Acta Pacis Westphalicae III C 2,1 : Diarium Volmar, 1. Teil: 1643 - 1647 / Joachim Foerster und Roswitha Philippe

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1646 V 1
Dienstag Martis, 1. huius, haben herr graf von Nassau und ich
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denn herrn mediatoribus unsere duplic auff die replicas Gallorum einge-
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hendigt mit disem praeloquio: Es weren nun gar nahend 4 monat verflossen,
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daß die replicae der Französischen und Schwedischen plenipotentiarien unß
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und unsern collegis weren behendigt worden. Und ob wir zwar selbige
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alsbaldt denn ein und andern ortts anwesenden reichsständen ad consultan-
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dum proponirt, so hetten wir doch in so langer zeit ihre meinung und guett-
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achten nit ehender als nechstverwichnen sambstag zur handt bringen mögen.
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Demnach so haben wir selbige alsbaldt mit deme, waß unß anvor schon in
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diser materia von Ihr Kayserlicher Maiestät eventualiter anbevohlen geweßt,
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conferirt und darüber ein ordenliche duplicam verfaßt, auch hiemit denn
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herrn mediatorn der ursachen in scriptis übergeben wollen, auff daß sie
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destweniger müeh haben derfften, daßjenig, so mundtlich proponirt, auff-
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zenotirn. Und damit auch darbei verspürt werde, daß unsere meinung nit
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sei, hierdurch das hauptwerkh in lenger disputat ze ziehen, so theten wir
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inen zugleich ein proiect einhendigen, wie wir vermeinten, daß mithien
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über alles daßjenig, waß nun in disen fridenshandlungen von eim und andern
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theil uff die baan gebracht worden, ein instrumentum pacificationis auffze-
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richten sein möchte, mit ersuechen, sie wolten unsere duplicam denn Fran-
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zosischen plenipotentiariis unverzogenlich überbringen, sie auch ermahnen,
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daß sie, wie von inen und den Schweden ettlich mahl vertröstet worden,
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sich mit dennselben ehister tagen zusamenthuen und, waßgestalt sie dise
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handlung zu entlichem schluss ze richten gedächten, miteinander vergleichen
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wolten. Waß aber unser proiect deß instrumenti pacificationis anlangte,
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hielten wir noch derzeit nit thuenlich, denn Franzosen selbiges vorzeweisen,
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sonder sie, mediatores, möchten sich darinn ersehen und folgendts allein
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mundtlich mit denn Franzosen de modo, forma et contentis handlen, dero-
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selben meinung vernemmen und unß dessen bericht geben.

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Die herren mediatores haben solche schrifften von unß guetwillig ange-
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nommen, die duplicam alsbaldt verlesen und gegen denn Franzosischen
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replicis scontrirt, aber zugleich über ein und andern pass ihre gemuetts-
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meinung per discursum zu eröffnen angefangen, auch insgmein darfür ge-
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halten, es were dise schrifft vil zu weitläuffig, zwar zu vertheidigung Ihrer
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Kayserlichen Maiestät gerechten sach wol und vernünfftig verfaßt, aber ihres
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erachtens zu dem zweckh, den wir suechten, daß ist zu befürderung deß
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fridens, nit allein nit tauglich, sondern würde vilmehr zu einem weitläuffigen
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und hitzigen disputat ursach geben, dargegen auch die Franzosen eine
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doppelt so lange refutationschrifft übergeben, alle weitere handlung auß-
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schlagen wurden, biß die unsere cassirt wer. In specie wer unnöthig,
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in proemio vil anzeregen, waß für remora von denn Franzosen causirt
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worden.

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Bei dem articulo primo wurden sie ursach nemmen, die caussas belli ze
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disputirn, waß wir sie von allerhandt feindtlichen verüebungen beschuldigten,
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pro iniuria auffzenemmen, auff Ihr Kayserliche Maiestät ze retorquirn. Mit

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außfüerung der ursachen, warumb dem hertzogen zu Lothringen der zutritt
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zu disen congressibus zu verstatten, wer es ein vergeblich müeh, weil selbige
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zuvor schon gnugsamb remonstrirt worden und die Franzosen sich doch
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nichts movirn lassen wollen. Zumahln wurde nit rathsamb sein, sich dahien
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zu beziehen, daß er noch ein armee zu dienst Ihr Kayserlicher Maiestät halten
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thet. Bei dem articulo tertio wurde widerumb ein solcher passus angezogen,
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da gesezt würdt: ’Caesarem non fuisse missurum exercitum in Italiam, nisi
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Gallus vasallum imperii a Caesaris obedientia retraxisset‘ etc., wolcher aber-
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maln ein weitläuffige und verhaßte disputation causirn möcht. Bei dem
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8. vermeinten sie, die clausula de faederibus praeuia tamen caussae cog-
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nitione wer new und deme, so in der Kayserlichen responsion ad hunc
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articulum alberait concedirt worden, zuwider. Die Franzosen würden ver-
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merkhen, daß hierdurch ihr alliances mit Trier und andern per indirectum
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wolten cassirt werden. Bei dem 13. wer unnöthig, ja sehr odios, daß man
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vil außfüerung einbringen soll, warumb man denn Franzosen kein satis-
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faction nit schuldig, da man doch schon allberait mit inen deßwegen in
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handlung eingetretten, und wurden wir mit diser recapitulation und expro-
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bation nur die gmüetter exasperirn. Bei den 16. haben sie dasjenig, so hiebei
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ad primum gedacht, widerholt, doch für guett gehalten, daß addirt werden
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solt: ’quodsi Galli duci Lotharingiae satisfactionem per se praestiterint, sicut
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iactant, Caesarem tanto minorem caussam habiturum eius defensionem
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amplectendi’. Sie ermahnten unß derentwegen schließlich, der sachen nach-
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zedenkhen, dise schrifft umb ein nambhaffts abzekürtzen und die sach, so
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nunmehr uff ein guetten weeg gerichtet wer, nit uff einmahl und ohne noth
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uber hauffen ze stossen.

