Acta Pacis Westphalicae III A 6 : Die Beratungen der Städtekurie Osnabrück: 1645 - 1649 / Günter Buchstab
158. 138. Sitzung des Städterats Osnabrück 1648 Juni 29 8 Uhr
158
Osnabrück 1648 Juni 29 8 Uhr
Strassburg AA 1144 fol. 616–620’ = Druckvorlage; vgl. ferner Bremen 2 – X. 8. m. ( I ) mit
Re- und Correlation. Conclusa in: Strassburg zu AA 1144; Bremen 2 – X. 8. m. ( II ) sowie
2 – X. 10. b.
Forderung der Schweden auf Bekanntgabe des Kontingents eines jeden Standes, Satisfaktion für die
Landgräfin von Hessen-Kassel, drei Millionen zum ersten Termin, Verzeichnis der Schuldner.
Konzeptantwort an die kaiserlichen Gesandten über die kaiserliche Satisfaktion.
Lothringisches Begehren auf Militärsatisfaktion, Entschädigung für erlittenen Schaden, Restitution
von Land und Leuten.
Anwesend: Straßburg, Kolmar, Bremen auf der Rheinischen, (Lübeck kommt später hinzu),
Regensburg, Nürnberg und Lindau auf der Schwäbischen Bank.
Herr Director proponirt: Es were für dißmahl umb 3 puncten zu thun
Vgl. Meiern VI S. 34f.
alß I. daß die herren Schwedischen sich in einige handlung nicht einlaßen
wollen, es werde ihnen dann 1. eine designation, wie hoch eines jeden
standts contingent sich belauffe, vorhero zugestellet, 2. der frau landgrävin
zu Heßen Caßel völckhern satisfaction gegeben, 3. das quantum primi ter-
mini auff 20 tonnen erhöhet und 4. mit den donatariis ein vergleich getroffen.
II. Were ein concept auff der herren Kayserlichen jüngstbeschehenes an-
bringen und III. ein schreiben von Lothringen abzuhören
Druck Meiern VI S. 36f.
darinnen 1. auch eine satisfactionem militiae, 2. ersetzung seines erlittenen
schadens und 3. restitutionem seiner landt und leuth begehre, alß werde man
sich darüber zu resolviren haben. Welches, daß es geschehe und ein jeder,
was ihme bey einem und anderen erinnerlich, zu gemüth gehen möchte,
ohnbeschwert eröfne, er gebetten haben wolte.
Kolmar. Soviel die ad deliberandum gegebene puncten und zwar deren
ersten antreffe, halte er dafür, daß den ständen, die von den herren Schwedi-
schen begehrte designationem ante conclusam pacem von handen zu stellen,
darum sehr nachdenckhlich fallen wolte, weiln sie sich derselben leichtlich
zu ihrem vorthel bedienen und einen anderen calculum und außtheiler zu
praejudiz eines und anderen standts hiernächst machen dörfften. 2. Wegen
der Heßen Caßelischen praetension weren vorige conclusa in quaestione cui
zu repetiren, ingleichem 3. ratione begehrter erhöhung der 20 tonnen reichs-
thaler und 4., soviel die donatarios anlange, weiln man, was für donatarii von
den herren Schwedischen verstanden werden, nicht wißen könne, es eben
mäßig bey deretwegen hiebevor gefaßten conclusis zu laßen.
Wegen des concepts könne er sich 2. mit den majoribus wohl vergleichen.
Das Lothringische schreiben 3. betreffend scheine, alß wann die herren Kay-
serlichen etwas anders darunder suchten. Deme aber seye, wie ihm wolle,
müße man auch vorige bey der quaestione cui gefaßte conclusa hiehero
repetiren.
Regensburg. Ad 1. seye er zwar wegen begehrter specification indifferent,
halte aber, dieselbe noch zur zeit heraußzugeben, für gar praejudicirlich und
beßer, denen herren Schwedischen anzudeuten, daß, sobaldt man in quanto
richtig, desiderirte designation auffgesetzet und ihnen zugestellet werden
solle.
Ad 2. stelle er dahin, was man bey der Heßen Caßelischen satisfactions-
praetension vornemen wolle.
Ad 3. seye er zwar von seinen herren und oberen auff 18 tonnen reichsthaler
nicht, wann aber das fridenswerckh daran hafften solte, mit den majoribus
sich zu conformiren, instruirt und befelchet.
Das abgelesene concept betreffend, seye dabey, weiln es denen stättischen er-
innerungen gemäß, weitter nichts zu erinnern.
