Acta Pacis Westphalicae III A 1,1 : Die Beratungen der kurfürstlichen Kurie, 1. Teil: 1645 - 1647 / Winfried Becker
20. Sitzung des Kurfürstenrats Münster 1646 Februar 14
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Münster 1646 Februar 14
Kurmainz Rk FrA Fasz. 9 II nr. 9/10 = Druckvorlage. Vgl. ferner Kurtrier zA ( damit
identisch Kurtrier spA p. 272–285); Kurköln zA I fol. 170’–178’ ( damit identisch Kur-
köln spA I fol. 369’–384’, Kurköln spA Ib fol. 385’–401’ und Kurköln zA Extrakt
fol. 15’); Kurbayern K II fol. 117’–133 ( damit identisch Kurbayern spA II p. 227–262).
Sind die iura statuum imperii mit den auswärtigen Mächten zu erörtern? Trennung der Ver-
handlungsmaterien. Vorbehalt der kaiserlichen und der kurfürstlichen Rechte. Bündnisrecht der
Reichsstände und des Kaisers. Reichsherkommen. Wahl des Römischen Königs zu Lebzeiten und
aus dem Haus des regierenden Kaisers. Kurbayerns Meinung zur Restitution der Kurpfalz.
Entscheidung des Kaisers, der Reichsgerichte, der Reichsstände über Acht und Bann. Stellung der
Reformierten im Reich. Handel, Verkehr, Zölle. Re- und Correlation.
[Im Kurfürstenratszimmer des Bischofshofs]. Vertreten: Kurmainz, Kurtrier, Kurköln, Kur-
bayern, Kurbrandenburg.
Kurmainz proponebat.
Nachdem bey nechstvoriger session ein gewißes conclusum uber daß erste
membrum 1 mae classis Suecicae replicae, die amnistiae nemblich, formirt
und dabey veranlaset worden,
ietzterwehnter ersten classen ad privilegia et iura statuum, sodan ad com-
mercia nimirum zu schreiten und darüber bey gegenwertiger session zu
deliberiren, so werde demezuvolg dieße frag zu stellen sein,
Ihrer Kayßerlichen Mayestät einzurathen. Sie erachteten unnöthig, alles
waß in der Schwedischen replic, absonderlich bey dem 2 ten membro des
edicts anno 1629
Vgl. Meiern II S. 186 , 195.
setzter clausul „salvis tamen iis quae ad Imperatorem et collegium electorale
solum pertinent“
Vgl. Meiern I S. 620 und S. 437.
saris ad articulum 6, „modo non sint faedera contra Imperatorem et im-
perium“
Vgl. Meiern I S. 620f. und S. 437.
lichen responsionibus auff der frembden cronen propositiones befindlich,
und zwar Frantzösischer articulus 6. et 9º, Schwedischer aber articulis 5.,
6 et 7º, daß Ihre Kayßerliche Mayestät sich außtrücklich erclären, die
ständ bey ihren privilegiis et iuribus, wenigers auch nit den reichsconsti-
tutionibus zu manuteniren
Vgl. Meiern I S. 619f. , 631.
schuldigen auch, da in contrarium dato etwas vorgangen, alles mit dem
leidigen langwürigen krieg; und weiln dießes sachen sind, die nit vor die
frembde cronen, sondern Ihre Mayestät und reichsständ allein gehörig,
herrn vorstimmende auch mehrentheils mit ihnen davorgehalten, daß man
die cronen davon allerdings abhalten solle, so werde auch davon zu reden
sein, ob sich Ihre Kayßerliche Mayestät derentwegen mit den frembden
cronen in ihrer duplic etwas einlaßen oder bey allschon ertheilten erclärung
bestehen sollen.
Kurtrier .
471, 10–473, 11 Von – 3 um] Vorlage gleichlautend mit Kurtrier zA, spA, Kurbayern K II,
spA II ( in K II ist das kurtrierische Votum in kurtrierischer zeitgenössischer Abschrift
beigelegt), Kurmainz Rk hält lediglich durchgehend die indirekte Rede ein. Kurköln zA I,
spA I, Ib im kurtrierischen Votum wesentlich knapper.
zösischen und Schwedischen propositionen und Kayßerlichen responsioni-
bus, darauf beyder cronen ervolgten replicis, kein ander discrepanz, alß
daß 1º die Schwedische legati den in der Kayßerlichen generalantwortt ad
articulum 5 um, 6. et 7. passum „quarum rerum causa vel ratione Imperatori
cum coronis exteris neque communio aliqua est neque bellum susceptum
vel gestum hactenus fuit“
Vgl. Meiern I S. 619f.
die cronen befugte ursach gehabt, wie noch mit ihren waffen der ständ iura
zu defendiren und dieselbe auch mit in den friedenschlueß zu pringen.
2º begehrten beyde cronen uber die wortt Kayßerlicher responsion,
„salvis tamen iis, quae ad Imperatorem et collegium electorale solum per-
tinent, et salvis eorundem iuribus et praeeminentiis omniaque intelligendo
iuxta morem ab antiquo in imperio receptum“, erleuterung,
3º wie ingleichen die permissio faederum cum exteris coronis, insonderheit
die wortt Kayßerlicher responsion „modo non sint contra Imperatorem
et imperium“ zue declariren.
4º seyen Kayßerliche und Schwedische propositiones, responsiones und
repliquen zu der wahl eines Römischen königs soweit discrepant, wie in
den schrifften zu ersehen; wehre also zu deliberiren, waß in obgedachten
vier puncten den Kayßerlichen vor ein guetachten zu geben.
Ad 1 um pleiben sie vor wie nach vermög habender specialinstruction der
unvorgreifflichen meinung, das es Ihrer Kayßerlichen Mayestät, chur-,
fürsten und ständen des Römischen reichs weder reputirlich noch zum
bestendigen frieden dienlich seye, das uber pur lautere reichssachen mit den
cronen paciscirt, auch ihnen die manutention der ständ iurium, wie in 1º
articulo Schwedischer proposition und replic begehrt würd
Vgl. Meiern I S. 440 ( 436), II S. 185f. ( 195).
