Acta Pacis Westphalicae III A 6 : Die Beratungen der Städtekurie Osnabrück: 1645 - 1649 / Günter Buchstab
111. 93. Sitzung des Städterats Münster 1647 Juni 23/Juli 3 8 Uhr
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Münster 1647 Juni 23/Juli 3 8 Uhr
Strassburg AA 1144 fol. 386–392’ = Druckvorlage; Ulm A 1560 o. F.
Deputation der Reichsstände an Hessen-Kassel wegen der hessen-kasselischen Satisfaktion sowie des
Marburger Erbstreites; zusätzliche Deputation an die Gesandten Frankreichs und Schwedens.
Anwesend: Köln, Aachen, Straßburg, Frankfurt, Kolmar auf der Rheinischen, Regensburg, Augs-
burg , Nürnberg und Memmingen auf der Schwäbischen Bank.
Köln als Directorium proponiert: Weiln man verneme, daß die könig
liche Schwedische herren plenipotentiarii die contentirung der Heßen Caße
lischen frau wittib gerne befürdert und zu endt gebracht sehen, alß habe das
Churmaintzische directorium für nothwendig erachtet, der churfürsten und
stände gesandten deßelbe vorzutragen, umb von ihnen zu vernemmen, was
hierunder zu thun sein und ob man für guth befinden möchte, daß durch
eine aus allen dreyen reichsräthen an die fürstliche Heßen Caßelische herren
abgesandten abgehende deputation denenselben beweglich zugesprochen
werde, sich sowohl in puncto ihrer praetendirenden satisfaction
Amalie-Elisabeth forderte neben einer Satisfaktion ihrer Truppen territoriale Entschädigungen
aus dem Gebiet von Kurmainz, Kurköln, den Hochstiftern Paderborn und Münster sowie der
Reichsabteien Fulda und Hersfeld ( Meiern IV S. 609 , 625; F. Dickmann S. 380–382,
465f).
sionis Marpurgensis etwas näher zum ziel zu legen und diese so
differenz dergestalt aus dem weg zu raumen, damit das heylige Römi
sche reich zu voriger seiner tranquillitet und beruhigung ohnverzüglich ge-
iangen möge. Was nun der herren abgesandten hierunder beygehende
gedancken seyen, wollen dieselbe ohnbeschwert zu eröffnen geruhen.
Aachen. Er habe seines theils, was das löbliche Churmaintzische directo-
rium in vortrag bringen laßen, vernommen, ob man nemblichen, daß denen
Heßen Caßelischen herren abgesandten sich sowohl in puncto satisfactionis
als successionis Marpurgensis etwas milder zu erclären und von ihren postu-
latis in etwas abzuweichen per deputatos zugesprochen werde, damit das
Römische reich in seinen vorigen ruhestandt widerum gesetzt werden
möchte, für thunlich befinden köndte?
Soviel nun praetendirte Heßen Caßelische satisfactionspostulata betreffe,
seyen zwar deretwegen verschiedene meinungen vor diesem gefallen und
ins mittel kommen; weiln aber neben anderen stättischen auch er sich dar
über außzulaßen nie keine vollmacht empfangen, so könne er ein mehrers
nicht dabey thun, sondern laße es allein dahin, was der höheren stände
erinnerungen dißfalls geben möchten, gestelt sein. Daß aber eine deputation
auß allen dreyen reichsräthen an die herren Heßen Caßelischen gesandten
vorzunemen seye, vermeinte er nicht ohndienlich zu sein und köndte
daßelbe per deputatos ordinarios verrichtet werden. Verhoffe auch, wann
ihnen, denen herren Caßelischen, jetztmaliger des heyligen Römischen reichs
erbärmlicher zustandt beweglichst remonstrirt werden solte, sie als mitt-
glider deßelben nicht underlaßen werden, ihre postulata um etwas fallen zu
laßen. Ingleichen auch in der noch streittigen Marpurgischen successions-
sach sich dergestalt zu bezeigen, daß selbige derenmahleines in der güthe
accommodirt und die zwischen beeden fürstlichen häusern vor diesem
gepflogene einigkeit widerum erbauet werden möge.
