Acta Pacis Westphalicae III A 6 : Die Beratungen der Städtekurie Osnabrück: 1645 - 1649 / Günter Buchstab
138. 118. Sitzung des Städterats Osnabrück 1648 Mai 20 7 Uhr
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Osnabrück 1648 Mai 20 7 Uhr
Strassburg AA 1144 fol. 525–530’ = Druckvorlage; vgl. ferner Bremen 2 – X. 8. m. mit
Re- und Correlation.
Quantum der Armeeabfindung weiterhin umstritten: schwedische Ablehnung der angebotenen 2½
Millionen Reichstaler, Unklarheit über Durchführung der Zahlungen. Neue Verhandlungen zwischen
kaiserlichen und schwedischen Gesandten über noch strittige Fragen.
Anwesend: Straßburg, Lübeck, Kolmar, Bremen auf der Rheinischen, Regensburg, Nürnberg und
Lindau auf der Schwäbischen Bank.
Herr Director proponirt: Weiln der inhalt deßen, so zu deliberiren vor-
gestelt , auß dictirter relation ersehen, halte er selbigen zu repetiren ohn
nöthig , werde demnach allein, was stättischen theils dabey zu thun und
vorzunemen seye, zu berathschlagen stehen, und die herren abgesandten ihre
gemüthsmeinungen darüber zu eröffnen, ihnen verhoffentlich nicht entge-
gen sein laßen.
Lübeck. Er habe, was das gestrige geschäfft für difficulteten in sich halte,
zum theil aus der mündlichen, zum theil aber auch dictirten relation gese-
hen ; und keiner deputation, da es so ohnfreundlich als bey dieser hergangen
were, beygewohnet
Dazu Meiern V S. 841–843.
von den ständen anerbottene quantum von den herren Schwedischen pro
extremo gehalten werden wolle, hingegen aber seines wißens bey keiner
abdanckhung soviel geldts, als man zu der Schwedischen militiae conten-
tirung offerirt, jemahlen employret worden, alß seye die frag, was bey dieser
der sachen beschaffenheit zu thun sein wolle, und er der ohnvorgreifflichen
meinung, man solte zuvorderst alle diensame rationes, wann anderst die
herren Schwedischen dadurch auff beßere weg zu vermögen, zusammenbrin-
gen und ihnen specifice et diserte vor augen stellen, der hoffnung gelebendt,
weiln sie, ihrer eigenen außsag nach, des reichs feinde nicht seyen, sie wer-
den auch die stände deßelben als mittstände tractiren und denenselben, da-
mitt sie zu ihren cräfften umb etwas widerum gelangen mögen, die noch
wenig überblibene lebensmittel gerne gönnen und umb dieses puncti satis-
factionis militiae willen nicht das gantze fridenswerckh sinckhen und zu
trimmeren gehen laßen, cum petento impossibilia, omnia peti praesumatur.
Neben deme aber were endlich auch zu annectiren, wann sie, die herren
Schwedischen, vermeinen, daß das anerbottene geldt extrema seyen, so
möchten sie sich darüber specifice und deßto lieber erclären, weiln sie von
der königin andere und moderatere instruction empfangen hetten, und es
auch dabey, wann zumahl selbige der stände intention, wie sie nicht zweiff-
len , gantz conform und gemäß sein werde, bewenden laßen. Und solchem
nach, an seiten der stätt mitt weitterem erbieten zwar noch zur zeit zurückh
zuhalten , jedoch in omnem eventum und wann zuvorderst die chur- und
fürstliche weitter herauß und auff soviel thaler, als gulden gebotten worden,
gehen solten, sich zu accomodiren.
Ad 2. hette man bey denen herren Kayserlichen und Schwedischen anzuhal-
ten , weiln die stände das quantum nunmehr realiter angebracht, daß sie die
conferenzen widerum anzutretten und jene, die herren Schwedischen, nicht
allein das quomodo und punctum executionis, sondern auch noch übrige
differentias instrumenti pacis anzugreiffen und zu decidiren, ihnen belieben
laßen möchten. Wolle sich sonsten mit beßeren gedanckhen gerne confor-
miren .
Regensburg. Halte ad 1. dafür, weiln die sach alle tag schwärer werde und,
was dabey zu thun, fast nicht mehr zu errathen stehe, man solle sich gegen
den herren Schwedischen speciali declaratione vernemen laßen. Das gantze
werckh aber werde seines erachtens auff diesen dreyen fragen bestehen: Ob
1. die herren Schwedischen, daß sie mit dem anerbottenen quanto acquies-
ciren , mit vorstellung beweglicher rationum zu disponiren oder 2. die
deßelben zu vermehren oder 3. die sach mit den waffen außzuführen seye?