werde und daß dannenhero auff Separation rerum et causarum imperii von
denen, so die cronen allein betreffen, zu gehen seye, in sonderbahrer er-
wegung, daß die cron Schweden, alß sie ihre waffen ins reich gepracht, ihr
privatinteresse haubtsechlich gesucht, wegen der armatur in der Ostsee und
der auxiliarwaffen in Preußen
manifesta und schreiben, ahn ein hochlöbliches churfürstliches collegium
abgangen, außweißen, darauff auch die cron Schweden von dem collegio
electorali gepürendermaßen beantworttet worden. Zwar ist in selbigen
Schwedischen manifestis der statt Stralsund und der hertzogen von Meckel-
burg, auch hernacher des Kayßerlichen edicts wegen der religionsgrava-
minum erwehnung beschehen, zumahln aber nicht der ständ iura et privi-
legia und daß man mit der cron Schweden darüber pacisciren solle, berührt
worden. Es seye auch offentlich von beyder cronen legatis bey den herrn
Kayßerlichen und andern chur- und fürstlichen gesanden angezeigt worden,
daß sie wohl leiden mögen, Ihre Kayßerliche Mayestät und die ständ unter-
einander quoad iura et constitutiones sich vergleichen theten, und also es
ihrer interposition nit nöthig wehre. Und nachdem sie zugeben, daß die
religionsdifferentien zwischen den ständen abgehandlet werden mögen und
eß dann gleichmeßige beschaffenheit mit den iuribus et privilegiis statuum
habe, also müsten sie nachmahls bey dießer unmaßgeblichen meinung
verpleiben, daß im reichsguetachten ahn die herrn Kayßerlichen plenipo-
tentiarii auff die Separation gangen, doweniger aber nicht im haubtwerck
Ihre Mayestät, wie sich dero plenipotentiarii dann auch darzu erclären,
ersucht werden, chur-, fürsten und ständ bey ihren freyheiten, recht und
gerechtigkeiten, macht und gewalt, regalien, obrigkeiden und privilegien,
yeden nach seinem stand, unturbirt zu handhaben, allergnedigst geruhen
werden, alles vermög Kayßerlicher crönungscapitulation, wie insonderheit
bey ietziger Ihrer Mayestät wahl chur-, fürsten und ständen genugsame
fürsehung geschehen.
Ad secundum uber dieße frag, quid Imperator, quid electores sibi praecipuum
ab aliis statibus habeant, wehren sie der meinung, daß man auß obig ange-
zeigten ursachen rei ad coronas non pertinentis die resolution wo nicht
gantz divertiren, doch eines Römischen Kayßers iura maiestatica et elec-
torum praecipua dahin erclären solle, daß demselben als dem oberhaubt
alles daßienige ahn hochheit, iurisdiction, authorität, macht und gewalt
zustehe, waß den churfürsten und ständen vermög der wahlcapitulation,
gülden bull und reichsconstitutionen nicht participative außbehalten wor-
den
Diese Interpretation der ksl. Gewalt, die ausdrückliche Kodifikation und Ausgliederung der Stände-
rechte aus der umfassenderen Oberherrschaft des Kaisers fordert, folgt der von Reinkingk
vertretenen Richtung der Reichsstaatsrechtslehre; nach anderer Auffassung ( Althusius, Chem-
nitz ) waren die ksl. Rechte nur in der von den Wahlkapitulationen konzedierten Form zugestan-
den und war das Recht der Stände primär und übergreifend.
competentium kan eben dießes zum guetachten geben werden, daß daßie-
nige denselben pillig zu laßen, waß ihnen in der Kayßerlichen capitulation,
güldenen bull und reichssatzungen attribuirt wird, des versehens, es werden
hierüber fürsten und ständ einiger gleichformiger meinung und weder Ihrer
Mayestät in ihrer Kayßerlichen hochheit, macht und authorität, noch den
churfürsten ahn ihrer praeeminenz einige einred zu thun nicht gemeint
oder gewilt sein.
Ad 3 um
Schweden begehrte erleuterung betreffend, wie nemblich die clausula,
„modo non sint faedera contra Imperatorem et imperium et pacem eiusdem
publicam fiantque salvis per omnia iuramentis, quoquis Imperatori et
imperio obstrictus est“, zu verstehen, ob sie zwar hierüber in specie nicht
instruirt und darüber sich hiernechst habita instructione fernere erclerung
vorbehalten, so wüsten zwar nicht, worin daß ius faederum cum exteris
fundirt werden wolle; ohne wehre es nicht, daß faedera zwischen exteris
und den ständen iheweilen uffgericht worden, sed de iure faederum be-
findet sich nichts in reichsconstitutionen. Reichsabschied zue Wormbs 1495
disponire, daß der Kayßer, churfürsten und ständ ohne wißen und willen
jährlicher versamblung keinen krieg oder veht anfangen, noch einig bünd-
nus oder einigung mit frembden nationen oder gewalten machen, die dem
reich zu schaden, nachtheil oder zuwider sein mögten
Vgl. § 7 der „Handhabung Friedens und Rechtens“ von 1495: Ks. Maximilian und sein Sohn
sowie Kurfürsten, Fürsten und Stände des Reichs wollen ohne Wissen und Willen gemeiner
jährlichen versammlung keinen krieg oder vehde anfahen noch eynich püntnuß oder
eynigung mit frembden nacionen oder gewälten machen, die dem reich zu schaden,
nachtail oder wider sein möchten ( Sammlung II S. 12). Vgl. Bezold S. 17f.
würden alle bündnus im Passawer vertrag
Der Passauer Vertrag söhnte den Kaiser mit den Fürsten aus, die wegen Teilnahme am Schmal-
kaldischen Krieg in der Reichsacht gewesen waren. Die Fürsten sollten vorerst in auswärtige
Kriegsdienste nicht mehr eintreten und mußten innerhalb der sechs Wochen nach Abschluß des Ver-
trags aus fremden Diensten scheiden ( Bonwetsch S. 140, 175, 179–181); das Bündnis des Kf.
Moritz von Sachsen mit Frankreich war aber weiter möglich.
cassirt und ufgehoben; deme gleichwohl unahngesehen, weil Ihre Maye-
stät albereit die faedera den ständen cum exteris eingeraumbt und es allein
umb die dabey angeheffte limitationes zu thun, welche limitationes gleich-
wohl causae cognitionem erfordern, damit auß den faederibus dem reich
kein unheil zuwachße, alß mögte daß guetachten dahin gericht werden,
daß causae faederum ad Imperatorem et status imperii vermög obange-
zogenen reichsabschied gepracht und darüber der consens eingeholt werden
solle, welches umb soviel mehr ratione consensus den ständen zu thun
obliege, weiln Ihre Mayestät dero capitulation §º „wir sollen und wollen“
verbunden, keine faedera ohne außtrücklichen consens der herrn chur-
fürsten in- noch außerhalb reichs auffzurichten ; und weiln dann auch in
der cronen proposition dieße prohibition dem Kayßerlichen oberhaubt
beschehe, also wehre es auch auß obgedachtem pillig, daß den ständen ein
mehrers alß dem oberhaubt nicht zugeben werde; yedoch behielten sie
hierüber nach erlangter instruction sich weiter vernehmmen zu laßen
bevor.