Soviel Lothringen anlange, habe man ihme nichts zu willen zu sein, sondern
es vielmehr bey der in quaestione cui angeführten erinnerungen zu laßen.
Endtlich auch ratione donatariorum bey vorigen conclusis zu verbleiben.
Bremen. Gleich wie er vom herren directore, was in pleno
worden, wohl verstanden, also begehre er auch, soviel die sach an sich
selbsten betreffe, von vorstimmenden meinungen sich nicht zu separiren
oder abzustehen und halte bey dem 1. ebenmäßig dafür, daß man mit den
herren Schwedischen, ehe und bevor eine designation auffgesetzet werde,
ratione quanti richtig und verglichen sein müße, und so dann einen propor-
tionirten außtheiler selbsten machen könne.
Was das andere anlange, seye er zwar mit deme, was in vorigen conclusis
deßwegen begriffen stehe, einig, bekenne aber sonsten, daß der frau landgrä
vin zu Caßel, wegen der bey dem evangelischen wesen gleichwohl vielfeltig
geleisteten guthen dienste, in ihrem begehren nicht gar aus handen zu gehen
were. Stelle es jedoch dahin.
Auff begehrte erhöhung der 18 tonnen reichsthaler seye er an seinem orth
auch nicht instruirt. Laße es also bey dem offerirten, wie nicht weniger soviel
die donatarios concernire, bey vorigen conclusis bewenden.
Das concept betreffend, habe er daßelbe nicht gelesen. Quoad petitum Lotha-
ringicum habe der hertzog seine restitution nicht bey den ständen, sondern
der cron Franckhreich zu suchen und man ihme keine satisfaction zu geben.
Seye sonsten seines erachtens dieses begehren nur dahin, wie etwa die stände
von der mit den herren Schwedischen bißhero gepflogenen handlung diver-
tiret werden möchten, angesehen.
Nürnberg. Er stehe zwar ad 1. selbsten an, ob den herren Schwedischen
mitt begehrter designation anietzo zu willfahren rathsam seye? Wann er aber
bedenckhe, daß sie bereits vorhin, was die matricul gebe, wißenschafft ha-
ben , als were seiner ohnvorgreifflichen meinung nach beßer, daß solches
anfänglich als post vulneratam causam erst geschehe, 2. diejenigen, welche
sich aus der matricul eximirt, als Brandenburg etc., widerum hineingebracht
und 3. auch die reichsritterschafft darzu genommen werde. Wolle sich aber
von den majoribus nicht separiren.
Ad 2. Weiln toties quoties, daß der frau landgrävin zu Heßen Caßel um der
bösen consequenz willen nichts zu geben, geschloßen worden, alß müeße es
auch dabey bewenden und were guth gewesen, wann man gleich von anfang
zwo kriegende parteyen, denen satisfaction zu geben, gemacht hette, dahin
stellendt, ob nicht
Ad 3. wegen erhöhung der 18 tonnen reichsthaler sehe er ebensowenig als
andere, wie man höher werde steigen können und vermeinte, die herren
Schwedischen hetten auch, ein mehrers zu begehren, keine ursach. Habe son-
sten auff gegebene anleittung herrn Lampadii einen überschlag gemacht und
gefunden, wann man auch gleich die ritterschafft mit darzu ziehen solte, dan-
noch mit 20 tonnen paren geldts auffzukommen, ohnmöglich fallen würde.
Ad 4. sehe er auch nicht, wie man sich wegen der donatariorum, weiln der-
selben gar zuviel, einlaßen könne, sondern wolle vielmehr dahin, wie den
herren Schwedischen dieses zumuthen benommen werden möge, zu trachten
sein.
2. Auffgesetzte antwortt an die herren Kayserliche betreffend, seye selbige
mascule eingericht und halte er ohnmaßgeblich dafür, wann Ihrer Kayser-
lichen Majestät der Österreichische, Burgundische und Bayrische craiß zu
dero satisfaction conjunctim überlaßen würden, es dörffte dadurch, daß die
frau landtgrävin von ihrem postulato abstüende, zu erhalten sein.
Das Lothringische begehren 3. anreichendt, seye daßelbe gar ohnfreundtlich
und dahero in der beantwortung zu remonstriren, daß ihne die stände, dem
reich zu dienen, nicht gezwungen, er demselben auch wenig dienste gelei-
stet , sondern die stände vielmehr ruiniret habe, ihme also auch keine satis-
faction zu geben schuldig seyen.
