Acta Pacis Westphalicae III A 1,1 : Die Beratungen der kurfürstlichen Kurie, 1. Teil: 1645 - 1647 / Winfried Becker
Konferenz der kaiserlichen, kurfürstlichen und fürstlichen Gesandten Münster 1645 August 29
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Münster 1645 August 29
Kurköln zA I fol. 1–3’ = Druckvorlage; damit identisch Kurköln spA I fol. 1–7, Kur-
köln spA Ia fol. 2–8’ und Kurköln zA Extrakt fol. 1. Vgl. ferner DKurbayern K II
p. 595–596, DVolmar fol. 505 ( Druck Cortrejus p. 202 ) sowie für die ksl. Proposition
Volmars conceptus propositionis RK FrA Fasz. 92/V fol. 495–498’ ( Druck Meiern
I p. 560–562, Gärtner I S. 886–892 ).
Einigung der Reichsstände in Münster und Osnabrück über das Beratungsverfahren. Fortgang der
Verhandlungen. Erörterung des modus consultandi in einer Plenarsitzung der Reichsstände.
Modalitäten einer eventuell getrennten Tagung der Kollegien an beiden Kongreßorten.
Im Quartier des Grafen Nassau. Vertreten: kaiserliche Gesandte; Kurmainz, Kurköln, Kur-
bayern , Kurbrandenburg; [Bamberg, Bayern, Burgund, Hildesheim, Konstanz, Minden, Münster,
Osnabrück, Österreich, Prälaten, Verden, Württemberg].
Proponirten die herrn Kayserliche
abgesandten,
erheblichen ursachen man unlengst rhatsamb und nothwendig angesehen,
uber dasjenige votum, welches von den zue Oßnabruck subsistirenden
gesandten etlicher reichsfürsten und -stenden super modo et forma consul-
tandi allhero ahn die chur- und furstlichen gesandten communicirt worden,
eine gemeine mundliche conferentz undt underredung zwischen ein- und
andernortts anwesenden stenden zu veranlaßen undt zu solchen endt durch
mittel und zusprechen der herrn Kayserlichen gesandten zu Oßnabruck die
aldort sich auffhaltende vermogen zu laßen, daß sie sich endtweder anhero
nach Munster oder weinigst an ein mittelortt mit denjenigen, so alhie zu
Munster sich befinden, zusamenthuen wolten. Nun möchten aber sie Kay-
serliche unverhalten, daß ihnen von den Oßnabruckischen Kayserlichen
ahm verschienenem freytag zu wißen gemacht, welchergestalt sie nit erman-
glet , der sachen bestermaßen sich anzunehmen und zu underfangen und zu
solchem endt erst mit den Churbrandenburgischen gesandten absonderliche
communication hievon gepflogen, folgents auch die furstlich Sachsen-
Altenburg- und Weymarische, Brandenburg-Culenbachische, Braunschweig-
Lunenburg , der Fränckischen graffen, auch beyder stätt Nurnberg und
Lubeck abgeordnete zu sich gefordert
Druck des Protokolls der Zusammenkunft zwischen ksl. und fürstlichen Gesandten vom 21. Au-
gust 1645 in Osnabrück bei Gärtner V S. 843–845. Vgl. Meiern I S. 564 .
vorgehalten, warumb vorangedeute conferentz vor nothwendig angesehen
und geachtet werde, daß derselben die furstliche zu Oßnabruck sich bequeh-
men möchten. Es were aber wieder beßer zuversicht und hoffnung die
gegenandtwortliche erklerung mit underlauffenden allerhandt nachdenck-
lichen reden in summa dahin außgefallen, daß angeregte stendt dafurhalten
theten, es würde diese conferentz der friedenshandlung mehr hinderlich
dan fuerderlich sein, und möchte auch vermuthlich von den außwertigen
cronen ubel auffgenommen und dahin außgedeutet werden, alß wolte
man einig dem Hamburgischen praeliminaraccord zuwiederlauffendes con-
clusum practiziren, sintemaln die cron Schweden zu keinem andern modo
consultandi verstehen wolte, alß daß solches durch beyderortter haltendte
reichscollegia geschehen solte.