Ad 4 um daß vivente Imperatore kein Römischer könig zu erwehlen, darüber
hetten Kayßerliche Mayestät albereit dergestalt geantworttet, daß sie dabey
nichts zu erinnern.
Kurköln . Belangend die erste frag, ob die iura statuum imperii vor die
frembde cronen zu ziehen und mit denselben sich einzulaßen und derent-
wegen zu vergleichen seyen, da wehre in der Kayßerlichen responsion
solche albereit erlediget, dann Ihre Kayßerliche Mayestät solche antwortt
geben, daß die cronen keine ursach zu disputiren, und werden sonderlich,
wann die ständ under sich verglichen, die frembde cronen auch acquiesciren
müßen.
Die limitation aber der Kayßerlichen responsion betreffendt, daß sie alle
ständ bey ihren iuribus manuteniren werden, yedoch salvis iis, quae ad
Imperatorem et collegium electorale solum pertinent, in derselben respon-
sion finden sie nichts zu culpiren,
474, 30–475, 2 weiln – begehren] Abweichend in Kurköln zA I, spA I, Ib und sinngemäß in
Kurtrier zA, spA, Kurbayern K II, spA II: Wie die Kurfürsten die Stände nicht
beeinträchtigen wollen, also würden auch die fürsten den churfursten in denjenigen,
was ihnen die guldene bull und reichssatzungen geben und einraumen, einzugreiffen
nit gedencken.
churfürsten daßienige, waß ihnen in signum supremae eminentiae gepührt,
gelaßen, wie auch gleichergestalt den churfürsten keine schmählerung zuzu-
fugen, sondern daß ihnen ahn demienigen, waß ihnen vermög der güldenen
bull, reichsconstitutionen und wahlcapitulation gepüre, kein praeiudiz zu-
gezogen werde, begehren. Ob aber dieße iura absonderlich zue speci-
ficiren, hette Tryr angedeut, daß Kayßerlicher Mayestät alle iura maie-
statica pillig zu laßen, welche durch die güldene bull und reichsconsti-
tutiones nicht mortificirt, dabey es dann zu verpleiben.
Waß der churfürsten gerechtsamen belanget, gebe die güldene bull und
reichssatzungen hierin clare ziehl und maß. Sie hetten zwar nachricht, daß
sich theils ständ verlauten laßen, alß wann die churfürsten in der wahl-
capitulation zu weit gangen, es werde sich aber befinden, daß solches, waß
exprimirt, schon vor hundert jahren gleichergestalt also gehalten worden;
und hetten die churfürsten in der letzten capitulation auß Sorgfalt, so sie
vor die reichsständ tragen, gewiße ahnsehentliche stattliche erinnerungen
gethan, deren alle ständ zu genießen und sich zu erfrewen, also daß ihnen
mehr danck alß verweiß gepüre. Man hette es aber bey dießer antwortt
bewenden zu laßen, daß man sich hierinnen nach der güldenen bull, capi-
tulation und reichssatzungen zu halten wißen werde.
Anlangend die von den Schweden erinnerte clausul „iuxta morem ab
antiquo in imperio receptum“, da wehre nit zu zweiveln, Kayßerliche
Mayestät solches anderst nit verstanden haben werden, alß daß die erörte-
rung der reichssachen secundum morem legitime beschehen solle; könde
also mit dem wortt „legitime“ leicht geholffen werden.
Ad faedera, da könden sie nit finden, wie die Kayßerliche resolution anderst
gestelt werden möge, dann ohnedaß die gemeine rechten und reichsconsti-
tutiones mit sich pringen, daß Kayßerlicher Mayestät alß dem höchsten
oberhaubt nit zugelaßen, ohne consens des reichs mit frembden verbündnus
zu machen, werde also solches viel weniger den ständen zugelaßen sein,
nemblichen die faedera salvis iuramentis, damit die ständ Kayßerlicher
Mayestät und dem reich verbunden, einzugehen.
Die Kronen scheuen sich nicht, die kurfürstlichen Gerechtsame hinsichtlich der
Königswahl zu scrupuliren und limitiren, während sie sich doch außtrucklich
vernehmmen laßen, daß sie anderst nichts suchen, alß einen yeden stand
bey seinen gerechtsamen zu manuteniren, dahero sie den churfürsten in der
election einige maß zu geben nit werden gemeint sein, wie dann die chur-
fürsten ihren theweren pflichten auch yedesmahls also werden nachsinnen,
damit niemand sie zu beschuldigen ursach haben werde.
So wehre auch zu mercken, daß beyde cronen in ihren replicis different.
Schweden setzte, daß man bey lebzeiten eines Römischen Kayßers zu keiner
election schreiten, die Frantzosen aber setzten, daß man ex familia keinen
eligiren solle, welches zu schmählerung der churfürstlichen wahlgerechtig-
keid wehre; und gleichwie bis dahero die churfürsten ihr wahlgerechtig-
keiden ohne tadlen exercirt, also wehre auch den frembden cronen hierin
kein beyfall zu geben.
Kurbayern . Belangend die iura et privilegia statuum erinnerten sich, daß
Kayßerliche Mayestät albereit in dero responsion sich genugsamb erclärt,
daß dero intention nit seye, von dem höchsten bis niederigsten stand in
einigen weg zue praeiudiciren oder denselben ahn ihren hochheiten und
gerechtsamen ichtwas zu entziehen. Wüsten auch nit, daß von Kayßerlicher
Mayestät hierwider einiger stand ihemahls beschwehrt worden, seyen also
Kayßerliche Mayestät und die ständ hierin miteinander zufrieden.
Ob die res et negotia imperii mit den frembden cronen zu vergleichen, da
wehre bekand, daß beim Passawischen vertrag alles ohne zuziehung der
frembden cronen vereinigt worden, allermaßen dann damahls auch dem
Frantzösischen gesanden die notturfft angezeigt worden, derselbe auch
dabey acquiescirt. Hielten auch dafür, fals chur-, fürsten und ständ die
negotia imperii, wie zu hoffen, vergleichen werden, unnöthig zu sein, solche
mit den frembden cronen zu debattiren. Die cronen werden auch solches
nit begehren, sondern verhoffentlich, wann sie sehen werden, daß die ständ
einig, acquiesciren.
Die Frantzosen movirten auch die quaestion „salvis tarnen iis“ etc. Da
hielten, es könde solche clausul anderst nichts auff sich tragen, alß daß
Kayßerlicher Mayestät alle iura maiestatis crafft der gülden bull, capitula-
tion, reichsconstitution und cammergerichtsordnung wie pillig vorbehalten
pleiben solle, wie dann auch den churfürsten nichts zu entziehen, waß den-
selben die constitutiones in underschiedlichen fällen vorbehalten; und wehre
unnöthig, ad particularia zu schreiten.
