Acta Pacis Westphalicae III A 1,1 : Die Beratungen der kurfürstlichen Kurie, 1. Teil: 1645 - 1647 / Winfried Becker
[40.] Sitzung des Kurfürstenrats Münster 1646 August 4
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Münster 1646 August 4
Kurmainz Rs FrA Fasz. 14 = Druckvorlage; damit identisch Kurmainz K FrA Fasz. 9
II nr. 23. Vgl. ferner Kurtrier zA ( damit identisch Kurtrier spA p. 890–906 ); Kurköln
zA I fol. 236–241’ ( damit identisch Kurköln spA II fol. 514’–526’ und Kurköln zA Ex-
trakt fol. 22–22’ ); Kurbayern K III fol. 354–366; Kursachsen Rs I fol. 82–88’.
Pommersche Frage: Teilangebot Kurbrandenburgs an Schweden. Sollen Kurfürsten und Stände bei
Schweden für Kurbrandenburgs Interesse eintreten? Absprachen mit den übrigen Ständen und den
kaiserlichen Gesandten. Zeitpunkt, Vorbedingungen und Form einer reichsständischen Intervention
bei Schweden.
Kurtrierisches instrumentum appellationis.
[Im Kurfürstenratszimmer des Bischofshofs]. Vertreten: Kurmainz, Kurtrier, Kurköln, Kur-
bayern , Kursachsen.
Sie stelten in keinen zweivel, es werden gleich bey ihnen also auch andern
churfürstlichen gesanden die herrn Churbrandenburgische sich angemelt
und zu vernehmen geben haben, welchergestaldt Ihr Gnedigster Herr sich
nunmehr resolvirt, amore pacis et patriae ein stück von den Pommerischen
landen, keineswegs aber dieselbe gantz der cron Schweden pro satisfactione
zu uberlaßen, mit dem begehren, sintemahln die Schwedische herrn pleni-
potentiarien sich die gedancken gemacht, eß würde den stenden solche von
ihnen geforderte satisfaction, weiln sie sich derselben bißhero nichts ange-
nohmen , sondern alles stillschweigend verhandlen laßen, nit zuwider sein,
man wolte, gleich zu Osnabrug beschehen, also auch diesorts besagte herrn
Schwedische plenipotentiarien entweder durch eine deputation oder in
schriefften ersuchen, sich mit demienigen, so Churbrandenburg wegen der
Pommerischen landen ihnen hiernegst antragen werde, contentiren zu
laßen. Sie hetten sich erbotten, hieraus mit den churfürstlichen gesanden
zu communiciren und, wan es von denselben vor rathsamb angesehen
werden solte, auch solches uberigen anwesenden ständen vorzutragen und
daruber behörige deliberation zu pflegen, mit dem bedeuten, sintemahln
die Schwedische herrn plenipotentiarien wißen werden wollen, wie weith
sie den Schweden zu cediren gemeint, ob sie uns derentwegen einige apertur
thun wolten. Eß hetten aber dieselbe sich mit nit habender instruction
entschuldiget und vermeld, daß solches die tractaten hiernegst geben würden.
Stelten diesem nach sie Churmaintzische zu der herrn gesanden belieben,
hieruber ihre beygehende gedancken und ob nit vorhero mit den Kayßer-
lichen herrn plenipotentiarien, alß von denen solche offerten beschehen,
hieraus zu communiciren und biß zu erwarttung der religionsgravaminum
mit dieser intervention ein- und zurückhzuhalten, zu eröffnen. Ergebnis
der Beratung vom 7. Juni über diese materi ist gewesen, daß man um Instruktion
bitten wollte; zweivelten nit, solche inmittels einem oder andern theill einge-
langt sein werde.
tion zuruckhzuhalten, bis die tractaten zwischen Schweden und Churbran-
denburg würcklich angetretten sein und man sehen werde, ob die cronn
Schweden mit den offerten zufrieden. Solten dieselbe sich nun damit nit
contentiren laßen, wehre alsdann mit der begehrten intervention zu ver-
fahren ; stelten auch zu bedencken, ob nit uberigen fürsten und stenden
auß dieser sachen zu communiciren.
