Acta Pacis Westphalicae III A 1,1 : Die Beratungen der kurfürstlichen Kurie, 1. Teil: 1645 - 1647 / Winfried Becker
[43.] Sitzung des Kurfürstenrats Münster 1646 September 22
97
Münster 1646 September 22
Kurtrier zA = Druckvorlage; damit identisch Kurtrier spA p. 995–1011. Vgl. ferner
Kurmainz Rk FrA Fasz. 9 I nr. 25; Kurköln zA I fol. 250–251’ ( damit identisch Kur-
köln spA II fol. 551’–558 und Kurköln zA Extrakt fol. 24’ ); Kurbayern K III fol.
389’–397’ ( damit gleichlautend Kursachsen Rs I fol. 99–102’ ).
Sekurität und Unterhaltung des Reichskammergerichts: erneute Demarche bei Frankreich, Juden-
capitation , pünktliche Entrichtung der Kammerzieler, Besoldungsansprüche der Kammerrichter.
Markgräflich-brandenburgische Beschwerde über kaiserliche Garnison in Hof. Ansprüche des Gra-
fen von Tecklenburg auf Lingen.
[Im Kurfürstenratszimmer des Bischofshofs]. Vertreten: Kurmainz, Kurtrier, Kurköln, Kur-
bayern , Kursachsen, Kurbrandenburg.
Kurmainz . Die Beschlüsse der drei Reichsräte über Sekurität und Unterhalt des
Reichskammergerichts vom 13. Juni
sowoll Ihrer Kayßerlichen Mayestät selbst alß dero herren plenipotentia-
riis notturfftiglich recommendirt worden. In der Sekuritätsfrage sind die
camerales auf das bald erwartete ius pacis vertröstet worden; da aber gegen beßere
hoffnungh der friedt nicht erfolgen solte, wolte man auff anderwerthe er-
drägliche mittell gedencken.
Bey dem puncto salariorum ist man unanimi voto dahin geschritten, daß
pro praesentissimo solutionis medio Ihrer Kayßerlichen Mayestät die Juden-
capitation eingerathen worden. Ob man nuhn gentzlich verhofft, Ihre Maye-
stät , weillen alle ständte dieses mittell verwilliget, würden sich darauff
allergnedigst erclerth haben, so ist es yedoch biß dahero verplieben.
Druck Meiern III S. 663–665 .
u. a. auf die Armut der Witwen und Waisen hingewiesen und im Eventualfall um
Erstattung der restanten und Entlassung gebeten.
Zu vorkombungh dieses unheilß wehre vor gutt angesehen worden, diese
zusambenkunfft zu halten, damit sich die herren gesandten uber die sache
vernehmen laßen, weillen den herren cameralibus vordem versprochen
worden, man wolte alhie nicht voneinander scheiden, biß ihnen würcklich
geholffen.
Kurtrier . […] Erinderen sich dabey, daß diese beide puncten zum öff-
teren vorkomben undt hatt nimmer bestendige media securitatis finden
können. Trotz des schließlich von Frankreich erreichten Schutzbriefs sind die
camerales belegt undt hart beschwerth worden, nicht eben die herren asses-
sores , sonderen die advocaten, procuratores undt camerbotten, welche
zwo compagnien verpflegen müßen, deßen sie sich wegen bevorstehen-
der winterquartier abereins nicht wenigh beförchten. Deme aber vorzu-
komben , hielte man Churtrierischentheils nottig sein, daß per Caesareos
aut mediatores die herren Frantzösische plenipotentiarii abermahls zu
ersuchen, sie wolten verschaffen, damit daß camergericht möge dechargirt
sein undt verpleiben, zumahlen es ein seltzames ansehen gewinnen würde,
wahn der Frantzösischer kriegsdrangsaln wegen die höchste iustici, weillen
auff solchen fahll deren ministri ihren abschiedt begeren, solte abgeschafft
werden.
Den herren cameralibus aber wehre in anthwort zu bedeuten, man hette
vor sie gethan, waß chur-, fürsten undt ständte vor sich selbst thun köndten
oder möchten; sie begerten aber sachen, so man ihnen nicht leisten, noch
jemandt vor sich zuwegen bringen köndte.