Waß die cronen von den faederibus erinnert, da wehre bekand, sambtliche
chur-, fürsten und ständ alles von Kayßerlicher Mayestät und dem reich zu
lehen tragen, dahero dieselbe keineswegs mit den frembden cronen faede-
ration einzugehen alß salvis iuramentis.
Waß in beyden replicis erwehnt worden, daß bey lebzeiten eines Römischen
Kayßers und auß derselben familien keine election vorgenohmmen werden
solle, da hetten die herrn churfürsten dießfals sich bishero den reichssatzun-
gen gemeß verhalten. Carolus 4. habe auch bey auffrichtung der güldenen
bull die vorsehung gethan, daß bey lebzeiten eines Kayßers ein Römischer
könig erwöhlt werden könde, inmaßen er selbsten einen Römischen könig
erwehlen laßen. Es wehre auch bey Caroli 5 1 zeiten dergleichen beschehen,
38 laßen] Im – sonst knapperen – Kurtrier zA, spA noch Hinweis auf Artikel 1 der
Goldenen Bulle; in Kurbayern K II, spA II zusätzlich als exempel für die Königswahl
zu Lebzeiten des Kaisers auch sic exigente necessitudine ex eadem familia auf die Wahl
Maximilians I. zur Zeit Friedrichs III. und die Wahl Maximilians II. unter Ferdinand I.
hingewiesen.
und werden die cronen hierbey zuversichtlich acquiesciren, weiln sie zeithero
andere information eingenohmmen haben werden.
477, 3–479, 29 Waß – Reichsstände] Fehlt in Kurtrier spA, statt dessen dort nur Hinweis
auf die angefügte kurbayerische protestation; in Kurbayern K II, spA II nur kurz ver-
merkt , daß daßienig zu annectirn, waß Haslang selbsten auffgesezt. Hingegen sind
Kurtrier zA und Kurmainz Rk, denen offenbar der kurbayerische Text des Protests
zugrundeliegt, identisch. Knapper, aber mit starken Anklängen an die Formulierungen der
Vorlage Kurköln zA I, spA I, Ib.
amnistiae bey letzter consultation geführten voto in specie wegen der
Pfaltzischen sachen und völliger restitution der herrn pfalzgraven angeregt,
auch wider die Churfürstliche Durchlaucht in Bayern, Ihres Gnedigsten
Herrn und dero hochlöblichen gantzen churhauß, pilligen und competiren-
den gerechtsamen vor underschiedliche scharpfe und hietzige, auch mehrer
zu unrhue und vortsetzung der bluetigen kriegswaffen ziehlende anzüg
vorgepracht und widerholet, darüber behielten Ihrer Churfürstlichen Durch-
laucht sie hiemit außtrücklich und mit genugsamen beding alle fernere
behörige notturfft bevor; hetten aber gleichwohln für dießmahl vorzustellen
nit vorbeygekönd, daß ihnen dieße ietzigen der Churbrandenburgischen
herrn gesanden weit außsehende meinung umb soviel mehr befrembd und
zu sehr großem nachdencken vorkombt, weilen sich alle dieienige, so
dennen zu Mühlhaußen, Regenspurg, Wien und andern orthen mehr ange-
stelten und vorgeweßenen churfürstlichen collegial- und reichsconventen
beygewohnt oder selbige protocolla und acta gesehen und gelesen, eines
weit andern erinnern und bezeugen werden, iha auch die Churfürstliche
Durchlaucht zu Brandenburg durch dero yedesmahls dabey gehabte ahn-
sehentliche gesandschafften selbsten ein anders votiren laßen und die der
Römischen Kayßerlichen Mayestät daß Pfaltzische unweßen betreffend
uberreichte churfürstliche collegial- und gesambte reichsguetachten, auch
exclusionem Palatinorum perpetuam ab electoratu genehmgehalten und
approbirt. So zeige gleichfals der Prager friedensschlueß, den die Chur-
fürstliche Durchlaucht zue Brandenburg wie auch fast alle getrewe chur-,
fürsten und ständ des Römischen reichs angenohmmen, viel ein anders,
dahero sie keineswegs ersehen und finden könden, daß dießer der Chur-
brandenburgischen herrn abgesanden gar hoch nachdenckliche vorschlag
und intention zur rhue und fried gemeint sein oder gereichen könde,
sondern würde vielmehr daß Römische reich in noch weitern kriegsflammen,
ihämmerliches bluetvergießen dardurch gepracht und gesetzt werden. Und
obwohl vorgeben werden wolle, daß obbedeute völlige restitution der
herrn pfaltzgraven desto nöthiger eracht werde, weiln neben den löblichen
cronen Franckreich und Schweden auch noch andere cronen und republi-
quen sich starck darumb angenohmmen, auch zu Regenspurg und Franck-
furth nit allein die protestirende, sondern auch viel catholische ständ solcher
meinung geweßen, so seye yedoch daß clare widerspiel ahn dem hellen tag,
wie dan wißentlich und kundbar, daß die cronen Franckreich die churver-
würckung des proscribirten herrn pfaltzgraven Friederichen nit allein
für pillig und rechtmeßig gehalten und noch auf dieße stund, sondern auch
zu deren translation uf die Churfürstliche Durchlaucht in Bayern rhümblich
und trefflich cooperirt und noch ferners cooperirten würd. Es seye auch im
Churmaintzischen voto sehr wohl und vernünfftig vorpracht, daß die
Königliche Mayestät in Schweden des Pfaltzischen unweßen halber und
wegen restitution der herrn pfaltzgraven mit deßen waffen gar nit in daß
Römische reich kommen, wie dann Ihrer Königlichen Mayestät 1628 außge-
laßenes manifestum und angezogene ahn die herrn churfürsten gethane
schreiben ein solches nit bezeugen, iha sie es ex certa scientia wüsten, daß
höchstgedachter könig in Schweden Ihrem Gnedigsten Herrn selbsten daß
gepürende praedicatum electorale geben; so hetten auch Ihre Königliche
Mayestät in Dennemark, alß welche zu gütlicher hinlegung und vergleichung
der Pfaltzischen sachen als einer sambt und neben dem churfürstlichen
collegio erkiester und beliebter mediator, durch dero ahnsehentliche gesand-
schafft anfangs zu Regenspurg
Für Dänemark waren 1640/41 in Regensburg ( nach Theatr. Europ. IV S. 167): Waldemar
Christian Gf. von Schleswig und Holstein ( 1622–1656, DBL 25 S. 44–48) und Adam Heinrich
Gf. von Pentz ( 1597–1657, DBL 18 S. 151), jedenfalls aber Dr. Christoph von der Lippe
( Bierther S. 55 Anm. 115, Lorenz S. 38 Anm. 79, Fridericia II S. 145, 151–157). –
Er blieb den Beratungen wegen Präzedenzstreitigkeiten fern.
