Acta Pacis Westphalicae III A 6 : Die Beratungen der Städtekurie Osnabrück: 1645 - 1649 / Günter Buchstab
133. 115. Sitzung des Städterats Osnabrück 1648 Mai 12 8 Uhr
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Osnabrück 1648 Mai 12 8 Uhr
Strassburg AA 1144 fol. 510’–515’ = Druckvorlage; vgl. ferner Bremen 2 – X. 8. m. ( I );
MEA FrA , RK ) Fasz. 31 o. F. ( Conclusum ); Bremen 2 – X. 8. m. ( II ) ( Conclusum ).
Bericht über die Deputation zu den kaiserlichen und schwedischen Gesandten: gegenseitige Vorbedin-
gungen für weitere Verhandlungen. Angebot der Stände über die Höhe der Militärsatisfaktion.
Anwesend: Straßburg, Lübeck, Kolmar, Bremen auf der Rheinischen, Regensburg, Nürnberg und
Lindau auf der Schwäbischen Bank.
Herr Director proponirt: Es seye diese zusammenkunfft um zweyer ur-
sachen willen angestelt, daß man nemblichen 1. die relationes von dem
jenigen, was sich bey vorgestriges tags an die herren Kayserliche und Schwe-
dische gethanen deputationibus bey extradition der vorschläge in puncto
satisfactionis militiae circa quaestionem quomodo verloffen habe, erstatte
und abhöre. Und weiln 2. das Churmaintzische directorium ihme angezeiget,
daß die herren Schwedischen bedeuten laßen, sie hetten zwar bey den herren
Kayserlichen wegen reassumption der conferenzen sich angegeben, alß aber
diese, daß sie, die herren Schwedischen, sich über ihr jüngsthin außgesteltes
instrumentum pacis erclären wolten, in crafft allegirten Kayserlichen be-
felchs begehret, denenselben zur antwort sagen laßen, wann sie, die herren
Kayserlichen, auff der begehrten anwortt bestehen wolten, köndten auch sie
von ihrer meinung nicht abweichen
ihnen einlaßen, es seye dann auch vorhero der punctus satisfactionis militiae
und das quantum zur richtigkeit gebracht
Vgl. Meiern V. S. 822f.
lange
Vgl. oben [ S. 676 Anm. 1 ] .
worden, nicht auffzuhalten, sondern werde um die andere frag, ob man sich
nemblichen, was bey solchen der herren Kayserlichen und Schwedischen
oppositionen ex parte statuum et in specie civitatum vorzunemen, außlaßen
und über dem quanto resolviren wolle, zu thun sein, mitt bitt, die herren ab-
gesandten möchten, ihre gedanckhen darüber zu eröffnen, ihnen belieben
laßen.
Lübeck. Es seye zwar zu beclagen, daß die tractaten also contrahirt und
gleichsam über die bein abgebrochen werden wollen, er halte aber, kürtzlich
zu sagen, dafür, man habe sich stättischen theils mit der resolutione quanti
nicht zu praecipitiren, sondern vielmehr zu erwarten, was die herren Kayser-
lichen sich über das anbringen hauptsächlich erclären werden und, dafern die
erclärung nach wunsch nicht fallen solte, denenselben durch eine andere
deputation zuzusprechen und mit vorhergehender remonstration der incon-
venienten , welche den tractaten aus dieser verzögerung entstehen, das
werckh möglichst zu befürderen, zu begehren. Ingleichen auch die herren
Schwedischen dahin beweglich zu ersuchen, daß sie auff solchen formaliteten
nicht bestehen, sondern sich anderst, und zwar um der ursachen willen, die
in quaestione quomodo vorkommen, resolviren wolten. Solten aber die hö
here eine andere resolution und meinung faßen, werde auch dies orths und
zwar um soviel mehr ihnen nachzufolgen sein, weiln durch das quantum der
punctus executionis gleichsam erkaufft werden müeße, und was für gefahr
darauff stehe, wann derselbe nicht erlediget werde, leichtlich zu erachten
seye.