Kurtrier . Haben nach der Beratung dieses Themas vor ungefehr fünff wochen
dem Kurfürsten geschrieben, worauf sie zwar keinen sonderbahren bevelch
erlangt, sondern allein uf ihr instruction verwießen worden; danach wünscht
Kurtrier die Wiederaufnahme der Schönebecker Verhandlungen und das Churbran-
denburg sowohl alß andere mit der satisfaction von landtschafften ver-
schont und das reich undismembrirt gelaßen würde, wie dann Seine Chur-
fürstliche Gnaden Ihrer Churfürstlichen Durchlaucht zu Brandenburg
gern gönnen würdte, wann sie alles erhalten könten. Weiln gleichwohln
der frieden höchstnöttig und dieße satisfaction albereit zwischen Schweden
und den Kayßerlichen verhandlet und denselben die Pommerischen lande
offerirt worden, alß dörfften die Schweden diese deputation vermuthlich
aufnehmen, alß wann man mehr zurückh alß vor sich zu tractiren gedächte
und dahero dieselbe wenig effect haben. Hüten also darfur, in alleweg mit
den Kayßerlichen hierauß zu communiciren und von denselben zu verneh-
men , waßgestalt und wie weith dieselbe sich mit Schweden eingelaßen; wie
wenigers nit wehre zu erkündigen, wie die albereith zu Osnabrug verrich-
tete deputation
Bereits in den Schweden übergebenen Erinnerungen der evangelischen Fürsten und Stände zur
ksl. Replik ( vom 1. Mai 1646, Druck Londorp V S. 1079–1083 ) vom 12. Mai 1646 war
vorgesehen, die pommersche Frage zu recommendiren ( Meiern III S. 78. ) – Ergebnis der
Deputation der Osnabrücker Stände an Schweden war, daß die schwedischen Gesandten konkrete
Verhandlungsangebote von Kurbrandenburg verlangten ( 29. Juli 1646, Meiern III S. 85–87 ).
deputation der scopus oder linderung zu hoffen, durch solche deputation
auch zu praecaviren, das hierdurch der friedt nit retardirt noch Kayßerlicher
Mayestät und andern stenden solches zu weiterer anforderung und beschwe-
rung gereichig. Sie hilten auch darvor, damit anzustehen, bis die religions-
strittigkeiten erördert und also die ständt vereinigt sein würden, der hoff-
nung , es würden alsdan die Schweden umb soviel mehr zur moderation zu
bewegen sein; wolten gleichwohl überiger ständt vota hierunder gern ver-
nehmen und nach deren anhörung sich mit ihnen vergleichen.
Kurköln . Erinnern an die Nürnberger und Regensburger Verhandlungen
Siehe oben S. [ 615 Anm. 2 ] .
diese Satisfaktion, die dem Kurfürsten von Köln stets schmertzlich vorkommen,
zumahln es wider die pilligkeit laufe, das einem andern daßienige allein zu
dem endt, weil es ihme wohlgelegen, uberlaßen werden solte; eß wehre
auch solches der amnisti, welche die cronen biß dato selbsten so hoch
urgirt, zuwider, vermög deren alle angewendte kriegscosten und erlittene
schäden vergeßen und von keinem nichts erfordert werden solte. 2º wehre
es auch wider ehr und reputation des reichs, indeme man gleich alß uber-
wünden leges von außwertigen nehmen undt ihnen lohn geben,
mächtige cronen inß reich nehmen müste. Eß wehre auch bekand, wasge-
stalt die cronn Schweden mit Polen und Dennemarckh in starcker aemula-
tion stünde; wann nun solche zwischen denselben in krieg ausschlagen
solte, so könte nit fehlen, wann Schweden Pommern behalten solte, daß
auch dardurch uberige angrentzende landen wider in krieg gezogen würden.