Regensburg. Er habe auch aus dem vortrag, warum diese zusammenkunfft
angestelt seye, verstanden.
Betreffend nun das erste, dabey gesambte stände des reichs interessirt seyen,
erinnere er sich noch wohl, daß schon länger, als vor 5/4. jahren alhier und
zu Oßnabrück, in dem man die deliberationes auf die classes tractandorum
für die handt genommen gehabt, davor gehalten worden seye, die herren
Kayserliche dahin gebührender maßen zu erinnern, daß sie die herren Caße
lische gesandten von ihren ohnbillichen postulatis abmahnen wolten;
maßen er auch, daß solches geschehen seye, nicht zweiffle. Weiln aber aus
denen, der herrn Caßelischen neu heraußgegebenen postulatis soviel zu ver
spüren seye, daß sie von vorigen vast nicht das geringste abweichen wollen,
hingegen aber dem heyligen Römischen reich, daß mit solchen ohnchrist-
lichen postulatis kein eingang gemacht und allen daraus besorglich entsprin-
genden inconvenientien vorgebauet werden möchte, höchlich daran gelegen
seye, alß könne er sich in quaestione an cum affirmativa und mit deme, was
die majora geben werden, wohl conformiren.
Was aber 2. die Marpurgische successionssach betreffe, wolle ihme, weiln er
wegen seines gnedigsten fürsten und herrens dabey interessirt seye, sich dar
über außzulaßen, nicht gebühren , seye auch erbietig, wann man ad specialia
dieß orths gehen wolte, einen abtritt zu nemen; im fall aber
geredt werden solte, eines und anderes pro informatione anzudeutten. Wo-
rauff er gleichwohl auffgestanden und ex senatu gegangen ist.
Straßburg. Es seye zwar diese eine solche sache, derer erörterung nicht
sowohl für die ohninteressirte stände als die interessenten selbsten gehöre,
weiln kein stand dem andern seine land und leuthe abvotiren könne, nec par
in parem habeat imperium. Weiln er aber aus gethanem vortrag soviel ab-
nemen können, daß es anietzo nicht um die materialia oder merita causae,
sondern allein um die frag zu thun sein wolle, ob nicht zu beschleunigung
des fridenwerckhs eine deputation auß allen dreyen reichscollegiis an die
Heßen Caßelische herren abgesandten zu verfügen und denenselben beweg-
lich zuzusprechen sein möchte, daß sie von ihren übermäßigen postulatis ab-
stehen und dieselben also moderiren wolten, damit das fridensgeschäfft
dadurch nicht verzögert werde, alß halte er dafür, daß, sich affirmative
darauff zu resolviren, deßto weniger bedenckhen zu tragen seye, weiln ansehn-
liche rationes, warum die Heßen Caßelische postulata nicht eben in terminis
enormitatis verbleiben müßen, vorhanden. Man habe anfänglichen unanimi-
ter dafür gehalten, daß der fürstlichen frau landtgrävin zu Heßen Caßel gantz
keine satisfaction gebühre. Nachdem man aber, daß sich das fridensge
schäfft daran was stoßen wolle, wahrgenommen, im April vergangenen jah-
res in so weit condescendirt, daß man nichts schwär dabey machen, sondern
denen herren Kayserlichen plenipotentiariis die tractaten überlaßen haben
wolte; dieweil nun auff selbiges der verhoffte effectus endlicher richtigkeit
und beylegung noch nicht ervolgt, alß hielte er, jetztmahligen vorschlag um
des gemeinen interesse willen werckhstellig zu machen und die herren Heßen
Caßelischen, daß sie sich nun etwas bequemen und milder erfinden laßen wol-
ten , zu disponiren nicht ohndienlich zu sein; in mehrerer betrachtung, daß