Regensburg. Es habe der herr director zwo ursachen, warum man dieses
mahl zusammenkommen, proponirt und er ad 1., soviel die per dictaturam
einkommene relationes betreffe, nichts zu erinnern. Bey dem 2. aber con-
firmire er sich mit Lübeckh und halte dafür, man solte vorderst dasjenige,
was in den reichsconclusis geschloßen worden seye, ob sie zwar den namen,
daß es reichsconclusa seyen, nicht haben wollen, beobachten, inmittelst de-
nen in quaestione quomodo beygebrachten conditionibus und rationibus in-
haeriren und denen herren Kayserlichen, welche keine ursach, das werckh
also auffzuziehen, auß deme, daß sie defectum mandati praetendiren, erzwin-
gen können, beweglich zuzusprechen, daß sie die tractaten nicht länger re-
moriren und auffhalten wolten. Stelte sonsten dahin, ob nicht von stärckhe
rem nachdruckh sein würde, wann die evangelische bey den herren Schwe-
dischen sich in größerer anzahl einfinden und interponiren theten. Wolle
aber, wohin die höhere gehen, zu beobachten sein und er sich damitt con-
formirt haben.
Kolmar. Was beede proponirte fragen betreffe, habe er auch seines theils
bey der ersten nichts zu erinnern, bey der anderen aber, ob man sich nemb-
lichen super quanto vernemen laßen wolle, dafür gehalten, weiln von den
churfürstlichen sich nur eventualiter darüber zu erclären, in vorschlag kom-
men , daß man solcher gestalt auch dies orths sich vergleichen solte, damitt
die deputati bey bevorstehender conferenz des quanti halber sich in etwas
außlaßen köndten. Wie weitt aber mit dem offerto zu gehen, seye bereits vor-
hin gedacht worden, darbey er es auch seines theils bewenden laße.
Nürnberg. Soviel ad 1. die dictirte relationes anlange, laße er es auch seines
orths dabey bewenden, halte aber ad 2. dafür, daß denen herren Kayserlichen
und Schwedischen, die nunmehr beynahe 8 wochen zuruckhgebliebene con-
ferenzen zu reassumiren, zuzusprechen were, besorge gleichwohl, es werde
bey ihnen das alte liedt sein. Was aber diesem nach für considerationes ins
mittel kommen, daß die stände mit dem quanto
man nemblich gesichert bleiben könne, seye bekandt. Und obwohl zu wün
schen were, daß in der stände arbitrio, bey den cronen durchzudruckhen,
stünde, weiln aber der schaden täglich zuneme und was für excess bey den
armeen täglich, stündlich, ja augenblicklich vorgehen, ebenmäßig bekandt
und zu befahren seye, daß je lenger das werckh trainirt und auffgezogen, je
mehrere außsaug- und verwüstung des reichs zu gewarten sein werde, alß
sehe ihn für guth an, daß die stände eventualiter davon reden theten, ob man
den herren Schwedischen etwas gewißes im busch vorschlagen, mit ihnen
tractiren und die sumen gering genug determiniren wolle. Es werde aber,
weiln das quantum von den höheren so hoch nicht gestelt werden dörffte,
alßdann noch zeitt genug, sich darüber zu erclären, übrig sein.
Wolle sich zwar sonsten von vorgeschlagenen deputationibus nicht gern
absonderen, man werde aber, wie er besorge, die zeitt damitt nur vergeblich
zubringen und im übrigen, weiln auch die churfürstliche rebus sic stantibus
sich über das quantum vernemen laßen möchten, die quaestionem affirma-
tive decidiren müßen.
Bremen. Er habe aus gestriges tages per dictaturam communicirten relatio-
nibus ebenmäßig ersehen, weßen man sich sowohl bey den herren Kayserli-
chen als Schwedischen erclärt, nemblich dergestalt, daß die stände wenig
trost darob zu schöpffen haben. Hielte derowegen dafür, lenger nicht zu
cunctiren und sich auffzuhalten, sondern das beste mittel zu sein, mit den
herren Schwedischen zu reden und, damit man primo quoque tempore aus
der sachen kömmen möge, allerhandt dienliche rationes, warum sie von
ihrem gethanen hohen postulato abstehen solten, moderate zu remonstriren
und beyzubringen, auff den fall sie aber nicht verfänglich, ein moderirteres
postulatum als vorhin geschehen, zu begehren, maßen er dann äußerlich ver-
nommen , daß die herren Schwedischen nur auff ein solches anbringen war-
ten und, den glimpff zu gebrauchen, sich erclärt haben sollen. Und weiln
seines ermeßens auch der herren churfürstlichen meinung dahin incliniren
werde, wolle er sich damitt auffallen fall gerne conformiren und vergleichen.
