Acta Pacis Westphalicae III A 1,1 : Die Beratungen der kurfürstlichen Kurie, 1. Teil: 1645 - 1647 / Winfried Becker
10. Sitzung des Kurfürstenrats Münster 1645 Oktober 21
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Münster 1645 Oktober 21
Kurbayern K I fol. 247–262’ = Druckvorlage; damit identisch Kurbayern spA I p. 379–
420. Vgl. ferner Kurmainz K FrA Fasz. 12 ( unvollständig ), Kurtrier zA ( damit iden-
tisch Kurtrier Rs 9231, Kurtrier spA p. 85–95 ); Kurköln zA I fol. 92–101’ ( damit
identisch Kurköln spA I fol. 176’–196’, Kurköln spA Ia fol. 183’–202 ).
Gründe für und gegen die Admission der exclusi: Religionsfrieden, Geistlicher Vorbehalt, Krieg
gegen Kaiser und Reich, Reichstagscharakter des Kongresses, Haltung der auswärtigen Mächte.
Möglichkeiten indirekter Admission: in pleno, per deputatos, nur in politicis. Information
Frankreichs und Schwedens über die Unrechtmäßigkeit der Admission.
Ankunft der kurtrierischen Vertreter.
[Im Kurfürstenratszimmer des Bischofshofs]. Vertreten: Kurmainz, Kurtrier, Kurköln, Kur-
bayern , Kurbrandenburg.
28 Kurmainz ] Laut Kurköln spA I, Ia, zA I hat Churcöllen vor Trier den vorsiz
(wegen der gewohnlichen alternation) gehabt und die session folgendermaßen ge-
nohmen : Bayern, Maynz, Cöllen, Trier, Brandenburg. Votantentaffel: Maynz, Trier,
Cöllen, Bayern, Brandenburg. Die Proposition in Kurtrier zA, Rs, spA, Kurköln
zA I, spA I, Ia knapper.
Konferenz zwischen den Deputierten des Münsteraner Fürstenrats und der Stände
in Osnabrück, die am verwichnen montag stattgefunden hat, sowie über das
Osnabrücker Schreiben vom 30. September zu beraten. Die Information, die vor-
gestern Kurmainz und Kurbayern als ordentlichen Deputierten des Kurfürstenrats
versprochen worden ist, steht zwar noch aus; Kurmainz weiß sich jedoch aus der
mündlichen relation des Fürstenrats der Osnabrücker Vorschläge in der
Admissionsfrage zu erinnern:
1. Sitz Magdeburgs auf der weltlichen Fürstenbank,
2. reversales Magdeburgs, das solcher actus zu ewigen Zeiten solte unpraei-
iudicirlich sein.
3. Keine consequenz der Admission Magdeburgs für die Inhaber der übrigen
geistlichen Stifter, wie dan sie Magdeburgische neben anderer fürsten und
standte zu Oßnabrügg bei den Schwedischen plenipotentiarien derentwegen
allernöttige underpauung thuen wolten. Und
des herrn herzogens zu Mechelburg Fürstlicher Gnaden wegen des stüffts
Lübeck er sich der session und stimb begeben, auch nicht zweiflen wolte,
Ihr Fürstliche Gnaden auch wegen Schwerin zu renuntiiren gefallens
tragen wirden
Die Herzöge von Mecklenburg saßen an 24. und 25. Stelle auf der weltlichen Fürstenbank für
Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Güstrow, sie hatten außerdem eine Stimme für das
Hochstift Schwerin und eine für das Hochstift Ratzeburg ( Hofer S. 85, 176, Schnell -
Güstrow S. 111f.); beide Hochstifter waren damals faktisch Mecklenburger Administraturen
und wurden durch den Friedensschluß formell dem Hg. Adolf Friedrich von Mecklenburg-Schwerin
für sich und seine Nachkommen als erbliche Leben eingeräumt ( Schnell-Güstrow S. 113f.,
Dickmann S. 384, 402, MEA Corr A 9 [3]). Auf das Hochstift Lübeck hatte Dänemark ein
Auge geworfen, es wurde aber als „letztes evangelisches Stift“ erst 1803 säkularisiert ( Lorenz
S. 8, 169, Schäfer V S. 369).
Hessen-Kassel gibt an, während der Traktate bei den auswertigen cronen alle
guete officia laisten zu können, suechten dahero die admission allein in
politisch-, in militarischen oder in sachen eigenen Interesses aber nicht; so
were diser convent kein reichstag, sondern ein extraordinari zusamben-
konfft .
