Acta Pacis Westphalicae III A 1,1 : Die Beratungen der kurfürstlichen Kurie, 1. Teil: 1645 - 1647 / Winfried Becker
19. Sitzung des Kurfürstenrats Münster 1646 Februar 12
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Münster 1646 Februar 12
Kurmainz Rk FrA Fasz. 9 II nr. 8/9 = Druckvorlage. Vgl. ferner Kurtrier zA ( damit
identisch Kurtrier spA p. 264–272); Kurköln zA I fol. 165–170’ ( damit identisch Kur-
köln spA I fol. 358’–369’, Kurköln spA Ib fol. 372’–385’, Kurköln zA Extrakt fol.
15’); Kurbayern K II fol. 95’–117’ ( damit identisch Kurbayern spA II p. 199–226).
Ist die Regensburger Amnestie von 1641 noch zeitgemäß? Einzelfragen einer Amnestie: Restitu-
tion der Krone Böhmen, des Herzogtums Jägerndorf, der Kurpfalz, des Herzogtums Württemberg,
der Markgrafschaft Baden-Durlach, der Grafschaft Nassau-Saarbrücken, der Stadt Augsburg.
Frühere Verhandlungen über die Amnestie. Kriegsschuldfrage. Autonomie der Reichsstände in
Entscheidung der Reichssachen.
[Im Kurfürstenratszimmer des Bischofshofs]. Vertreten: Kurmainz, Kurtrier, Kurköln, Kur-
bayern, Kurbrandenburg.
Kurmainz . Erfordert daß iüngst suspendirte Churbrandenburgische votum.
462, 16–466, 20 Kurbrandenburg – auszulaßen] In Kurbayern K II ist das kurbranden-
burgische Votum zweimal erhalten, einmal als zeitgenössische Abschrift des offenbar von
Kurbrandenburg schriftlich aufgesetzten und Kurbayern übermittelten Votums; dieser Fassung,
nicht der original kurbayerischen Mitschrift, folgt Kurbayern spA II.
zurück, daß dem concluso zuvolg von anfang der cronen propositionen und
replicen die consultationes hetten angefangen und die proemia repetirt
werden sollen, wie es ihrer Unterrichtung nach auch in Osnabrück geschieht. Damit
es aber nit daß ansehen habe, alß wann sie deßwegen in puncto amnistiae
ihr votum zurückzuhalten gedächten, alß wolten sich darüber anietzo
erclären, gleichwohl dergestalt, daß demnechsten auch die proemia zur
hand genohmmen, berathschlagt und erörtert werden mögen, welches sie
sich dann neben andern iüngst angeführten conditionen hiemit reservirt
haben wolten; und zwar anfangs befinden kein beßer mittel und expedition,
nach so langeführten krieg im heyligen Römischen reich, alles wider in
vorigen stand zu setzen und den innerlichen frieden zu restauriren alß eine
durchgehende abolitio et oblivio omnium praeteritorum, weil der eußerlich
und innerliche krieg also aneinander hange, daß keines vor verglichen gehal-
ten werden kann, es seye dann beyder sachen abgeholffen. Die eußerliche
ursach auch also ahn der innerlichen hange und davon herfließe, daß eine
nit uffgehoben werden könne, es seye dann dieße weggeraumbt, maßen die
der Kayßerlichen resolution vorbeygangen worden, auß den ursachen, daß
die brunquell der innerlichen unrhue, alß daß schädliche mißträwen zwi-
schen haubt und gliedern und dießen under sich, darauß der krieg entstan-
den, auß dem grund zu schöpfen und nit allein mit den außwertigen cronen
fried zu machen, sondern auch die wurtzel alles mißträwens außzurotten,
gestalt sonsten es anderst nit sein werde, alß daß man von außen daß fewer
leschen, inwendig aber die gluet brennen oder under der aschen ein zunner
laßen werde, welcher hernacher durch ein geringen wind wird angeblaßen
und in ein newe fewerbrunst, welcher daß reich in die 27 jahr verzehrt, auß-
schlagen könde, wavon sie weitere anregung zu thun unnöthig erachteten,
weiln die erfahrung bezeuge, daß, wann die innerliche ursachen des kriegs
von den außwertigen separirt, alles vergeblich und umbsonst geweßen
müsten ihrestheils dabey bestehen, daß die Frantzösische obgedachte ur-
sachen in ihrer proposition zusammensetzen und Kayßerlicher Mayestät
resolution dennen nit zuwider, auch bey iüngstem Regenspurgischen
reichstag von allen ständen ohn underschied der religion, daß die general-
amnistia daß rechte und zum frieden zulengliche mittel seye, bestendig
davorgehalten und von Ihrer Kayßerlichen Mayestät adprobirt worden,
auch noch von den vorstimmenden dabey bestanden werde.
