Acta Pacis Westphalicae III A 6 : Die Beratungen der Städtekurie Osnabrück: 1645 - 1649 / Günter Buchstab
146. 126. Sitzung des Städterats Osnabrück 1648 Juni 6 8 Uhr
146
Osnabrück 1648 Juni 6 8 Uhr
Strassburg AA 1144 fol. 562’–570 = Druckvorlage; vgl. ferner Bremen 2 – X. 8. m. ( I ) mit
Re- und Correlation; Conclusa in: Strassburg zu AA 1144; Bremen 2 – X. 8. m. ( II ) sowie
2 – X. 10. b.; MEA FrA , RK ) Fasz. 31.
Verlegung des Kongresses nach Münster zur Beendigung der Verhandlungen mit den Franzosen.
Zurückstellung der noch mit den Schweden zu erledigenden Punkte. Exklusion des Herzogs von Loth-
ringen und des Burgundischen Kreises aus dem Frieden. Kaiserliche Assistenz für Spanien.
Anwesend: Straßburg, Lübeck, Kolmar, Bremen auf der Rheinischen, Regensburg, Nürnberg und
Lindau auf der Schwäbischen Bank.
Herr Director proponirt: Weiln die herren abgesandten, was bey gestriges
tags von dem Churmaintzischen directorio in pleno abgelegter relation für
quaestiones ad deliberandum vorgestellet worden, nicht allein vernommen,
sondern auch per dictaturam erhalten haben
Vgl. Meiern V S. 895–897 , 897f.
widerhohlen, sondern werde vielmehr zu dem werckh selbsten zu schreitten
und die gedanckhen darüber zu eröffnen sein.
Lübeck. Ad 1. Ob man nemblich sich auf Münster erheben und daselbsten
das königliche Frantzösische interesse erledigen solle, halte seines theils
ohnmaßgeblich dafür, daß man sich noch zur zeit zur hinüberreiß nach Mün
ster nicht zu verstehen, sondern dahin zu sehen habe, wie dies orths ange-
fangene handlung continuirt und zu end geführet werden möge. Und dem-
nach die cron Franckhreich bey dem puncto executionis et assecurationis
weniger nicht als die cron Schweden interessirt, als hette man Monsieur le
Comte de Servien dahin zu disponiren, daß er zuvorderst angeregte puncta
dies orths völlig abhandlen und zur richtigkeit bringen laße, damitt es nach-
mahlen bey abhandlung des Frantzösischen instrumenti mehrerer zeit und
mühe nicht bedörffe. Wann nun solche puncta ihre richtigkeit erlangt, wolte
er ad 2., ob nemblichen mit zurückhstellung der Schwedischen tractaten zu
deliberation der 3 Frantzösischen puncten dies orths zu schreitten, der ohn-
vorgreifflichen meinung sein, daß, wo möglich, auch übrige differentien
zugleich alhier abgehandelt oder, wann es sich ja nicht schickhen wolte,
nacher Münster verspart und daselbst erörtert werden köndten.
Und weiln, soviel die dritte frag, was nemblich wegen exclusion des hert-
zogen von Lothringen, Burgundischen craises und der Kayserlichen assi-
stenz pro Spanien a parte der stände für eine resolution zu faßen
Zur französischen Forderung auf Trennung des Kaisers von Spanien Meiern II S. 201 f, 475ff;
Nég. secr. IV S. 135f, 142ff; zur Ausschließung Spaniens und Lothringens vom Frieden
Meiern V Vorbericht S. 11 ; Chanut S. 146, 160f, 219, 320; zum französischen Antrag auf
Ausschließung des burgundischen Kreises vom Frieden Meiern V S. 894–897 ; VI S. 56–76;
vgl. auch F. Dickmann S. 479–482; W. Becker S. 312–320.
vor der zeitt über diese differentien sich außzulaßen, umbsonst und vergeb-
lich seye, alß halte er dafür, daß selbige, biß es dazu ankommen werde,
billich außzustellen und zu versparen seyen, damitt alle confusion verhütet
und ein jedes suo loco, tempore et ordine deßto füglicher tractiret werden
könne. Wann man aber schließlichen, über diese puncten materialiter alhie
zu reden und sich zu resolviren, für eine nothdurfft halten wolte, würde herr
Servien die fragen, sonderlich wegen Burgundt etwas beßer, und wie weit
eines und das andere gemeint, erläuttern müßen und allenfalls sich dahin ohn-
zweiffelich zu resolviren sein, daß, wann schon Lothringen und Burgund in
den friden eingeschloßen, dannoch die stände des reichs, zumahln sie sich
dieser sachen ohne das niemahls annemen wollen, in den krieg nicht gefloch-
ten werden köndten, sondern in bißherigem standt gelaßen werden müßten.