Bitten die herrn vorstimbende um Meinungsäußerung über diese Vorschläge und
das erwähnte Schreiben aus Osnabrück.
Kurtrier . Ihre Churfürstliche Gnaden zu Trier hetten ihnen dero abge-
sandten bei ihrer abferttigung gnedigst anbefohlen, wan sie wirden die
session einnehmen in dem hochlöblichen churfürstenrath, denen anweßen-
den hochansehenlichen herrn abgesandten Seiner Churfürstlichen Gnaden
freundschafft, gnedigsten grueß und allen genaigten willen zu vermelden
und benebens derselben gnedigste intention, so zu dem fridenswerck
zihlte, disohrts, absonderlich aber in den revisiten denen herrn abgesandten
gebürend vorzustellen, welches sie auch nicht underlassen wirden etc.
Sonsten hetten sie ihre vollmacht zu dem Churmainzischen directorio
eingelifert , zu desselben belieben stellendt, ob es solche zu übrigen chur-
fürstlichen herrn abgesandten wissenschafft wolle kommen lassen.
[…] Hetten sie auß den ihnen communicierten schrüfften ersehen, waß
in der Admissionsfrage nach und nach für resolutiones und schlüs beeder-
seits gegeneinander ergangen, auch verstanden, waß von den Oßnabrüg-
gischen deputierten bei vorgangener conferenz für vorschlag angefürth
worden.
Sovil nun Magdenburg anlangt, hetten sie kein specialinstruction, in erwe-
gung Ihre Churfürstliche Gnaden von disem puncten kein nachricht gehabt,
befünden gleichwol, das sie in der materi genuegsamb bevelcht, nemblich
dasihenige in obacht zu nehmen, waß des heiligen reichs constitutiones,
auch dem religion- undt prophanfriden gemeß und was dennen zu entgegen,
keinesweegs einzugehen, sondern mit gueter manier zu widerstreben und
neben andern zu defendieren. Nun wehre der religionfrieden gar klar und
vornemblich in chrafft des geistlichen vorbehalts, das kein inhaber der geist-
lichen güetter von den Augspurgischen confessionsverwanthen weder bei
reichs- noch andern dergleichen conventen der session und voti theilhafftig
sein solte . Das aber dise quaestion, so in den reichsconstitutionen decidirt,
eben aniezo anderst vorgebracht wird und da mangleichsamb im werck begrif-
fen , in den fridenstractaten ein anfang und hofentlich auch ein guetes ende zu
machen, köndten sie nicht wißen, was etwa bei Magdenburg für ursachen ob-
handen oder vermaint wird, alß wolte man des herrn administratoris Hoch-
fürstliche Gnaden von den reichsconstitutionen, auch den vorseienden fridens-
tractaten selbst außschliessen, sondern da dieselben oder dero gesandten icht-
was vor- und anzubringen, mit solch ihrer notturfft und habender erinerung
wohl per deputatos köndten vernohmen, dasselbige beobachtet und in den
allgemeinen fridenschluß gebracht
uf der weltlichen panck cediren wurde, noch wie die vota der ordnung
nach hierdurch geschechen köndten; sechen dahero nicht, wie darein zu
condescendiern. Und weil sich solcher admission die cronen starck annehmen,
stelten sie dahin, ob nicht rathsamb, vermitls einiger deputation auß dem
chur- und fürstenrath oder der herrn mediatorn den cronen an beeden
ohrten hier und zu Oßnabrugg disfals die notturfft bestermassen zu remon-
striren .
weßen betreffend, einig bedencken, der frau landtgräffin dasihenige zuezu-
lassen , waß sie im herbringen. Weil man aber nicht vernehme, das Ihre
Fürstliche Gnaden sich von den cronen separiren wolten, sondern annoch
in den waffen wider Kaiserliche Mayestät und dero assistirenden chur-,
fürsten und stendt begrüffen, dahero da dieselbe in den consiliis und da
man vom friden und dessen widerherbeibringung reden, zuegelassen wer-
den solte, es zu keinem rechten außschlag kommen, sondern sie all anderer
consilien vernehmen und solche den cronen communiciren möchte, so
sechen sie nicht, das Ihre Fürstliche Gnaden oder dero gesandten in dem
rath bei den consiliis sein und doch den frembden cronen assistiren köndten.