Lindau. Er könne bey der 1. frag auch nicht finden, auß was ursachen die
herren Schwedischen eine designationem aller stände contingents, zumahln
sie es aus der matricul haben, begehren. Were sich demnach damitt, daß noch
eines und anderes vorhero in richtigkeit zu bringen, zu entschuldigen und,
daß es alßdann eben sowohl geschehen könne, anzudeuten.
Was 2. die Heßen Caßelische satisfaction anlange, stehe dahin, weiln die
herren Churbrandenburgische darein umb etwas gewilliget haben, was man
auch dies orths zu thun gesinnet sein möchte. Solte es aber bey den majori-
bus verbleiben, were der von Nürnberg gethane vorschlag zu practiciren.
Ad 3. könne er seines theils, wie man mit diesen offerirten 18 tonnen auff-
kommen werde, auch nicht sehen, noch 4., den donatariis etwas einzuwilli-
gen , thunlich befinden, zumahln ein solches nicht allein wider der herren
Schwedischen gethane proposition, sondern auch die in puncto amnistiae
gepflogene handlung gerad lauffe.
Die antwortt auf die herren Kayserlichen betreffendt, könne er sich auch, daß
den herren Kayserlichen der Nürnbergische vorschlag an hand gegeben und,
soviel das Lothringische begehren anlange, daßelbe nach anleittung vor-
gehender votorum beantwortet werde, gar wohl vergleichen.
Mit welchem sich auch der herr Lübeckhische, nach dem er allererst zur
session kommen und ihme von abgelegten votis umb etwas bericht gesche-
hen , conformiret.
Herr Director. Ad 1. halte er gar nicht für thunlich, sondern vielmehr über
alle maßen praejudicir-, und gefährlich, den herren Schwedischen mit be-
gehrter designation zu willfahren, weiln 1. der friden noch nicht geschloßen
und die Schwedische ihnen dadurch die hände nicht binden laßen, sondern
sie 2. auch hiernächst einen ohngleichen außtheiler machen und also einem
oder anderem standt ein großer laßt auffwachsen, insonderheit aber den
stätten höchlich praejudiciren dörffte. Es seye 3. bekandt, daß kein gewißer
staat auff den außtheiler darum zu machen, weiln viel ständt die ihrigen nicht
dabey gehabt, andere sich noch nichts ercläret, ein guther theil jüngstge
machten überschlag ad referendum angenommen, vieler herren principalen
auch contradiciren und damitt nicht zufriden sein wollen. Daß also die rech-
nung ohne den wirth gemacht würde. So seye auch 4. noch gar ohngewiß,
ob mit den offerirten 18 tonnen auffzukommen und, weiln diese zur handt zu
bringen, noch viel mühe kosten werde, ein mehrers anzubieten, gar nicht
rathsam. Nechst deme haben sich auch 5. etliche stände bereits erclärt, so
lang sie die guarnisonen auff dem halß haben, zu der Schwedischen satisfac-
tion nicht eine untz zu geben. Maßen er dann gestriges tages von Speyer der-
gleichen schrifftliche resolution auch bekommen habe. Placitire neben
diesem auch des herrn Nürnbergischen vorgebrachte rationem, daß nemb-
lich die herren Schwedischen keine ursach, ein mehrers zu begehren, haben,
sondern mit dem offerirten zur abdanckhung gar wohl schreitten und gelan-
gen können. Halte also ratione designationis et quanti dafür, daß es bey vor-
gehenden stättischen votis verbleiben und eher, alß man mit den herren
Schwedischen in quanto richtigkeit getroffen, nichts von handen gestellet
werden solte.
Wegen der Heßen Caßelischen praetension sehe er auch nicht, wie von
vorigen conclusis, sonderlich umb der bösen consequenz willen, abzuwei-
chen seye. Inmaßen dann der hertzog von Lothringen bereits anforderung
thue und die Weimarischen völckher eußerlichem bericht nach für ihre gelei-
stete langwührige dienste auch satisfaction haben wollen.
Ad 4. die donatarios betreffend, seye dieses anmuthen bereits zum öffteren
negative resolviret, weiln es nicht allein wider alle mit den herren Schwedi-
schen in puncto amnistiae gepflogene handlungen lauffe, sondern auch
schwäre consequentias gebären und sich alßdann erst allerley gefährliche
emergentia hervor geben dörfften.
