Acta Pacis Westphalicae III A 1,1 : Die Beratungen der kurfürstlichen Kurie, 1. Teil: 1645 - 1647 / Winfried Becker
Konferenz der kaiserlichen und der kurfürstlichen Gesandten Münster 1645 Juni 14

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Konferenz der kaiserlichen und der kurfürstlichen Gesandten


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Münster 1645 Juni 14

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DWartenberg III p. 1657–1683 = Druckvorlage. Vgl. ferner DKurbayern K I p. 606–
19
627 ( damit identisch DKurbayern spA I p. 729–742 ); DVolmar fol. 451’–454’ ( Druck
20
Cortrejus p. 179–181, Meiern I p. 451–452 ).

21
Hinzuziehung der Reichsstände zur Beratung der Propositionen der Kronen: Ort der Beratung,
22
Unvollständigkeit des Kurkollegs und der Reichsdeputation, Deputation des Kurkollegs von 1636,
23
frühere Reichsschlüsse über Teilnahme der Reichsstände am Kongreß, Mitwirkungsansprüche der
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non deputati. Präzedenzstreit des Kurkollegs mit Venedig.

25
Im Quartier des Grafen Nassau [ Domherrenkurie ]. Vertreten: kaiserliche Gesandte ( Nassau,
26
Volmar ), Kurköln ( Wartenberg, Landsberg, Merveldt ), Kurbayern, Kurbrandenburg ( Heiden,
27
Portmann ).

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Nachdem Volmar Wartenberg gegenüber eine Zusammenkunft der ksl. und kur-
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fürstlichen
Gesandten am 14. Juni angeregt hat, Wartenberg von Nassau dann die
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Festsetzung des genaueren Termins freigestellt worden ist, wird allerseits der 14.
31
Juni, 8 Uhr vormittags, concertirt und verglichen […].

32
Volmar proponiert, daß zwarn mitt Ihrer Hochfürstlichen Gnaden iüngst
33
veranlaßeter maßen man vermeint, anietzo die Frantzosische proposition,
34
welche von ihro den übrigen nunmehr vermuhtlich zukommen sein würde,

[p. 125] [scan. 249]


1
zu dürchgehen

41
Druck der französischen Proposition vom 11. Juni 1645 Meiern I S. 443–448 (französisch,
42
lateinisch). In lateinischen Kopien waren die schwedische Proposition am 12. Juni, die französische
43
am 15. Juni 1645 in Händen der kurmainzischen Gesandten in Osnabrück, die sie zu diesem
44
Zeitpunkt bereits dem Kurfürsten von Mainz übersandten ( MEA FrA 7 [4] nr. 75, MEA
45
FrA 8, MEA FrA 7 [4] nr. 71).
. Alß man sich aber guetermaßen zu erinneren hab, daß
2
von Ihrer Kayserlichen Mayestät in die translation der reichsdeputation
3
zue dem end bewilliget, damitt die tractatus unnd negotia desto bestendiger
4
deliberirt und fortgesetzet werden möchten, hingegen auch, waß von den
5
non deputatis imperii statibus zue Oßnabrugk dawieder movirt, so wolle
6
bedencklich fallen, außer der deputation zue dießen tractaten wirkhlich zue
7
schreytten. Unnd weylen nun durch abgangk Churtrier unnd -sachßen daß
8
churfürstliche collegium nicht ergentzet, im fürstlichen auch Oisterreich,
9
Burgundt, Würtzburgh und

27
9 stadt Colln] Fehlt in DKurbayern K I, spA I, in DVolmar noch Braunschweig und
28
Fürstenberg genannt.
stadt Colln noch abgiengen, also würde zu
10
vergleichen stehen, waß dießfalß zu thuen und ob nicht mitt dießer haupt-
11
consultation noch einzuhaltten und underdeßen wenigstens die anstaltt zu
12
machen, daß die zur deputation gehörige stende von Oßnabrugk anhero-
13
kommen , unnd alßdan zu sehen, wie in übrigen consultationibus zu ver-
14

29
14 mögtte] Zusätzlich in DVolmar : Finden sehr bedenklich […], in dero abwesen,
30
wolten nit sagen zu denen hauptconsultationibus zu schreitten, sondern allein in
31
dem modo consultandi einige veränderung ze admittirn, zumal angeregte absentes
32
beraits uffm weeg sein sollen.
fahren sein mögtte; darüber sie der herrn churfürstlichen gedancken gehrn
15
vernehmmen woltten. Ihrestheilß befünden sie die zusahmenberueffung
16
der deputirten stend umb desto nöthiger, weylen nunmehr der Schwedi-
17
schen proposition auch herauß