Wolle man nun mitt rationibus und remonstrationibus gegen die herren
Schwedischen sich verwahren, hielte er nicht für ohndienlich, die funda-
menta aus dem Schönbeckischen tractat zu nemen und ihnen aus demselben,
wie sie, Schwedische, dazumahl nicht so sehr die anerbottene 2 500 000 thaler
als den despectirlichen modum solutionis difficultirt, indeßen aber gleich-
wohl nicht allein fast ohnschätzbare landt und leuth bekommen, sondern
auch derselben militiae noch darzu zwo millionen geldt
gratia offerirt worden und also eine ansehliche satisfaction erhalten haben,
zu remonstriren und dahin zu bewegen, daß sie neben deme auch, was sie
vor diesem den ständen durch die in offenen truckh gegebene manifesta ver-
sprochen und zugesagt haben, consideriren wolten. Und weiln sie sich der
königin moderirten erclärung berühmen, gleichwohl aber auch auff der sol-
datesque forderung fundiren, alß stelle er 1. zum nachdenckhen, ob man
nicht, wo die königliche resolution hinauß lauffe, expresse fragen wolle?
Was 2. die versicherung anlange, seye selbige nichts neues, zumahl man
jetzundt ein exempel an Holland habe und alles, was von den Schwedischen
dießfalls begehrt worden, zu der stände versicherung hingegen auch, was
diese jenen offerirt, zu ihrer, der Schwedischen, assecuration angesehen seye.
Und dahero auch 3. nicht zu vermuthen, daß, nachdem sie gleichwohl schon
viel geschütz und geldt aus dem reich erhoben haben, auch noch dieses, daß
die stände allein bezahlen, begehren, sondern vielmehr zu sublevation dersel-
ben , in satisfactione hac mittconcurriren werden. Nachdem auch 4. ihnen
selbsten bekandt, wie nahe man in allen puncten, ja sogar, daß fast an nichts
mehr mangle, beysammen seye, alß wüßte er nicht, warum sie den friden
retardiren, ihr lob verliehren und chur-, fürsten und stände, zumahl, wann
ihnen die inconstantia armorum remonstrirt würde, zufriden machen wol-
ten . Were man aber willens, in omnem eventum den modum mit vermeh-
rung des quanti vorzunemen, seye er zwar von seinen herren und oberen
dahin nicht instruirt, doch aber auch von den majoribus sich zu separiren
ebenso wenig befelcht.
Ad 2. Weiln es also beschaffen, daß zwar die herren Kayserlichen, wie er
äußerlich verstanden, die conferenzen gern widerum antretten und in dem
hauptwerckh progrediren wolten, wann ihnen allein die hände durch jüngst
eingelangte Kayserliche befelch nicht also hart gebunden weren, alß hielte er
dafür, man köndte gleichwohl mit den herren Kayserlichen dasjenige, was
bißhero vorgangen, communiciren und ihnen, ob sie bey abhandlung des
quanti sein wolten, heimstellen, wie nicht weniger um reassumption der con-
ferenzen inständig ersuchen und anlangen.
Kolmar. Er könne sich seines theils mit deme, was ad 1. in vorgehenden
votis erinnert worden, gar wohl vergleichen, und halte auch dafür, daß alles
dasjenige, dadurch das fridenswerckh am meisten erleichtert und befürdert
werden könne, zu thun und beyzutragen sein wolle. Ob aber die remonstra-
tiones daßelbe erheben werden, stehe er darum an, weiln man nicht allein
cum armato, bey welchem das jus in armis stehe, zu thun, sondern auch aus
gestrigs tags vorgeloffenen actionibus, was selbige für nutzen schaffen möch
ten , leichtlich zu verspüren gehabt habe. Und hette man, seines ermeßens,
auff den fall die remonstrationes nicht verfangen und die höhere höher gehen
solten, sich auch stättischen theils davon nicht zu separiren.
Die andere frag betreffend, habe er zwar selbige dahin angesehen, alß wann
das Churmaintzische directorium, denen Schwedischen eine ombrage zu ge-
ben , reunionem statuum und alßdann fortia et virilia consilia zu führen,
suchen und
der höheren consiliis dies orths zu richten haben, er auch mit den majoribus
sich gerne conformiren und vergleichen.