Ob nun aber die amnistia, welche zu Regenspurg publicirt worden, dieie-
nige seye, dabey zu beharren, oder ein andere, welche universalis et illi-
mitata absque ulla exceptione
zu machen, werde sich ahm besten befinden, wann der sachen in etwas
nachgesehen werde. Es wolte zwar die Regenspurgische amnisti vor
universal gehalten werden, es wehre aber solche mit limitationen, excep-
tionen und conditionen also eingeschloßen, daß sie nur den bloßen nahmen
habe, also die restrictiones abgeschnitten oder dieselbe den nahmen gentz-
lich verliehren müste, inmaßen daß wortt amnistiae ahn sich selbsten
nachführe, daß alles, nit aber eines vergeßen, daß ander behalten werden
solle, sonsten es den nahmen einer dividirten amnisti haben würde, welchen-
fals bey den excipirenden die feindsehligkeid verpleiben und nit uffgehoben
werde. Es wehre auch dardurch der zweck der amnisti nit erreicht worden,
alß welcher dahin geziehlet, daß die ständ von den cronen abtretten und
wider zu Ihrer Kayßerlichen Mayestät sich schlagen solten, maßen die
erfahrung bezeuget; darauß zu schließen, daß sie dem frieden kein genügen
geben habe noch geben könne. Sie befinden auch, daß die amnistia uf ein
impossibilität gerichtet, indeme den ständen ufferlegt worden, andere, zu
Kayßerlicher Mayestät zu tretten, zu vermögen, welches aber in der resti-
tuirten ständ noch andern mächten nit gestanden. Sie considerirten auch,
daß die amnisti ohne effect geweßen, propter effectum suspensivum, wel-
cher, ob er wohl durch Kayßerlicher Mayestät erclärung und edict auff-
gehoben worden, derentwegen Ihr Gnedigster Herr von Chursachßen ein
exemplar empfangen und Ihrer Kayßerlichen Mayestät zu underthänigsten
ehren affigiren laßen, so hetten sie doch darin so viele limitationes und
restrictiones befunden, daß sie leicht urtheilen könden, daß die ständ,
welchen ahn der amnisti mehr alß Seiner Churfürstlichen Durchlaucht
gelegen, damit nit zufrieden sein, sondern dagegen allerhand reden und
motiven einwenden werden. Es seye auch allen zu Regenspurg geweßenen
ständen wißend, daß gesambte evangelische ständ eine general unlimitirte
amnistia vorgeschlagen, deren limitationes und effectus allein im chur-
fürstenrath vorkommen, welche sie nit approbirt; so wehre dieße amnistia
auf den Prager frieden fundirt, welchen die ständ pro norma tractatuum
nit gehalten, inmaßen Ihr Gnedigster Herr uff dem reichstag solches
selbsten erinnern und solche tractaten dahin stellen laßen, welche allein
provisionalis uff 40 jahr, davon albereit etliche verfloßen, angesehen. Dem-
nach aber die protestirende durch die maiora, welches nit geschehen sollen,
uberstimmet worden, wehren dieselbe anderer meinung gewesen und
nechst remonstration, daß solche amnistia dem frieden nit zuträglich, es
dahingestelt sein laßen müßen. Pleiben auch noch der bestendigen meinung,
weiln sie befinden, daß die cronen, ob sie schon von der Regenspurgischen
amnisti guete wißenschafft haben, dannoch eine universalamnisti begehren
und darauf beharren, welchem zuvolg Ihre Churfürstliche Durchlaucht zu
Brandenburg alß eine seuel des reichs und innerlicher rath Ihrer Kayßer-
lichen Mayestät zu befürderung des allgewünschten friedens, aufhebung der
innerlichen unrhue und einmüthiger zuesammensetzung einzurathen nit
vorbeygekönt, daß Kayßerliche Mayestät allergnedigst nachgeben wolten,
daß die von den cronen vorgeschlagene amnistia ohne einigen anhang
publicirt und der terminus uf anno 1618 gesetzt werde, und daß auß ur-
sachen, weiln die innerliche unrhue damahls ihren anfang gewonnen. Es
wehre zwar nit ohne, daß etliche jahr hernacher erst beyde cronen mit
Kayßerlicher Mayestät in feindschafft gerathen, sie hetten aber bezeugt, daß
die ursach des kriegs von anfang der Böheimbischen unrhue
33 herrühre] Zusätzlich in Kurbayern spA II und sinngemäß, aber knapper in Kur-
trier zA, spA, Kurköln zA I, spA I, Ib: Damals haben das Reich und in specie die
churfürsten, so etwa mit einiger freundtschafft (dahin man das wortt „necessitando“
Der aus dem Vorspann der schwedischen Replik zitierte Passus ( Meiern II S. 192) behauptete,
Kg. Gustav Adolf sei notgedrungen den deutschen Reichsständen zu Hilfe geeilt.