Vermainten dahero, dahin bedacht zu sein, ob dieselbe wenigst zu suspen-
dirung ihrer waffen gegen Kaiserliche Mayestät und dero assistirenden
chur-, fürsten und ständt des reichs zu vermögen sein möchte, dan ausser
dessen sie billich in die zahl derihenigen zu sezen, so den cronen anhengen,
und köndte mit deroselben nicht wohl anderst als den cronen selbst trac-
tirt werden. Welche und andere rationes auch mehrgedachter cronen abge-
sandten beweglich zu gemüeth zu fiehren, und das dises, gleichwie mit
dem erzstüfft Magdenburg, auch ein hardtes zuemuethen wehre.
Eine gleiche meinung hette es mit den übrigen exclusis Baden Durlach und
Nassau Sarbrücken, wiewohl ein underschiedt wegen der von Hessen Caßl
fiehrender waffen wehre. Vermainten aber, wan beede fürstliche und gräff-
liche heußer gegen Kaiserliche Mayestät durch eine abordnung oder sub-
missionschreiben sich accommodierten, sie wurden ihnen hierdurch den
weg zu der suchenden admission selbst wohl pahnen und öffnen können;
weil ihnen Churtrierischen aber von diser sache und was dato vorgelauffen,
wenig bekandt, so wolten sie die herrn nachstimbende gehrn anhören und
sich mit denselben vergleichen.
Votum. Bedanckten sich zuvorderist gegen Ihre Churfürstliche Gnaden zu
Trier für ihren Gruß und gebierte deroselben hocher danck, das sie dise
generalfridenstractaten beschicken und ihro session und stimb in dem chur-
fürstlichen collegio nehmen wollen, mit gethanen wunsch, das deroselben
herrn abgesandten guete consilia zu forttstellung der vorseienden tractaten
und erlangung des werthen fridens bestens gedeyen mögten.
Verweisen auf die bereits früher zu diesem Thema abgelegten Voten und entnehmen
dem Bericht über die Konferenz zwischen den Fürstlichen, das die Oßnabrüggi-
schen gesandten zu demonstriern sich beflissen, das zwischen disem und
andern reichsconventen ein underschiedt wehre, weil die consultationes
mehr mit den außwertigen cronen als den stendten des reichs selbst gefürth
werden miessen, 2. das die cronen behaubten wolten, solche admission
dem praeliminarschlus gemeß zu sein, weswegen eher Nachgiebigkeit als Ab-
bruch der Verhandlungen zu empfehlen sei. So wehre iedoch zu consideriren,
1. daß obzwar diser convent einem reichstag quoad formalitates extrinsecas
nicht eben allerdings gleich, daß doch bekandt, das die consultationes per
tria collegia angestelt, die gewohnliche sessiones dem herkommen nach
genohmen, auch re- und correferirt und, was concludirt, mit Kaiserlicher
Mayestät vermitls überraichung gebreuchiger guetachten verglichen werde.
Und obwohl Magdeburg sich auf die ab antiquo ihm gebührende Session berufen
wird, so hat es doch notorium seit dem Religionsfrieden keine session mehr
gehabt, wie dan das von den herrn Oßnabrüggischen allegirte exempel von
dem Erfurthischen convent de anno 1567 ihnen mehr in weg stünde, weil
es kein reichstag, sondern ein gemeiner convent der craißobristen gewesen
Die Reichsversammlung aller Kreisobristen in Erfurt (August-September 1567) war auf dem
Regensburger Reichstag von 1567 beschlossen und durch einzelne Kreistage vorbereitet worden;
das Erzstift Magdeburg war auf dem Reichstag vertreten und an der Unterschrift des Kreis-
abschieds beteiligt gewesen ( Häberlin 7 S. 318–365, 364).
allermassen uf den darauf ervolgten reichstag zu Speyr
Gemeint ist der Speyerer Reichstag von 1570. Dem Aministrator Joachim Friedrich von Branden-
burg wurde hier von den katholischen geistlichen Fürsten Sitz und Stimme bestritten; Rom ver-
langte , dem protestantischen Administrator die Leben abzuerkennen ( H. Becker , Speyerer
Reichstag S. 49ff., 163ff.).
