Acta Pacis Westphalicae III A 1,1 : Die Beratungen der kurfürstlichen Kurie, 1. Teil: 1645 - 1647 / Winfried Becker
[71.] Sitzung des Kurfürstenrats Münster 1647 September 25
128
Münster 1647 September 25
Kurköln spA II fol. 749’–754 = Druckvorlage; damit identisch Kurköln zA I fol. 333’–
335’, Kurköln zA Extrakt fol. 38. Vgl. ferner Kurbayern Rp in K III fol. 507–508’.
Einwände der Reichsstände in Osnabrück zum Reichsgutachten über Lothringen, Metz, Toul,
Verdun, die 10 Reichsstädte im Elsaß: Ausschluß Lothringens vom Kongreß, keine Bezugnahme
auf Württemberg, Vorbehalt der Rechte von Pfalz-Veldenz, von Kurtrier und der Diözesan- und
Stiftsrechte in den drei Bistümern Metz, Toul und Verdun.
[Im Kurfürstenratszimmer des Bischofshofs]. Vertreten: Kurmainz, Kurtrier, Kurköln, Kur-
bayern , Kurbrandenburg.
Kurmainz .
Beratung im Fürstenrat Osnabrück am 18. September 1647 ( Meiern IV S. 733 –743).
Druck Meiern IV S. 727–731.
Lothringen, Metz, Toul, Verdun, die 10 Reichsstädte sind zu verlesen und zu
beraten.
Die erinnerungen waren, dem guttachten dise clausul zu annectiren, das die
friedenstractaten des herzogen von Lottringen halber nicht solten auffge-
halten werden,
2. daß die mit Württenberg beschechene exemplificatio aus dem gutachten
bleiben möcht.
3. Begehren, Pfalz Veldenz denjenigen ständen, welche bey den 3 stifftern
interessirten, mit hinzuezusezen,
4. die vorbehaltung der herrn bischoffen iurium, immunitet, election etc.
in ermelten 3 stifftern gänzlich auszulassen,
5. similiter § wegen der 10 reichsstätte reichssteur auszulassen,
6. des dominii directi der graffschafft Phird
Die Grafschaft Pfirt ( Ferrete ) im südlichen Oberelsaß gelangte 1324 durch Heirat in den Besitz
der Habsburger und bildete den westlichsten Teil von Vorderösterreich, 1659 wurde sie dem
Kardinal Mazarin geschenkt ( Kretschmer S. 267f., 463, Ersch-Gruber III 20 S. 457ff.,
461, Wörterbuch S. 826f. ).
Kurtrier. Hätten befelch empfangen, etliche erleutterung yber ihr voriges
votum zu thuen, welches abgelesen, ging dahin, das Churtryer sich bey der
cron Franckreich gern für den herzogen von Lottringen in der giette wolt
interponiren, armis aber gedencke solches nicht zu thuen,
2º. daß der stifft Speyer wegen der stätt Weisenburg und Landtau interessirt
und denselben die berühmbte immedietet nicht gestatten könne.
Der dreyer bisthumber lehen betreffend, weillen solche von denen Kayser-
lichen nicht mit cedirt, so wolte sich auch Churtryer ihnen dissfahls nicht
opponiren.
verstanden, so müsten contradiciren, dan daselbst das ius dioecesanum
Churtryer hergebracht.
Ratione iurium der 3 stiffter, weillen Churtryer metropolitanus
In dem Vertrag über Philippsburg (siehe oben S. 637 Anm. 1) hatte sich Kf. Philipp Christoph
auch seine Metropolitanrechte in den drei Bistümern von Frankreich garantieren lassen. Mit
größerem Erfolg hatte das Erzstift – allerdings in einer Situation politischen Gleichgewichts
im lothringischen Raum – diese Rechte gegen das Staatskirchentum der Herzöge von Lothringen-
Bar geltend gemacht ( Just S. 258ff., Oelrich , Dickmann S. 419f.).
die errinnerungen schon vorhin gethan, konten aber wegen der Osna-
bruckischen stänndt begehren wohl indifferent sein.