verstehet) bey den cronen verwandt, wie nicht weniger das königreich Böheimb
mit dessen zuegehörigen, das haus Pfalz, Württenberg, Baaden, die statt Augs-
purg, in der Schwedischen proposition benennet, noch glücklich floriert.
wehren sie zu dem end uf des reichs boden kommen, die reichsständ bey
ihren privilegien zu manuteniren; werden sich also dieselbe nit abweißen
noch ihrer waffen ungerechtigkeid bezüchtigen laßen. Und wann man ihnen
auch vorwerffen wolte, daß sie mit den statibus imperii et eorum causis
nichts zu thun, werden sie sich doch nit abweißen laßen, weiln ein anders
auß ihren causis erhellet, der Prager frieden und amnistia auch nit von allen
beliebt, sonder allein per maiora gemacht worden, auch nur alß eine
transaction und nit pro norma zu halten.
7–8 Die – laßen] Fehlt im ursprünglichen Text von Kurbayern K II; zusätzlich in Kur-
bayern spA II, sinngemäß in Kurtrier zA, spA, Kurköln zA I, spA I, Ib: Der
Vorschlag Kurtriers, die Beratungsthemen zu teilen, wurde im rath nicht angenohmmen,
weilen die cronen bereit handt angelegt und darbei wohl beharren wurden.
sachen sich nit abhalten laßen, noch auch die gravirte ständ solches gern
sehen, solang sie nit vollkommentlich restituirt, sondern sich ihres rechtens
geprauchen; dahero dann endlich dießes entstehen werde, daß die restitu-
tion omnis causae ad tempus der abnahm beschehen müste.
Daß aber die gravirte ständ, in specie aber daß hauß Pfaltz, ihre sachen
absonderlich vortragen und suchen solten, daran müsten sie zweiveln, ob
sie solches thun und nit davorhalten werden, sie neben andern zu resti-
tuiren und dahero ihre sach so clar alß andere, demnechst aber, da einer
oder ander ahn sie zusprechen, sie zur clag zu verweißen, ex regula, quod
gravatus
tent sein und nit die tractaten dardurch vielmehr remoriren werden.
Quoad res iudicatas, daß zu Mühlhaußen alle vorige actus approbirt worden,
auch schimpflich sein solte, solche
eine große confusion auß der auffhebung rerum transactarum entstehen
würde, wie nit weniger, daß einige sich uf den wiederigen fall dabey mit
hülff andern manuteniren werden, darüber woltens sie lieber der sachen
verlauff reden und den außschlag geben laßen, alß einige anregung davon,
und waß in der Schwedischen replic enthalten, zu thun.
