Acta Pacis Westphalicae III A 6 : Die Beratungen der Städtekurie Osnabrück: 1645 - 1649 / Günter Buchstab
176. 154. Sitzung des Städterats Osnabrück 1648 August 16 8 Uhr
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Osnabrück 1648 August 16 8 Uhr
Strassburg AA 1144 fol. 661–663’ = Druckvorlage. Conclusa: in Strassburg zu AA
1144; Bremen 2 – X. 8. m. ( II ) sowie 2 – X. 10. b.
Erklärung Serviens zur französischen Satisfaktion, Amnestie, Friedensexekution und Friedens-
sicherung .
Anwesend: Straßburg, Lübeck, Kolmar, Dortmund auf der Rheinischen, Nürnberg auf der Schwä
bischen Bank.
Herr Director proponirt: Eß wolle sich für dießmahl auff nachfolgende
3 fragen zu resolviren sein, nemblichen: 1. Was bey herrn grav Serviens
super puncto satisfactionis gethanen erclärung weiter vorzunemen?
Erklärung Serviens vom 9. August 1648, das Elsaß als Reichslehen anzunehmen, in Meiern VI
S. 323f.
circa punctum amnistiae zu thun? Und 3. wie weitt herrn grav Serviens in
puncto executionis et assecurationis gethane erinnerungen zu admittiren?
Bate demnach die herren abgesandten umb eröffnung ihrer gedanckhen
Druck Meiern VI S. 341f.
Lübeck. Ad 1. halte er dafür, weiln herr grav Servien soviel difficulteten bey
dem puncto satisfactionis mache, contradicentibus Monasteriensibus
In einem Schreiben nach Osnabrück vom 4./14. August 1648, das am 11. August diktiert
worden war, hatten die in Münster versammelten Stände gegen die Verhandlungen in Osnabrück
und ihren Ausschluß protestiert (Druck Meiern VI S. 327 –333).
außzurichten seye, und man, daß bey den herren Kayserlichen und media-
toribus beßere declarationes zu befinden, verneme, man selbige noch ferner
außgestelt sein laßen und sich nacher Münster begeben köndte, sonsten
bleibe man solcher gestalt in beständigen contradictoriis; underdeßen köndte
gleichwohl alhier alles, was zu thun sein möchte, vorgenommen, der declara-
tion inhaerirt und an den könig zugleich geschrieben werden. Ad 2. were
punctus amnistiae dahin einzurichten, daß theils remissive, theils verbote-
nus , theils mit gewißen änderungen gesetzt, und weiln herr Servien in dem
meisten sich umbständlich ercläret, ihme damit an hand gegangen und also
viel zeit gewonnen und weitleuffige difficulteten verhütet werden möchten.
Ad 3. Weiln er herrn Serviens erinnerungen nicht gelesen, alß laße er es auff
der übrigen herren abgesandten beybringende monita gestelt sein.
Nürnberg. Er halte auch ad 1. nicht außer weeg zu sein, wann das werckh
mit guthem belieben herrn Serviens zu Münster außgemachet werden
köndte, weiln aber die stände, seine sachen alhier zu tractiren, ihme verspro-
chen , dahero expresse nichts sagen und er bey seiner contradiction bleiben
dörffte, alß were inmittelst mit den bloßen schreiben an den könig in
Franckhreich ohne beyschließung der declaration, zumahln dadurch die
herren Kayserlichen, mit denen aus denen darinnen enthaltenen lehenemp
fängnußen noch nichts geredet worden, offendirt werden dörfften, zu ver-
fahren . Er habe sonsten für sich etliche rationes, den könig zu bewegen, zu
papyr gebracht. Werde aber solcher gestalt dieses werckh tacite in suspenso
zu laßen und dem könig in deßen nur iniquitas rei zu remonstriren sein.
Ad 2. Dieweiln man in den conferenzen mit herrn Servien der Lateinischen
sprach halben einander nicht recht verstehe, alß were zu gewinnung vieler
zeit nöthig, das directorium oder jemandt anderen zu ersuchen, einen auff-
satz , wie man vermeine, daß dieser punctus amnistiae dem instrumento pacis
füglich eingerichtet werden möchte, zu machen.
Ad 3. Wann man, herrn Serviens bey dem puncto executionis et assecura-
tionis außgestelte additiones und erinnerungen zu durchgehen, vornemen
werde, wolle er seine monita auch andeutten.
Kolmar. Ad 1. Wolle, kürtze halben, beede vorgehende vota hiehero repe-
tiren , stehe aber allein in deme an, ob es mitt dem articulo de juribus statuum
et commerciis seine richtigkeit habe, und weiln daßelbe von Lübeckh und
Nürnberg für gewiß referiret worden, seye er auch damit zufriden.
Ad 2. Seye dasjenige, was bey dem puncto amnistiae vorkommen, bereits zu
genüg erinnert und ohnnöthig, ein mehreres zu addiren.