So solte auch der Servient in seinem jungern anwesen zu Oßnabruck deut-
lich verwahrt haben, daß die cron Franckreich keineswegs nachgeben
werde, daß alle drey collegia ahn einem ortt allein beysamengehalten
werden sollen; und weiln dan der furst- und ständen gesandte zue Oßna-
bruck sich albereit bewustermaßen eines modi consultandi verglichen,
welchen die frembden cronen ebenmeßig gelieben theten, so were keiner
weitern zusamenkunfft super hoc puncto vonnothen, sondern stunde allein
an dem, daß die chur- und furstliche gesandte alhie zu Munster dem besche-
henen vorschlag sich auch bequehmen wölten und nunmehr den stenden
inßgesambt die Kayserliche replica auff der außwertigen cronen proposition
und postulata ad deliberandum zugestelt werden mochte; wie sie dan dieses
alles den furstlichen abgesandten zu Munster nit allein in schrifften auß-
führlich remonstriret, sondern auch den Brandenburg Culenbachischen
ersucht hetten, der sachen bewandtnuß mit mehrerm mundlich außzufuhren.
Nun könten die chur- und furstlichen gesandten bey sich selbst unschwer
ermeßen, wie unlieb Ihrer Kayserlichen Mayestät zu vernehmen sein werde,
daß biß daher uber den modum consultandi so viel zeit vergeblich verzehrt
und nach, weiln es nit allein zu einmuthigen verstandt nicht gelangt worden,
sondern auch nur soviel nit zu erhalten gewesen sein solle, daß man uber
die streitige vota und meinungen zusamentretten und sich miteinander
underreden wolte, ob, wie und waßgestalt der ein dem andern theyl nach
beschehener anhör- und erwegung, auch darbey eraugender umbstendt in
seiner meinung beyfallen konte oder möchte, dan ja dieses ahn sich selbst
kein unbilliches noch under einerley nation und einerley reichsverfaßung
gehörig- und undereinander verpflichten stenden ungewohnlichs zumuthen
were, viel weiniger dahin außgedeutet werden kan oder soll, alß wolte hie-
durch ein theil der stendt disgustirt undt zu andern resolutionibus bewegt
werden, zumahln ja bekandt, daß biß daher im Römischen reich auff offenen
reichs-, deputation- und cräißtagen eben darumb die re- undt correlationes
in pleno gebraucht worden, damit uber die von ein- und andern reichs-
collegio außfallende conclusa miteinander conferirt, die darunter eraugende
mißstimmigkeiten mundtlich gegeneinander erklert und endlich mit des
ein oder andern theylß vernunfftiger nachgebung zu einem durchgehenden
einmuthigen schluß gebracht werden möge. Da nun ahn sich selbst offen-
bar , daß es mit der angesuchten conferentz kein andern verstandt gehabt,
alß daß selbe anstatt dergleichen von alters herprachten re- und correlationen
dienen mögen, so sey fast verwunderlich anzuhören, daß dieß ansuchen
auch in solcher mäinung und verstandt kein statt solle gefunden haben;
dan den fall gesetzt, doch unbegeben, es würde omnibus consideratis die
notturfft erfordern, unerachtet deßen, was von einem hochloblichen chur-
furstlichen collegio vermög des zue Lengerich gefasten voti fur gutt ange-
sehen worden, ein oder andern in dem darauff von den fursten und stenden
zu Oßnabruck ubergebenen voti vermerckten modum mit einhelligem
belieben zu ergreiffen, so hette jedoch die vorgeschlagene mundliche con-
ferentz noch weiters zu erkennen geben mögen, erstlich welcher modus
dan under denjenigen, so auff die bahn kommen, ahm fuglichsten zu practi-
ziren ?
2º. Wie, waßgestalt und auff was fur ein bestimbte zeit derselbe zu werck
zu richten?