Wegen restitution der cron Böheimben müste Ihr Gnedigster Herr es dahin
stellen, daß die cron Schweden solches urgirte. Solte sie auch darauf beharren,
müste man fernerer handlung gewarten, ehe man zuvor weiter mit ihnen
verfahren und den frieden remoriren mögte. Da nun solche sach ferner
vorkommen solte, reservirten sie Ihres Gnedigsten Herrn votum; und
werde Ihrer Churfürstlichen Durchlaucht auch niemand verdencken, daß
sie ihres hertzogthumbs Jägerndorff mit anregung thun laßen. Dieselbe
bezeigten vor Gott, daß sie Kayßerlicher Mayestät in einigerley weg zu
nahe zue tretten nit gemeint; es seye zwar bekand, welchergestalt weyland
ihr herr vetter desselben entsetzt worden
Mgf. Johann Georg von Brandenburg, Herzog von Jägerndorf (1577–1624) (über ihn Schulz
S. 2ff., 132–134, ADB 14 S. 175f. ), wurde nach Teilnahme am Böhmischen Krieg von Ks.
Ferdinand II. am 22. Januar 1621 geächtet ( Copia S. 21ff., passim); das Herzogtum Jägerndorf
wurde den Prätendenten Mgf. Christian Wilhelm und Georg Wilhelm von Brandenburg und damit
dem Haus Brandenburg entzogen ( Schulz S. 80ff., 126–130).
Boheimbischen krieg mit geprauchen laßen. Es hetten aber weyland yetziger
Churfürstlichen Durchlaucht herr vetter deroselben befügnus genugsamb
ahn tag gestelt, dieselbe wehren vor dem krieg in rhuiger possession sol-
chen hertzogthumbs geweßen, und nunmehr solches uff ietzige Ihre Chur-
fürstliche Durchlaucht devolvirt
Jägerndorf war 1524 von Brandenburg-Ansbach gekauft worden und an die Kurlinie gekommen;
am 30. Oktober 1606 überließ es Kf. Joachim Friedrich von Brandenburg seinem Sohn Mgf.
Johann Georg (mit den Städten Leobschütz, Jägerndorf und den Pfandherrschaften Oderberg und
Beuthen), er erhielt aber dafür nicht die ksl. Bestätigung ( Schulz S. 34ff., Moerner S. X,
30).
tuirt, so werde Ihr Gnedigster Herr doch dieße restitution urgiren, dann
man sie nichts beschuldigen könde, und hetten sie desienigen, so die andere
verschuldet, nit zu entgelten.
Die restitution der Churpfaltz erachten sie einen hohen puncten, davon
viel dependirt, deßen sich auch andere neben Franckreich und Schweden
eyfferig angenohmmen, auch zue Regenspurg und Franckfurth die reichs-
ständ, darunder viele catholische, darfürgehalten, daß ohne hinlegung der
sachen kein fried zu hoffen.
Die restitution Würtenberg, Baden Durlach und statt Augspurg hielten sie
pillig und daß derentwegen Kayßerliche Mayestät zu ersuchen, allermaßen
dann Ihr Gnedigster Herr albereit in particulari ahn Kayßerliche Mayestät
dergleichen recommendation abgehen
18–20 Seyen – außzulaßen] Deutlicher in Kurbayern spA II: Die entsprechenden Artikel,
der 3. der schwedischen und der 4. der französischen Proposition mit den Worten necessitudine
iuncti fuerant et etiamnum sunt electores
Vgl. Meiern I S. 436 , 446.
auf die Regensburger Amnestie in der Kaiserlichen resolution ist auszulassen.
der cronen replicen nach die amnistia uff anno 1618 zue extendiren und die
addirte restrictiones außzulaßen.