46
Druck Meiern I S. 435–442 ( lateinisch, deutsch ).
unnd selbige in modo, forma et materia
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mitt der Frantzosischen einstimmig unnd also dieselbe zuesahmen zue
19
consultiren desto mehr

33
19 vonnöthen] Zusätzlich in DVolmar : solche zusamensetzung ist höchst noth-
34
wendig , um alle trennung, wölche anderwerts wider deß heyligen Römischen
35
reichs verfassung zu befahren stünde, beizeiten zu vermeiden.
vonnöthen.

20

36
125, 20 –130, 33 Alß – Und] Fehlt in DVolmar ; dort aber bemerkt, daß die Kurfürst-
37
lichen
eine guette lange zeit, weil die Churbrandenburgische sich mit den andern
38
nit vergleichen wollen, undereinander conferendo et consultando verzehrt.
Alß hiernach die herrn Kayserliche abgetretten unnd jedder von den chur-
21
fürstlichen gesandtschafften sich mitteinander unterrehdet unnd man sich
22
wiederumb niedergesetzet,

39
22–23 haben – begehrt] Hinweis auf Wartenbergs Aufruf fehlt in DKurbayern K I,
40
spA I.
haben Ihre Hochfürstliche Gnaden von den
23
herrn Churbayerischen ihr votum zu eröffnen begehrt, welches negst Wie-
24
derholung des Kayserlichen vortrags dahin geschehen, daß sie sich des
25
churfürstlichen anno 1636 wegen der deputation ex collegio electorali
26
anhero und nacher Oßnabrugk zue aßistirung den herrn Kayserlichen

[p. 126] [scan. 250]


1
gesandten gemachten schlußes woll erinnerten, dabey aber auch, welcher-
2
gestaldt den übrigen herrn churfürsten zugelaßen unnd freygestellet, die
3
ihrige gleichfalß ad loca tractatuum zu verordnen, welche alßdan eben die
4
gewaldt und session et votum, wie sonsten in collegio herbracht, in allem
5
haben, nur, wie dabey expreßlich außbedungen, daß sie die sachen und
6
tractaten allerdings in dem standt, warinnen sie dieselbe derzeitt finden,
7
annehmmen und nichts dabey zue innoviren oder zue enderen macht
8
haben sollen; unnd obwoll annoch im churfürstlichen collegio Chursachßen
9
und -trier abgehen und ermanglen thette, so vermeinten doch, daß man
10
dehme ungeachtet mitt den sachen verfahren,

28
10–12 gleichwoll – köntte] Statt dessen in DKurbayern K I, spA I: Deren Gesandte
29
sind vermuethlich nunmehr auch underweegs.
gleichwoll aber högstgedach-
11
ten herrn curfürsten von nunmehr eröffneter propositionen nachricht
12
geben unnd sie zue fürdersahmer abordnung der ihrigen erinneren köntte.

13
Im fürstlichen collegio, weylen Oisterreich unnd Burgundt noch nicht hier,
14
so stelleten dahin, ob nicht die herrn Kayserliche unnd Spannische dahin
15
zue disponiren, daß solche stellen ad interim, biß die legati, mitt sonder-
16
bahrer plenipotentz versehen, herbeykommen, supplirt werden möchten.

17

30
17–23 Hierbey – sein] Fehlt in DKurbayern K I und spA I, statt dessen dort:
31
Trotz Abwesenheit etwan einer oder der andern stendt können die consultationes
32
einen weeg alß den andern angefangen werden, wie dan bei allen reichsconventen
33
pflegt zu geschehen, daß wegen etlicher absenten die consultationes kheinesweegs
34
eingestellt worden; iedoch seint wür auch der meinung, daß biß zum endt dieses-
35
wegen noch zuzuwarthen seie.
Hierbey gaben Ihre Hochfürstliche Gnaden erleutherung, waß für nach-
18
richt sie wegen ankunfft des graffen von Wolckenstein

41
Georg Ulrich Gf. von Wolkenstein ( 1584–1663 ), Deutschordensritter, Kanoniker zu Brixen,
42
1630 Reichsgraf, 1629–1634 Reichshofrat, 1651 Reichshofratsvizepräsident ( über ihn Gschlies-
43
ser
S. 222f., Wurzbach 58 S. 54f., Bucelinus II, 3.
und Ritterßpergers

44
Dr. Leonhard Richtersberger, niederösterreichischer Regimentsrat; bisher Gesandter auf dem
45
Frankfurter Deputationstag, wurde er zusammen mit Wolkenstein am 27. Juni 1645 mit Voll-
46
macht für den Friedenskongreß versehen ( Meiern I S. 497 f.).