Lindau. Soviel beede in proposition gekommene fragen belange, wiße er ad
1. nichts zu erinnern, ad 2. aber wolle ihn auch bedunckhen, wann man der
herren Kayserlichen procedere recht considerire, wie sie nemblichen in neu-
lichkeit den § um „Tandem omnes“ zu ihrer entschuldigung und abwendung
des verdachts verzögerter tractaten vorgeschützet, jetzundt aber, da sie von
deßelben erörterung nachricht erlangt haben, eine andere und neue remo-
ram tractatuum, vermittelst der an die herren Schwedischen begehrten er
clärung über ihr den 1./11. May außgesteltes instrumentum pacis
weeg geworffen haben und also auch von
und denen ständen vorgehaltenen Kayserlichen befelch schwärlich abwei-
chen werden. Und hingegen das arme Teutschlandt indeßen noch lenger in
seinem eigenen blueth schwimmen müeße, daß man bey so gestelten sachen
die herren Kayserlichen, zumahln es doch ohne effect sein würde, weiter
nicht ansprechen, sondern um mehrerer des werckhs befürderung willen,
sich ratione quanti etwas näheren solte. Ließe ihme auch nicht zuwider sein,
daß man, wie der herr Bremische vernünfftig erinnert, denen herren Schwe-
dischen die ursachen, umb derer willen sie von dieser satisfactione militiae
billich abstehen solten, vor allen dingen remonstriren thete, were aber
gleichwohl auch nicht außer weeg, wann ihnen ratione quanti etwas gewißes
zugleich offeriret würde. Dörfften vielleicht die herren Kayserlichen nicht
geringe reflexion darauff nemen und zu reassumption voriger conferenzen
dadurch veranlaßet werden. Stelle es aber dahin und wolle sich mit den
majoribus hierinnen gerne conformiren.
Herr Director. Was proponirte quaestionem, ob man sich nemblich in
quanto gegen den herren Schwedischen an seiten der stände außlaßen wolle,
anlange, habe er zwar gethanen vorschlag, daß man den herren Kayserlichen
und Schwedischen vorhero nocheinmahl zusprechen und zur handlung zu
disponiren allen versuch thun solle, verstanden, besorge aber auch, es werde
das ansprechen bey den herren Kayserlichen von keinem effect sein; ob es de
reputatione statuum seye, stelle er dahin. Weiln sie aber, nur gestriger post zu
erwarten, begehrt und alßdann, sich weiter außzulaßen, sich erbetten haben,
alß hette man biß dorthin einzuhalten und, auf den fall keine resolution
erfolgen solte, keine ursach, sie weiter anzusprechen, zumahl ihnen, daß,
wann sie nicht tractiren wolten, die stände alßdann zusammen tretten müß
ten , vorhin angedeutet worden. Es müßen einmahl die stände, de quorum
corio luditur, vigiliren und eine solche resolution ergreiffen, dadurch die
herren Kayserliche zur reassumption der conferenzen mit den herren Schwe-
dischen widerum gebracht werden mögen. Wolle er sich demnach mit der
meinung conformiren, daß ferners an die herren Kayserlichen nicht zu
schickhen, sondern, was heut oder morgen folgen möchte, zu erwarten und,
da nichts erfolgen solte, demjenigen, weßen sich herr Dr. Reigersperger
nomine statuum gegen die herren Kayserlichen obgedachter maßen ver-
nemen laßen, zu inhaeriren were. Soviel 2. das ansprechen bey den herren
Schwedischen betreffe, halte er dafür, weiln 1. in jüngstem vortrag kein
einige ratio, warum man die quaestionem quomodo dem quanto vorgezogen
habe, sondern erst zuletst in discursu angeführt worden seye, und 2. herr grav
Oxenstirn, als herr Dr. Reigersperger, daß das hiebevor determinirte quan-
tum allzu hoch gestelt seye, gesagt, nur darüber gelacht und nichts geant-
wortet habe, es werde nöthig sein, an sie, die herren Schwedischen, zu de-
putiren und die an seiten der stände habende ansehliche und starckhe ratio-
nes , was sie zu dem offerto bewogen habe, wohl zu imprimiren und beyzu-
bringen , inn hoffnung, sie werden sich dadurch zu anderen resolutionibus be-
wegen laßen, auff den widrigen fall aber die stände zusammen tretten müßen,
wonach es vielleicht andere resolutiones bey ihnen abgeben dörffte.