Kurmainz . Nechst kürtzlicher recapitulirung der herrn vorstimmenden
votorum befinden in durchsehung ihrer instruction, daß Ihre Churfürst-
liche Gnaden zue Maintz […] sich die generalamnistia gleich hiebevorn,
also auch anietzo nit zuwider sein laßen, wann dieselbe reciproca und ein
theil sowohl als der ander sich deren zu erfreuen hatt und daß der scopus
der vereinigung mit Kayßerlicher Mayestät und den ständen und denselben
under sich erlangt und nit etwan die ursachen, warumb bishero die beruhi-
gung nit erhalten werden könne, noch bevorpleiben mögen. Und nach-
demahln dießes alles anno 1641 zu Regenspurg sehr reifflich und wohl be-
dacht, auch mit Ihrer Kayßerlichen Mayestät verglichen und in reichsab-
schied gepracht und publicirt worden, so finden Ihre Churfürstliche
Gnaden reifflich erwogenen sachen nach bey sich nit, wie auff der frembden
cronen begehren ohne besorgende höchstschädliche consequenz von dem-
selben abzustehen sein werde, zumahln, soviel besagte cronen belanget,
dieselbe auch selbsten darfürhalten, daß die amnistia ferner nit extendirt
werden könde alß auff die jahr, da sie mit Kayßerlicher Mayestät in krieg
gerathen. Der Kriegseintritt Schwedens im Jahr 1630 ist bekannt, wobei es dahero
auch pillig verpleibe, cum quisque debeat manere intra limites et latitudinem
sui belli, prout apud omnes gentes usu receptum nec extet exemplum in
contrarium. Die Schwedische herrn legaten selbsten wisten die erste hosti-
litates, darin sie mit dem reich gerathen, weiter nit alß ad annum 1628 zu
extendiren, wie dann der könig in Schweden bey seiner ersten ankunfft uf
des reichs boden in seinem publicirten manifest, auch ahn die herrn chur-
fürsten des reichs abgangenen schreiben deutlich von sich geschrieben,
daß er nit allein durch den gantzen Teutschen krieg mit Kayßerlicher
Mayestät und dem reich in unverletzter und ungeferbter freundschafft und
neutralitat gehalten, sondern auch weder vor noch nach demselben einigen
rechtmeßigen schein einiger beleidigung gegeben
In verschiedenen Schreiben an deutsche Fürsten betonte Kg. Gustav Adolf, einen Verteidigungskrieg
nicht gegen das Reich und seine Verfassung, sondern gegen deren Zerstörer zu führen ( Droysen,
Schriftstücke S. 7–9, 12, 18, 91–93, Kretzschmar, Gustav Adolfs Pläne nr. 15 S. 374);
seine „Expedition ins Reich“ begründete er mit dem Hilfeersuchen Stralsunds 1628 und den
Gewalttätigkeiten des ksl. Heeres an der Ostseeküste ( Londorp IV S. 73–77). Nach der
Landung der schwedischen Truppen in Peenemünde am 26. Juni 1630 waren zunächst Propaganda
und begrenzte, auf die Situation zugeschnittene Kriegsziele bei Gustav Adolf noch sehr aufeinander
bezogen ( M. Roberts II S. 406f., 417ff., bes. S. 423–425).
stante, kan inmittels kein ius vel causas belli contra Caesarem et imperium
gehabt noch dahero ursach haben, die amnistia ad annum 1618 zu ziehen.
Bey dem mit Chursachßen anno 1635 bevorgeweßenen tractat
cron Schweden anfenglich auch terminum amnistiae ad annum 1618 zu-
rückgesetzt haben wollen, nachdemahln man aber uff seiten Ihrer Chur-
fürstlichen Durchlaucht dießfals die notturfft remonstrirt, hetten sie ac-
quiescirt, daß es der amnisti halber bey dem termino de anno 1630 zu
laßen, und beneben begehrt, daß die noch ubrige ständ, so dem Prager
frieden nit einverleibt, in denselben auffgenohmen werden mögten. Dafern
gleichwohl die cron Schweden die in bemelten jahr 1628 vorgangene und
angebene offensiones iha mit in die amnisti gezogen, auch noch einige
causas particulares darin begrieffen haben wolte, hielten sie dafür, daß
solches endlichen Ihrer Kayßerlichen Mayestät auch nit zuwider, sondern
dem werck durch absonderliche limitationes wohl abzuhelffen sein werde.
Sie hetten auß der herrn Churtryrischen voto den Vorschlag einer Abhand-
lung der Reichssachen ohne Hinzuziehung der auswärtigen Mächte vernohmen,
halten dies für mehr alß pillig, wehren auch der meinung, daß solches uff
alle weg versucht und dabey bestanden werde. Es hetten zwar die herrn
Churbrandenburgische davorgehalten, es würden die frembde cronen, weiln
sie albereit hand angelegt, davon nit abweichen, die ständ selbsten auch
solches mit begehren; wie deme allem, so verglichen sie sich mit Tryr.