Und obwohln zwar von diesen dreyen fragen anietzo zu reden, noch etwas
zu frühe sein wolle, werde man sich doch nach den höheren dießfalls zu
richten haben.
Regensburg. Seines ermeßens were zwar bey diesen 3 en puncten der gerade
weg zu gehen und vorderst mit denen herren Kayserlichen darauß zu com-
municiren , weiln aber herr Volmar ad partes herrn Serviens incliniren und
mit ihme einig sein dörffte, solches noch zur zeit zu underlaßen.
Halte demnach ad 1. dafür, man könne sich noch zur zeit nicht nach Münster
erheben, weiln vorhin etliche catholische stände, item herrn grav von Nassau
und andere, darüben seyen und also bey der anderen quaestion allhiesige
tractaten, wie Lübeckh vernünfftig erinnert, nicht so schlechter dingen ab-
rumpiren , bevorab, weiln nicht allein mit den herren Schwedischen, ob man
gleich in quanto mit ihnen noch nicht richtig, jedoch wegen des termini
annoch zu handlen seye, sondern auch darzu komme, daß sowohl in jüng
stem reichsschluß, als dies orths jederzeit davor gehalten worden, daß alle
Teutsche sachen, als punctus executionis et assecurationis, alhier abzuhand-
len und also pax interna am ersten zu tractiren seye. Ob vielleicht herr
Servien zu erbitten, so lang alhier zu verbleiben, biß punctus executionis et
assecurationis richtig oder, ob man sich, alßdann hinüber zu gehen und den
Frantzösischen desideriis ihre richtigkeit zu geben, anerbietig machen wolle,
seye er indifferent.
Ad 3. Wolle ihn bedunckhen, man solte alle resolutiones über diese puncten
noch zur zeit darum, weil sich drüben zu Münster beßer von einem und dem
anderen reden laßen werde, differiren. Dagegen aber auff mittel, dadurch
man den friden nicht etwa hinderen, sondern vielmehr befürderen möge, ge-
denckhen und zuvorderst der höheren gedanckhen hierüber vernemen und
sich nach denselben richten.
Kolmar. Betreffendt diese ad consultandum gegebene drey fragen, wolle bey
der 1. der status jetztmahliger tractaten, selbige alhie zu abrumpiren und sich
von hier nach Münster zu erheben, nicht zugeben, er also auch diese frag
negative resolviren und dafür halten, weiln herr Servien das königliche inter-
esse am meisten urgire, es werde ihme damit, wann man daßelbe nur um
etwas beobachten thete, wohl zu begegnen und satisfaction zu geben sein.
Darauff folge ad 2. daß, wann man die Schwedische tractaten völlig zurückh
setzen wolte, nicht allein sehr gefährlich, sondern auch denen tractaten in
viel weeg hinderlich sein würde. Weiln aber gleichwohl
Servien proponirte 3 puncten gar zu übergehen, nicht rathsam seye, were
dahin zu trachten, daß, wo es möglich, beede cronen contentirt und sowohl
die termini solutionis militiae Suecicae als obangeregte 3 frantzösische punc-
ten zugleich abgehandelt werden möchten. Weiln hierauß auch die resolutio
der 3 quaestiones folge und es das ansehen habe, ob solten die höhere auff
dieselbe sich materialiter zu entschließen gemeint sein, köndte man sich auff
selbigen fall per modum einer vorantwortt auch dies orths wohl außlaßen.