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Wir haben zwar nit unterlassen, uff ein und andere einwendung müglichsten
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bericht und erleütterung ze geben, sonderlich außzefüeren, daß man biß
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daher verspüeren müessen, daß die gegentheil sich stetigs befliessen, allen
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unglimpff uff Ihr Kayserliche Maiestät ze legen und zu solchem ende alle
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acta mit ihrem vortl in trukh ze spargirn, wie sie dann auch in ihren
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replicis vil underschiedliche passus zu Ihrer Kayserlichen Maiestät und dero
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hauß hoher verklainerung eingerukht, daher ein nothuerfft sein wolle, daß
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auff deroselben seitten auch dermahln meniglich daß gegenspil dargestellt
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werde. Aber sie seind uff ihren meinungen verblieben, sagende, solche
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iustification wurde alsdann erst vonnöthen sein, wann der friden zerschlagen
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solt, uff ein solchen fahl were ja billich, daß Ihr Kayserlicher Maiestät recht-
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mässige sach bestermaassen in publico vertretten und iedermeniglich zu
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erkennen geben werde. Mit dergleichen concertationibus haben wir fast
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gantze 3 stundt verzehrt, endtlich unsern abschiedt dahien gesetzt: 1. Weil
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diß ein sehr wichtig werkh wer und hierinn von unß aigen willens nichts,
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sondern ex commissione Caesareae maiestatis, auch mit gepflognem rath
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unserer mitgesandten verhandlet worden, so wolten wir dise avertimenti
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alsbaldt an Ihr Excellentz, herrn grafen von Trautmansdorff, und ubrige
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unsere collegas gelangen und sehen, wie dise duplic mehrers moderirt

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werden möchte. 2. Inmittelst aber wolten wir sie ersuecht haben, daß sie
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alsbaldt denn Französischen plenipotentiariis referirn wolten, wölchergestalt
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wir mit unserer duplic verfaßt erschienen, weil aber dabei ettlich bedenkhen
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vorgefallen, darüber wir mit unsern collegis ze communicirn benommen und
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alsbaldt nach deren eingelangter anttwortt unß weiter erclären wolten. 3. Im
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fahl die erinnerte passus solten verendert und außgelassen werden, daß wir
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solches allein umb mehrer befürderung willen deß fridens theten, auch
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künfftiger zeit unß die mehrer außfüerung bestermaassen vorbehalten haben
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wolten. Und solte zu solchem ende unsere anietz inen übergebne duplica
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bei inen in deposito verbleiben, namblich wann es zu keinem friden gelangen
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wurde, daß alsdann selbige bei inen depositirte schrifft vor die rechte duplic
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ze halten, auch künfftiger zeit in tali forma zu publicirn Ihr Kayserlicher
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Maiestät bevorstehen solle. Quae omnia domini mediatores approbarunt.

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Wie sie dann auch alsogleich zu denn Franzosen gefahren und inen obver-
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meldtes anbringen gethan, unß auch hernach wissen lassen, daß die Franzo-
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sen dessen wol content seyen und sich erbotten, solches alsbaldt ihrem residen-
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ten nach Oßnabrukh ze schreiben, daß er denn Schweden zusprech, bei denn
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Kayserlichen alldort auch die sach auff müglichste abkürtzung ze richten.

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Eodem haben wir disen verlauff alsbaldt an unsere collegas gelangen lassen
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und ein abgekürzte duplicam ad sensum mediatorum beigeschlossen [ 1183.
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1184].

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Eodem von Oßnabrukh, daß sie uff heut dato zugleich mit eröffnung ihrer
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duplic vorgehen, folgendts auch den ständen darvon communication thuen
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wollen. Approbirn unsern zusatz ad art. 14 und daß sie die vertröstung
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Kayserlicher intercession pro Edoardo außlassen wollen, mit dem instru-
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mento pacis deßgleichen intra biduum fortfahren [ 1185].

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Eodem von Kayserlicher Maiestät recepisse vom 17. Aprilis auff unser
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relation vom 6. eiusdem [ 1186. 1187].

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29 Eodem] am Rande: Hessen Casselische specialpostulata.
Eodem referirn wir ad Caesarem extractum protocolli hieoben vom 27.,
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28., 29. et ultimo Aprilis mit aviso, daß wir eodem die duplicam edirn
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wollen, sambt einem beischluss der Hessen Casselischen deputatorum spe-
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cialpostulati wider die stiffter Maintz, Cöln, Paderborn, Fulda [ 1188].

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Eodem nach Oßnabrukh auiso diser relation ad Caesarem [ 1189a].

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