Derowegen Ihr Gnedigster Herr dafurhilte, solche, wann nur einig mittel
darzu wehre, zu erhalten, und ihnen gnedigst anbefohlen, mit ihrem voto
Churbrandenburg keinesweegs zu praeiudiciren, sondern zu sehen, wie sie
bey ihren landten erhalten werden mögen, und wann die herrn gesanden
vor dienlich erachten solten, solche landen durch die waffen wider zu recu-
periren , das sie darzue ihre cräfften auch beytragen wolten. Wann aber
durch die waffen nit daraus zu kommen, die Schweden auch durch die guete
nit davonzupringen sein würden undt Ihre Churfürstliche Durchlaucht
zu Brandenburg sich resolvirt, etwas von den Pommerischen landen zurück-
zulaßen , so seye deroselben darvor zue dancken. Ye weniger nun solches
undienlich befinden, das im nahmen des churfürstlichen collegii und der
stendt den Schweden zugesprochen werde, damit dieselbe sich nit die
gedancken machen, alß wan das reich alles außgesetzt.
ches denselben ein nachdencken verursachen, weil mann wüste, daß die
Kayßerliche ihr anerbieten uf die Brandenburgische und der ständt bewilli-
gung conditionirt. Ob nun solche erinnerung schriefft- oder mündtlich zu
thun, stündte zu bedencken; sie hilten, den besten weeg zu sein, nomine
totius collegii eine schriefftliche erinnerung zu entwerffen und den Schwe-
haben würdte, so stündte dahin, ob die herrn Churmaintzische zu Osna-
brugk subsistirende gesanden neben uberreichung deß originalschreibens
den Schweden zugleich den inhalt deßelben mündtlich repraesentiren
wolten.
Weiln eß auch eine sach, so sambtliche ständt concernirt, so hilten davor,
dieselbe hieruber gleichergestalt zu vernehmen. Sicherlich werden auch die
Kaiserlichen nichts dagegen haben, wann die Schweden durch diese anforderung
abzupringen sein würden, wie sie dann alles uf der stendt ratification gesteh.
Eß könte gleichwohl nit schaden, daß ihnen bedeut werde, welchergestalt
die stendt vorhabens, die Schweden von ihren harten petitis zue miltern
conditionibus zue bewegen.
Kurbayern . Sie wüsten sich zu erinnern,
puncti satisfactionis dahin gangen, sintemahln nit wohl möglich, alles wider
zu recuperiren, daß den cronen in etwaß zu condescendiren und quocunque
modo zu sehen, wie der frieden zu erhalten, die Kayßerliche herrn gesanden
aber zu ersuchen, hierin behuetsamb zu gehen. Weiln man dann gesehen,
daß die Schweden von ihrer forderung deß gantzen Pommerns nit zu wei-
chen gemeint, so hetten besagte herrn Kayßerliche gesanden in mangell
nothwendiger assistentzmittel zu recuperirung solcher landen, wie ungehrn
sie auch gewolt, nit allein dieselbe, sonder auch die erblanden selbsten
zurückhlaßen müßen. Ihres Wissens sind die Schwedische gesanden zu
Osnabrug derentwegen albereit durch vierzehen gesandtschafften belangt
worden. Hielten dahero zu vernehmen, wie diese deputation von den
Schweden aufgenohmen worden und waß dieselbe vor einen effect gewon-
nen , 2º waß Churbrandenburg bey ankunfft dero gesanden deßen von
Löwen vor vorschläg thun mögte. Underdeßen hielten, weiln die Kayßer-
liche dieße oblation gethan, denselben hiervon communication zu thun
und ihr sentiment daruber zu vernehmen undt ob man dieses auch vor
sambtliche ständt kommen laßen solte.
Sie hielten auch mit den herrn Churtryerischen darvor, daß zuvor der
punctus gravaminum zur perfection zu pringen, alßdann ferner zu deliberi-
ren sein werde, waß zu deß reichs wohlfarth dinlich sein mögte.