haber des erzstüffts Magdenburg nicht admittirt worden; waß aber der
craißtäg halber ohnedas für Ihre Fürstliche Gnaden den herrn administra-
torn herkommen, ließe man es dabei bewenden. Und verhoffe man, was
hochgedachte Ihre Fürstliche Gnaden vorhero nicht im herbringen gehabt,
auch dermahl den ständten nicht ufsaillen würden. Und ob man wohl auch
nachgeben köndte, das man mehr in tractaten mit den frembden cronen
als den stendten des reichs bestündte und, waß verglichen, an dieselbe würde
miessen gebracht werden, so haben dieselben zu behaubtung diser Magden-
burgischen admission einige rechtmessige ursach nicht. Dan sie gehrn
gestehen müessen, das diser sessionsstreutt erst bei anthrettung der trac-
taten entstanden und solcher zu den gravaminibus und deren erörtterung
gehörig, allermassen Ire Kaiserliche Mayestät erbietig, das sie leiden möch-
ten , das von disem gravamine auch gehandlet, sich dahero nicht schicken
würde, waß materia tractanda sein solte, ante tractatus zu bewilligen.
Und köndte man auch bei disem passu ganz nicht befünden, das dises werck
dem praeliminarschluß gemeß sein solte, dan obwohl darin die salvi con-
ductus pro imperii statibus ausbedingt, so wehre doch darin nicht gemeldet,
das ihenige, welche kein session herbracht, solche iezo haben solten;
so köndten sie cronen daraus überzeigt werden, das das wörttlein „ordines
imperii“ ein anders und mehrers nicht nach sich führte, als das einem ieden
der weeg geöffnet, seine notturfft beederorthen hier und zu Oßnabrügg
vorzubringen,
in ein newen formb richten wollen. Wan nun die stendt hierinen einer mei-
nung , so zweifelten sie nicht, die frembde cronen wurden uf vorgehende
remonstration von diser admission gehrn abstehen und an sein gewöhnlich
orth der gravaminum außgestelt sein lassen. Und wan die Magdenburgi-
schen hiervon von selbsten solten abstehen, würden die cronen sie hierzue
nicht
das sie solche dissensiones mehrers in obacht nehmen würden; und gesezt,
das sie cronen solten veranlaßen, die tractatus aufzustossen, so gebe man
den curfürstlichen abgesandten zu erwegen, ob ein verstendiger oder die
ganze erbare weit würde zuegeben können, das sie willens gewesen, frid
zu stufften, sondern vilmehr zum schein angesechen; und da es sein solte,
würde sich zeigen, ob sie izo gleich rumpiren oder hernegst eine ursach
herfürsuechen würden, imo scheinte, das es izo beßer wehre alß under
disem praetext was zuezulasßen, so wider das herkommen und die billigkeit
gesuecht würd.
Wiederholen, daß man Hessen Kassel gern zu Session und Stimme zulassen will,
wenn es die waffen niederlegt, man auch dann sich mit diesem Haus aller verthreu-
lichen verstendtnus zu
26 bedienen] Zusätzlich in Kurmainz K und sinngemäß in Kurköln zA I, spA I, Ia
sowie in Kurtrier zA, Rs, spA: So geben auch der frembden cronen propositiones
genugsamblich zu erkennen, daß sich partem, mit welchem zu tractiren, gemacht,
weilen gleich den frembden cronen satisfaction von Kayserlicher Mayestät undt den
stenden praetendirte.
Beratungen über die militaria oder Angelegenheiten des eigenen Interesses fernzu-
halten , so sechen sie aber nicht, wie dise distinction köndte plaz haben, da ja
ein punct von dem andern
29 dependirte] Zusätzlich in Kurköln spA I, Ia, zA I sinngemäß in Kurtrier zA, Rs,
spA: und zwar so, das, wan sichs an einem stoß, alsdan alles ander für nicht gehandlet
gehalten werde, man auch bisweyllen auf einem so hart halte, damit ein anderer,
daran mehr gelegen, desto besser durchgetrieben werde.
