Acta Pacis Westphalicae II A 3 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 3: 1645 - 1646 / Karsten Ruppert
Martis 13. Decembris 1645 haben wir den stadt Lübeckischen abgeordtneten Gloxi-
num, doctorn, zu unß erfordert und demselben fürgehalten, daß ihme ohne zweifl
würde vorkommen sein, waßgestalt sich nuhmehr die Frantzosen und Schweeden mit
irer praetension, warauf sie den punctum satisfactionis gerichtet, ploß geben und
nhemblich die Schweeden Pommern, die Frantzosen aber Elsaß haben wöllen. Weiln
dieses nun ein weithaußehendes werck, whobey aber die reichs- und hanseestätte für-
nhemblich interessirt, angesehen mit überlaßung Pommern ahn die cron Schweeden,
zugleich auch daß gantze commercium (waran selbiger hanseestätt vornhembste wol-
fahrt haffte) auß handen gegeben, und die commercia bey denen stätten mercklich ge-
schwecht, woh nit gar niedergelegt werden wöllen, weiln bewust, waß für einen großen
vortheil die cron Schweeden durch den Dänischen frieden
Der Friede von Brömsebro vom 13. August 1645. Vgl. [nr. 7 Anm. 9] .
erlangt, indeme der zoll im Sundt für die Schweedische schiffe also gemiltert und er-
leichtert worden, daß sie alle ire wahren wegen solcher zollsbefreyung wolfehler geben
und dhahero einen mehren abgang der wahren alß die reichs- und hanseestette, so
immerforth den gesteigerten zoll entrichten, folglich auch ihre wahren nach proportion
des köstens anschlagen müsten, haben würden, wohdurch dan daß commercium, so
seithero in Teutschlandt gewest, nacher Schweeden würde gezogen werden. Das sei für
das Reich von Nachteil.
Demnach aber die Römische Kayserliche Mayestätt bey diesem werck ihr absehen
dhahin gerichtet, wie solches commercium bey der Teutschen nation zu erhalten und
wiederumb in seinen alten gang zu bringen und kheinsweegs zuzugeben gemeint seien,
daß etwaß von landt und leuthen sölle zurückgelaßen werden, maßen solches auß dero
erclehrung ad propositionem Suecicam gnugsamb zu erkhennen. Ihr Mayestätt aber für
sich alleine und ohne zuthuen der stendte und anderer interessirten solches zu erheben
nit mächtig, alß hete man ihme, abgeordtneten, von diesem verlauff und umbstendten
parte geben und seine gedancken gerne vernhemben wöllen, wie ihme daß werck für-
komme. Ob ers dhafür halten khönne, daß es die Hanseestätte werden können gesche-
hen laßen, daß denen Schweeden so mächtige landt und seehaven söllen in handen
laßen werden. Wir könten auch wol leiden, daß er mit andern interessirten daraus
rede, wir wölten solches auch thuen, dan seie unß daran gelegen, von dern gedancken
waß nachricht zu haben, umb unsere negotiation darnach zu richten.
Gloxin bedankte sich. Die Sache gehe nicht allein die Hansestädte an, sondern das
ganze Reich. Der dänisch-schwedische Frieden und die Ernennung Torstensons zum
Statthalter in Pommern sprächen allerdings dafür, daß Schweden alle Eroberungen an
der Ostsee behalten wolle. Alle protestantischen Gesandten seien darauf instruiert,
fremden Mächten nicht das Geringste vom Reich zu überlassen. Die Hansestädte be-
dauerten , daß man sich bei der Satisfaktion auf das Schönbecksche Projekt
habe und nicht pure in der negativa geplieben wehre, er glaubt, daß er auch die ande-
ren Reichsstädte zur Abwehr der schwedischen Ansprüche wird gewinnen können. Wir
zeigten uns über die Haltung der Hansestädte erfreut und fuhren fort, es seie ia eine
unbillige zumuthung der außwertichen cronen und daß größiste absurdum, daß sein
khönte, daß dieselbe alle confiscationes, so bey vorigem krieg ex iustissima causa für-
gangen, wölten rescindirt und alles wieder restituirt haben, hingegen aber auf einmahl
von landt und leuthen, so niemaln verwürckt oder confiscabl gewest, dem Reich mehr
entziehen und hinwegnhemmen, alß alle sölche confiscirte güter werth sein.
Waß Kayserlicher Mayestätt erclehrung circa punctum satisfactionis anlange, selbe ver-
binde die stendte nit, sondern seie nur permissive gesetzt, daß es Kaißerliche Mayestätt
beschehen laßen khönten, wan die stendte, so es betreffen, auf einige satisfaction in
ordine des Schönbeckischen proiects gehen wölten, stünde also in arbitrio illorum sta-
tuum, waß sie hirinnen thuen wölten oder nit. Wan die stendte nur mit Kaißerlicher
Mayestätt hirin einig sein würden, würdte der sach leichtlich zu helffen sein, khönten
etwoh selbige gelder wieder die feindte selbst verwendet und dieselbe dhadurch von
des Reichs boden wieder gebracht werden. Ille: die mitl sein hinweg und khein vermöe-
gen mehr bey den stendten. Nos: seie gnug, wan man nur mit hertz und mundt mit
Kaißerlicher Mayestät einig seie, die mitl würden sich alßdan finden.
Wir versprachen durch Beilegung der Gravamina die Einigkeit im Reich zu fördern.
Gloxin beklagte sich, daß die Fürsten die Gelegenheit nutzten, um privilegierte Städte
ihres Machtbereichs unter ihre absolute Herrschaft zu bringen. Wir sind darauf wie
auf das Anbringen wegen des hansestädtischen Direktoriums nicht eingegangen.