferd sehr abgemattet waren.

7
1644 IX 19
Montag Zu mittag auf Münster

Stadt und Bistum, für die Dauer des Friedenskongresses für neutral erklärt.
. Haben 6 stund biß dahin
8
zugebracht. Außerhalb der statt ist mir erstlich der commendant daselbst,
9
oberst Rurimond

Johann von Reumont (1600–1672), Befehlshaber der 4 Kompanien angeworbener Soldaten,
die für die Sicherheit der Kongreßstadt verantwortlich waren, früher in ksl. Diensten (vgl.
Müller S. 171–192).
, zu pferd, und gleich darauf herr Johann Ludwig graf zu
10
Naßau

Johann Ludwig Gf. von Nassau-Hadamar (1590–1653), Hauptbevollmächtigter des Ks. in
Münster, 1636 Reichshofrat, 1650 in den Reichsfürstenstand erhoben ( ADB 14, S. 258–260 ;
Wolf S. 109–123; Schwarz S. 312f.; APW [II C 2 Nr. 3 S. 3] ).
, Khayserlicher abgesandter zu den fridenstractaten, mit 3 seiner
11
carocen entgegen gefahren, da wir beede abgestanden, und er mich in sein
12
wagen gesezt, und weilen ich aus bevelch Ihr Mayestät all’incognito
13
einziechen sollen, sein wir umb zwey thör gefahren und meine wägen
14
durch ein anders hineingehen laßen; der herr graf hat mich in sein hauß
15
logirt und seine aigne zimmer übergeben, da hab ich nach 2 uhr etwas
16
wenigs retirato mit ihme, graven, geeßen. Zu nachts haben wir offentlich
17
tafl gehalten.

18
1644 IX 20
Dienstag Nova: Ist die zeittung khommen, das die Franzosen
19
Philipßburg mit accord erobert

Am 9. September 1644 (vgl. APW [II B 1 Nr. 245f. S. 505] ).
, und Mentz sey aufgefordert worden;
20
derselbe Churfürst hette sich nacher Lohnstain

Wahrscheinlich Oberlahnstein, Kr. St. Goarshausen, Rheinland-Pfalz. Mainz kapitulierte am
17. September 1644 (vgl. APW [II B 1 Nr. 253 S. 519] ).
retirirt. Zu mittag haben
21
wir dort beisamen geeßen. Nach dem eßen hat mich gemelter graf mit
22
seinen 3 wägen hinauß beglaittet auf ein stund, da wir von einander urlaub
23
genommen.

24
Und ich zu nachts khommen bin auf Lengerich

Markt im Lkr. Tecklenburg, Nordrhein-Westfalen, seit 1727 Stadt.
. Sein 6 stund daran
25
gefahren, und erst umb 9 uhr hinkhommen, da ich nuhr ein wenig suppen
26
geeßen und schlaffen gangen.

[p. 16] [scan. 56]


1
1644 IX 21
Mittwoch Zu mittag auf Oßnabrukh

Osnabrück, Stadt und Bistum, Niedersachsen, für die Dauer des Friedenskongresses neutral.
. Sein 4 stund dahin.
2
Herr graf Johan Weykhard von Aursperg

Johann Weikhard Gf. Auersperg (1615–1677), Reichshofrat, 1653 Erhebung in den Reichsfür-
stenstand, ksl. Gesandter in Osnabrück seit 1. August 1643 (vgl. ADB 1 S. 640 ; Mecenseffy S.
295–505; Schwarz S. 437f.).
, Khayserlicher abgesandter zu
3
den fridenstractaten, ist mir mit einer caroce entgegen auf ein stund
4
gefahren und mich in sein hauß beglaittet, da ich zu mittag und zu nacht
5
geeßen, aber in einem vor mich und meine leüth bestelten hauß geschlaf-
6
fen

Zur Ankunft Lambergs vgl. auch APW [II A 1 Nr. 411 S. 647] und APW [II C 1 Nr. 221 S. 345] .
.

Dokumente