Punctum salariorum betreffendt, daruber ist annoch von Kayßerlicher
Mayestät nicht resolvirt, undt stündt dahien, ob sie nachmahls darumb zu
interpelliren, in der erwögungh, daß camerales ihren abschiedt begeren
in endtstehungh schleuniger satisfaction. So stünde auch zu bedencken, ob
nicht collegio neben obigem zu gemüth zu führen, verscheidene ständte
alß Saltzburgh, Augspurgh, Heßen Caßell, Braunschweig, Franckfurth
undt andere zahleten, undt wehre daß vierte theill camerae nit bestelt,
dannenhero man sich nit besinnen köndte, woher der große abgangh köm-
men mochte. So wehre auch von Regenspurger reichßtagh ahns camer-
gericht geschrieben worden, man solte die neglecta auffhalten undt zum
ordinario appliciren, sinthemahlen der absentium, nicht aber mortuorum
quotae den praesentibus zum besten komben.
Zu der Judencapitation haben zwar andermahlß propter maiora et quidem
sub ratificatione verstanden, Ihre Churfürstliche Gnaden haben sich aber
darauff resolvirt, daß sie darzu, weillen es den regalibus zuwiederlaufft,
nicht gehehlen
gegen daß camergericht bezeugen, daß es keine ursach solle zu klagen
haben.
Kurköln . Eß seindt vor diesem, maßen in vorstehendem Trierischen voto
mit mehrerem angeführt, verscheidene vorschlägh beschehen, yetzundt,
nachdeme es mit der cron Franckreich in negotio pacis so weith komben,
stünde dahien, ob sie nicht zu bewegen, die besatzungh auß Speyr abzu-
führen , weillen der orth ohnedem nicht haltbahr, undt werden die herren
mediatores daß ihrige hiebey gern praestiren. Wahn dieses aber nicht zu
erhalten, köndte pro 2 do , maßen von Trier auch bedeutet, urgirt werden,
daß assessores et reliquae personae deß kriegslasts endthoben werden
mögen; undt damit sich auch die statt hierob nicht möge zu beschwehren
haben, so wehre eine solche moderation zu bitten, damit die einlegende sol-
datesca füglich undt ohne sonderbahre bedrückungh bey der burgerschafft
allein logiren könne.
Von der besoldungh ist schon etliche jahr hero geredt, verscheidene vor-
schlägh gethan, aber noch kein eintziger effectuirt worden.
kein beßeres mittel zu sein, alß daß durch Kayßerliche Mayestät den ständ-
ten die noth, warin daß camergericht stecket, undt der glimpff, so hierauß
dem reich zuwachßet, beweglich remonstrirt, undt sie dardurch ange-
trieben werden, mit den verglichenen mittelen zuzuhalten.
De reliquo seindt sie mit Trier auch der meinungh, daß der numeros asses-
sorum gering undt gleichwoll der underhalt auff 38 assessores, 3 praesiden-
ten undt pfenningsmeisteren verordtnet, yetzmahls aber nuhr 9 assessores
ahn der stelle, so alles under sich theillen wollen. Es hatt die meinungh
nicht, daß die negleca mortuorum et resignantium, sonderen nuhr absen-
tium accresciren sollen; wahn es ein geringes geweßen, ists woll gestattet
worden. Weillen es aber yetzo gar zu weith außlauffet undt sonsten auch
wenigh einkombtt, kahn diese accrescentz nicht vor billig gehalten oder
passirt werden, welches auch in der anthworth zu bedeuten, ne legati
approbare videantur tacendo.
Kurbayern . Weillen in puncto satisfactionis es mit Franckreich so weith
komben, daß es gleichsamb eine richtigkeit ist, auffs wenigst soweith, daß
die cron nichst mehr ahn daß reich zu praetendiren, undt sich dan nuhn-
mehr die königlich Frantzösische herren plenipotentiarii zu Osnabrüg
befinden, umb die Schwedische gleichergestalt zum frieden zu disponiren,
so köndte diese bewandtnuß dem camergericht notificirt werden. Wahn
sich nuhn hierauff die cron Schweden zum zweck deß friedenß leget,
wirdet man deßo petito sowoll quoad evacuationem alß exorbitantias ex
fundamento abhelffen können, fahlß aber der friedt nicht erfolgen solte, so
pleiben sie der opinion, daß bey der cronen dahien zu laboriren, damit ent-
weder daß camergericht aller kriegsbeschwerden gefreyet oder die statt
Speyr neutral gemacht werde. Wahn dieser vorschlagh auch nicht verfangen
wolte, so stünde alßdan noch die translation bevor; wahn auch der friedens-
schlüß noch in etwaß solte protrahirt werden, so vermeinten-wie Trier undt
Cöln, daß per Caesareos domini mediatores zu ersuchen, sie wolten die herren
Frantzösische dahien disponiren, damit daß camergericht aller kriegsbe-
lastungen frey sein undt verpleiben möge undt alß dieß höchste tribunal
conservirt werden; undt wirdet ein solches desto leichter zu erheben sein,
wahn die bürgerschafft mit einem leidtlichen angeschlagen wirdt.