actionibus alß andern underschiedlichen hernach abgelaßenen schreiben
dießes, so anietzo von den Churbrandenburgischen außgesprengt werde,
gar nit demonstrirt. Die Königliche Mayestät in Engelland hetten des herrn
pfaltzgraven Friederichen gar zu schwehren fall und laster höchlich impro-
birt
Seit 1612 stand Pgf. Friedrich V., Direktor der protestantischen Union, im Bündnis mit Eng-
land, 1613 heiratete er Elisabeth, Tochter Kg. Jakobs I. von England; von seinem Schwiegervater
Jakob I. wurde Friedrich V. wirkungsvoller unterstützt als von seinem Schwager Karl I., der
1625 den englischen Thron bestieg ( Weiss S. 4ff., zusammenfassend S. 125–128, Hauck
S. 25f., 72ff.).
Englische Gesandte in der Pfalzfrage waren: Sir Robert Anstruther, 1630 in Regensburg,
1631/32 in Wien ( Weiss S. 103ff., Gindely, Friedrich V S. 34–40), 1630 in Begleitung des
kurpfälzischen Rats Joachim von Rusdorff ( Heyne S. 186ff.); Thomas Howard, Earl of
Arundel, und John Taylor, 1636 in Regensburg und Wien ( Haan S. 107, Hauck S. 27f., 67,
21); Sir Thomas Roe, 1641 in Regensburg, 1641/42 in Wien ( Weiss S. 108f., Hauck S. 53f.,
64–66).
herrn pfaltzgraven niemahln gesucht oder darauf beharret, sondern selbsten
ein güetliche accomodation yedesmahls vorgeschlagen und begehrt. Von
einiger republiquen hette man nit nachricht, daß sich selbige umb der-
gleichen restitution der herrn pfaltzgraven ahnnehmme.
So wüsten sich auch nit zu besinnen, daß zu Regenspurg und Franckfurt
die gesambte protestirende, auch wohl theils catholische, dießer vorgeben-
den meinung geweßen sein sollen, sondern durch den zu Regenspurg ein-
hellig für guet befunden- und geschloßenen reichsabschied erhellet, daß pur
lauter widerspiel
in specie Pfaltz zu absonderlicher handlung sich einlaßen werde; nun erin-
nerten sich genugsamb, daß die pfaltzgraven vor dießem wohl eines andern
sinn gewesen sein müßen, weiln dieienige, so sich deren angenohmmen,
bey Kayßerlicher Mayestät auch weit ein anders instendig gesucht und
flehentlich gepetten hetten; da aber ihe die pfaltzgraven zu güetlicher
vergleichung keinen lust tragen solten, immaßen dan Ihr Gnedigster Herr
und andere interessirte pillig auch vorhero zu fragen sein werde, würde man
es dahingestelt sein laßen. Und hetten sie sich hiemit im nahmen Churbayern
ein für allemahl bestendig und außtrücklich erclären wollen, daß Ihre Chur-
fürstliche Durchlaucht keineswegs und nimmermehr zugeben und einwilligen
werden, das die Pfaltzische sach in die generalamnisti gezogen und einge-
flochten, auch Ihre Churfürstliche Durchlaucht sambt dero hochlöblichem
churhauß von dero erhaltenen und recuperirten, dero hohen churhauß
ohnedaß zuegehorige recht, entsetzt werden solten. Dergleichen proposita
aber dieneten zu nichts als zu verliehrung der zeit, dann sie ein vor allemahl
und bestendig assecurirten, daß Ihre Churfürstliche Durchlaucht sambt dero
churfürstlichen posteris in ewigkeid von dero recuperirten electorat nit
weichen werden; und fals man hierinnen allerhand impertinentien anziehen
solte, würde dardurch nichts gewonnen, sondern ahnstatt waßer öhl in daß
fewer eingegoßen und nur zu weiterem bluetbad anlaß gegeben. Der Kur-
fürst von Bayern hofft auf kräftige Unterstützung dero erlangten gerechtsamen
wider alle dero offentliche und heimbliche feind uff alle fäll, mittel und weg,
wie es sein mag und kann, seitens des Kaisers und aller wohlmeinenden und dem
Frieden geneigten Reichsstände.
Kurbrandenburg . Sie hetten sich in dem ersten puncten nit auffzuhalten,
noch in die materias belli einzumischen. Die cronen könden der sachen
leichtlich abwartten, weiln sie ihre waffen uf des reichs boden hetten; zwar
mögte, wann die ständ verglichen, derselben intention darüber einzuholen
nit nöthig sein, ob aber dieselbe abzuweißen, daran müsten sie zweiveln.
Sehen, daß Ihre Kayßerliche Mayestät hierin selbsten auff ihre proposition
geantworttet, wehre also zu weit ad rem gegangen und die sach nit mehr
in integro, wehren geringe differentien super iuribus und könden mit
geringem hingelegt werden. Den Passawischen vertrag belangend, hette
es derzeit weit ein andere bewandnus gehabt, anitzo führten die frembde
cronen große armeen im reich und hette man derzeit sich deß großen unheils
nit zu befahren gehabt; yedoch wann die ständ sich vereinigen, so hette
es gueten weg, wo solches aber nit geschehe, pleiben sie dabey, daß den
cronen hierauf gleich auff andere puncten zu antwortten.
2º seye Kayßerlicher Mayestät zu dancken, daß sie sich erclärt, die ständ bey
ihren iuribus imperii zu manuteniren, auch nit gemeint wehren, dieselbe
gegen die constitutiones imperii zu graviren, verspüren darauß Kayßerlicher
Mayestät allergnedigste guete intention. Sie wolten nit anzeigen die ständ,
so darüber geclagt, weiln bekand, welche sich beschwehrt befinden und die
amnistia ab anno 1618 desideriren, wie die tractaten geben. Stelten dahin,
ob solches dissimulando zu ubergehen; und weiln auch Ihre Kayßerliche
Mayestät alles mit dießem leidigen kriegsweßen entschuldigen und daß sol-
ches beim frieden cessiren werde, so halten sie darfür, daß Kayßerliche
Mayestät uff eine illimitatam amnistiam ziehlen.
Ob auch ein- und anders von den iuribus zu specificiren, da conformirten
sich mit den herrn vorstimmenden, daß man sich in genere auff die reichs-
constitutiones zu beziehen.
Wegen der herrn churfürsten werde sichs auß der gülden bull und reichs-
constitutionen weißen, wehre unnöthig, ad specialia zu gehen und darüber
andern ständen ansam disputandi zu geben.
wehnet, da bestehe solches billig bey den churfürsten allein, und werden
dieselbe sich nit vorschreiben laßen, wie, wann und zu welcher zeit sie
erwöhlen sollen, noch auch ihre actiones von andern nit syndiciren laßen.
