Acta Pacis Westphalicae III A 6 : Die Beratungen der Städtekurie Osnabrück: 1645 - 1649 / Günter Buchstab
155. 135. Sitzung des Städterats Osnabrück 1648 Juni 24 9 Uhr
155
Osnabrück 1648 Juni 24 9 Uhr
Strassburg AA 1144 fol. 605–609’ = Druckvorlage; vgl. ferner Bremen 2 – X. 8. m. ( I ) mit
Re- und Correlation. Conclusa in: Strassburg zu AA 1144; Bremen 2 – X. 8. m. ( II ) sowie 2
– X. 10. b.; Druck Meiern VI S. 18f.
Schwedische Forderung auf Barzahlung der 2,5 Millionen Reichstaler sowie Assignationen für weitere
0,5 Millionen beim ersten Ratentermin.
Anwesend: Straßburg, Lübeck, Kolmar, Bremen auf der Rheinischen, Regensburg, Nürnberg und
Lindau auf der Schwäbischen Bank.
Herr Director proponirt: Es haben die herren abgesandten, wie gestrige
handlung mit den herren Schwedischen abgeloffen und wohin der abschiedt,
nemblichen auff 25 tonnen reichsthaler pro primo termino paar zu erlegen,
genommen worden, selbsten angehöret und verstanden . Dieweiln man nun
ohnverrichter sachen voneinandergegangen und an seiten der stände das
wortt auff eine höhere summ, von sich zu geben, nicht geringes bedenckhen
gehabt, alß werde dahin stehen, ob man jetzundt von der sachen reden und
entweder bey offerirten 25 tonnen reichsthaler par verbleiben oder, was
sonsten hierbey zu thun sein möchte, an hand geben wolle.
Lübeck. Es seye dieses werckh seines bedunckhens gravis materia, der mo-
dus procedendi aber noch viel ärger, und were zu wünschen, daß man sich
einmahl daraus extriciren und wickhlen köndte. Soviel nun das begehrte
quantum betreffe, sehe er in rei veritate nicht, wie die stände ins gesambt
oder auch die stätt weiter, dann bereits geschehen, gehen können, der
scheffel seye ihnen, den herren Schwedischen, gestern ja so voll gemeßen
worden, daß sie sich mehr alß wohl damitt hetten contentiren können und
sie dabey versichert, daß sich ein jeder, aus dem verfluchten krieg zu kom-
men , eußerist bemühen werde. Were demnach bey offerirten 25 tonnen
reichsthalern nochmahln, doch dergestalt zu bestehen, daß die assignationes
so guth, als wann es pare bezahlung were, gehalten werden solten, und die
herren Schwedischen deßto beßer darzu zu disponiren, bey handen habende
schrifft vorzunemen, was dabey zu erinnern, anzudeuten und den herren
Schwedischen mit dem vermelden zuzustellen, daß, wann sie den ständen
dieses orths nicht deferiren, alle ihre bißherige actiones umbsonst und ver-
gebens , und, daß der friden an ihnen allein jetzundt haffte, augenscheinlich
auch vormahlige conditiones nochmahln anhenckhen und dabey expresse
sagen, daß dieses offertum keinen anderen verstand haben und für nicht
offerirt gehalten werden solle, es folge dann der effectus pacis gewiß und
ohnfehlbar darauff und, ob gleich auch die höhere weiter gehen solten, dan-
noch die stätt, daß sie wegen höchster ohnmöglichkeit darein nicht condes-
cendiren oder ein mehreres verwilligen köndten, mit bestandt anzudeuten
hetten.