Können auch der Session Magdeburgs gegen reversalien nicht zustimmen, sondern
wehren von Ihrer Churfürstlichen Durchlaucht zu Cölln de novo bevelcht,
den vorigen zu inhaeriren und disen vorschlag ihnen anzutragen, das so-
wohl die Magdenburgische als Hessen Cäßlische gesandten ihre consilia
und erinnerungen entweders denen deputirten oder in pleno den ständten
eröffnen köndten und möchten, mit erbieten, das man solche erinnerungen
iedesmahls in guete obacht nehmen wolte. Wehren also sie Churcöllnische
nochmals der meinung, dieihenige fundamenta, so noch verhanden, den
Oßnabrüggischen deputirten zu repraesentiern und anbei zu ersuechen,
solche bei sich vernünfftig zu erwegen und gelten zu lassen, auch die Magden-
burgische und Hessen Caßlische dahin zu disponiern, das sie ihnen möchten
beyfall geben und mit der session und stimb zuruckhalten. Wan nun dises
beobachtet, die ständt die cronen auch dahin erinnert, wehre zu hoffen, sie
solten sich in ruhe begeben. Vermainten auch, vorerst mit den Kaiser-
lichen herrn commissariis disfals in conferenz zu thretten, umb zu verneh-
men , wohin Ihre Kaiserliche Mayestät inclinirten und für ein expediens
zu treffen und ob es per deputatos oder durch die mediatores an die cronen
zu bringen, damit sie selbst die consultationes lenger nicht aufhielten.
Kurbayern . Nehmen Bezug auf die Proposition und das kurtrierische Votum.
Danken dem Kurfürsten von Trier für die Gefälligkeit, zur Förderung des allge-
mainen pacificationswercks gegenwertige ansehentliche gesandtschafft
abzusenden […]. Verweisen noch einmal auf die ausführlichen, in verschiedenen
consultationen geäußerten und von Osnabrück bisher noch nicht widerlegten rationen
und fundamenten zum Thema. Magdeburgs Ansinnen steht dem wichtigsten
Punkt des Religionsfriedens e diametro entgegen, evangelische Stiftsinhaber haben
bisher ein ius suffragii nicht erworben, Magdeburgauchim Prager Frieden nicht. In An-
betracht dieser klaren Sachlage haben sie erwartet, die Osnabrücker Stände würden mit
einem so wenig förderlichen postulato zuruckhalten. Wiederholen frühere Voten
und hoffen, Osnabrück wird die Forderung von selbsten gehrn aufgeben.
Die neuen Vorschläge aus Osnabrück liessen sie dahingestelt sein, hetten auch
selbige ihre difficulteten, wie die herrn vorstimbende bereits angefirth,
und wusten nicht, warumb man sich in reversalibus in reichskhündigen
richtigen sachen vil aufhalten solte, wie ingleichen wegen nehmung der
session uf der weltlichen panck, weil doch wegen der ordnung im votiren
allerhandt difficulteten sich herfürthuen würden. Daß sie aber die admission
eben aniezo so starck urgiren, sichet man nicht warumb, weil doch keinem
standt hierdurch einig praeiudicium solte zuegezogen werden, daher dan
die Oßnabrüggische ebensoleicht hiervon künden abstehen alß hießige
gesandten solche zuegeben. Daß nun diser tag kein reichs- sonder ein
extraordinari convent sein solte, erinnerte man sich des Lengerischen
schluß, in krafft deßen diser convent ein formalischer reichsconvent, bey
welchem ein allgemeiner Teutscher friden solle tractirt undt abgehandelt
werden, intitulirt worden, so tacite undt gleichsamb in effectu uff einen
reichstagh hienaußlauffet […].
Erklerten sich demnach haubtsächlich, das die Magdenburgische gesand-
ten keineswegs zu admittiren, sondern vilmehr dahin zu disponiren, das
sie von selbsten von solch ihrem postulato abstehen möchten.
chige possession des directorii ein, daß weder 1. dieselbige bei dem Chur-
mainzischen reichsdirectorio sich gebürend legitimirt noch 2. das ihnen
zu einigem rathgang wehre angesagt worden, dahero mit fueg einige posses-
sion des directorii köndte allegirt werden. Magdeburg kann nach dem Rat
der Vorstimmenden in seinen particularahnligen per deputatos oder in pleno
angehört werden.
Würden wünschen, daß Hessen-Kassel in einem andern und solchem standt
mit dem Kaiser begruffen, daß es das zustehende Stimmrecht auch ausüben könnte,
weil aber das werckh, wie reichskündtig, in alio statu, so thetten sie ihre
vorige disfals abgelegte vota gleichfals anhero widerhollen und, wie die
herrn vorstimbendte angefurth, köndten sie geschechen lassen, das dero-
selben gesandten an hand geben würde, das sie sich mit Kaiserlicher Maye-
stät selbst accommodieren und also sich, den reichsconsultationen beizu-
wohnen , fähig machen möchten.