Der herren Kayserlichen beantwortung anlangendt seye selbige wohl und
dergestalt eingerichtet, daß er anderst nichts dabey zu erinnern habe, alß daß
man den herren fürstlichen, sofern sie etwas dabei moniren würden, die
wortt deß den stätten communicirten extractschreibens vorhalten, dabene-
bens auch repetiren köndte, daß man nur von zwo kriegenden partheyen
wiße, und Ihrer Kayserlichen Majestät obberührte drey craiß darum, weiln
dadurch die praetensio Hasso Casselana, welche sich allein auff die Churbaye-
rische forderung fundire, auffgehoben würde, assigniren wolte.
Soviel das Lothringische petitum und deßen erstes membrum concernire,
were den herren Kayserlichen expresse zu sagen, daß, wann die stände mit
dem hertzogen, was er dem reich für schaden gethan und in seinen anlagen
schuldig verbliben, abrechnen wolten, ihme eine schlechte, ja gar keine satis-
faction gebühren würde. Das andere membrum seines petiti gehöre zu dem in
instrumento Gallico gesetzten puncto assecurationis, dahin es auch zu ver-
sparen . Inmittelst aber, daßelbe secundum temporis et loci occasionem mög
lichst zu beobachten, erbieten zu thun.
Conclusum. Was der herren königliche Schwedischen gestrigen abendt per
secretarium legationis angebrachte 4 postulata und darunder das erste an-
langt , kan man stättischen theils gar nicht guth und dienlich befinden, daß
begehrte designatio eines jeden standts contingent ihnen vor erörtertem
quanto und geschloßenem friden zu handen geliffert werde. Viel stände
haben die ihrigen nicht alhie, andere jüngstgemachten überschlag ad refe-
rendum angenommen, mehr zu assignation der paren gelter nicht verstehen
wollen, sondern contradiciret und sich rotunde ercläret, daß sie, so lang
ihnen die guarnisonen auff dem halß verbleiben, nicht eine untz zur cassa
liffern köndten. Daß also kein staat darauff zu machen were, wann gleich ein
ohngefährlicher außtheiler alhie verfertiget würde. Hette man demnach die
herren Schwedischen anzusprechen, daß sie sich damit noch in etwas patien-
tiren und ohnerwartet der designation über empfangene schrifft erclären und
in den tractaten selbsten, gestrigem verlaß gemäß, fortschreiten wolten.
Bey dem anderen, die Heßen Caßelische praetension betreffend, findet man
kein ursach, um deren willen von vorigen conclusis abzustehen und außzu
setzen were, nicht allein wegen des großen underschiedts, welcher zwischen
den Heßen Caßelischen völckhern und der Schwedischen armada ist, son-
dern auch wegen der bösen und weittreichenden consequenz, dadurch sich
die stände dermaßen eintieffen würden, daß sie nimmermehr eluctiren und
zu dem scopo pacis gelangen köndten. Und dieses postulatum deßto mehr zu
hindertreiben, hielte man für nicht ohndienlich, wann Ihrer Kayserlichen
Majestät zu dem Österreichischen auch der Burgundische und Bayrische
craiß überlaßen würden, selbige, als welche ohne das mitt und neben dero
erblanden beynahe
ihrer und ihrer adsistenten armeen auff die maß haben zu gebrauchen, wie
bey übrigen 7 craisen zwischen den ständen verglichen ist. Anlangendt für
das dritte, begehrte erhöhung der 18 tonnen reichsthaler, will selbige das
ohnvermögen der stände und jetzige beschaffenheit des reichs nicht zue-
geben , sondern ist bereits soviel bewilliget, daß man nicht ohnbillich zweiff-
len und anstehen muß, ob es ohne execution werde auffzubringen sein? Und
haben die königliche Schwedische plenipotentiarii deßto weniger ursach,
über das offerirte ein mehrers zu begehren, weiln sie mit 18 tonnen reichs-
thalern zu abdanckhung der völckher füglich schreitten und gelangen
können, wann gleich derselben über 75 000 köpff sein und jedem zu feldt
zween, in guarnisonen aber ein monatsoldt geliefert werden solte, wie sich
daßelbe in überlegtem calculo clärlich befunden hat.
Das vierdte postulatum werden sie verhoffentlich als eine ohne das wider
ihre proposition und underschribene handlung in puncto amnistiae, deß
gleichen zu der stände neuen beschwärung außlauffende sach zu beharren
nicht gesinnet sein, sondern auff fernere remonstration guthwillig fallen
laßen.