Regensburg. Obwohln er auff das jenige, was die majora dies orths geben,
von seinen herren und oberen instruirt, werde jedoch der statt Regenspurg
bey einer so starckhen summ mit ihrem contingent auffzukommen, ohnmög
lich fallen. Wolle sich demnach mit den majoribus ratione quanti, sofern
auch die demselben angehenckhte conditiones in acht genommen werden,
gerne conformiren. Es seye aber darum noch keiner des fridens gesichert,
weiln nicht allein mit denen herren Kayserlichen auß diesen tractaten biß
dato nicht communiciret worden, sondern alles auff gerathwohl geschehen
und, wie Lübeckh erinnert, noch ohngewiß, ob die abdanckhung und exe-
cutio pacis darauff erfolgen werde. Inmittelst steige man gleichwohl mit
dem anerbieten immerdar höher, obwohln, wie damitt auffzukommen, keine
mittel vorhanden. Wolte also, daß es bey vorigen offerten sein verbleiben
haben möchte, lieber sehen, sonsten er bey seinen herren principalen, wann
er allezeit berichte, man seye mit dem erbieten höher kommen, der effectus
pacis aber noch nicht folgen wolle, invidiam auff sich lade, und an seinem
orth dafür halte, daß die stände, wann sie auch gleich ein mehrers über
bereits offerirtes anerbieten solten, des fridens bevorab, ehe die zwischen
Spanien und Franckhreich obschwebende differentien ihre richtigkeit erlan-
get , nicht gesichert sein würden. Seye auch stättischen theils auff die höhere
dießfalls kein absehen zu stellen, sondern bey vorigen conclusis zu ver-
bleiben , und er im übrigen der ohnvorgreifflichen meinung, wann die auff-
gesetzte rationes zusammen getragen, neben anerbottener summa gelts zur
armee geschickhet, den soldaten, sonderlich aber Teutschen, vorgehalten und
besagten rationibus noch mehrere motiven angehenckht würden, es dörffte
bey den herren Schwedischen etwas alteration und nachdenckhen verur-
sachen , und köndte man sich dies orths mit den höheren, wann sie auch
etwas davon reden solten, vergleichen; im übrigen aber ratione quanti bey
den assignationibus bestehen.
Kolmar. Es seye gar hart, lupum auribus tenere. Hielte aber doch dafür,
man solte bey den 25 tonnen reichsthalern bestehen, wiewohlen er, daß
damitt schwärlich auffzukommen sein werde, nicht ohnbillich besorge, zu-
mahln den herren Schwedischen selbige bereits vergangenen sonnabendt
anerbotten, von ihnen aber nicht acceptirt worden, weiln nun die höhere
etwas weiter zu gehen oder auff ein ander expediens zu gedenckhen, dahero
veranlaßt worden, alß hette man sich zwar stättischen theils auch damitt zu
conformiren, vorhero aber, wie Lübeckh erinnert, etwas zu verwaigern, auff
den ersten fall alle conditiones zu praemittiren und absque hoc praesupposito
auff ein mehrers sich nicht einzulaßen. Die zusammen getragene rationes be-
treffendt , werden selbige vielleicht in eine sonderbare umbfrag gestelt und
die nothdurfft alßdan dabey erinnerlich beygebracht werden können.
Nürnberg. Er vergleiche sich zuvorderst mit vorgehenden votis in deme,
daß bey einwilligung der 25 tonnen reichsthaler die conditiones, daß man
nemblich Ihrer Kayserlichen Majestät, des churfürsten in Bayern und der frau
landtgrävin zu Heßen Caßel abstandt von praetendirter militiae satisfaction,
wie nicht weniger der abdanckhung und execution des fridens vor allen
dingen versichert sein solle, zu praemittiren seyen. Et his praemissis were
darauff, daß besagte conditiones von den herren Schwedischen, weiln sie
selbige, ohnerachtet beschehener vorhaltung, ligen laßen und gleichsam für
nichts achten, in beßere consideration nemen, am meisten zu sehen. Was
aber das quantum an sich selbsten anlange, bekenne er zwar gern, daß seinen
herren und oberen, weiln sie ohne das in einem ruinirten zustandt begriffen
und vor anderen in der reichsmatricul hoch angelegt, viel einzuwilligen, sehr
schwär ankommen werde. Damitt sie aber gleichwohl einige remoram pacis
auff sich nicht ligen oder ersitzen laßen, werden sie sich auch mit deme,
wohin die höhere schlagen, gerne conformiren und sehen, wie das offerirte
geldt pro rata auffgebracht werden möge. Were im übrigen seines ermeßens
des herrn Lübeckhischen erinnerung, daß man stättischen theils nicht so
gleich mit dem anerbieten heraußgehe, wohl in acht zu nemen. Insonderheit
aber hette er dies orths zu erinnern und zu bitten, weiln nicht allein die
herren Schwedischen selbsten bekennen müßen, sondern es auch rei notorie-
tas rede und an den tag gebe, daß die oberen craiß und der Rheinstrom weitt
höher als andere craiß ruinirt und dergestalt verderbet seyen, daß, wann man
die 2 500 000 reichsthaler paar geben solte, sie mitt ihrem contingent nim-
mermehr zuhalten könnten. Man wolte das werckh dahin einrichten, daß
den oberen craißen nur 2 millionen in parem gelt zu erlegen angewisen, im
übrigen aber mit assignationen der völckher geholffen werden und also
solche anweisung denen jenigen, welche vor anderen in pressur notorie
gesteckhet, zum besten kommen laßen möchte. Und damitt den stätten keine
schuldt verzögerten fridens imputirt werde, hette man auch noch diese
25 tonnen reichsthaler einzuwilligen, sofern auch die höhere darzu verste-
hen , widrigen falls aber sich eben so wenig weiter außzulaßen.