Dortmund. Dieweiln Lübeckh und Nürnberg ihre meinungen bey vorge-
legten puncten bereits eröffnet, wolle er es auch seines theils dabey be-
wenden laßen und sich damitt vergleichen.
Herr Director. Ad 1. Er wiße seines theils über bereits vorgebrachtes
weiter nichts zu erinnern, sehe auch nicht, wie man bey solcher contradiction
mit herrn Servien weiter fortkommen könne und were demnach beßer, baldt
nach Münster zu gehen und zu sehen, wie etwan das werckh darüben ab-
lauffen möchte. Weiln aber gleichwohl die majora dahin gehen, daß man
alhier so weitt man könne, in der sachen eventualiter progrediren, under
deßen auch das schreiben an den könig in Franckhreich abgeben, das reser-
vatum ratione der lehenempfängnus, weil mit den herren Kayserlichen noch
nichts darauß communiciret, änderen und alßdann einschließen, daneben
auch jedem interessenten auff sein begehren ein von samptlichen ständen
underschribenes exemplar davon zustellen solle, alß werde es sein verbleiben
dabey haben.
Ad 2. Wann bey dem puncto amnistiae ein solches formular, wie Nürnberg
erinnert, auffgesetzt und herrn Servien eingelifert würde, ließe er es ihme
nicht mißfallen; und hielte dafür, daß den deputirten befelch und gewalt,
das werckh vollendts zu adjustiren, zu geben were.
Hierauff wurden herrn Serviens bey dem puncto executionis et assecurationis
gethane erinnerungen discursive durchgangen, was dabey moniret, alsobalden
beobachtet und dahero, ad protocollum zu nemen, für ohnnöthig erachtet.
Conclusum. Bey der ersten in deliberation gestelten frag, was bey herrn
grav Serviens Excellenz über dem reservato puncti satisfactionis Gallicae
gethanen erclärung vorzunemen, haltet man stättischen theils dafür, ob-
wohln die interessenten geringe sicherheit dabey verspüren, ohnangesehen
die sach je lenger, je schwärer wirdt, weiln jedoch mit ihme in der handlung
bereits fortgeschritten, daß selbige gleichwohl continuirt und diese differenz
so lang in suspenso gehalten werden köndte, biß etwa mit hülff der herren
Kayserlichen und Mediatoren zu desiderierender erclär- und erleutterung zu
gelangen, underdeßen aber were an den könig und nach guthbefinden auch
an das parlament in Franckhreich deretwegen mit anführung beweglicher
motiven zu schreiben und der stände reservatum, doch dergestalt, mittbey
zuschließen , daß, weiln wegen der lehenschafft mitt den herren Kayserlichen
noch nicht communiciret, daßelbe sofern geändert werde. Man köndte da-
neben auch jedem interessenten ein von samptlichen ständen underschri-
benes exemplar auff sein begehren widerfahren laßen.
Soviel 2. die in puncto amnistiae begriffene päss betrifft, wolte man der
meinung sein, daß zu gewinnung der zeitt nicht wenig dienen würde, wann
der gantze articulus, wie man ihn gern eingerichtet sehe, umbgeschrieben,
theils verbotenus, theils relative, theils mit beliebten änderungen darein
gebracht, herrn grav Servien überlifert und dabey den deputirten mitt zu-
ziehung der interessenten befelch und gewalt gegeben würde, denselben,
dem Schwedischen instrumento gemäß, soviel möglich zu adjustiren.
Was 3. die bey dem puncto executionis et assecurationis gethane erinnerun-
gen betrifft, haltet man dafür, daß in versiculo „aut saltem“ an statt der
wortt „die ratihabitionum extraditioni destinata“ zu setzen were „intra tem-
pus conclusae et ratificandae pacis conficiendam“.
In versiciculo „advertendum est“, weiln denen stätten und orthen, welche
Frantzösische guarnisonen inhaben und ohnmöglich fallen wirdt, beedes, ihr
contingent zu bezahlung der Schwedischen militiae auffzubringen und zu-
gleich die guarnisonen zu verpflegen, alß were herr grav Servien, wo mög
lich , dahin zu disponiren, daß er dieses der contribution halben gethanes
begehren entweder gäntzlich fallen laßen oder doch auff die quart oder zum
höchsten tertz deß bißherigen richten und also moderiren wolle, damitt eines
das andere nicht verhindere.
Versiculus „Ita ut si quid“ were, contrarieteten und andere ohngleiche se-
quelen zu verhüten, billich außzulaßen, wie auch die wortt „excipiatur cir-
culus Burgundicus“, weiln sich das werckh durch erledigung des puncti assi-
stentiae von selbsten ergeben wirdt.
Das ratione brevioris termini gethane monitum ist von großer importanz
und würde in casu violentae aggressionis vielen zustatten kommen. Köndte
man also, wo es mit vorwißen der herren Kayserlichen und Schwedischen
dahin zu bringen, stättischen theils gar wohl geschehen laßen, daß die 3 jahr
contrahiret und nach möglichkeit eingeenget würden.