Acta Pacis Westphalicae III A 1,1 : Die Beratungen der kurfürstlichen Kurie, 1. Teil: 1645 - 1647 / Winfried Becker
Plenarsitzung der reichsständischen Gesandten Münster 1645 Oktober 19

2

Plenarsitzung der reichsständischen Gesandten


3
Münster 1645 Oktober 19

4
Kurköln zA I fol. 90–92 = Druckvorlage; damit identisch Kurköln spA I fol. 173–176’
5
und Kurköln spA Ia fol. 180–183’. Vgl. ferner Kurtrier zA ( damit identisch Kurtrier
6
spA p. 85 ); Kurbayern K I fol. 246 ( damit identisch Kurbayern spA I p. 377 ).

7
Sessionsordnung. Neue Vorschläge aus Osnabrück zur Admission von Magdeburg, Hessen-Kassel,
8
Baden-Durlach, Nassau Saarbrücken. Zulassung zweier Protokollisten für Kurbrandenburg?

9
Im Bischofshof. Vertreten: Kurmainz, Kurtrier, Kurköln, Kurbayern, Kurbrandenburg; fürst-
10
liche gesandten.

11

19
366, 11 –368, 3 Vormittag – wehre] Wesentlich knapper Kurtrier zA, spA, Kur-
20
bayern
K I, spA I.
Vormittag umb 9 uhren ist man vermög gestrigen tagh von Churmäintz
12
beschehener ansagh im churfürstlichen collegio zusammenkohmmen, da
13
auch die Churtryerische, alß der herr chorbischoff von Eltz

21
Hugo Friedrich Frbr. von Eltz-Blieskastel-Rodendorf ( 1597–1658 ), kurtrierischer Prinzipal-
22
gesandter
, Mitglied der Domstifte von Mainz und Trier; er wurde von Kf. Philipp Christoph von
23
Trier zu unser ungehorsamen thum-capitularen samt ihren conspiranten gerechnet,
24
nachdem er im Sommer 1647 von Münster nach Köln übergesiedelt war, wo sich ein Teil des mit
25
Philipp Christoph seit langem zerfallenen Trierer Domkapitels aufhielt ( Meiern V S. 97,
26
IV S. 698, Roth S. 399–402 ).
, cantzler
14
Anethanus

27
Lizentiat Johann Anethan (1594–1668), aus einer der führenden Trierer Familien, kurtrierischer
28
Geheimer Rat und Kanzler (seit 1629), Sekundargesandter am Kongreß, den er 1648 wegen
29
Differenzen mit dem Kurfürsten verließ; er floh nach Luxemburg und wurde 1652 nach Philipp
30
Christophs Tod als kurtrierischer Kanzler rehabilitiert; er war kaisertreu und spanisch orientiert
31
( Laufer S. 252ff., 258, Stramberg 1, 3 S. 87, 2, 1 S. 430f., Kohl S. 125 Anm. 47,
32
Kneschke I S. 82).
, officialis Bruerius

33
Johann Theodor Breuer, kurtrierischer Offizial, wurde 1646 wegen Fehlverhaltens von Philipp
34
Christoph abberufen und mit dem Verlust seiner Ämter und Güter bestraft ( Stramberg 2, 1
35
S. 429).
und Dr. Scherer

36
Dr. Hermann Adolf Scherer, kurtrierischer Sekundar- und fl. speyerischer Gesandter, nach dem
37
Weggang der übrigen kurtrierischen Gesandten seit August 1648 einziger Vertreter Kurtriers mit
38
dem Vertrauen des Kurfürsten ( Walther S. 45f., Baur II S. 148f.).
daß erste mahl mit
15
erschienen. Die intention dieser zusammenkunfft war, von den furstlichen
16
zu vernehmen, was bey deren jüngst durch einen außschuß mit den depu-
17
tirten von Oßnabruck, alß den Sachßen Weymar- und Lubeckischen gehal-
18
tenen conferentz

39
Die Gesandten von Sachsen-Weimar, der Nürnberger Konsulent und sachsen-gothaische Rat
40
Dr. Georg Achaz Heher (1601–1667), und von Anhalt, Dr. Martin Milagius (1598–1657)
41
(über sie Walther S. 59–61, 72–74), befanden sich seit 12. Oktober in Münster und traten
42
am 16. Oktober in Konferenzen mit den Ständen in Münster ein, um die Differenzen zwischen den
43
beiden Fürstenräten über die Admission von Magdeburg, Hessen-Kassel, Baden-Durlach und
44
Nassau-Saarbrücken zu beheben (Milagius/Heher an Stände Osnabrück, Münster 1645 X 16 st.
45
v., Druck Meiern I S. 732 –736).
wegen praetendirender session und stimm fur die furst-

[p. 367] [scan. 491]