Zwar sind Baden-Durlach und Nassau-Saarbrücken in keinen offenen waffen
begrüffen, hielten gleichwoln darfür, das selbige umb sovil mehr und leich-
ter bei Kaiserlicher Mayestät durch allerunderthenigste submissionschrei-
ben sich köndten aussöhnen und reconciliiren, auch der amnistiae fähig
und zu den reichsconsulttationen qualificiert machen.
Der schluß, so disfals alhie in dem churfürstlichen collegio und dan dem
fürstenrath ergehen möchte, wehre ihrem darfürhalten per deputatos den
Oßnabrüggischen abgeordneten, gleichwie sie ihr anbringen mündlich
gethan, eben also dahingegen ihnen die resolution mündtlich wider zu
eröffnen, damit durch die schrüfftliche hinderbringung alle weitleuffig-
keiten abgeschnitten würden.
Solten aber bemelte heußer sobalden bei Kaiserlicher Mayestät sich nicht
aussöhnen, so stehen sie ihre Anhörung per deputatos dahin […]. Damit
nun die cronen, wan sie nicht weichen solten, auch die tractaten nicht uf-
stosßen , so hielten sie nicht unrathsamb zu sein, das denselben durch die
herrn mediatores die fundamenta und rationes ferners möchten repraesen-
tiert und sie hierdurch von ihrer meinumg gebracht werden. Wolten auch
nicht hoffen, das dises eine rechtmessige ursach zum abrumpiren, sonder
würden die cronen vielmehr dardurch ahn tagh geben, das ihnen niemahl
ernst gewesen zum friden.
Kurbrandenburg . Praemissis curialibus hetten sie winschen mögen, das
sie von demihenigen, waß von den Oßnabrüggischen deputirten vorkom-
men , zeitlicher nachricht gehabt, damit sie sich der notturfft nach darin
ersechen und erwegen köndten; weil es aber nicht beschechen, so haben sie
die Vorschläge der Osnabrücker Deputierten auß Churmainzischer proposition
vernohmen. Sind angewiesen, alle media zu amplectieren, welche zu beforde-
rung des fridenwercks dienten, allem widerigen aber zu begegnen. Hielten
unnöttig, rationes pro et contra vorzutragen, warumb ein und anderer
standt zu admittiern, weil sie verspürten, das die herrn vorstimbende uf
voriger resolution bestünden, miesten iedoch mit wenigem anfiehren und
anfenglich widersprechen, das dis eine so klare sach und dem religion-
friden gemeß sein solte, die Magdenburgische gesandten zurückzusezen,
sonder das dieser passus vielmehr durch Kayser Ferdinandum proprio motu
eingefürth worden,
wahnten austrücklich protestiert
berüehret worden und sich dessen die evangelische nimmermehr begeben:
dahero dan der erzstüfft Magdenburg und desselben inhaber nicht für exclu-
dirt köndten gehalten werden. Item das Magdenburg in possessione sessio-
nis gewesen, hetten sie dabevorn bereits angefuhrth, und ob es wohl ein zeit
hero nicht admittiert, wehre doch von selbigen erzstüfft und anderen
ständten iederzeit contradiciert worden, also das kein actus possessionis
daraus zu erzwingen, sondern was geschechen, nicht iure, sondern de facto
ervolget, dahero öffters undt bestendig seine admissionem gesucht, wie die
reichsacta ausweisen thetten.
Auß dem Prager friden wehre das contrarium zu nehmen, crafft dessen der
erzstüfft Magdenburg allein von den reichs-, deputation-, revision- und
geschlossen ; das aber vermaint wird, dise admission werde zu früezeitig
gesuecht und zu den gravaminibus gehörig, hette zwar sein consideration,
wan man in terminis eines reichstag wehre, wie es aber nicht. Und obwohl
forma consultandi mit den reichstägen eadem, so gehörte doch dise quae-
stion , wehr zu admittiren, nicht ad formam, sondern ad substantiam, wie
dan auch nur ad similitudinem eines reichstags die conclusa vim decreti
imperialis haben solten.