Wann nun diese quaestio quanti under den churfürstlichen affirmative deci-
dirt worden, die fürstlichen aber, vor beybringung der rationen, nicht darein
gehälen solten, stelle er zum nachdenckhen, ob man sich stättischen theils
von diesen letsteren separiren wolle? Halte zwar an seinem wenigen orth
dafür, wann beede höhere collegia sich affirmative resolviren, die stätt hetten
sich damit zu conformiren; solten aber die churfürstliche affirmative und die
fürstlichen negative gehen, sich von diesen um soviel weniger zu separiren,
weiln die stätt, als der schwächere theil, über welchen alle wetter außzuge
hen pflegen, nicht allein am meisten auff sich zu sehen und vor fernerer be
schädigung zu praemuniren, sondern auch zu befahren haben, die fürstliche
dörfften alßdann den stätten allen last auff den halß weltzen. Were demnach
media via zu gehen und denen herren Schwedischen die ursachen, warum
man auff diesen vorschlag kommen und daß es eine sach seye, welche nicht
von den evangelischen allein geschehen könne, zu repraesentiren. Wolten sie
nicht verfänglich sein, were alßdann etwas leidenlichs und zwar dergestalt,
daß man hiernechst addiren könne, zu offeriren und schließlichen auch per
deputatos zu bitten, daß sie, die herren Schwedischen, sich auff die quaestio-
nem quomodo und darinnen enthaltene conditiones, allermaßen sie den ver-
spruch gethan, resolviren und erclären wolten.
Conclusum. Was letstproponirte frag betrifft, ob nemblich auff der herren
Schwedischen begehren das quantum anzugreiffen und zu resolviren seye,
weiln der landtschaden, welcher durch verzögerung des fridens täglich ge-
schiehet , in kurtzem höher, dann man satisfactionis loco offeriren möchte,
steiget und durch ein eventual erbieten der quaestioni quomodo nicht prae-
judiciret wirdt, wann es modificate und mit gewißen praesuppositis ac reser-
vatis geschiehet, alß haltet man stättischen theils dafür, daß zwar, wegen
begehrter resolution super quaestione quomodo et puncto executionis bey
den herren Schwedischen noch ein versuch mit beweglicher vorstellung aller
darzu diensamer rationum per deputatos zu thun. Wann er aber vergeblich
und umsonst abgehen solte, alßdann zu gewinnung der zeitt und verhüttung
weiterer desolation ein leidenliches quantum, doch dergestelt zu offeriren
were, daß daßelbe, ehe vorgedachte beede puncten in richtigkeit gebracht,
gantz ohnverbindlich sein solle.
Auf solchen fall nun und wann das quantum auff 20 tonnen goldts oder 20
mahl hundertthausent gulden insgesambt gestellet und bewilliget werden
solte, wolte man sich stättischen theils ebenmäßig, jedoch nach proportion
und jedes orths hergebrachtem anschlag und dergestalt darzu verstehen, daß,
wie in quaestione quomodo §º „Betreffendt dann“ 15. bereits unanimiter
beliebet, kein standt mit größerer anzahl der Römermonat als der andere, in
welchem craiß es auch seye, beschwäret, noch einiger craiß in solidum obli-
giret , weniger über dieses anerbieten, als ohne das in einer solchen sach,
darzu man nicht ex debito vel obligatione kommet, denen ständen ein meh-
rers zugemuthet, sondern des reichs kundtbares ohnvermögen in behörige
consideration gezogen, die reflexion ad terminos possibilitatis genommen
und die gantze handlung auff erträgliche weege gerichtet werde. Inmaßen
die herren Schwedischen, daß sie, es ohne das zu thun, gesinnet seyen, sich
jederzeit erbotten haben. Ein solches aber deßto leichter von ihnen zu er-
langen , wolte man stättischen theils für nicht ohndienlich halten, wann aus
allen dreyen reichscollegiis gewiße, der sachen verständige subjecta geordnet
würden, einen ohngefährlichen überschlag zu machen, wie hoch sich ein
monatsoldt (deren die herren Schwedischen zehen begehret) belauffen
möchte, wann die armee nicht nach anzahl der vielen regimenter, wie sie
selbige gerechnet haben, sondern nach reformation der überflüßigen officier
betrachtet wierdt, damit ihnen, denen herren Schwedischen, deßto gründt
licher remonstration bey der handlung (falls sie anderst vollkommenen ge-
walt , darinnen ohne hinderbringen zu schließen, haben) hiernächst ge-
schehen und zum theil aus ihren eigenen praesuppositis beschienen werden