Sonsten seye vorhin bekandt, was 1. wegen des hertzogen von Lothringen
sowohl im Aprili 1646 als erst vor einem jahr im Septembri geschloßen wor-
den seye
Vgl. Sitzungen vom 10. April 1646 (oben [ S. 196 Anm. 1 ] ) und vom 8. September 1647 (oben
S. 574ff).
wohl beßer, wann 1. diese Lothringische sach erleuttert und allein auff die
herrschafft und güther, welche vom reich dependiren, restringiret und da-
durch salus Romani imperii deßto mehrers befürdert würde. Seye zwar nicht
ohn, daß 2. der Burgundische craiß schon vor 100 Jahren zu Augspurg in pro-
tectionem imperii auffgenommen worden; daneben aber auch bekandt, was
die cron Franckhreich dem reich dafür versprochen
Anspielung auf 1548, als Karl V. die burgundischen Länder zu einem neuen Reichskreis ver-
einigte , der – souverän in Gericht und Hoheitsrechten – zum Aufgebot des Reiches beisteuern und
dafür seinen Schutz genießen sollte (K. Schottenloher VII 54 803–9; Urkunden und Akten
stücke des Reichsarchivs Wien zur reichsrechtlichen Stellung des Burgundischen Kreises, hg. v.
L. Gross und R. Lacroix. 3 Bde. 1944/5).
stenz werde ihre erledigung ex art. 6 et 7 capitulationis Caesareae bekommen
und also auff die von Lübeckh angeführte distinctionem zu sehen sein.
Weiln nun diese puncta in punctum executionis et adsecurationis mittein-
lauffen , sehe man nicht, wie die Frantzosen dahin, daß sie mit den Schwedi-
schen concurriren, anderer gestalt zu vermögen sein werden, man laße sich
dann ex parte statuum über diese puncten in etwas auß. Were allein guth und
zu wünschen, daß herr Servien etwas mehrere erleutterung dabey geben
thete und man also, ob er das hertzogthum Lothringen nur allein oder auch
die demolition der vestung Nancy, oder was er darunder verstehe, eigentlicher
wißen köndte. In diesem allem aber, weßen sich die höhere resolviren
werden, zu erwarten.
Nürnberg. Es gebe seines dafürhaltens ad 1. die billichkeit selbsten an die
handt, daß das Teutsche wesen vorher verglichen werden müße und von
demselben alhier darum nicht außzusetzen seye, weiln man 1. dies orths in
vollem lauff der tractaten begriffen und selbige ohne augenscheinliche zeit-
verliehrung oder in respect der Frantzösischen sachen nicht suspendiren
oder in retardat kommen laßen könne. Die Teutschen 2. ihnen selbsten die
nächsten seyen und dahero der vernunfft nach, wie dem werckh zu helffen,
selbsten zu trachten haben. Zumahln 3. das arme Teutschlandt den kriegs-
schwall bereits 30 gantzer jahr auff dem halß gehabt und das blutige thea-
trum belli gewesen, auff welchem viel greuliche tragoedien diese zeitt über
gespielet worden, Franckhreich hingegen seine pferd an frembden zaun
gebunden und das spiel von fernen angesehen habe. Seye also der ohnvor-
greifflichen meinung, daß die Teutsche tractaten, allermaßen auch in vor-
gehenden vernünfftigen votis resolvirt worden, alhier ihren fortgang haben
sollen. Werde sich auch Comte de Servien des orths halben darum deßto
weniger beschwären können, weiln vermög der praeliminartractaten ein
orth wie der andere zu halten und die materiae tractandae also beschaffen,
daß Franckhreich mit den Schweden implicirt und concurriren müße. Falle
also hierdurch das andere begehren von sich selbsten und seye gefolgig 3.
über die exclusionem causae Lotharingicae, des Burgundischen craises und
Kayserliche assistenz für Spanien materialiter zu deliberiren, noch zur zeit
gantz ohnnöthig, auch an sich selbsten schwär, zumahl weiln bey contestir-
tem dissensu der herren Kayserlichen und abwesenheit des herrn graven von
Nassau, ohn welchen herr Volmar sich in handlung nicht einlaßen wolle,
übel fortzukommen sein werde, die von Servien proponirte differentien
auch der natur seyen, daß sie vermittelst der herren Mediatoren güthlicher
underhandlung beßer als durch reichsconclusa zu erheben, dabey dann auch
billich in considerationem komme, daß es dem Römischen reich etwas
schimpfllich fallen würde, wann es sich in einen solchen schluß, den es weder
mainteniren noch exequiren köndte, einlaßen solte. Wann aber die höhere
collegia auff materialia gehen und herrn Servien quovis modo alhier behalten
wolten, were 1 ma quaestio simpliciter negative, 2 da aber affirmative, doch
dergestalt, daß beeder cronen interesse zu verhütung befahrender aemula-
tion aut simultanee aut alternative vorgenommen werden solte, zu deci-
diren .