So wehre bekandt, das Magdenburg von Schwedten zu disen tractaten
wehre invitiert worden; und ob die Magdenburgische gesandten bei dem
Churmainzischen directorio sich schon nicht legitimirt noch das ihnen zu
rath angesagt worden, seie doch kundtbar, das sie mit andern ihre consulta-
tiones geführth und das directorium gehabt.
Miesten auch consideriren, wie vor disem bereit angefürth, das die cronen
die admission beharren oder ehender die tractaten ufstosßen würden. Solte
nun dieses geschechen, wehre es hochstens zu bethauren, das bei so schlechten
rationen die tractaten solten abrumpirt werden; und hetten sie keine
schuldt daran. Miesten auch vernehmen, das etliche fürstliche gesandte
nacher Oßnabrügg zu dem ende raißen, daselbst die admission zu verhin-
dern . Wan aber die standt zu Oßnabrügg uf solche admission, auch theils
alhie darauf trüngen und dahero die maiora gegen den rationibus gehalten,
würde der ausschlag gewiß für Magdenburg fallen. Und vermainten,
möchte auch ein mitl sein, die session uf der weltlichen panck zu verstatten,
derentwegen die ständt zu Oßnabrügg sich schon vergleichen würden.
Daß aber die herrn vorstimbende uf ihrer vorigen intention bestunden und
die cronen deswegen angehen wollen, köndten sie zwar geschehen lassen, wan
andere ständt auch damit zufriden; wehre aber die frag, wie es zu Oßnabrugg,
alwo keine mediatores, zu halten. Raten zur Admission, dafern auch die
cronen nicht acquiesciren solten.
Sind wegen Hessen-Kassel in specie nicht instruiert, weil gleichwoln eine
solche distinction gemacht, wonach Hessen nur in politicis zugezogen werden
soll, so sechen sie nicht, warumb man ihre gesandten nicht admittiern solte;
voto angezogen worden. Solte man aber verspüren, das sie den cronen die
disseitige consilia communiciern, so würde man uf ein remedium schon
gedencken können. Und hielten nochmaln disen convent für keinen reichs-
tag , wie bereit angezogen. Waß zu Lengering vorkommen, wehre ein
anders, ratione personarum et admittendorum statuum wehre nichts
verglichen worden, sondern allein dis, waß bei disem convent geschlossen,
solches pro concluso imperii gehalten werden solle, solches uf ein allge-
mainen reichstag aber zu praecaviern ganz nicht nöttig.
Kurmainz . Praemissis curialibus hetten bei der herrn vorstimbenden vota
wahrgenohmen, daß die herrn Churbrandenburgische in particulari deside-
rirt , das ihnen von heintiger in proposition gebrachten materi communica-
tion beschechen sein möchte. Nun erinerte man sich des herkommens, das
das Churmainzische directorium dergleichen communication vor dem rath-
gang zu thuen nicht schuldig, sich auch zu beschaiden, was sie sich ihungst
erbietig gemacht, den herrn Churbrandenburgischen von allem, waß vor-
gehen möchte, sovil möglich communication zu thuen, damit sie mit ihren
collegis zu Oßnabrügg hierauß communiciern möchten, so auch dismahls
beschechen wehre, wan nicht die materia den vorigen deliberationibus ein-
stimig etc.
Verweisen angesichts der neuen Osnabrücker Vorschläge auf die früheren Beratungen
im Kur- und Fürstenrat und die ablehnenden Stellungnahmen Kurkölns und Kur-
bayerns in der Admissionsfrage. Wolte sie beduncken, daß die neuen Vorschläge
haubtsächlich von derihenigen quaestion dependirten, ob diser convent
ein reichs- oder extraordinari tag. Sie Churmaintzische hielten nochmahls
darfür, das dise zusambenkonfft eine reichsversamblung und anderst nicht
köndte titulirt werden, quoad formam, das es einem reichstag gleich, quoad
causam finalem gleichfals, weil von Kaiserlicher Mayestät chur-, fürsten
und ständt darauff berueffen; ratione effectus hette es gleichmessige meinung,
das Kaiserliche Mayestät und alle ständt hirdurch den fried verlangten.
Weisen auf die entsprechenden Lengericher Beschlüsse hin.