Lassen es in puncto salarii beim Beschluß der Judencapitation vom 13. Juni.
Undt damit es nit etwa abermahll in vergeß gestelt werde, so köndten auch
die herren Kayßerliche plenipotentiarii belangt werden, hierunder gutte
erinderungh bey hoff einzuwenden.
Kursachsen . […] Dieweillen nuhn zu hoffen, man werde in kürtzem den
werthen frieden erlangen, so hielten sie darfür, nachdeme sie sich nuhn so
langh patientirt, sie wehren nachmahls dahien zu ersuchen undt zu vermah-
nen mit dem bericht, es werde der friedt alles richtigh machen undt ihnen
auch die suchende securität mitbringen; im fahll es aber sich noch darmit
verweillen solte, hette man die mittell zu ergreiffen, so von vorstimbenden
hochvernünfftigh vorbracht worden. […]
Anreichendt den anderen püncten ratione salariorum,
sem verscheidene vorschlägh ins mittel komben, wie dem camergericht zu
helffen, daß die ständt nemblich neben einem current ziell noch ein altes
erlegen sollen, welches nochmahls soviell möglich zu behaupten, undt vors
ander die Judencapitation, die dem Kaiser noch einmal zu empfehlen ist, dan solte
man davon ablaßen, so würden die Juden melioris conditionis sein alß
die christen, die sonsten mit contributionen genugsamb beschwerth. Seindt
hiernebens der meinungh auch, daß die herren camerales zu erinderen,
damit sie die gantze besoldungen nicht under sich vertheillen, daß sie auch
neglecta mortuorum et resignantium bey yetzigem zustandt vor ihre extra-
ordinari besoldungh achten wollen, sinthemahlen die camergerichtsordt-
nungh nuhr de neglectis absentium in hoc passu meldet; weillen der anzahll
der assessoren auch sehr geringh, so würden die ständt zu erinderen sein,
damit diejenige, so etliche assessores zu praesentiren haben, fürderlichst
darauff bedacht sein mögen, daß sie qualificirte subiecta denominiren.
Kurbrandenburg . Die Sache wird dauernd beraten, weil die Beschlüsse nicht
durchgeführt werden. Vergleicht sich damit, daß die herren Kayßerliche gesand-
ten zu belangen, sie wollen endtweder selbsten oder per dominos media-
tores dahien gedencken, damit vorige conclusa bey der cron Franckreich
werckstellig gemacht undt die Speyrische camer dabey gehandthapt werde,
vermögh erlangter salvaguardiae, darwieder sie beschwerdt wird. Ist es den
herren plenipotentiarien bekandt, werden sie schon die manutenentz von
selbsten verfügen, wahn es ihnen aber unbekandt, so werden sie auff die
remonstration deß königs respect soweith in acht nehmen, damit ahn deme
orth, who die höchste iustici exercirt wirdt, solcher erhalten werde, sonder-
lich weillen es nuhr etzliche wenige persohnen angehet.
Inmittelst wehre zu anthworten, wie weith es mit alhießigen friedenstrac-
taten komben, sich derenwegen ad superiora referirendt, so dahien geziehlt,
daß sich die herren camerales noch eine geringe zeit gedulden undt nicht so
gar eyfferich auff ihre securität vor allen ständten deß reichß dringen wollen.
[…] Wahn aber die tractaten, dha Gott vor sein wolle, gantz solten zer-
schlagen werden, würden andere mittell quoad viam securitatis plenariae aut
translationis ahn die handt zu nehmen sein.