Bey der 3. quaestione aber ratione Lothringen sehe er nicht, wie decisive
daraus zu eluctiren, sondern ein nochmahliger güthlicher vergleich gesucht
werden müeße, weiln zumahl noch ohnbewußt und ohngewiß, was sie, wie
Lübeckh und Colmar vernünfftig erwehnet, under Lothringen verstehen.
Daß aber 2. der Burgundische craiß von dem reich abgerißen werden solle,
werde verhoffentlich kein standt dahin instruirt und also beßer sein, das
reich zu vermehren, alß zu mindern, sonderlich aber den reichsstätten, sich
der cron Spanien, mit deren sie ratione commerciorum starckh interessirt
und von derselben ansehliche emolumenta auch hinfüro deretwegen zu ge-
warten haben, zu opponiren, wegen des empfindlichen entgelts sehr schwär
fallen. Dabey man jedoch bedingen köndte, daß der Burgundische craiß die
reichsbürden inskünfftig und sonderlich dießmahl bey der praetensa satisfac-
tione militiae mittragen und sich davon nicht separiren solle.
Soviel 3. die Kayserliche assistenz belange, werde sich dieser punct viel ehe,
wann die Teutsche under sich in ihrer sach einig, erörtern laßen, in erwe-
gung , die catholische und evangelische stände insgesambt Ihrer Kayser-
lichen Majestät alßdann mit beßerem nachtruckh werden sagen können, daß
das reich frembder händel halben im krieg nicht länger stehen wolle als
anietzo, da man noch in zween hauffen reitte.
Bremen. Was die 3 proponirte quaestiones belange, halte er ad 1. ebenmäßig
dafür, daß es sich nicht schickhen würde, die tractaten, welche mit den
herren Schwedischen anietzo underhanden und cum tanto favore getriben
werden, steckhen zu laßen, sondern vor allen dingen dahin zu trachten, daß
das angefangene zu endt und in richtigkeit gebracht und herrn Servien die
vertröstung gegeben werde, daß man, wenn hiesige puncten richtig, auch
ihme nicht aus handen gehen, sondern sich alßdann nach Münster erheben
und zu accommodation seiner sachen alles, was möglich, beytragen wolle.
Bey dem 2. bekenne er gern, daß er der herren Frantzosen intention bey der
Lothringischen sach nicht recht begriffen, noch einige notitiam derselben
habe. Were also guth, wann deßwegen ein rechte propositio an die stände ge-
bracht würdte und, obwohln er zwar vernommen, daß herr Servien den
herren Kayserlichen ein memorial dieser puncten halben übergeben habe ,
seye doch daßelbe niemanden communicirt worden und, sich also darüber
außzulaßen, auch nicht möglich.
Was 2. die exclusion des Burgundischen craises betreffe, seye es eine schwäre
sach, an seiten der stände deßwegen einen schluß zu faßen, bevorab, weiln
Ihre Kayserliche Majestät und der könig in Spanien höchlich dabey interes-
sirt und man keinen theil offendiren dörffte, sondern das jenige, was der herr
Nürnbergische sonderlich wegen der reichsstätte wohl und vernünfftig er-
innert , zu beobachten, zumahln ohne das, daß das reich also zergliedert und
ein solcher vornemer craiß von demselben abgerißen werden solle, sehr
schwär falle, und ob er wohl nichts biß daher contribuirt, seye er gleichwohl
in obligatione gebliben und habe dem reich zu statten zuweilen etwas abge-
tragen , da man auff den andern fall bey anstehenden occurrenzen keine
assistenz von demselben mehr zu gewarten haben würde. Were also davon
noch zur zeit nichts zu reden, sondern herrn Servien die vertröstung dahin,
wie oben gedacht worden, indeßen zu geben und hielte schließlichen dafür,
wann allein concordia statuum zuwegen gebracht werden köndte, es würde
alßdann auch deßto leichter aus der sachen zu kommen sein.
Lindau. Was proponirte 3 quaestiones anlange, seyen selbige also formirt,
daß man darinnen auff der höheren stände gedanckhen die reflexion nemen
müße. Seye aus der 2. zu colligiren, daß die höhere bey der ersten negative
gehen werden. Und weiln bey derselben bereits allerley praegnantes rationes
in vorgehenden vernünfftigen votis vorkommen, alß habe er nicht ursach,
weitter davon zu reden, sondern wolle sich mit denenselben allerdings con-
formiren und vergleichen.