Eß wehren zwar die churfürsten ahn kein gewißes hauß gebunden, sie wer-
den aber yedesmahls ihren pflichten gemeß ein solch subiectum erwehlen,
welches sie hierzu qualificirt erachten; halten, wann solches den frembden
cronen remonstrirt, sie alßdann auch acquiesciren werden.
Die faedera belangend, sehen sie, daß selbige Kayßerliche Mayestät so sehr
nit beschneiden, sondern allein die improbiren, die wider Kayßerliche
Mayestät und daß reich seyen. Müsten dafürhalten, daß in fällen, da Kayßer-
licher Mayestät faedera zugelaßen, selbige auch den ständen nachzusehen;
33–34 wehre – wehre] Laut Kurbayern K II, spA II soll dem Kaiser nahegelegt werden,
alle foedera, die sowol dem haubt alß den khliedern nachtheilig sein mögen, aufzu-
heben , laut Kurtrier zA, spA, keine Bündnisse contra libertatem imperii zuzulassen;
laut Kurköln zA I, spA I, I b sollen weder dem haubt noch den gliedern absonder-
liche foedera erlaubt sein. In Kurbayern K II, spA II zusätzlich noch: Zaige sonst
die güldene bull, was Khayserlich Mayestät für bündtnus zue machen, selbige aber
khönnen als ein erzherzog gleich andern fürsten foedera machen.
laßen, welches wider des reichs wohlfahrt wehre.
Ratione exauctorationis statuum wolten sich erclären, wann die herrn vor-
stimmende zuvorhero sich darüber vernehmmen laßen.
3–9 Und – außzulaßen] Abweichend in Kurbayern K II, spA II: Können die auf die
Reformierten bezüglichen Stellen in der ksl. Responsion nicht verstehen; die cronen möchten
die Reformierten admittirt haben, dies hat der Kaiser in seiner Antwort nicht ausgeschlossen.
Überdies ist der Kurfürst von Brandenburg iederzeit under dem religionfriden gewessen,
sein sie der meinung, daß derentwegen die notthurfft an Ihre Mayestät gebracht
werde.
reformirten dieße wortt einverleibt, „quod si ipsi velint et quiete vivant,
illius et huius pacis beneficio uti frui possent“
Vgl. Meiern I S. 619 ( 625).
Gnedigsten Herrn und andern reformirten sehr beschwehrlich und es daß
ansehen habe, als wann sie nit friedlich im reich sich hielten, stehen dero-
wegen dahin, ob nit ihre Kayßerliche Mayestät zu ersuchen, dieße clausul
zu verhütung alles disputirens außzulaßen.
Sonsten hetten sie auß iüngst abgelegten Churmaintzischen voto vernohm-
men, daß dieselbe ein conclusum in puncto amnistiae per maiora gemacht.
Müsten es dahingestelt sein laßen, ob die maiora hierin gelten solten, sie
hielten aber, die ständ hiebey ut singuli zu consideriren. Sie hielten, wann
man Kayßerlicher Mayestät ein bedencken solte geben, ihr abgelegtes
votum cum rationibus anzuhencken, weiln ihnen unvermuethlich vorkom-
men, ob solte solch votum so scharpf sein, daß Churbayern sich darüber zu
beschwehren, welches sie gleichwohl so eingericht, daß man sich darwider
nit zu beclagen. Sie hetten angeregt, daß der fried nit werde zu erheben sein,
es wehre dan die Pfaltzische sach hingelegt, quomodo würde die handlung
geben, sie müsten nothwendig darüber Ihren Gnedigsten Herrn berichten
und ferneren bevelchs erwarten. Sie hetten nichts vermeld, waß zu ein- oder
andern stands beschwerden gereichig, hetten auch albereit dießfals zuvor-
hero die notturfft reservirt.
Kurmainz . Beziehen sich kurz auf die Voten. Sie befinden in durchsehung
ihrer instruction, daß daßienige, so die herrn vorstimmende erwehnet,
meistentheils mit deme einschlage, waß sie von Ihrer Churfürstlichen
Gnaden vorzutragen in bevelch hetten. Dann soviel 1º die privilegia et
iura statuum betreffendt, sinthemahln dießes sachen seind, so vor Ihre Kay-
ßerliche Mayestät und die ständ allein, nit aber die frembde cronen gehören,
so hielten Ihre Churfürstliche Gnaden darfür, daß es auch dabey sein ver-
pleiben haben und unnöthig sein werde, sich derentwegen mit den frembden
cronen einzulaßen, zumahln Ihre Kayßerliche Mayestät sich ohnedaß, wie
in propositione gemeldet, erpietig machen, die ständ bey ihren privilegiis,
iuribus et constitutionibus imperii cräfftiglichen zu manuteniren und dar-
wider keineswegs zu beschwehren, auch alles, waß dato vorgangen sein
mögte, mit dem continuirlichen leidigen krieg entschuldigen. Hielten da-
hero Ihre Churfürstliche Gnaden davor, daß dieße Kayßerliche erclärung
zu danck anzunehmmen und Ihrer Kayßerlichen Mayestät einzurathen, daß
sie sich in dießem puncten gegen die frembde cronen weiter nit, dann all-
schon beschehen, einzulaßen. Inmittels wehren gleichwohl die ständ, so
dato sich wider ihre privilegia et iura oder auch reichsconstitutiones
beschwehrt gehalten, wie pillig zu hören und ihnen aller müglichkeid nach
zu assistiren, damit, waß dato wider einen oder andern vorgangen, remedirt
und weder dem reich noch den ständen ichtwas entzogen werde.
Waß die cron Schweden 1º wider daß edict de anno 1629 ahnführet, solches
habe durch den Prager frieden seine völlige erledigung und wehre dardurch
allen darwider geführten gravaminibus auß dem grund abgeholffen.
Betreffend obangeregte clausul „salvis tamen iis, quae ad Imperatorem et
collegium electorale solum pertinent“, et in specie „iuxta morem ab antiquo
in imperio receptum,“ da müsten Churmaintzischentheils davorhalten, daß
solche wortt ahn sich clar und deutlich genug, quod mos antiquus nit a
tempore Tiberii herzunehmmen, sondern quae verba haec significent mo-
rem a tempore, quo isti actus in imperio celebrari consueverint, in eorundem
celebratione observari solitum, dann bekand, daß etliche in dicto articulo
5º enthaltene actus durch die herrn churfürsten allein, etliche durch wenige
gleichsamb einem außschueß von den ständen, etliche aber von dem gesamb-
ten corpore statuum pflegen verricht zu werden; dahero wann ein solcher
actus vorgehet, qui consuevit celebrari per electores solos, sufficit praesentia
electorum, da vors ander ein actus vorgehet, da die ständ alle interessirt
et interventio eorum requiritur, geschicht solches per generalia comitia, si
vero paucarum sufficiat authoritas, expediatur per paucos und also yeder
actus iuxta morem ab antiquo in imperio receptum.