3º. Wie es mit den directoriis beyderorthen, sonderlich im furstenrath zu
halten?
4º. Was fur stendt benentlich ein- und andern orts sich bey den consultatio-
nibus einzufinden?
5º. Wie die communicationes zwischen beyderorthen anwesenden stenden
zu abfaßung eines gleichstimmenden conclusi anzustellen und dan
6. wie man die rhatsgehäimbnuß in obacht zu halten verschaffen möcht.
Welches alles gleichwoll solche considerationes sein, so ohne zusamen-
trettung aller samentlichen stendt nicht leichtlich in richtigkeit gebracht
werden mogen und doch vor allen dingen resolvirt und erledigt sein mußen,
es werde gleich die abtheylung mit den reichsrhäten dahin gestelt, daß an
dem einen ortt nur eines, an dem andern aber zwey collegia sein oder alle
drey collegia mit doppelten gesandtschafften ahn beyden ortten gehalten oder
in sich selbsten getheilt und der eine nach Oßnabruck, der ander theil aber
nach Munster verlegt werden solle. Wie und waßgestalt aber bey solcher
noch obschwebender unrichtigkeit des modi consultandi die in nahmen
Kayserlicher Mayestät verfaßende replica herauß- und in der herrn chur-
undt fursten, auch anderer stende gesandten ein und andern orts anstellende
consultationes zu geben, könne man Kayserlicherseiths nit woll begreiffen;
sinthemall unschwer zu erachten, daß die deliberationes langsamb hergehen
und die replica mit Ihrer Kayserlichen Mayestät hochster disreputation
woll ehender dem gegentheyll kundtbar werden dorffte, ehe und dan sich
die stendt einiges voti daruber möchten underfangen, geschweigens ver-
glichen haben. Man seye jedoch Kayserlichentheilß erpietig, sobaldt sich der
chur-, fursten und stende gesandten des modi deliberandi und was dem
anhengig, miteinander wurden vereinpahrt haben, den deliberationibus
zum hauptwerck unverlengt einen solchen anfang zu machen, daß man der
beforderung halber woll wird content und zufrieden sein können.
Ersuchten demnach in nahmen allerhochstgedachter Ihrer Kayserlichen
Mayestät die chur- und furstliche abgesandte alles fleises, sie wollen unbe-
schwert diese sachen nochmaln in reiffe berahtschlagung ziehen und ihrer
beywehnenden discretion nach bedencken, waßgestalt auff obermelte, nun
anderwerts eingelangte erklarung der ubrigen zu Oßnabruck versambleter
stendt dermahlneinß zu einem einmuthigen voto auff Ihrer Kayserlichen
Mayestät genehmbhaltung zu gelangen und also ohn fernern verzug alle
remorae außm weege zu raumen, allermaßen sie dan erpietig, den extractum
des zu Oßnabruck geschehenen vortrags sambt dem uber das, waß vor-
gangen , gehaltenen protocoll wie beiliegend
richt zu communiciren.
Nach beschehener underredung yedes des chur- und furstlichen collegii
under sich und darauff gehaltener re- und correlation ist die andtwortt
durch das Churmayntzische directorium hinwiederumb dahin gegeben,
negst kurtzer wiederholung der proposition und dancksagung fur die zu
beforderung der consultationum undt modi tractandi tragende sorgfalt,
daß die anwesende chur-, fursten und stende erpietig, solche lobliche
intention bester mugligkeit zu secundiren. Und gleich man allezeit dafur-
gehalten , daß ohne vorhergehende zusamentrettung der anfang mit einigem
bestandt nicht werde gemacht werden können, also weren auch willigst
undt schuldig, morgen oder lengst ubermorgen sich zusamenzuthun und den
erfolgenden schluß ihnen herrn Kayserlichen hinwiederumb gebührendt zu
eroffnen, wie sie dan auch fur die anerpottene communication geburenden
danck sagen und dern erwartten theten.