Bremen. Es seye das elendt dieser tractaten nicht genugsam zu bedauren
und zu beclagen, so gar, daß man vast nicht wiße, wie das werckh weitter
anzugreiffen sein wolle. Gleichwohl, wann die stände der bey dem quanto
offtangeregter conditionen halber versichert weren und nicht zu befahren
stünde, daß etwa durch ein größeres erbieten die posteritet in völlige ruin
gestürtzt und keiner vor dem anderen belegt werden dörffte, so köndte man
vielleicht noch ein mehrers einwilligen und das bedrängte vatterlandt Teut-
scher nation aus der so lange jahr brennenden kriegsflammen einmahl her
außreißen . Er zweiffle aber an dem erwünschten effect seines theils gar sehr.
Wolle sich gleichwohl mit vorgehenden votis und dahin er die majora ver-
standen habe, gerne conformiren und vergleichen.
Lindau. Er wiße an seinem orth fast auch nicht mehr, was er zu diesen
schwären tractaten sagen solle, zumahl seine herren und oberen sich auff
seine deßwegen überschribene bericht noch zur zeitt nichts vernemen
laßen, die stände auch neben deme der conditionen halben keine sicherheit
haben, sondern sich mitt weitterem erbieten nur in größeren labyrinthen
steckhen und bey solcher beschaffenheit auff nichts gewißes fußen können.
Solten auch gleich die höhere oder gesambte stände zu einem mehreren
verstehen, seyen doch seine herren committenten jetziger zeitt dergestalt
conditionirt, daß sie mit ihrem contingent nicht auffkommen köndten, ihnen
aber, sich ad impossibile zu adstringiren, nicht zu rathen, sondern habe er
vielmehr zu bitten, daß man sich an seiten der herren stättischen derselben
soviel immer möglich annemen und die hülffliche handt bieten wolte. Con-
formire sich diesem nach auch mit den jenigen, welche, daß nicht allein bey
den obligationibus und adsignationibus zu bestehen, sondern daß auch das
auffgesetzte remonstrationschreiben denen herren Schwedischen, sie damit
umb etwas zu bewegen, praemissis monitis et monendis, vorgetragen wer-
den solte, für guth angesehen und befunden haben.
Herr Director. Er habe der sachen auch seines theils nachgedacht, wie man
aber dies orths mit dem erbieten ratione quanti höher gehen köndte, nicht
befinden können, dann es einmahl ohnmöglich, weiln 1. nicht 12 stätt seyen,
welche dasjenige, was offeriret, in parem geldt werden geben können, und 2.
derselben contingent nicht so starckh, daß die exauctoratio und abdan-
ckhung damit zu erlangen were, sondern sich das werckh allererst in ipsa execu-
tione pacis steckhen und zu besorgen sein würde, wann die stätt sich auff ein
mehrers außlaßen theten, der last den vermöglichen allein auffgebürdet wer-
den dörffte. Man habe nicht allein auff sich, sondern auch andere zu sehen,
die meinung seye gewesen, daß, wo möglich, die 25 tonnen in parem gelt
erlegt werden sollen. Vielmehr aber werde es sich verstehen auff 2 millionen
reichsthaler, wann allein die exauctoratio, so etwas an der summa manglen
solte, nicht auffgehalten würde. Were demnach auff gestrigem erbieten noch-
mahln zu bestehen, darbeneben aber den herren Schwedischen anzudeuten,
daß man zwar an seithen der stände 25 tonnen reichsthaler in parem geldt wo
möglich zu erlegen erbietig, im fall aber damit nicht auffzukommen seye, daß
sie gedult tragen und gleichwohl deßwegen die abdanckhung nicht auff-
halten möchten, zu ersuchen.