Die clausula reservatoria ad articulum 6 um „modo tamen ea faedera non
sint etc.“ könde Churmaintz meinung nach wohl pleiben ohne distinction,
dann wann der Kayßer ichtwas wider des reichs iura vornehmmen oder thun
solte, wüste man im reich, wie alsdann zu verfahren, und zeige die Kayßer-
liche wahlcapitulation, sodann daß iuramentum, so Ihrer Mayestät von
yedem stand des reichs geleistet werde, den weg;
482, 35–483, 2 falle – begegnen] In Kurköln statt dessen nur auf die Reichssatzungen ver-
wiesen . Etwas anders Kurbayern K II, spA II und sinngemäß damit übereinstimmend Kur-
trier zA, spA: Hinsichtlich der foedera vergleicht sich mit den vorstimenden, daß,
wan Ihr Khayserliche Mayestät nichts contra auream bullam und wahlcapitulation
handleten, auch kheine foedera gegen Ihr Mayestät von den ständen geschlossen
werden sollen.
auf daß churfürstliche collegium, maßen bey dem Hailbronner convent
solches von den confaederirten selbsten erkennet und dahin verwießen
worden
reich vor sich selbsten mächtig genug, dergleichen beginnen zu begegnen.
Waß sonsten die herrn Churbrandenburgische deß paß halber, so wegen
tolerirung der reformirten im Römischen reich in der Kayßerlichen respon-
sion eingeruckt, erinnert, da vermeinten sie, es werde sich solches bey bevor-
stehender handlung uber die religionsgravamina weißen laßen; und nachde-
mahlen sie befinden, daß in den abgelegten votis keine sonderbahre discre-
panz seye, so wolten sie daß conclusum verfaßen und den herrn gesanden
zu ihrer approbation zustellen.
Stelten zu der herrn gesanden belieben, ratione exauctorationis wie auch
des 4 ten puncten der commercien ihre gedancken gleichergestalt zu eröffnen.
Kurtrier . Waß Brandenburg wegen exauctoration der stand und ob solches
vor alle ständ gehörig, erwehnet, weiln hierin Kayßerlicher Mayestät
responsion und die Schwedische replic nit gleichförmig, so wehre von-
nöthen, daß Ihrer Kayßerlichen Mayestät dießfals mit guetachten ahn hand
gegangen werde. Sie können nit sehen, worin die Schwedische assertion
fundirt seye, sinthemahlen bekand, daß Kayßerlicher Mayestät alß ober-
haubt und dem cammergericht dergleichen proscriptiones vermög habender
iurisdiction gehörig, wehre also kein reservatum statuum; wie es mit den
churfürsten zu halten, gebe die Kayßerliche capitulation und güldene bull
ziehl und maß.
rathen, daß wie sie sich hierin wohl erclärt, also auch deroselben resolution
zu widerholen, nemblichen in dergleichen sachen iuxta imperii consti-
tutiones zue verfahren.
Betreffend die Churbrandenburgische erinnerung wegen der reformirten, da
gehöre solches nit allein vor die catholische, sondern auch Augspurgische
confessionsverwanthe, dahero mit denselben bey abhandlung der religions-
gravaminum, wie es damit zu halten, underredung zu pflegen. Es wehre
zwar im religionfrieden und anno 1566
Der Augsburger Religionsfriede vom 25. September 1555 schloß alle aus, die sich nicht zur
Augsburger Konfession oder zur katholischen Religion bekannten ( M. Simon, Religionsfriede
S. 71, 75, 79). Der Augsburger Reichsabschied vom 30. Mai 1566 bestätigte den Religions-
frieden; allerdings unterblieb auf dem Reichstag die Verurteilung des reformierten Kf. Friedrich II.
von der Pfalz ( Hollweg S. 329–383).
weiln es gleichwohl ein unverglichene sach, so stünde ferner davon zu
reden.
Die commercia wehren bey dießem krieg sehr geschwächt worden, dahero
nöthig, dieselbe zu flor des Römischen reichs wiederumb bestmüglichst
zu reduciren, und werde conclusa pace dießes wohl zu erhalten sein. Wehre
bekand, daß der edle Rheinstromb mit licenten, zöllen und andern aufflagen
von den Spanischen, Staden und andern ahn den eingenohmmenen chur-
und fürstenzöllen, sonderlich zu Caub, Bacherach und Hammerstein der-
maßen beschwehret, daß dardurch fast die gantze handlung zerschlagen und
die wahren eher uff dem land alß waßer ins reich gepracht werden
Kaub und Bacharach waren ursprünglich kurpfälzische Zollstätten. Sie befanden sich 1620 in
Händen der Spanier, Doppelerhebungen waren im Krieg häufig. Auch nach der Teilrestitution an
Pgf. Ludwig Philipp gingen weiterhin Zölle an die Kaiserlichen, an Hessen-Darmstadt und an
Frankreich ( Fliedner S. 36ff.).
mit den kriegenden theilen in den Niderlanden zu reden, wie die licenten
abgeschafft und die zöll wider restituirt werden mögten. Sonsten wolten sie
hiernechst gern vernehmmen, waß sich die herrn Churmaintz- und -baye-
rische nach eingelangter resolution wegen gesuchter restitution Ernbreit-
und Hammerstein erclären werden.
Kurköln . Belangend die Churbrandenburgische erinnerung circa pro-
scriptionem statuum etc., da hetten sich Kayßerliche Mayestät erclärt, alles
dero wahlcapitulation und reichsconstitutionen gemeß zu beobachten; dem
Kaiser gebührt dafür Dank und folglich ist von dießen puncten weiter keine
erwehnung zu thun, denn der sachen durch dieße generalität genugsamb
abgeholffen. Erinnerte sich sonsten, daß die cammergerichtsordnung der-
gleichen proscriptiones und declarationes banni zugebe.
Waß Brandenburg wegen der reformirten erwehnet, solches könde bis zu
abhandlung der religionsgravaminum, da dan dießer punct auch vorkom-
men würde, verschoben pleiben.