Der 2. punct ist vor diesem offters resolvirt undt verscheidene media vorge-
schlagen worden, uti paucis recenset, sonderlich aber die Judencapitation,
undt daß die vermögende ständte zu erinderen, von den rückstendigen
ziehlen allemahll einß neben den lauffenden abzustatten; undt weillen ange-
regte Judencapitation in allen reichßräthen unanimiter resolvirt, so wehren
die herren Kayßerliche zu ersuchen, sie wollen ahm Kayßerlichen hoff die
erinderungh einführen, damit auff die abgangene schreiben Ihre Mayestät
sich wilfahrig erklehren. An den rechten Gebrauch der neglecta mortuorum
sind die camerales zu erinnern; undt kahn der nachstandt auch so gar groß
nicht sein, weillen etliche ständte noch zahlen . Damit können sie sich betra-
gen , bieß man sieht, wo die tractaten hinaußschlagen.
Kurmainz . Haben die herren vorstimbende uber beide puncta deß camer-
gerichtlichen schreibens vernohmben, undt zwar ad 1., daß Trier undt Cöln
vast einer meinung, daß in ansehungh der voriger mittell es dahien zu stel-
len , wahn der friede verzögert solte werden, wehren die herren Frantzö-
sische plenipotentiarii per dominos Caesareos aut mediatores zu bitten, die
sache dahien zu vermittelen, damit entweder die garnizon auß der statt
Speyr abgefürth oder, wahn dieses nicht zu erheben, die herren praesidenten,
assessores, advocati, procuratores, notarii undt andere persohnen darmit
verschonet undt, womit sich auch die burgerschafft nicht möge hierab zu
beschweren haben, die garnizon auff ein leidtliches gericht werde.
Bayeren, Sachßen undt Brandeburgh seindt auch dieser meinungh, setzen
allein hinzu, daß uber dieses den herren cameralibus zu notificiren, wie weith
man mit Franckreich in puncto satisfactionis komben, de reliquo sich mit
Trier undt Cöln vergleichendt.
In puncto salariorum seindt die herren abgesandten einer meinungh, außer-
halb Trier wegen der Judencapitation.
Ihrer Churfürstlichen Gnaden zu Mayntz intention gehet dahien, daß auff
alle wegh dem Kayßerlichen camergericht Sicherheit undt underhalt zu
verschaffen. Die wißen sich auch der beschehener vorschlägh zu erinderen,
undt ist nit ohne, wie von Brandeburgh erindert, nichst deren exequirt
werde.
Daß camergericht wieder auff den friedensschluß zu verweyßen, weillen
es schon vorhien geschehen, mögte uberflüßig sein. Hielten derowegen
mit Trier undt Cölln, daß ad rem zu gehen, dem Kammergericht sind die zu
Punkt 1 erneut beschlossenen weiteren Bemühungen der Reichsstände gleich mitzu-
teilen .
Punctum salariorum betreffendt, befinden sie daß Cölnische votum sehr,
zulänglich; seindt derowegen damit einß, daß
weilen camerales ihre dimission begeren, wo nicht alles, yedoch ein mögh
lichst abzustatten. Undt weillen Cöln, Bayeren, Sachßen, Brandeburgn
einer bestendigen meinungh wegen der Judencapitation, so conformiren
sie sich darmit, daß nemblich die herren Kayßerliche zu belangen, sie wollee
bey Ihrer Mayestät verfügen, damit auff daß ubergebene guttachten einn
willfährige resolution erfolgen undt also der nothleidender camer geholffeh
werden möge; undt nachdeme in vorigen schreiben der neglectorum aucn
gedacht undt dem pfenningmeistern, daruber bericht zu thun, alschot
befohlen worden, so laßen sie es auch in hoc passu bey den votis und
mögen woll leiden, daß die guttbefundene erinderungh ahn die herren
camerales abgehe
Antwortschreiben der Reichsstände an das Reichskammergericht, Münster 1646 X 4 (Druck
Meiern III S. 666 –668).
Der numerus assessorum ist zwar geringh, doch seindt verscheidene witti-
ben undt weyßen, denen ihre quotae auch gelieffert werden; man kahn sich
doch darüber erkündigen.
Andere umbfragh.