1. ob man Schweden Satisfaction schuldet, 2º ob solche satisfaction von den
Pommerischen landen beschehen müste. In dem ersten puncten stünde Ihr
Gnedigster Herr dahero ahn, dieweil 1º notorium, daß die cron Schweden
und dero ministri nunmehr eine geraume zeit hero viell millionen goldts
auß Teutschlandt erhoben, 2º Ihre Königliche Würden zu Schweden sich
viellmahl erclärt, daß sie ihre waffen zu dem end in das Römische reich
geführt, daßelbe wider in seinen ruhestandt pringen zu helffen, 3º weiln
auch die königliche ministri alß Ochsenstirn bey dem Schönbeckischen
tractat und veldtmarschalck
21 Banner] In Kurtrier zA, spA statt dessen Vrangell
Carl Gustav von Wrangel (1613–1676), 1638 Generalmajor der schwedischen Kavallerie, 1644
Admiral der Flotte, 1645 Reichszeugmeister, 1646 Reichsrat, Feldmarschall und kommandieren-
der General der deutschen Armee Schwedens, 1648 Generalgouverneur in Pommern, 1651
schwedischer Reichsgraf, 1664 Reichsmarschall und Präsident des schwedischen Kriegskollegiums
(über ihn Geschichte I S. 200–280).
Die Kontakte Banèrs mit Kf. Georg von Sachsen wurden durch Verhandlungen mit Oxenstierna
im Juli 1635 zuerst in Magdeburg, dann in Leipzig fortgesetzt. Vgl. Fürnkranz S. 46–49,
siehe oben S. [ 467 Anm. 2 ] .
Chursächsische abgesanden sich austrücklich vernehmen laßen, daß sie von
dem Römischen reich weder land, leuth, geldt oder ichtwaß, sondern nur
allein einen sicheren und reputirlichen frieden vor die cronn Schweden
begehrten; derowegen Chursachßen desto frembter vorkomme, daß gedach-
te cronn ihre postulata anietzo so hoch spannen thue. Und ob sie schon
vorwenden mögten, ihr erstes erpieten wehre vor zehen jahren geschehen,
von der zeit hetten sie vielle und große uncosten aufwenden müßen, dahero
sie ihre satisfaction iure forderten, so seye doch meniglich wießent, daß
1º sie dießen krieg von deß heyligen reichs vermögen geführet, 2º wehre
die cron Schweden ihrem eigenen belieben nach mit dero waffen so lang
im reich verplieben, 3º wehren Ihre Kayßerliche Mayestät und die stend deß
reichs schon albereith durch den Prager friedenschlues miteinander wieder-
umb in denn friedenstandt gesetzt geweßen. Solte dann 4º yemandt von den
ständen des reichs der cronn Schweden assistentz begehrt haben, so
wolte die höchste unpilligkeit sein, daß Ihre Kayßerliche Mayestät und die
andere unschuldige ständt deß reichs ahn solcher satisfaction tragen solten.