Bey der anderen frag hielte er davor, weiln der puncten wenig und zu
besorgen, daß selbiger erörterung ohne offension der cron Franckhreich
nicht wohl
berg vorgeschlagen, entweder simultanee oder alternative alhier abgehandelt
werden sollen.
Bey der dritten und zwar soviel 1. causam Lotharingicam concernire, weiln
herr Servien nicht gesetzt, was er desiderire, ob er nur allein das hertzog-
thumb Lothringen oder auch die demolition der fortification zu Nancy
darunder verstehe, wiße er nichts darzu zu sagen, sondern werde ferners,
wohin seine gedanckhen in specie gerichtet seyen, zu erwarten stehen. Den
Burgundischen craiß 2. betreffend, seye bekandt, daß selbiger anno 1548
dem reich incorporiret worden, könne also nicht finden, was der cron
Franckhreich daran gelegen seye. Die Österreichische assistenz für Spanien
3. betreffend, gebe die Kayserliche capitulatio maß und weise, wie es damit
zu halten, und könne dem Kayser, Spanien wider Franckreich zu assistiren,
ebensowenig als den ständen, mit der cron Franckreich wider Spanien sich
zu conjungiren, verwehret werden.
Herr Director. Er halte insgemein dafür, man solle bey beantwortung
dieser 3 fragen die reflexion vorderst auff die höhere stände nemen, bevorab,
weiln selbige mehreren theils also beschaffen, daß sie den Kayser, Spanien
und andere hohe potentaten betreffen. Soviel aber in particulari die erste
betreffe, seye aus verfaßung derselben, daß man an seiten der höheren alhie-
sige tractaten zu abrumpiren nicht gemeinet seye, leichtlich abzunemen. Eß
erzeigen sich zwar bey dieser quaestione in utramque partem verschiedene
rationes, in dem er nicht zweiffle, daß 1. viel catholische, sonderlich aber die
Spaniolisirte, die tractaten nacher Münster zu transferiren trachten werden,
2. die cron Franckhreich ihren respect eben sowohl als die cron Schweden
haben wolle, 3. nicht allein die Spanische und mediatores, sondern auch herr
grav von Naßau, wann herr Volmar, die Frantzösischen sachen zu tractiren,
allein understehen solte, offension darob schöpffen; imo auch 4. etliche von
den evangelischen in den gedanckhen stehen würden, es gelte gleich, ob die
Frantzösische tractaten alhier oder zu Münster gepflogen werden. Hingegen
seyen auch andere rationes, umb deren willen nicht nach Münster zu gehen,
vorhanden, alß 1. daß zu besorgen, wann man hier die tractaten abrumpiren
und nach Münster ziehen solte, daß darauff nichts anders und gewißers folgen
dörffte, als daß herr grav Oxenstirn auch weggehen und, in dem man drüben
die Frantzösischen sachen zu accommodiren
noch schwärer, wo nicht gar zu waßer werden möchten.
Monsieur Servien könne 2. der cron Franckhreich interesse sowohl alhier als
zu Münster mediate et immediate beobachten. Es seye 3. bekandt, wie viel zeit
auff die re- und correlationes, wann die collegia zertheilet seyen, zugehen
pflege. In dem sie erstlich under sich selbsten communiciren und einer ge
wißen meinung sich vergleichen, darnach zu gesamter re- und correlation
erst schreitten, so dann das reichsconclusum hin und wider schickhen
müßen, die puncten auch an sich selbsten also beschaffen, daß die stände
dabey weiter nicht als per consequentiam interessirt; und obschon die praeli-
minar tractaten objicirt werden möchten, seye doch darauff bereits geant-
wortet , daß nemblichen, was an einem orth geschehe, am anderen auch vor-
genommen werden könne, deßgleichen, daß beede puncta executionis et
assecurationis generalia in sich halten. Wolte also auf die erste frag, wie in
allen votis geschehen, negative schließen.
Die andere frag erledige sich aus der ersten, dergestalt, daß zwar seines
ermeßens dies orths zu deliberation der 3 puncten zu schreitten were, aber
nicht mit hindansetzung der Schwedischen tractaten, sondern occasione des
puncti assecurationis, dahin dieselben eigentlich gehörig seyen. Werde also
darauff bestehen, ob herr Servien alhier zu verbleiben, sich erbitten laßen
werde oder nicht. Wenn jenes, werde es bey obgedachtem puncto assecurati-
onis , die Frantzösische tractaten alhier vorzunemen, genugsame occasion ge-
ben , auff den widrigen fall aber, biß man nacher Münster komme, zu warten
sein.