Kurmainz proponirt ferners. Ihre Fürstliche Gnaden margraff Christian
zu Brandeburg undt Culnbach
ihnen zu erkennen geben, wie daß sich Ihre Fürstliche Gnaden zu Onoltz-
bach beschwerdten, daß dero schloß undt statt Hoff von den ertzhertzoglichen
völckeren neuwlich besetzt worden
Ehg. Leopold Wilhelm zog nach Vereinigung der ksl. und bayerischen Truppen im Januar 1646
in Böhmen über Eger ins Kulmbachische. Leopold Wilhelm nahm Residenz in Bayreuth, ließ
Stadt und Shloß Hof durch das Detachement eines Dragonerregiments (300–400 Mann)
besetzen pundas Schloß verschanzen. Die Disziplinlosigkeit der Truppen führte trotz Schutz-
briefen uncf Schutzwachen zu schweren Schädigungen der Markgrafschat ( Chemnitz 4, 6
S. 69, 72d, MEA FrA 10 [3]).
undt nuhr den officireren zu vortheill gereichet, sonsten aber dem magazin
nachtheill- undt schädlich, bittendt, daß ahn Ihre Kayßerliche Mayestät undt
Seine Ertzfürstliche Durchlaucht intercessionales ertheilt werden, die
besatzungh abzuforderen
Das Memorial des Markgrafen (diktiert am 7. September 1646) führte zu einer Beschwerde des
Deutschmeisters, weil dem Markgrafen darin der Titel eines Herzogs in Preußen zugelegt worden
war ( Meiern III S. 653–656). Beschwerden des Mgf. Christian über untragbare Einquartie-
rungen waren bereits am 29. Januar 1646 in Osnabrück in die Reichsdiktatur gekommen ( Meiern
II S. 222–228 ).
begeren zu deferiren undt gebettene intercessionales zu ertheillen. Undt
pro 2 do nachdeme herr graff von Tecklenburg begert, man wolle sich bey
den herren Kayßerlichen dahien interponiren, daß sie bey den Spanischen
tractaten die versehungh thun, damit die herschafft Lingen undt vier Teck-
lenburgische kirchspiell nicht darin mögen gebracht
Gf. Konrad von Tecklenburg wurde wegen seiner Parteinahme für den Schmalkaldischen Bund
1546 seines Reichslehens entsetzt, das Karl V. dem Gf. Maximilian von Büren-Egmont, dem
Kommandanten seines niederländischen Heeres, übertrug. Da Gf. Konrad aktives Rebellentum
nicht nachzuweisen war, brauchte er dem Grafen von Büren mit Vertrag vom 5. März 1548 nur
die Herrschaft Lingen mit den vier Kirchspielen der Obergrafschaft, Ibbenbüren, Mettingen, Recke
und Brochterbeck, abzutreten, die übrige Grafschaft ging an ihn zurück; gegen die Abtretung
Lingens prozessierte er am Reichshofrat vergeblich. Für 120 000 fl. verkaufte Anna von Büren
1551 Lingen an Karl V., der als Hg. von Geldern und Herr von Overijssel bereits Lehnsherr der
Grafschaft gewesen war. Als Lehnsträger des inzwischen niederländische Provinz gewordenen
Overijssel erwarben dann die Oranier 1578 die Herrschaft Lingen von der Brüsseler Regierung
durch Kauf; seit 1632 war Lingen endgültig oranisch ( Cramer S. 9–15, 26–36, 44–49, 52f.,
siehe oben S. 621 Anm. 1).
reich alienirt werden, wehre dieses auch zu resolviren,
10–12 insonderheit – werde] In Kurmainz Rk, wo dieser Passus fehlt, ist ausführlicher
berichtet, daß der Graf diese Herrschaft, die seinem Großvater Konrad von Tecklenburg
zu zeit des Schmalkaldischen bunds vom Kaiser abgenommen worden, gegen 60 000 cronen
an Spanien und von diesen an die Niederlande gekommen war, für 60 000 cronen wieder
erwerben will. – Kurmainz Rk führt für die folgende Umfrage keine Voten auf und notiert
nur das Conclusum.
len nuhr begert, daß man sich der sachen soweit undt dergestalt annehme,
alß wahn sie nicht pro deserta gehalten werde.
Kurtrier . Ab der crayßständten deputatis haben sie von der Beschwerde des
Markgrafen gehört. Wahn deme nuhn also, sehen sie ihrestheils nicht, warumb
ein gehorsamber standt mit unnöttiger occupation zu beschwehren, sonder-
lich , wahns nuhr zu vortheill der officir ahngesehen undt dem gemeinen
weßen nicht profitirt; undt wehren die intercessionales umb so mehr zu
geben, weillen man ohnedem der völcker in der compagna vonnöthen hatt.