19
hetten; und gienge man auch per partium enumerationem, welche von der
20
geist- unnd weldtlichen banck anwehsendt und noch erwahrttet würden,
21
unnd vermeldeten sie herrn Churbayerische, daß von Ihrem Gnädigsten
22
Herrn wegen ihres voti im deputationrhadt sie schon genugsamb befehligt
23
sein. Waß die non deputatos zue Oßnabrugk anwehsendt belangen thette,
24
stehe den von ihnnen intendirenden novum modum zue introduciren nit
25
bei ihnen, weniger bey den anwehsenden churfürsten und deputierten
26
stenden nicht zuzulassen, aber der wegh iedem offen, gleich anderen bey
27
den Kayserlichen ihre nottörfft vorzubringen und zu

36
27 beobachten] Zusätzlich in DKurbayern K I, spA I: Änderung des Reichsabschieds
37
von 1641 bedeutet confusion, es ist bei dieser sach khein momentum temporis zu ver-
38
saumen , besonders weil der eigene Friedenswille sonst bei den fremden Kronen unglaubwürdig
39
wird und die Wahrung des Interesses eines jeden Reichsstands von dem höchsten biß uff
40
den niderigsten gesichert ist.
beobachten.

[p. 127] [scan. 251]


1
Die Churbrandenburgische wiederholeten die proposition und daß Chur-
2
bayerische votum gleichergestaldt unnd hieltten dafür, daß mitt dero
3
haubttconsultation über die proposition

39
3 etwaß] Statt dessen in DKurbayern K I, spA I noch biß zum endt.
etwaß einzuhaltten, zumahln sie
4
darüber mitt ihren collegis zue Oßnabrugk vorhero nothwendig communi-
5
ciren müesten, ohnedaß auch sonsten allerhandt difficulteten unnd bedenk-
6
ken bey ietz der herrn Kayserlichen vortragh underlieffen; unnd zwarn
7
soviell die reichsdeputation betrifft, seye dieselb, wie man weiß, nur zue
8
dem justiciwehsen, gahr aber nicht ad hosce tractatus pacis angeordnet
9
unnd verglichen;

40
9–12 so – anzustellen] Laut DKurbayern K I, spA I statt dessen: werde die depu-
41
tation die status non deputatos mit ihren conclusis zu nichts verobligirn khönnen.
so seyen auch die darzue gehörige stende nicht beysah-
10
men , noch die anwehsende darzue mitt instruction unnd vollmacht verse-
11
hen . 3º werde noch fragh unnd difficultet sein, ahn welchem ohrt die
12
deputation anzustellen.

13
Zuedeme die übrige, zue der deputation nicht gehörige unnd hier unnd zue
14
Oßnabrugk anwehsende fürsten unnd stende sich ihres iuris suffragii bey
15
dießen tractaten durchauß nicht zu begeben gedächten, welches man
16
nothwendig zue verhüetung schedlicher trennung vorhero componiren
17
und vergleichen müeste, in bedenckung, die nichtdeputati ein absonderlich
18
corpus constituiren unnd also von den andern sich separiren möchten;
19
dahero sie, wie gedacht, nothwendig mitt den zue Oßnabrugk anwehsenden
20
Churbrandenburgischen hierunder communiciren, auch woll bey Ihrem
21
Gnädigsten Herrn, gleich von ihren collegis zue Oßnabrugk geschehen,
22
über ein unnd ander hierbey underlauffende difficultet sich bescheidts zu
23
erholen.