Nächst diesem were zwar auch, die herren Schwedischen deßto beßer dazu
zu disponiren, von auffgesetzter schrifft und colligirten rationibus zu reden
und selbige ihnen alßdann zuzustellen. Dieweiln aber, daß mit rationibus
und remonstrationibus bey ihnen nichts außzurichten seye, bißhero gnug-
sam wahrgenommen worden, bleibe auch der effect in incerto und dahin
gestelt, was angeregte schrifft nutzen werde. Solte man per deputatos cum
libera mit ihnen handlen, köndte er es zwar geschehen laßen, besorge aber,
wann man gleich stättischen theils auff bereits offerirtem bestehe, die höhere
werden weiter gehen, auff welchen fall aber gleichwohl alles, was einge-
williget werden möchte, anderst nicht, dann mit praesuppositis und wider-
hohlung vormahliger conditionen, zumahln man noch keiner derselben und
sonderlich der quaestionis cui gesichert seye, zu verstehen und einzugehen
sein werde. Nach gehaltener umbfrag wardt von dem fürstlichen directorio
dem herrn Straßburgischen directori ein memorial, welches die herren Kay-
serlichen den ständen auff das rathhauß mit dem begehren geschickht
Druck Meiern VI S. 19f.
weiln der hertzog von Lothringen auch pro sua militia satisfaction darinnen
begehre, man daßelbe, allermaßen auch geschehen, ablesen und collegialiter
sich darüber vernemen laßen wolte, eingelifert. Dieweiln aber dieses be-
gehren vorhin bereits resolvirt gewesen, alß wardt es bey selbigem concluso
allerdings gelaßen und denen herren Kayserlichen anzudeuten, der verlaß
genommen worden.
Conclusum. Man erinnert sich stättischen theils zwar wohl, welcher gestalt
gestrige handlung in puncto satisfactionis militiae Suecicae abgeloffen und
worauff der abschiedt zuletst bestanden seye, hatt auch nicht underlaßen,
dem werckh mitt sonderbarem fleiß noch weitter nachzudenckhen, aber kein
ander medium, aus der sach zu kommen, finden können, als welches bereits
vorgeschlagen worden. Dann gleich wie auff frembden beuttel sich kein
gewißer staat formiren läßt, sondern man vor dem verspruch gewiß sein
mueß, ob mitt so vielem parem gelt, als die herren Schwedischen pro primo
termino begehren, auffzukommen seye, also ist ohnleugbar und nur zuviel
bekandt, daß die meisten stände, auff welche das absehen ebensowohl als auff
sich selbst zu richten, mitt parschafft in so kurtzer zeitt nicht folgen können,
noch des wenigeren theils contingent außlänglich seye, die abdanckhung der
völckher zu erlangen, sondern sich das gantze werckh in ipsa executione erst
von neuem steckhen werde. Bleibet man demnach a parte der stätt bey
gestrigem erbieten allerdings, nemblich daß die 25 tonnen reichsthaler pro
primo termino mit parem geldt bezahlt, jedoch wann bey denen vor anderen
ruinirten ständen einig manquement erscheinen würde, die abdanckhung
deßwegen nicht auffgehalten, sondern denenselben mit begehrten assigna-
tionen gratificirt und denen herren Schwedischen, umb sie zu acceptation
dieses allerbillichsten anerbietens deßto mehr zu bewegen, die gestriges
tages per dictaturam communicirte remonstrationes, so weit sichs thun
laßen will, beygebracht, alle vormahlige conditiones widerhohlet, vornemb-
lich aber expresse bedinget werden solte, daß, wann der friden hierauff nicht
immediate folgen, noch die stände in quaestione cui, daß sie sich weitterer
ansprachen nicht zu befahren haben, sicher gestelt würden, sie auch zu dem
offerirten quanto im geringsten nicht gehalten sein wolten.