Ad 2 m haben vorlengst von der dictatur bekomben, waß wegen der her-
schafft Lingen gebetten wirdt,
von Teckelnburgh zugehört undt ihnen hernechst durch den graffen von
Büren endtzogen worden, vor deren restitution gleichwoll kayßer Carll,
Maximilian undt Rudolph ahn die cron Spanien geschrieben undt also die
abnamb vor unbillig gehalten.
Weillen nuhn diese herschafft cum appertinentiis ahn die Staaden von Hol-
landt gelangt undt diese sache sonder zweiffell in die handlung zwischen
Spanien undt Hollandt komben wirdt, so wehre nöttigh, daß wegen deß
reichßinteresse die herren Kayßerliche ersucht würden, bey den Spanischen
sich zu interponiren, damit diese herschafft beym reich erhalten werde.
Der herr graffe schlaget billige mittell vor wegen deß kauffschillings
sie durch einen gesandten
Gesandte Tecklenburgs: für Gf. Moritz von Bentheim-Tecklenburg (1615–1674, Isenburg
IV 45) Hans Ulrich Hermann zu Eltz, laut Vollmacht des Gf. Ernst Wilhelm (1623–1693,
Isenburg IV 45, Hopf I 1 S. 228) vom 12. Juli 1646 der Geheime Rat Dr. Johan Pagestecher
( mea CorrA 9 [6]). Vgl. auch Cramer S. 16, 56.
ist ya billig, daß man sich dieser sachen annehme.
Kurköln wie Churtrier.
Kurbayern . Seindt der sachen zwar nicht bericht, es wehre gleichwoll so
viell möglich zu assistiren. Dabey ihnen doch di
möchten sich etwa Ihre Ertzfürstliche Durchlaucht loco sperati boni
effectus offendirt befinden ab den ertheillenden intercessionalibus auß ursa-
chen , daß die herrn gesandten zu den friedens- undt nicht kriegssachen
succes zu hoffen sein. Hielten darfür, wahn Ihre Fürstliche Gnaden zu Cüln-
bach selbsten die ersuchung thetten bey ertzherzogen, er würde ohne große
ursach nit auß handen gehen.
cessionales ahn Ihre Mayestät angehet.
Pro 2 do
Herrschaft Lingen. Wahn es nuhr auff eine erinderungh ansehen, ne hic
comitatus pro derelicto haberi videatur, wollen sich nit separiren.
Kursachsen wie Trier undt Cöln.
Kurbrandenburg . Conformiren sich mit vorstimbenden, undt wahn
die narrata vorbrachtermaßen bewandt, wehre mit beiden schreiben zu
gratificiren.
Im anderen pünct carent mandato, weillen doch vorstimbende darzu ver-
stehen undt dan ex communicatis erscheinet, daß dem herren graven von
Tecklenburgh wehe geschicht, so werden sich Ihre Churfürstliche Durch-
laucht nicht separiren, damit pro bono imperii dieses bey den tractaten zwi-
schen Spanien und Hollandt beobachtet werde.
Kurmainz . Eß findet sich in den votis einiche discrepantz nicht,
daß Bayeren bey dem vorschreiben ahn Ihre Ertzfürstliche Durchlaucht
anstehet; ihrestheils köndten sie woll indifferent sein, ob ahn Ihre Mayestät
allein oder zugleich ahn den ertzhertzogen zu schreiben. Weillen aber die
maiora vorhanden, so vergleichen sie sich darmit umb so mehr, weillen
Ihre Excellentz der herr grave von Trautmansdorff es selbst vor gutt
befinden.
Bey dem anderen punct ist gleichergestalt keine discrepantz, außgenohmben
Bayeren, welche doch mit dahien stimben, daß bey den herren Kayßerlichen
die anmahnung zu thun, damit die herrschafften Lingen sambt den vier
Tecklenburgischen kirchspielen bey dem reich erhalten werde. Hieruber
kahn mit dem gräfflich Teckelnburgischen gesandten von Eltz
demnechst dieses per deputatos ordinarios ahn die herren Kayßerlichen
gebracht werden.