24

42
24–27 Dießem – abgelegtt] Hinweise auf den technischen Ablauf und die kurkölnischen
43
Beratungsinterna fehlen in DKurbayern K I, spA I, das auch in der Wiedergabe des
44
kurkölnischen Votums weniger ausführlich ist.
Dießem nach ist man wiederumb auffgestanden, und haben Ihre Hoch-
25
fürstliche Gnaden mitt den andern mittdeputirten Churcolnischen, probsten
26
Landsperg und canzler Mervelt, hierauff ihres voti sich verglichen, so der
27
canzler beym wiederniedersitzen abgelegtt; […] finden ihrestheilß der
28
cronen eröffnete propositiones wichtig und von großen nachdencken unnd
29
hieltten die vorgeschlagene communication desto mehrers rahtsamb unnd
30
nöthig.

31
Waß wegen nichtergentzung des churfürstlichen collegii von den herrn
32
Kayserlichen erwehnet, dehmen vermeinten sie zu bedeuten, waß von den
33
herrn Churbayerischen wegen deren anno 1636 auß dem churfürstlichen
34
collegio beschehenen deputation gahr woll erinnert, damitt es dan also
35
bewandt, daß die deputati die noch abwehsende churfürstliche suppliren
36
unnd also derentwegen zue den tractaten gahr woll geschritten werden
37
köntte. Waß von den herrn Churbrandenburgischen movirt, daß die depu-
38
tation auff dieße tractatus nicht, sondern die justiciam bevolmechtigt,

[p. 128] [scan. 252]


1
da würden sie sich auß deß zue Franckfurth gewehsenen Churbrandenbur-
2
gischen abgesandtens

41
Matthäus (von) Wesenbeck (1600–1659), kurbrandenburgischer Regierungs- und Kammer-
42
gerichtsrat , wirklicher Geheimer Rat und Kanzler des Fürstentums Minden, erhielt 1650 vom
43
Kaiser den Titel von Wesenbeck nach dem Stammgut der Familie in Brabant und Bestätigung des
44
Ritterdiploms ( Zeiz S. 50f., 30). Vgl. zur standesmäßigen Zusammensetzung des kurbranden-
45
burgischen Geheimen Rates Isaacsohn II S. 206f., Opgenoorth S. 125f., 238–244.
berichts zuversichtlich zu erinnern wißen, daß, alß de
3
translatione deputationis anfangs daselbsten in vorschlag kommen, sich die
4
deputierte auß dem chur- und fürstenrhadt bey ihren principalen bescheidts
5
dieshalber erholet, der dan ihnnen affirmative unnd consequenter, waß
6
dehme anhangig, nöthige instruction und vollmacht ad loca tractatuum
7

30
7 zukommen] Zusätzlich in DKurbayern K I, spA I: Die Frankfurter Deputation
31
hat gleichwoll auch underschiedtlich sachen tractirt, so den friden unnd den krieg
32
concernirt.
ad hunc finem zukommen; dahero dan wieder solche in reichsconstitutioni-
8
bus fundirte verordnung die non deputati ius suffragii bey den tractaten
9
zue praetendiren keine ursach haben, umb soviel weniger, weylen ihnen
10
daß anno 1641 zue Regenspurg gemachtes allgemeines reichsconclusum
11
bekandt, darauß so wenig ihnnen zu schreythen alß den reichsdeputierten
12
ein

33
12 novum] Statt dessen in DKurbayern K I, spA I quartum.
novum genus conventionis einzugehen einige gewaldt gegeben

34
12 ist] Zusätzlich in DKurbayern K I, spA I: die nichtdeputirte khönnen ir interesse
35
bei den Kayserlichen unnd den deputirten anbringen – laut Reichsabschied von 1641.
ist.

13
Ob auch sonst ein oder der ander bey seiner opinion würde bestehen und bey
14
der reichsdeputation nicht erscheinen wollen, hette man doch deßwegen
15
vigore constitutionum imperii, in specie der deputation halber, die consul-
16
tationes nicht zu verschieben und dadurch mehrer zeitverlieren und bluet-
17
vergießung zu verursachen unnd benebenst denn gegentheille, daß sie
18
solches pro nova mora, welche von dieser seyten imperii, dan man auff
19
die proposition so langh und starck getrungen, vorsätzlich causirt, auß-
20
deuten würden, anlaß zu geben. Würden auch dieienige, so es mit solchen
21
disputatis causierten, bei Gott und der posteritet grosse verandwortung,
22
bei den stenden und auswendigen aber grossen verweis uber den hals
23
ziehen;