Im andern puncten bedunckt es Ihre Churfürstliche Durchlaucht, schwehr
zu sein, von den Pommerischen landen […] einige satisfaction zue thuen,
dan wiewohl 1º die cronn Schweden vorwende, ob hetten sie deßwegen
mit dem verstorbenen hertzogen in Pommern sonderbahre pacta aufgericht,
darin Churbrandenburg consentirt, welches aber a parte Ihrer Churfürstli-
chen Durchlaucht zu Brandenburg nicht gestanden werde, so habe man
doch vernünfftig zu ermeßen, daß solche pacta ohne Kayßerlicher Mayestät
consens nit gültig seyen. Solte mann nun 2º der cron Schweden die Pom-
merische landten, item Wießmar
men , so werde man sie zu meister machen uber den Elb- und Weßerstromb,
welche sie dermaßen mit licenten und imposten beschwühren würden, daß
die see- und Hanßestätt dardurch mercklichen abbruch ihrer nahrung leiden
müßen, zu geschweigen 3º, daß man dardurch ihnen den außwertigen
gleichsamb die schlüeßel zum reich außhendigen und ihnen, daßelbe zu
20–23 so – wollen] Ausführlicher in Kursachsen Rs I: Insbesondere wird Dänemark
sich nicht gern aus Pommern, Mecklenburg und stifft Brehmen beschließen laßen
wollen und die Krone Polen schwerlich zugeben, daß sie aus Pommern auf etliche
meil weges durch Schweden eingefeßelt und nach ausgang des stillstandes mit
Schweden von dort auf einer und aus Liefflandt auf der andern seiten angefallen
werden solte. Die daraus entstehende Kriegsgefahr und große beschwerung des Reichs
hat Kurbrandenburg auf dem Reichstag von 1640/41 gnugsam ausgeführet.
würden sonder zweivel die benachbarte mächtige könige, inmaßen auch
Cöllen schon albereith gedacht, hierzu nit stillsietzen noch solches gesche-
hen laßen wollen
Vgl. zu den Wandlungen des Kräfteverhältnisses an der Ostsee (durch die Abgabe Pommerns an
Schweden) Odhner S. 13, 144f., Dickmann S. 306. Kg. Christian IV. von Dänemark war
schon vor dem Tod Hg. Bogislavs von Pommern (am 10. März 1637) gegen die Festsetzung
Schwedens in Pommern gewesen; er trat in Bündnisverhandlungen mit Polen ein, nachdem sich
eine schwedisch-brandenburgische Annäherung abzeichnete ( Schäfer S. 586f., 598f.). Während
der Satisfaktionsverhandlungen intervenierten Polen und die Generalstaaten gegen Schwedens For-
derungen ( Meiern III S. 83f. , 775–777 , I S. 67 ). Vgl. auch Meinardus , Protokolle 3
S. 571.
daß heylige reich der gentzlichen ruin underworffen würde. Wie dem allem
aber, wann ya kein ander mittel zu erwinden oder zu erdencken, die cronn
Schweden von diesem postulato abzuwenden, auch weder güetliche tracta-
ten noch die waffen solches zu erlangen vermögen, so werde man ex
necessitate etwaß thuen und sich bemühen müßen, das daß wenigste von
solchen landen man dahinden laßen mögte. Dieweil dann Churbrandenburg
auff solchen fall sich amore pacis von dießen Pommerischen landen der
cronn Schweden etwaß hinzulaßen erclärt und vor ein mittel hierzue ange-
ben , daß daß churfürstliche collegium entweder per deputatos oder in
schriefften bey der cron Schweden einzukommen und sie zu mitioribus
consiliis zu vermahnen, so hilten sie wohl darfur, daß Ihr Gnedigster Herr
mit dem herrn vorstimmenden hierin auff die affirmativam schließen
werde.
Und dieweill eß pro 2º hieße, quod omnes tangit, ab omnibus approbari
debet, und weil ein solche vortreffliche provintz oder ein stückh davon
vom reich alienirt werden solte, die notturfft erfordere, daß auch der andern
ständt deß reichs consens darzue erfordert werde, so gebe sich diese frag
vonn selbsten.
Und dann 3º wolte sich in alle weg gepühren, mit den Kayßerlichen herrn
commissariis auß dießem werckh zu communiciren. Sie hilten aber nit
darfur, daß mann mit solcher schriefftlichen intervention so lang in ruhe
stehen solle, biß Churbrandenburg durch den von Löwen oder einen andern
dero herrn gesanden ratione quanti sich hetten erclären laßen, dann die
intervention oder vorbitt nur in genere und uf kein gewißes quantum zu
richten sein würde; und habe man auch deswegen uf diese declaration
nit zu warten, damit nit die cron Schweden in die gedancken geriethe, ob
wolten chur-, fürsten und ständt sich dießer Pommerischen landen gantz
nicht annehmen.