Betreffendt daß 4 te membrum der commerciorum, da werden solche vor-
schläg nit können vorpracht werden, welche nit anzunehmmen, damit daß
reich wider in vorigen flor gepracht werden möge, welches dann ervolgen
würde, wan zuvor von den kriegenden theil alle zöll, aufflagen, commen-
dantengelder und dergleichen abgeschafft. Wehre auch nit daran gelegen,
daß die ständ deß reichs sich mit den alten zöllen begnügen ließen, sondern
wolle auch nöthig sein, daß die benachparte, alß Spanien und Holland, auch
ihrestheils die newe zöll wider abthun und also die kauffleuth ohne beschwer-
den sein mögen und kein theil ursach nehmmen mögte, durch andere weg
solche zöll dem reich wider zuzupringen. Weiln auch die cron Schweden
sich vernehmmen laßen, die stätt hierüber zu hören, so hette man deßen
zu erwarten.
Kurbayern . Ratione exauctorationis statuum, da wehre dießer punct in
der güldenen bul, capitulation und cammergerichtsordnung dergestalt
erörtert, daß kein dubium dabey könde movirt werden. Die proscriptiones
seyen zwischen Kayßerlicher Mayestät und dem cammergericht abgetheilt,
die proscription geringer ständ erkenne daß cammergericht, wann aber der-
gleichen vorkommen, so fürstenstandspersohnen betreffen theten, gebe
Kayßerlicher Mayestät daß cammergericht solche causam ahn hand, darin
zu verfahren
lehen per obitum oder delictum apert werden, daß solche in Kayßerlicher
disposition sein solten
Teil 2 Titel 7 der Reichskammergerichtsordnung von 1555 behielt Rechtssprüche über die Ab-
erkennung von Fürstentümern, Herzogtümern und Grafschaften, soweit sie Reichslehen waren,
der Erkenntnis des Kaisers oder des Römischen Königs vor; doch sollten diese Gebiete dem Reich
Teutscher nation nicht entzogen werden ( Sammlung III S. 90).
worden, daß alles communicatio consilio mit den herrn churfürsten besche-
hen solle ; könden dahero die ständ wohl acquiesciren.
Waß Brandenburg wegen der reformirten religion erinnert, wehre solches
zu erörterung der religionsgravaminum zu verschieben, weiln die Augs-
purgische confessionsverwanthen sowohl alß die catholische interessirt,
wobey man sich dann pari passu werde wißen zu vergleichen.
Die commercia betreffend wehre zu hoffen, es werde nach erlangtem frieden
alles wider aufgericht
hielten sie darfür, daß alle newe angesetzte und erhöhete zöll, welche ohne
vorwißen und consens Ihrer Kayßerlichen Mayestät auffgericht, es seye von
den ständen des reichs oder sonsten geschehen, pillig wider auffzuheben,
und derentwegen auch die Niderländer zu ersuchen. Yedoch wann nach
erlangtem frieden einem yedwedern daß seinige wider eingeraumbt, werde
solches selbsten fallen. Weiln auch in der Schwedischen replic vermeldet
ist, daß die Hannseestätt noch eines und anders ahn hand geben werden,
so werde dasselbe zu erwarten sein.
Kurbrandenburg . Den ersten puncten belangend, falle ihnen bey, daß deß-
wegen albereit Kayßerliche Mayestät ein generalresolution geben, darauß
sie anderst nit abnehmmen, alß daß Kayßerliche Mayestät sich nach der
cronen replic conformirt; und müsten sie dafürhalten, daß solche exauctora-
tion und proscription vor daß cammergericht nit allein, sondern vor fürsten
und ständ gehörig, yedoch werde bey handlung der gravaminum dießer
punct auch vorkommen.
Waß sie wegen der reformirten erinnert und daß solches auch zu den reli-
gionsgravaminum verwießen werden wolle, stelten sie dahin, hielten aber
davor, daß solches dorthin nit gehörig, sondern wehre ein zusatz der
Schwedischen proposition. Seye bis dahero ihrem herrn kein zweivel
derentwegen movirt worden, sondern hetten Seine Churfürstliche Durch-
laucht alle actus exercirt, so die evangelische ständ thun sollen; hielten allein,
Kayßerliche Mayestät zu ersuchen, die clausul außzulaßen.
Ratione commerciorum vernehmmen sie, daß die antwortt außgestelt
pleiben solle, bis zu der cronen fernerer erclärung; weiln Franckreich dafür-
gehalten, die ständ, Schweden aber, die Hanseestätt darüber zu vernehmmen,
so hette man deßen zu erwarten, yedoch ohne praeiudiz der chur-, fürsten
und stand hochheit; Ihr Gnedigster Herr werde gern alle mittel beytragen
helffen, damit alles in pristinum statum wider gestelt werde.
Kurmainz . Hetten verstanden, wohin die herrn vorstimmende sich ver-
nehmmen laßen, befinden dabey kein sonderbahre discrepanz. Sie hielten
auch, sovil die exauctoration der ständ anlangt, es bey der Kayßerlichen
resolution zu laßen und Kayßerlicher Mayestät hierin einig guetachten zu
erhteilen unnöthig, zumahln in der güldenen bull, capitulation und reichs-
constitutionen gnugsamb versehen, wie es in dergleichen fällen zu halten,
Ihre Kayßerliche Mayestät auch sich allergnedigst erclärt, die ständ dabey
zu manuteniren.
Quoad reformatos, da hetten sie albereit die erwehnung gethan, es mögte
dießer punctus bey abhandlung der gravaminum seine erledigung erlangen
können, zumahln dabey nit allein die catholische, sondern auch Augspur-
gische confessionsverwanthe, wie sie dann deßen kein schew trügen, sich
interessirt hielten, wobey sie dann annoch bestünden.
Die commercia betreffendt, da mögten Ihre Churfürstliche Gnaden zue
Maintz […] liebers nit sehen, dann daß der ahm Rheinstromb ersteigert
und new angesetzte zoll wiederumb abgeschafft werden mögen, sie besorg-
ten aber, es werde solches vor erlangtem frieden schwehrlich zue halten
sein. Wann der frieden widerpracht, werde alßdann ein und anders abge-
schnitten, vor allen dingen aber die von den außwertigen einhabende zöll
wiederumb restituirt werden.
1–2 Ist – cooperirn] Laut Kurtrier zA, spA will Kurmainz dieses dem Gutachten
einverleiben.
Laut Kurtrier zA, spA, Kurköln zA I, spA I, Ib, Kurbayern K II, spA II fragt
Kurmainz anschließend noch, wie nuhn absoluta prima classe mit der re- undt corre-
lation zu verfahren, geschehen zu Osnabrügh keine communicationes dem direc-
torio, seye also daselbst unnöttigh, maßen auch Brandeburgh, will legatos hierüber
mit nechstem vernehmen. Laut Kurköln zA I, spA I, Ib schließlich ist nottig ge-
halten, zuzuwartten, waß fur ein conclusum zu Oßnabruck außgefallen.
Kurfürst von Mainz dazue gern cooperirn.