36
23–25 unnd – thuen] Deutlicher in DKurbayern K I, spA I: und wolle scheinen
37
(so albereith mit dem Kayserlichen gesanden Vollmari underredt gewessen), rath-
38
samb zu sein, daß negster tagen die Kayserliche und curfürstliche hier unnd zu
39
Ossnabruck in loco intermedio zusamenkhommen unnd von vorhabenden consul-
40
tationen conferiren, auch vor allen dingen dieselbig recht adjustirn.
unnd wehren dahero, die sachen desto beßer zue überleggen unnd
24
außeinanderzubringen, gleichfalls der meinung, daß die vorgeschlagene
25
communication ie ehender ie beßer zu thuen, wobey sie aber der herrn
26
Churbayerischen unnd -brandenburgischen gedancken quoad modum,
27
locum et tempus gehrn vernehmmen woltten, in specie, ob die zue Oßna-
28
brugk anhero zu vermögen oder man von hier dorthin (gleich von den
29
Frantzosen und Schweden alternis vicibus geschicht) sich begeben oder

[p. 129] [scan. 253]


1
einen locum intermedium, und auff waß zeitt, erwehllen, sodan, ob man
2
insgesambt oder von jedder gesandtschafft per deputatos dieße communi-
3
cation vorgehen laßen möchte. Meldeten Ihre Hochfürstliche Gnaden
4
selbsten demnegst ferner auff daßjenige, waß ratione iuris suffragii von den
5
Churbrandenburgischen erwehnet, daß, obwoll sie alß ein fürst des reichs
6
dabey villfaltig ihrer landen halber selbsten interessirt, so sehen sie doch
7
zumahln nicht, wie auß solchen allgemeinen reichsconcluso salva cons-
8
cientia , cum fundamento et reputatione einen abtritt zu nehmen […];
9
da aber gleich einer oder der ander sich demselben nicht bequehmen
10
wollte, geben deßhalber die reichssatzungen, daß nemblich auff solche nicht
11
zu wahrtten, sondern pars potior mitt den consultationibus zu verfahren,
12
gewiße maß. Wurden auch ihrestails, also wie gemelt ein reichsfürst, ihre
13
sachen durch die im reichsdag gutbefundene weeg und mitl vorzunehmen
14
und zu urgieren nit underlassen.

15
Churcollnischentheylß seyen sie zue der reichsdeputation, wie auch ratione
16
Münster in specie, gnugsamb instruirt und bevollmechtiget, und vermein-
17
ten , daß die übrige, welche annoch difficulteten machen möchten, zu
18
erinneren, daß zuversichtlich sie, da durch lengeren auffzugh und verwey-
19
lung remorae gemacht unnd dadurch größer christenbluetvergießen ver-
20
uhrsacht werden soltte, die verandtworttung nicht gehrn auff sich laden
21
würden.

22
Nach abermahlß genohmmenen abtritt votirte Churbayeren, daß ihrestheilß
23
ahn demjenigen, waß also einhellig auf dem reichsdag geschloßen, nichts
24
enderen kontten, sondern thetten sich mitt dem Churcolnischen voto,
25
auch daß die vorgeschlagene communication nothwendig und ehistens zue
26
beförderen, allerdings conformiren.

27
Daß übrig zur umfragh gesteltte betreffent, vermeinten unmaßgeblich, daß
28
negste zue sein, in loco intermedio et

41
28–28/29 quidem – zusahmenzukommen] Zusätzlich in DKurbayern K I, spA I: wie
42
dan die Khayserliche auch der mainung.
quidem per deputatos zusahmenzu-
29
kommen unnd die ratione deputationis, auch sonst movirte dubia zue
30
resolviren, dabey omnem moram abzuschneyden, weylen ie sich gahr nit
31
reyhmen woltte, da man auff die propositiones nun anderhalb jahr langk
32
gewahrtett und nun anietzo die resolution darauff (worahn sich die auß-
33
wendige nicht wenig scandaliren würden) dergestaldt ohnnötigerweyß ver-
34
weylen soltte; den locum intermedium hieltten Lengrick den bequehmb-
35
sten , die zeitt sambstagh, son- oder montagh, dehme sie sich allezeitt
36
bequehmen woltten.