Daß sonsten alles daßienige, waß mit vorgehabtem rath und wohlbedachtem
muth berathschlaget, beschloßen und ins reich publicirt, iha sogar transi-
girt, decidirt und praevia causae cognitione abgeurtheilt worden, ietzo
[…] cassirt werden solle, solches befinden Ihre Churfürstliche Gnaden
[…] dem Römischen reich disreputirlich. Und damit nit etwan einiger
bruch in die reichsconstitutiones gemacht werde, seyen sie der meynung,
daß es beim Regenspurgischen reichsschlueß anno 1641 zu verpleiben, umb
soviel mehr,
17–20 weiln – wolle] Zusätzlich in Kurbayern spA II, K II, sinngemäß auch in
Kurtrier zA, spA, Kurköln zA I, spA I, Ib: durch welche clausl dem kurbranden-
burgischen Einspruch, das gemelt Regenspurgische amnestia per maiora geschlossen
worden, trefflich begegnet werden kan
Das Gutachten über die Generalamnestie, das dem Regensburger Reichsabschied von 1641 ein-
verleibt wurde, war in der Tat durch Verhandlungen zwischen den wichtigsten Reichsständen und
nicht durch reine Mehrheitsentscheidungen zustandegekommen; allerdings hatten die Protestanten
dabei doch stets mit der Gefahr von Majorisierungen rechnen müssen ( Bierther S. 159–185).
dem amnistiedict einzuverleiben begehrt, daß alles, waß geschloßen, ins-
künfftig verpleiben solle, es falle auch daß unwandelbahre glück der waffen,
wohin es wolle; und weiln sie befinden, daß Churtryr, -cölln und -bayern auch
der meinung, so falle daß conclusum vor sich, daß dem iüngsten Regens-
purgischen reichsabschied gemeß alles in dem stand zu laßen, wie es anno
1627 den 12. Novembris in ecclesiasticis, in politicis aber anno 1630 ge-
weßen.
Belangend die erbkönigreich und landen, da wehre bekand, auß waß er-
heblichen ursachen dieselbe von der amnisti außgeschloßen worden. Sie
hetten auch die nachricht, daß die Böheimbische ständ und underthanen
nit begehrten, in die amnistia eingeruckt zu werden; da aber ein oder
ander particularpersohn auß den Böheimbischen landen der cron Schweden
sago vel toga gedient und dieselbe sich deßen annehmen wolte, so stünde
dahin, daß sie solches vorprächten. Zweivelten nit, Ihre Kayßerliche Maye-
stät solches gern anhören und befundenen dingen nach sich darauff aller-
gnedigst erclären werden.
Die Pfaltzische sach belangend, seye dieselbe mit allerseits interessirten
consens zu particulartractaten außgestelt worden
Siehe oben S. [457 Anm. 2] .
es werde auch dabey sein verpleiben haben,
seyen, daß den Interessenten nit zuwider, darüber noch dießorths parti-
culartractaten zu leiden.
Würtenberg
Da dem 1638 wiedereingesetzten Hg. Eberhard III. von Württemberg die suspendierte Regens-
burger Generalamnestie von 1641 am Reichstag zugebilligt worden war, die in geistlichen Gütern
das Stichjahr 1627, in weltlichen 1630 vorsah, konnte er die württembergischen Klöster, die ihm
erst aufgrund des Restitutionsediktes entzogen worden waren, für sich reklamieren ( Dickmann
S. 382f., 365f.).
holffen.
Die Baden Durlachische sach wehre res transacta et decisa
dann auch sein verpleiben.
Die Augspurgische strittigkeiden seyen nit ratione exercitii, sondern der
kirchen, so sie den catholischen contra pacem religionis abgenohmmen
Laut Restitutionsvertrag vom 2. August 1548 zwischen Bf. Otto von Augsburg und dem Rat
der Stadt Augsburg (1582 bestätigt) wurden in Augsburg den Protestanten nur wenige Kirchen
gemäß dem Interim überlassen ( Roth IV S. 170, III S. 485, 537f.); im Ringen um die Aus-
legung der Paritätsbestimmungen des Augsburger Religionsfriedens von 1555 griff die katho-
lische Seite auf die ihr günstigen Festlegungen des Vertrags von 1548 zurück ( Roth IV S. 680ff.,
Stetten II S. 792–799).
und werde davon hernechst noch gered und dahin gesehen werden können,
wie einem und andern zu helffen.