Gleicher gestalt könne auch aus der anderen quaestion die dritte resolvirt
werden und man sich über derselben 3 puncten, aus obangeführten ursachen,
noch zur zeit materialiter nicht außlaßen, eventualiter aber, wann zumahl
die höhere davon reden solten, sich wegen Lothringen auff das im Septembri
jüngsthin abgefaßte reichsbedenckhen beziehen, in welchem man die ratio-
nes , warum der hertzog von Lothringen von dem reich nicht abandonniret
werden könne, begriffen seyen, weiln er nemblich ein membrum und con-
foederatus imperii und in der matricul belegt seye, vornemblich
weiln er den degen noch in handen führe und man im reich, sonderlich aber
den oberen craißen, vorhin und ehe er restituirt, keine sicherheit haben
werde. Was die exclusion des Burgundischen craises anlange, wiße er nicht,
was dadurch gesucht werden wolle, zumahln es ein neues werckh und man
sich also, biß mehrere erleutterung, was darunder verstanden seye, zur handt
gebracht, nichts darüber erclären könne.
Soviel die Kayserliche assistenz belange, werde es dabey, wie in dem stätti
schen voto curiato hiebevor die meinungen außgefallen, zu laßen sein.
Ist darauff das conclusum volgender gestalt abgefaßt und dem Churmaintzi-
schen directorio eingelieffert worden.
Conclusum. Bey der ersten in consultation gestellten frag, ob man sich auff
Münster erheben und daselbsten das königliche Frantzösische interesse er-
ledigen solle, hatt man stättischen theils nicht befinden können, daß selbige
anderst dann negative zu resolviren seye, weiln zu besorgen, es dörffte herr
grav Oxenstirn inzwischen weggehen und, in dem man die Frantzösischen
tractaten in gang zu bringen suchet, hiesige darüber in höchstschädliches
retardat gerathen. Da sie doch in vollem lauff begriffen und auff die innerliche
beruhigung am ersten zu sehen, vorab, nachdem Teutschlandt schon in das
30. jahr theatrum belli gewesen; herr grav Servien seines königs interesse
bey abhandlung des puncti executionis et assecurationis entweder selbsten
oder vermittelst der herren Schwedischen dies orths ebensowohl als zu Mün
ster in obacht nemen kan und vorhin bekandt ist, wieviel zeit auff die re- et
correlationes, wann die collegia zertheilet seindt, zu gehen pflege, in dem sie
erstlich under sich selbsten communiciren und einer gewißen meinung sich
vergleichen, darnach zu gesambter re- et correlation erst schreitten, so dann
das reichsconclusum hin und wider schickhen müßen, anderer, dem herrn
grav Servien bereits beygebrachter remonstrationen zu geschweigen.
Bey der anderen frag, ob mit zurückhstellung der Schwedischen tractaten zu
deliberation der drey Frantzösischen puncten dies orths zu schreiten, haltet
man stättischen theils dafür, daß zwar zu deliberation derselben, dies orths
zu schreiten seye, aber nicht mit hindansetzung der Schwedischen tractaten,
sondern occasione des puncti assecurationis, dahin dieselben eigentlich ge
hörig . Wolte nun herr grav Servien sich erbitten laßen, so lang alhie zu
bleiben und vorhero etwas mehrere erleutterung über dieselben mittzu-
theilen , köndte man davon pari passu reden. Wann er aber darzu nicht zu
vermögen were, sondern diese specialpuncten zu Münster erledigt haben
wolte, hette man sich gegen ihme zu erbieten, nach alhie geendeten tractaten
gesambter handt dorthin zu gehen und daselbsten, was möglich, beyzu-
tragen .
Über der dritten frag, was wegen exclusion des hertzogen von Lothringen,
Burgundischen craises und der Kayserlichen assistenz a parte der stände vor
eine resolution zu faßen, sich materialiter außzulaßen, haltet man stättischen
theils deßwegen für ohnnöthig, weiln, weßen sich herr grav Servien erclären
möchte, ohngewiß und die herren Kayserlichen ihren dissens, alhie zu hand-
len , jüngsthin starckh contestirt haben.