37
Kurbrandenburg . Sie befinden, wie im Churcollnischen voto gemeldet,
38
die materi gleichfalß wichtig und dahero die communication über ein und
39
anders, auch ob die fürsten und stendt von praetension des iuris suffragii
40
abzubringen sein mögtten, desto mehr nöthig; die fernere fragen wan,

[p. 130] [scan. 254]


1
woh unnd durch wehme, conformirten sich mitt den Churbayerischen,
2
quoad tempus auch, quoad personas auff ein oder zwey oder auch alle von
3
jedder gesandtschafft, nur daß alßdan ein solcher ohrt, welcher etwaß von
4

38
4 capacitet] Laut DKurbayern K I, spA I zweifelt Kurbrandenburg, ob Lengerich solche hat.
capacitet, außgesehen.

39
4–6 Erachteten – angesehen] Fehlt an dieser Stelle in DKurbayern K I, spA I und
40
wird dort als Vorbringen des nachfolgenden kurkölnischen Votums eingeführt.
Erachteten sonst, daß die vorhabende communica-
5
tion mehrers auff den modum, wie die sachen anzugreiffen, alß rem ipsam
6
angesehen.

7
Uber dießes haben Ihre Hochfürstliche Gnaden mitt den anderen Churcol-
8
nischen abermaln unterrehdet, darauff mitt dero voto dahin sich vernehm-
9
men laßen, daß zwarn ihrestheilß auch in den gedancken seyen, daß die
10
zusahmenkunfft mehrentheilß umb deß modi willen zu thuen, massen es
11
die herrn Kaiserliche ein praeliminarunderredung nenneten. Hoffen aber,
12
es werden sich die bevorseyende difficulteten ratione deputationis auß dem
13
reichs-, auch deputationschluß zur Regenspurg und Franckfurth, zumahln
14
alle zue fortsetzung der nothwendigen consultationen, alle woll zu friden
15
recht intentionirte stend sonder zweiffel geneigt sein werden, leicht supe-
16
riren und abhelffen laßen, wie sie dan der meinung nachmahlen mitt den
17
anderen herrn chürfürstlichen abgesandten seind, daß die deliberationes
18
lenger nicht außzustellen; die persohnen, zeitt und ohrt betreffend, da
19
vermeinten, daß man solches den herrn Kayserlichen allerdings hette
20
heimbzustellen und denselben sich zue conformiren.

21

41
21–32 Underdeßen – möge] Fehlt in DKurbayern K I, spA I; wahrscheinlich ist statt
Underdeßen haben die Churbrandenburgische mit den Churcolln- undt
22

42
22 Kayserlichen] Kurbayern gemeint.
Kayserlichen in praesentz Ihrer Hochfürstlichen Gnaden von den haubt-
23
puncten der Franzosisch- und Schwedischen proposition in discursu sich
24
heraußgelaßen undt gemeldet, daß es beßer, was man doch thun muste,
25
zu befurderung des friedens alsobalden zue willigen, und soviel muglich den
26
coronen satisfaction zue geben.

27
Warauff Ihre Hochfürstliche Gnaden, auff diese manier were der fried
28
alle tag zu erlangen, und sie geistliche doch allezeit betteten, da pacem
29
Domine; und gleich wir einen solchen frieden begerten, quam mundus
30
dare non potest, also were auch von allen und yeden billich dahin zu gedenk-
31
ken , damit es nit nur pax temporanea und solang wir leben, seye, sondern
32
daß deßen die posteritet, wo nit ewig, doch viele jahr genießen möge.

33
Und seind die Kaiserliche wider hereingeruefen worden. Es wird ihnen

43
33–34 im – Gnaden] Das Votum legt laut DVolmar der Münstersche Kanzler Mer-
44
veldt
ab.
im
34
nahmen Ihrer Hochfürstlichen Gnaden daß conclusum negst beschehener
35
dancksagung für die gethane proposition dahin eröffnet, daß man der
36
Frantzosen und Schweden außgelaßene propositiones zumahln wichtig
37
befinde, gleichwoll aber deren consultation zue maturiren, sonderlich aber

[p. 131] [scan. 255]


1
die vorgeschlagene

30
1 communication] zusätzlich in DVolmar : mit den ksl. und kurfürstlichen Gesandten
31
in Osnabrück und den dort anwesenden ordentlichen Deputierten.
communication, weylen selbige nicht so viell circa
2
materiam ipsam alß modum tractandi angesehen sein solle, zu beforderen
3
nöthig haltte. Stellen aber die zeitt, wan, deßgleichen auch woh, hier, zue
4
Oßnabrugk oder

32
4 in loco tertio] In DKurbayern K I, spA I Lengerich, in DVolmar Lengerich und
33
Iburg

44
Zur Stadt Driburg gehörige Burg im Hochstift Paderborn ( heute Landkreis Höxter ) ( Hand-
45
buch
3 S. 358f., 41f. ).
genannt.
in loco tertio, darzu sie mehrers inclinierten, die zusahmen-
5
kunfft anzustellen, auch ob von den gesambtten oder aber per deputatos
6
solche für die handt zu nehmmen, der herrn Kayserlichen belieben aller-
7
dings anhaimb.