Dieweil auch schlieslichen der punctus gravaminum religionis von diesem
satisfactionswerck eine gantz separirte sach seye und vorhin guet geweßen
wehre, daß man hiervon der cronn Schweden gantz keine part oder nach-
richt gethan hette, so würde zu befürderung des wercks mit der interven-
tion bey Schweden zu verfahren und sonsten die erörterung dieses puncts
desto vleißiger urgirt werden; dan da mann sonsten alles zusammensparret,
mögte die viellheit der geschäfften die sach desto schwehrer machen.
So würde vielleicht auch nit zu erwarten sein der bericht der andern reichs-
stendt zu Osnabrug, waß nemblichen dieselbige bey der cronn Schweden
oder dero ministris mit ihrer intervention erhalten hetten. Denn sie hetten
gleich viell oder wenig erhalten, so wolte doch dem churfürstlichen collegio
obliegen, dießer Pommerischen landen und consequenter dero herrn mit-
collegen anzunehmen.
Kurmainz .
1 Nechst – meinungen] Ausführlicher in den anderen Überlieferungen: Es ist
beschlossen worden ( laut Kurköln zA I, spA II einhellig, laut Kurbayern K III per
maiora), 1. für Kurbrandenburg per deputatos ( Kurtrier zA, spA ) und schriftlich
( laut Kurköln zA I, spA II nur letzteres ) zu intervenieren, 2. die übrigen Stände und 3.
die ksl. Gesandten zu unterrichten.
erinerten sich gleichergestalt, waß dieser Schwedischen satisfaction auß
ins mittel geprachten Pommerischen landen halber albereith anno 1639
zu Nürnberg bey damahls gehaltenem churfürstlichem collegialconvent
vorkommen und welchergestalt derzeit unanimiter, und zwar mit consens
Ihrer Churfürstlichen Durchlaucht zue Brandenburg selbst darfurgehalten
worden, das zu erlangung des friedens der cronn Schweden pro satisfactione,
yedoch uf gewieße maß, Vorpommern und die Insul Rüga zu uberlaßen.
Eß seye auch bekandt, das, unlengst man den punctum satisfactionis delibe-
rirt
Siehe oben nr. [ 64 S. 438 ] , nr. [ 65 S. 446f. ] , [ 450 ] und nr. [ 74 S. 522 ] .
10 vor – andern] sowie 11–12 ohneracht – geweßen] und 12–16 paldt – mögten] in
Kurmainz K abschwächende Korrekturen Raigerspergers. Im ursprünglichen Text hatte es
dort übereinstimmend mit Kurtrier zA, spA, Kurbayern K III, Kursachsen Rs I
geheißen, daß geradezu im Gegensatz zu Kurbrandenburg die übrigen kurfürstlichen Gesandten
seinerzeit der meinung geweßen, den Kronen und besonders Schweden keine Satisfaktion
zu verwilligen.
den cronen satisfaction, ohneracht dieselbe auf gantz Pommern gerichtet
geweßen, zu geben seye; paldt hernacher aber hetten mehrermahln die
Brandenburgische umb deputation zu den Schwedischen plenipotentiariis,
und zwar zu dem end bey dem churfürstlichen collegio angesucht, damit
die Schweden von ihrer auf Pommern gestelten satisfaction abgemahnet
und divertirt werden mögten. Haben gemäß dem ersten unanimiter gefaßten
Beschluß zu diesem Thema ebenfalls zunächst um Instruktion gebeten, worauf dan
Seine Churfürstliche Gnaden sich hinwider in gnaden erclärt, das sie zwar
Ihrer Kayßerlichen Mayestät, Churbrandenburg und andern bey den Frant-
zösischen und Schwedischen satisfactionen gern das ihrig göneten und
liebers nit sehen mögten, dan daß ein ieder bey dem seinigen und conse-
quenter das reich unzergliedert beysamen erhalten werden mögte. Weiln
aber das glückh der waffen sich von zimblicher zeit hero nit wenig widerig
erzeigt, die cronen auch von ihren postulatis zu weichen nit gemeint, so
müsten eß Ihre Churfürstliche Gnaden ihrestheils dahingestelt sein laßen,
waß Ihre Kayßerliche Mayestät sich hierunder erklärt hetten, wobey sie
dan die vorsorg trügen, zum fall man Schweden zu abtrettung der Pomme-
rischen landen ersuchen solte, sie auf ein aequipollens fallen und von
Kayßerlicher Mayestät und den stenden begehren würden,
geistliche ertz-, stiefft- und clöster in nit geringer gefahr bestehen dorfften.