Nürnberg. Er könne zwar an seinem wenigen orth auch nicht sehen, daß
bey den herren Schwedischen mit rationibus und remonstrationibus viel
werde außzurichten sein, ehe und bevor man, wohin ihre intention in dem
quanto gehe, wißenschafft bekommen habe, zumahln sie von vielen expe-
dientibus anregung gethan, aber mit keinem specifice sich heraußgelaßen
haben. Weiln aber die vorsitzende für guth befinden, eventualiter sich mit
allerhandt zur sachen dienlichen rationibus gefaßt zu halten, laße er es ihme
auch nicht zuwider sein, bevorab, weiln es daran, wann man nur der herren
Schwedischen manifesta und deß königs in Schweden see-, so schrifft-, so
mündlich gethane vertröstungen vorneme, nicht ermanglen werde; und
wolle sich mit dem herrn Lübeckhischen in deme, daß man gegen den
herren Schwedischen das blatt vom maul thun, Teutsch heraußgehen und
sagen solle, daß, wann man mit den officieren abrechnen wolte, sie zu dem,
was sie bereits an contributionen und sonsten empfangen haben, noch geldt
heraußgeben müßten, gern conformiren.
Ad 2. seye es an deme, wann herr grav Oxenstirn, wie er vorgestern gesagt,
zu den herren Kayserlichen sich einfinde, so falle diese quaestio für sich
selbsten. Wann es aber nicht geschehen solte, finde er kein ander expediens,
alß daß man, weiln die herren Schwedischen so starckh auff dem begehrten
quanto bestehen, hingegen aber quaestionem quomodum et puncto executio-
nis beyseitsstellen, mit den herren Kayserlichen in handlung trette, in denen
differenten puncten richtigkeit und also pacem internam mache, werde alß
dann bey den herren Schwedischen schon andere gedanckhen und resolu-
tiones heraußbringen, zumahl, wann sie bedenckhen, daß die stände gleich-
wohl noch nicht victi, die Schwedische armee meisten theils aus Teutschen
bestehe und bekandt seye, was under denselben und den Schwedischen
nationalen für aemulationes bereits vorgangen und was es etwan weitter,
wann sie die Teutsche libertet gar under die füße tretten wolten, abgeben
dörffte, leichtlich zu erachten seye. Wann man es aber ratione quanti, zumahl
wann die herren Schwedischen mit anerbottenem sich nicht contentiren wol-
ten , auff ein höheres zu stellen gedächte, were zwar quanto minus, tanto
melius zu offeriren. Seine instruction aber gehe dahin, daß, obgleich seine
herren und oberen durch die hohen gelt- und contributionsanlagen sehr rui-
nirt seyen und sie dahero mit ihrem contingent auffzukommen sehr schwär
ankommen werde, er jedoch sich von den majoribus, da sie weiter gehen,
nicht separiren, sondern auff alle, den friden zu erlangen, thunliche mittel
und weege gedenckhen und daran nichts ermangeln laßen solle. Sonsten
wolle gleichwohl auch seines ermeßens, wie Regenspurg vernünfftig erin-
nerte , zu erhaltung deß gegen Ihrer Kayserlichen Majestät tragenden schul-
digen respects, dasjenige, was bißdahero in puncto satisfactionis militiae
Suecicae vorgangen, zu communiciren sein und er im übrigen sich mit den
majoribus gerne conformiren und vergleichen.
Bremen. Er habe der herren vorsitzenden vota angehört, und weiln er dabey
gantz keine discrepanz befunden, alß könne er sich mit denenselben auch in
allem simpliciter conformiren.
Lindau. Er besorge
viel zu richten sein, stelte aber zum nachdenckhen, ob nicht vorzuschlagen
seye, daß man mit der militia selbsten handlen wolle, weiln meistentheils
Teutsche bey derselben sich befinden, das werckh dahero so schwär nicht
fallen und also denen Schwedischen der respectus, den sie vielleicht nicht
auff den soldaten allein, sondern noch auff andere sachen gestellet haben
mögen, benommen werden dörffte. Solte aber dieses nicht practicirlich sein,
weren ihnen, den herren Schwedischen, alle dienliche rationes nach noth-
durfft und mascule zu repraesentiren, nicht zweiffelndt, sie sich letstlich zur
billichkeit wohl disponiren laßen werden.
Ad 2. were zwar auch seines dafür haltens der beste weeg, mit denen herren
Kayserlichen sich zu conjungiren und die noch restirende differentias instru-
menti pacis neben ihnen richtig zu machen, weiln man aber bey jüngstgehal
tener re- et correlation in puncto executionis wahrgenommen, daß die catho-
lischen keine expedientia ratione executionis annemen wollen, alß stehe er
vast an, ob diese mit den herren Kayserlichen vorgeschlagene zusammen-
trettung ein zulänglich- und außträgliches mittel, aus der sach zu kommen
seye, bevorab, weiln zu besorgen, daß die herren Schwedischen dadurch
offendirt werden dörfften, hingegen aber auch, daß die evangelische ohne
dieselbe nichts vornemen können und ihrer hülff noch mehrers von nöthen
haben möchten, zu bedenckhen sein wolle. Laße es aber bey deme, wohin die
majora außfallen werden, im übrigen allerdings verbleiben.