8
Ratione deputationis und der Unvollständigkeit des Kurkollegs beziehen sie sich
9
auf die reichsconstitutiones und die Vereinbarung von 1636 über die collegial-
10
deputation , daß nemblich solche deputirte chürfürsten die abwehsende
11
suppliren unnd man also derentwegen die consultationes nicht zue differi-
12
ren .

13

34
13–18 Der – würde] Fehlt in DVolmar , in DKurbayern K I, spA I noch die abwei-
35
chende
Meinung Kurbrandenburgs erwähnt.
Der non deputatorum praetension ratione iuris suffragii läßt sich aus dem
14
Reichsabschied von 1641 und dem jüngst in Frankfurt gefaßten Beschluß leicht
15
resolviren und beyleggen. Es ist deßwegen keine zeitt zu verliehren, umb
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soviell weniger, daß solches bey den frembden cronen, die man zue edirung
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ihrer proposition nun so lange zeitt stimulirt, ein sehr frembdes ansehen
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gewinnen würde; dabey ferner ratione loci movirt, daß die zusahmenkunfft
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zue Oßnabrugk oder hier groß auffsehens, auch mitt den visiten viell zeitt-
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verliehrens geben würde.

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21–25 Auff – laßen] Fehlt in DKurbayern K I, spA I und DVolmar .
Auff welches, alß die herrn Kayserliche incidenter vermeldet, daß sie, auch
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die Frantzosische, zue Oßnabrugk underschiedtlich all incognito gewehsen
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und der visiten halber keine difficultet befunden, replicirten Ihre Hoch-
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fürstliche Gnaden, daß solches mitt ein oder zweyen gesandtschafften woll,
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mitt 10 oder 12 aber nicht würde thuen laßen.

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Hierüber haben sich beede herrn Kayserliche sitzendt mitt wenigem
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unterrehddet, folgendts negst wiederholung der gegebenen resolution
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sich vernehmmen laßen,

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131, 28 –132, 8 daß –zusahmenzukommen] Etwas anders in DKurbayern K I, spA I: Die
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Kaiserlichen konformieren sich den maioribus votis der Kurfürstlichen, finden aber nicht
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rathsamb, daß die vorhabende conferenz zwischen den Kayserlichen unnd cur-
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fürstlichen hier oder zu Ossnabruck beschehe, damit der übrigen fürsten unnd
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stendt abgeordnete nicht irritirt werden. Laut DVolmar wollen die ksl. Gesandten
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der Konferenz generell nicht beiwohnen, um bei den nit ordinari deputati kein merkliches
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misstrauen zu causirn.
daß sie die communication für gar nöthig hieltten,
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befinden aber darzue sowoll hier alß zue Oßnabrugk uber angedeutes

[p. 132] [scan. 256]


1
underschiedliche difficulteten unnd sonderlich, daß, wan man die aldorth
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anwehsende churfürstliche und deputirte stende anheroförderen oder sich
3
dorthin begeben soltte, die non deputati entwedders mitt anherofolgen
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oder dorth zue den consultationibus mitt gezogen werden wollen unnd
5
man alßdan die besorgtte difficultet nicht würde entfliehen können. Unnd
6
seindt daher der meinung, daß darzue locus intermedius sich ahm besten
7
füegen wehrde, nur daß sie anstunden, ob, beederseits Kayserliche mitt
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zusahmenzukommen, also nöthig befunden würde,

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8–12 daß – möchte] Ausführlicher DVolmar : Volmar will sich bis spätestens Samstag
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nach Osnabrück begeben und mit den dortigen Kollegen sprechen; diese sollen den Konferenz-
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plan
den Kurfürstlichen in Osnabrück und wo noth auch andern daselbst anwesenden
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deputatis ordinariis mitteilen, damit sie sich am darauffolgenden Montag an daß be-
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stimbte mittelortt begeben können. Laut DKurbayern K I, spA I will Volmar samstags
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nach Osnabrück fahren, sonntags mit seinen Kollegen dort conferirn unnd alsobaldt die
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curfürstliche alhier avisirn, damit man allerseits biß khönfftigen montag zu Lenge-
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rich zusamenkhommen möge.
daß er Volmari
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vorhero sich selbst nacher Oßnabrugk etwan gegen künfftigen sambstag

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17. Juni 1645.