1
lich Magdeburgische, Heßen Caßel- und Baden Durlachische und Naßau
2
Sarbrugische gesandten vorgangen, gleich man dan auch zu solchem endt
3
mit den furstlichen in pleno zusammenkohmmen und die session wie
4
gebrauchlich dergestalt genohmmen, daß oberhaubt im zimmer primum
5
locum Mäintz, 2 dum Tryer, 3 um Cöllen, 4 um Bayeren, 5 um Brandenburg
6
gehabt, wie hierunder zu sehen, beyde geistliche und weltliche bänck auff
7
der seithen herunter. Die hintereinander auf zwei lähnenbäncken sitzenden
8
kurfürstlichen und fürstlichen secundarii schließen das Rechteck und sitzen den
9
Kurfürstlichen, die zwischen Kurmainz und Kurtrier den Platz für die Kaiserlichen
10
ausgespart haben, gegenüber; in der Mitte des Rechtecks stehen ein Tisch für das
11
kurmainzische und einer für das österreichische Direktorium. Hinter den Sekunda-
12
rien
haben die kurfürstlichen secretarii auf einer banck sonder lähn Platz
13
genommen.

14
Krebs ( Kurmainz ) proponiert: Ersucht um Unterrichtung über das Ergebnis der
15
Konferenz der Deputierten des Fürstenrats mit den eingangs genannten Deputierten
16
der Stände in Oßnabrück zum Thema der Admission, auff daß demnegst jedes
17
collegium sich wider absonderlich in seiner rathsstuben begeben und darüber
18
deliberiren, auch alßdan miteinander einer meynung vergleichen könne.

19
Hierauff tratten die herrn furstliche zusammen und nach vorgangener
20
underredung, alß man wider geseßen, erwidert für Österreich Dr. Richters-
21
berger

40
Richtersberger erschien damit erstmals im Fürstenrat Münster, dessen Direktorium vorher von
41
dem oberösterreichischen Vormundschaftsrat und ehemaligen Bürgermeister von Schlettstadt,
42
Dr. Hans Wilhelm Goll, geführt worden war. Vgl. RK FrA 94/I nr. 91 S. 341.
negst widerholung des beschehenen ansuchens, daß der Fürstenrat den
22
gewünschten Aufschluß zwar gern geben will, aber um kurzen Aufschub bitten
23
muß, bis die zur Konferenz mit den Deputierten aus Osnabrück delegierten Stände
24
im Fürstenrat vorgetragen haben.

25
Darauff jeder theill sich widerumb ad locum consultationis verfügt, und
26
nachdem man eine gute weyll gewarttet, ist per deputatos des furstlichen
27
collegii den ordinari deputirten collegii electoralis die anzeig beschehen,
28
das zwarn die relation, auch die meynungen darüber angehört worden, weiln
29
aber die zeitt nicht erleiden wolte, die capita in behöhrender ordtnung zu-
30
sammenzutragen , so woltens fur die handt nehmen

37
30–31 und – thuen] Laut Kurtrier zA, spA wollen die Fürstlichen gegen sambstagh,
38
laut Kurbayern K I, spA I noch beute die Vorschläge der Osnabrücker Stände schriftlich
39
Kurmainz einreichen.
und noch den nach-
31
mittagh oder längst morgen die umbstendtliche communication thuen.

32
Haubtsachlich haben Sachsen-Weimar und Lübeck vorgeschlagen: 1. Die welt-
33
lichen
Fürsten wollen Magdeburg auf ihrer Bank zulassen, wenn die geistlichen sich
34
weigern. 2. Die Admission soll künfftig zu keiner consequentz gezogen werden.
35
3º wolten sie sich dahin bearbeithen, das ander inhaber der stiffter sicn
36
dieses exempel nicht gebrauchen noch ihre gesandten schicken möchten.

[p. 368] [scan. 492]


1
Hessen-Kassel erstrebt die mittbeywohnung des rathgangs allein in politicis,
2
in militaribus aber, wan auch de satisfactione geredt oder was sie selbsten
3
angieng, sich zu absentiren erbiethig wehre.

4

30
4–13 In – mittkohmmen] Fehlt in Kurbayern K I, spA I und Kurtrier zA,
31
spA.
In abwarttung dieser des fürstenraths relation ist unter den catholischen
5
herrn churfurstlichen gesandten redt vorgefallen, daß ein-und andermahl
6
wie auch ietz von herrn Churbrandenburgischen zween secretarii

37
Wahrscheinlich handelte es sich um Johann Friedrich Schletzer und Johann Samuel Fehr, denn der
38
brandenburgische Kammersekretär Paul Kemnitz war Ende Oktober 1645 in Osnabrück.
gegen
7
die gewohnheitt zum churfurstlichen collegio mitgenohmmen, und dafur-
8
gehalten , daß ihnen solches durch die herrn Churmäintzische glimpfflich
9
zu undersagen, wie gleich damahln geschehen. Undt obwolln sie Chur-
10
brandenburgische vermeinen wolten, das wenigstens dan und nun pro
11
rei exigentia zweyer prothocollisten sich gebrauchen möchten, ist es doch
12
als eine newerung abgeschlagen, maßen dan auch bey negster gefolgter
13
session allein einer mittkohmmen.

Dokumente