Die sessionnehmung Magdeburgs auf der weltlichen Fürstenbank wäre ihrer
Meinung nach auch eine neuerung und als ein neuerlich zuemuethen mehr
praeiudicirlich als vorige.
So köndten sie bei den anerbottenen reversalien anderst nichts vermerken
und abnehmen, als das auß denselben geringer fortl zu erhalten, in erwe-
gung man die bestendige nachricht, es auch der fürsten und ständte zu
Oßnabrügg schreiben, an die alhießige fürstliche abgangen, klerlich scheinte,
das in ihren mächten, wie sie vorgeben, nicht stünde, die cronen zu ver-
mögen , das sie von begehrung der admission vor dieße ständt undt andere
stiffter thetten abweichen, also wohl zu besorgen, sobaldt Magdenburg uf
dergleichen reversalien admittiert, übrige inhaber es zur consequenz
ziechen und dergleichen allegiern würden.
Sovil aber Hessen Caßl betreffend, wehre selbigen haußes hochheit bekandt,
möchten auch winschen, das sie ihr selbst den zuethritt zur session und
stimb pahnen möchte. Miesten darfürhalten, das der beschechene vorschlag,
in gewisen materiis zu admittiern, in andern aber auszuschliessen, nicht
einzugehen, sondern wan man die propositiones der cronen und Kaiser-
licher Mayestät responsiones examiniret, sich wenig puncten finden würden,
wobei Ihre Fürstliche Gnaden nicht solten interessiert sein, wo nicht directe,
wenigst indirecte.
Es steht im belieben von Baden-Durlach und Nassau-Saarbrücken, als Voraus-
setzung der Session beim Kaiser ihre versöhnung zu suechen.
Und miesten, sovil Magdenburg betreffend, mit den herrn vorstimbenden
in deme einig sein, das gleichwol die sach an sich selbst klar und nicht unbe-
kandt , das der erzstüfft Magdenburg und dessen inhaber von zeit des
religionfridens zu einiger session nicht kommen
Das Erzstift Magdeburg, das auch als evangelischer Reichsstand seinen Primat in Deutschlan.
und den Vorsitz auf der geistlichen Fürstenbank (vor Salzburg) im Sessionsstreit geltend gemacht
hatte, erhielt schließlich den Sitz auf der Querbank bei Bremen und Lübeck und dann den
zweiten Platz hinter dem Herzogtum Bayern auf der weltlichen Fürstenbank ( H. Foerster
S. 27ff., 110).
hoffen , das man dieihenige, gleichwol klare praesumptiones, welche für
Kaiserliche Mayestät Ferdinandum primum dahin gehen, das mit chur-,
fürsten und ständten belieben der geistliche vorbehalt dem religionfriden
eingerückt worden, zu bestreitten gedencke. So wehre sovil am tag, das
erzstüfft von solcher zeit die session nicht herbracht, noch einiche ansuechung
deßwegen bei dem Churmeintzischen directorio gethan. Wolten dahero sie
Churmainzische nach wie vor der meinung sein, das dieihenige rationes
und motiven, welche vor disem und dermahlen in votis vorkommen, ein
und andern ohrts zu widerhollen und zu repraesentieren und vermitls eines
ausschuß auß dem fürstenrath den Oßnabruggischen deputirten zu gemüeth
zu fiehren und sie zu ersuchen, solchem nit allain an ihrem ohrt plaz zu
geben, sondern auch den Oßnabrüggischen fürsten und ständten, sonderlich
aber den Magdenburgischen und andern excludierten Ständen beweglich vorzu-
tragen und sie zu dermahliger abweichung von ihrer gefasten opinion
bestens abzumahnen, massen sie ihnen auch denihenigen vorschlag nicht
misfallen liesen, daß Franzosen und Schweden mit den Gegengründen bekannt-
gemacht werden. Man soll aber zuvor dem kurkölnischen Vorschlag gemäß bei den
Kaiserlichen anfragen, ob die Kronen durch die Mediatoren oder durch einen aus-
schuß allerseits collegien alhie und zu Oßnabrügg angesprochen werden sollen.
Die exclusi sind ihres Erachtens per deputatos oder in pleno anzuhören.
Wollen die kurbrandenburgischen Argumente für die Admission nächsten Montag
wieder zur Debatte stellen, item, ob das Oßnabrüggische in ihrer proposition
erwehnte schreiben uf sich selbst beruehen zlassen oder per generalia zu
contradiciern.