Kurköln. Dem passum wegen des herzogen von Lottringen einzurucken,
schein ihnen sehr bedenckhlich, weillen ein solches der exclusiva gemeß
sein wolte; und hielten also, den Osnabruckhischen gesanden hierinn nicht
zu deferiren, und würde sich hiernegst schon zeigen, wan der herzog ad
tractatus attmittirt, was pro bono publico zu thuen und den herrn Kayser-
lichen zu rhaten sein möchte; anizt sey die intentio allein, das der herzog a
tractatibus nicht auszuschlüssen.
Der Osnabrücker rationes werd nöttig sein, den Kayserlichen vorzubrin-
gen ; wan die formalia inserirt, welche anno 1642 gebraucht, werde mann
desto weniger können anstoßen. Die mit dem herrn herzogen von Vürtten-
berg beschechene exemplification auszulassen, konten wohl indifferent
sein.
Was begehren wegen Pfalz Veldenz, konten desto lieber geschechen lassen,
daß ie mehrer interessenten sich befünden, ie grösser sey die exorbitanz des
Französischen postulati.
Quoad iura episcoporum Mez, Tull und Verdun, stellen ihrestheils dahin,
ob manns diesem guttachten oder aber hernegst dem de satisfactione
Gallicae, als wohin es ohnedas proprie gehörig, einverleiben wolle.
Wegen der 10 reichsstätt wäre daran nicht mehrers einzuraumen, als was
das hauß Öesterreich gehabt, konte auch von seithen Franzosen ein mehrers
nicht begehrt werden.
Ratione der graffschafft Pfirdt habs seine richtigkeit schon vorhin.
Kurbayern. Churbayerischentheills hätte mann gehrn gesehen, daß mann
dises guttachten nur in genere eingerichtet, dergestalt, daß den Franzosen
satisfaction gegeben und die interessirte nicht zu viell laedirt, forderist
aber der fried nicht gehindert würde, wobey sie nachmahln liessen; und
zweiffleten nicht, wann die ybrige herrn churfürsten eines gewissen sich
verglichen, Churbayern sich von dem, was guttbefunden, nicht separiren
werde.
Kurbrandenburg ( Fromhold ). Aus dem communicato hab ersehen, das
im guttachten zwar ad speciem gegangen, darüber er sich nicht instruirt
befünde, dahero bey gestriger post darüber referirt und nun der resolution
negstens zu gewartten hätte, so er alsdan eröffnen wolte.
Zur Einfügung der Klausel über Lothringen: Sein Kurfürst befürwortet in genere
die Erhaltung jedes Standes. Bekanntermaßen muß aber, um Schlimmeres zu ver-
hüten , manchmal vom rechten Weg abgewichen werden; dahero er in disen und
folgenden puncten ratione der stiffter iurium Churbrandenburgs resolution
erst erwartten müste.
Wegen Pfalz Veldenz halte die errinnerung nicht ybel geschehen zu sein und
lass es auch, was Phirdt belangt, bey dem, so beraiz von vorstimmenden
erwehnet.
Kurmainz. Votis repetitis: hätten von Churmainz befelch, den salvum
conductum für Lottringen zu befürdern, desto mehrer, weillen allein die
intentio ad tractandum, und werde sich de restitutione selbsten alsdan in
decursu schon finden,
werde vonnöthen sein und verhoffentlich Churbayern und -brandenburg
mit dahin schlüssen.
Die auslassung der exemplification mit Württenberg liessen ihrestheills
auch geschehen.
Wann Churtryer wegen Veldenz interessirt, sey durch die beschehene pro-
testation , die solchenfalls in obacht nemmen wolten, den sachen genung
geholffen.
Quoad iura episcoporum wäre der passus, wie er gesezt, zu lassen.
Unnd habs auch ratione der 10 reichsstätt die mainung, wie inn Churcöllni-
schen voto erwehnet, daß daran Franckreich mehrers nicht praetendiren
könne, als Öesterreich gehabt habe.
Folgents anstatt re- und correlation wurde angezeigt, daß der fürstenrhat
die resolution, bis das guttachten selbst erlangt, ausgestelt.
nicht herkommen, so kondte mann iha soweith willfahren, das passus
concernentes extrahirt und den fürstlichen per dictaturam communiciert
werde.