Da man aber diesfahls zu genugen versichert sein könte, würden mehr-
höchstgedachte Ihre Churfürstliche Gnaden Churbrandenburg hierinen
mehr dan gern willfahren, wie dan, weilen sie vernehmen, das die herrn vor-
stimmende insgesambt der meinung seind, daß in genere die herrn Schwe-
dische plenipotentiarien uf maß, Churbrandenburg begehrt, in schriefften
zu belangen, Ihr Gnedigster Herr sonder zweivel sich auch solches nit
zuwider sein laßen werde, yedoch das, wie Churtryer und -bayern bedeutet,
zuvor zu erkündigen, auch einzuziehen, wie die deputation, so zu Osnabrug
von den protestirenden beschehen, aufgenohmen worden und auß was
ursachen die catholische sich dabey nit eingefunden.
Und weiln sie sich auch versichert hielten, das die cronn Schweden, wan sie
sehen werde, daß die stendt nechst erörterung der religionsgravaminum
einig, viellmehr dieser intervention deferiren und also solches mit beßerm
nachtruck beschehen würde, also hüten, damit noch zur zeit zuzuwarten,
biß man sehe, wohin sich die protestirende dieser religionsstrittigkeiten
halber erclären und wie solche vorhabende vergleichung sich veranlaßen
werde; so verglichen sich auch, daß uberige ständt hieruber zu vernehmen,
und wolten nit underlaßen, denselben gegen künfftigen montag diese
materi gleichergestalt zu deliberiren ahn hand zue geben.
Wie wenigers nit conformirt sich, daß den Kayßerlichen herrn plenipoten-
tiarien vor allen dingen hiervon communication zue
22 thuen] Zusätzlich in Kurtrier zA, spA, Kurköln zA I, spA II, Kursachsen Rs I:
Kurtrier bittet das Reichsdirektorium um Annahme und Proposition eines ihm von Hause
zugesandten Instrumentum appellationis vom Reichshofrat an Ihre Kaiserliche Maiestät
tanquam male informatam ad melius informandam ( Kursachsen Rs I ). Anethan
trägt der längde nach daraus vor und bittet um Berücksichtigung kurtrierischer Beschwerden
über Reskripte des Reichshofrats, die die landtsfürstliche hochheit des Kurfürsten von
Trier bedrohten, wo nit in forma iudicii appellatorii, yedoch durch interposition bey
Kayßerlicher Mayestät oder dero plenipotentiariis. Insbesondere geht es ( laut Kur-
sachsen Rs I ) darum, daß der Reichshofrat der Finanzierung des Schloßbaus in Trier mit
französischem Geld Einhalt geboten hat
kommene undt hochpraeiudicirliche schware sache ist ( Kurtrier zA ). Kurtrier
besteht auf einer collegialresolution und betont, daß sein Kurfürst auf Solidarität der Mit-
kurfürsten hofft. Kurmainz will ohne vorwissen sämtlicher Kurfürsten nichts annehmen.
Daß instrumentum ist auffm rathstisch liegen plieben, obß aber post consilium von
dem Churmayntzischen directorio abgenohmen worden, solches hatt man Trieri-
schentheils noch zur zeit nit erfahren können ( Kurtrier zA ).