Herr Director. Er habe auch an seinem orth dafür gehalten, man könne
sich stättischen theils, ratione quanti, eines gewißen und mehreren darum
noch nicht resolviren, weiln man 1., ob die höhere bey
gehen werden, nicht wiße, und 2. zu besorgen stehe, wann man strackhs zu
einem mehreren sich anerbietig mache, das ultimum dadurch nur schwärer
gemacht werden dörffte, es were dann, daß man sich nur eventualiter auff
eine höhere summ gefaßt machen wolte, sondern werde jenes zu erwarten
und sich davon dies orths alßdann nicht zu separiren sein, sonsten seye zwar
zu erbarmen, daß der stände anerbieten von den Schwedischen pro extremo
gehalten werden wolle, weiln es aber nicht zu ändern stehe, müße man sich
dem willen des stärckheren underwerffen. Wolle sich aber auch, wann die
höhere mit dem quanto noch etwas zurückhhalten und die herren Schwedi-
schen mit rationibus zu acceptirung des anerbottenen zu disponiren versu-
chen wollen, dahin auch dies orths außgefallene majora schlagen, davon
nicht separiren. Wann sie aber auff verwilligung einer höheren summ gehen
wolten, weren alsdann aus der quaestione quomodo et puncto executionis
conditiones sine quibus non zu machen, und insonderheit an seiten der stätt
derenselben conditiones bey der quaestione quis umb soviel mehr, weiln die
reichsmatricul in schlechtem zustandt anietzo begriffen seye, zu repetiren
und zu widerholen, und wann die herren Schwedischen mit dem conditio-
nirten erbieten zufriden sein solten, sich alßdann mit denenselben in hand-
lung einzulaßen; auf den widrigen fall aber befinde er seines theils nicht
rathsam, daß sich die stände von den Schwedischen separiren und mit den
herren Kayserlichen über restirende puncten in handlung tretten solten,
weiln er besorge, es dörffte den Schwedischen, in dem sie dadurch guthe
anlaß, die culpam retardatae pacis denen ständen zu imputiren und auffzu
bürden , bekommen würden, nicht übel damit gedienet und in den schritt
geholffen sein.
Conclusum. Ad 1. Man hette zu erwarten, ob die höhere stände in puncto
quanti weitter gehen und zu einer mehreren summ verstehen oder nicht,
priori casu, hette man sich stättischen theils davon nicht zu separiren. Doch
aber auch alßdann die bey dem quomodo et quanto vormahls gemachte
conditiones zu repetiren und pro conditione sine qua non zu praesupponi-
ren , in specie die an seitten der stätt der quaestioni quis annectirte condition
zu widerhohlen, daß sie nemblich etc [!]. Posteriori casu, wann die höhere mit
einem mehreren quanto noch zur zeitt zurückhhalten und mit ferneren re-
monstrationen sie, herren Schwedische, auff beßere weeg zu bringen vermei-
nen , hette man an seiten der stätte viel weniger ursach, sich darinnen zu
übereilen, sondern vielmehr damitt zu conformiren, weiln vermuthlich die
königliche instruction auff kein gewißes quantum, sondern auff die possibili-
tet gehen möchte.
Ad 2. Weiln man verstehe, daß die herren Schwedischen mit den herren
Kayserlichen in conferenz widerum zu tretten vorhabens, alß werdte die
andere frag dadurch von selbsten so weitt fallen. Solte die underredt aber
ohne frucht abgehen, were alßdann mit den herren Kayserlichen auß den
ohnerledigten puncten zu reden und zu sehen, ob der friden solcher gestalt
zu befürdern. Inmittelst hielte man für nicht ohndienlich, wann denen
herren Kayserlichen nomine statuum von allem dem jenigen, was in puncto
satisfactionis sich bißher verloffen, communication geschehe und sie gebet-
ten würden, über die noch ohnerledigte puncten die conferenzen widerum
auff vorige maß in gegenwart aller abgesandten zu reassumiren, damitt man
endlich zum schluß der tractaten gelangen und zugleich dadurch dieser
punctus satisfactionis militiae in etwas erleichtert werden möge.
Hierauff ließ das Churmaintzische directorium dem herrn directori durch
seinen secretarium andeuten, daß herr grav Oxenstirn auff das rathhauß ge-
schickhet und sagen laßen, er hette zwar, heutt umb 9 uhren alhier zu erschei-
nen , gestriges tages veranlaßt; nachdem er aber mit seinem herrn collega
räthig worden, zu den herren Kayserlichen sich zu erheben und mit ihnen
das instrumentum pacis zu durchgehen, hette es nicht geschehen können
Meiern V S. 843 f. Die Aussprache mit Oxenstierna wurde auf den Nachmittag verschoben
( ebd. S. 845f.).