10
nach abgeferttigter post begeben thette unnd demnegst auff künfftigen
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montagh

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19. Juni 1645.
die zusahmenkunfft in loco 3º alß zu Lengerich cum electoralibus
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et deputatis vorgehen möchte.

13

40
132, 13 –133, 18 Hat – moge] Fehlt in DVolmar .
Hat

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13 vom Nuntius ] Laut DKurbayern K I, spA, I ( in K I Zusatz Haslangs ) vom Vene-
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tianischen gesandten.
vom Nuntius gehört, daß Longueville
innerhalb 5 oder sechß thagen alhier
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anlangen und Peñaranda in kurtzen vom Brussel abraißen wehrde, und fragt,
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wie man sich beym gegenschicken verhalten will. Nach kurtzer unterredung
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hierüber der herrn chürfürstlichen untereinander ist den herrn Kayserlichen
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hinwieder angedeutet, daß man sich mitt ihrem vorschlagh conformiren,
18
auch sich gefallen laßen thette, wan der herr Volmari vorhero die raiß
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nacher Oßnabrugk verrichten wolltte; unnd seye man deßen berichts auff
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negstkünfftigen montagh vormitag hinwieder gewährttig.

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Den punctum wegen einholung der Spanisch- und Frantzosischen gesandten
22
anregendt, da wolle sich der Venetianische auff eine quasipossession, den
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Spanisch- oder Frantzosischen nachzufahren, beziehen und ganz kein mitl
24
annemmen oder darvon hören, wie neulich referiert worden.

25
Die Churcolln- unnd -bayerische hetten gemeeßene instruction, sich bey
26
demjenigen, waß die herrn churfürsten löblich hergebracht, zue manuteni-
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ren ; hetten auch die Churbrandenburgische dieße sache ahn Ihren Gnädig-
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sten Herrn gelangtt, darauff sie der erclehrung erwahrtten, und vermainten
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eben das, waß die baide herrn curfirsten, das nemblich im geringsten nicht
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zue weichen oder nachzugeben; unnd sehe man umb soviell weniger,
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weylen den Venetianischen die actus, warauff man sich fundirt unndt also

[p. 133] [scan. 257]


1
genugsamb publicirt, er aber hingegen auff den extremis bestehen thut unnd
2
keinem medio stattgeben will, wie die sachen voneinander zue bringen,
3
welches die herrn Kayserlichen also wahr zu sein vermeldet.

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3–18 Unndt – moge] Statt dessen in DKurbayern K I, spA I nur, daß die Kaiserlichen dies
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dem Nuntius mitteilen und nach einem Ausweg suchen wollen.
Unndt schlu-
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gen Ihre Hochfürstliche Gnaden vor, obs nit ein ding, daß die herrn Kayser-
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liche sich belieben mogten, selbst mit dem Veneto zu reden, weilen innen
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vielleicht der herr nuncius nicht gern wurde disgustiren wollen, gleich man
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dann zu vermercken habe, daß bey ietzigem Pabstlichen hoff die republica
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zu Venedig gahr hoch herfurgezogen wurde.

9
Herr Volmari vermeldete, daß eben dergleichen auch sie vermercken theten,
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wolten dem herrn nuncio die bedeuttung thun, daß ihrestheilß kein medium
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wisten, unndt zwarn die herrn churfürstlichen sammetlich uber dasienige,
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was deßhalber eine zeit hero passirt, uberschrieben, sonsten aber im befelch
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hetten, im geringsten nit zu weichen, ebensowoll alß er instruction zue
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haben sich vernemmen laßen; also stunde in ihrem gewalt nit, solche ordre
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zu ännderen, gleich dan der Venetus selbst zu urtheilen unnd die besor-
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gennde consequentien abzuenemmen hette. Alßdan man sehen mogte, ob er
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dadurch, wan er den ernst verspurt, zu andern unndt einigen thunlichen
18
mitteln, gestalt die Spanische selbst gern sehen, zu disponiren seinn moge.

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