sonsten, wann einem jeden standt, der um des gemeinen wesens willen sich
extraordinarie angreiffen und seine guarnisonen plus solito verstärckhen
müßen oder deme under wehrendem krieg seine landt verderbet worden,
satisfaction zu geben were, die sachen in infinitum hinauß lauffen und ein
ohnfehlbare hindernuß des so hochnöthigen fridens sein würden. Were also
beßer, wann die damna et expensae mutua compensatione gegeneinander
auffgehoben würden, weiln doch salus populi suprema lex sein solle. Neben
dem seye auch bekandt, daß die frau landtgrävin zu Heßen Caßel ihr corpus
militare bißhero nicht so sehr aus eigenen mitteln als frembden herrschafften
underhalten und ein so großes gelt auß denenselben gezogen habe, daß
einiger weitteren, zumahl so übermäßigen satisfaction nicht nöthig zu sein
erscheinen wolle, ne duae pluresve lucrativae causae in eundem hominem
eandemque rem concurrant. Und gleich wie sie selbiges zu defension ihrer
eigenen lande meistens employret, also köndte sie sich auch mit der ehre
conservirter eigener land und leuthe wohl sättigen und das incommodum, so
einiges daher entstanden were, auff sich selbsten tragen und anderen ohn-
schuldigen mittständen damit nicht beschwärlich sein; juxta illud D. Hie-
ronymi : si uni non potest subveniri, nisi alter laetatur, melius est, alterum
non juvari, quam gravari alterum
deputation und dabey anführende bewegliche erinnerungen bey gemelten
herrn Caßelischen ohne verfang nicht abgehen.
Was 2. die Marpurgische successionssach betreffe, hielte er dafür, daß vorge-
schlagene deputatio an die herren Kayserlichen, Frantzösische und Schwedi-
sche deßto mehr vorgehen köndte, weiln man 1. schon zu Oßnabrückh dar-
auff geschloßen und 2. die sach an ihr selbsten also beschaffen seye, daß man
sich derselben nicht entziehen könne, besonders weiln von Heßen Darmstät
tischer seitten solche vorschläg geschehen, welche mit fueg nicht können
außgeschlagen werden. Und er seines theils nicht wüßte, ob weittere erbie-
ten hetten geschehen können. Were demnach mehrgedachten herren Caßeli
schen abgesandten aufs beweglichste zuzusprechen, daß sie sich auch dißfalls
zur billichkeit bequemen wolten, damit das vorhin in agone liegende vatter-
landt Teutscher nation vor endlichem undergang salviret und in seinen vori-
gen ruhestandt ehist widerum versetzet werden möchte. Lase hierauff das
ihme von dem herrn Lübeckhischen zugeschickhte votum ab, und repetirte
daßelbe suo loco et ordine nachfolgenden innhalts:
Lübeck. Demnach ratione
tion kommen dörffte, 1. wieviel, und 2. woher selbe zu erheben, so bin der
ohnvorgreifflichen meinung, daß ad primum des quanti halben der frau
landgrävin von den gesambten ständen mit diensamen wohlbekandten rati-
onibus beweglich zuzureden, daß selbe die allgemeine noth ehe und mehr
erleichtern, dann beschwärlicher machen möchte; ad secundum wirdt es
billich bey demjenigen, was dißfalls von denen herren Kayserlichen albereit
offeriret um soviel mehr gelaßen, aldieweil der gemeinen außgaben und an-
lagen ohne dem soviel, daß fast schwerlich darauß zu kommen sein werde.
Zu geschweigen, daß die evangelici in nachlaßung fast der gesambten stiffter,
so in satisfactionem et pro aequivalente hinweggehen, für allen anderen die
last ertragen und empfinden müßen, deren per edictum de anno 1629 und
sonsten zu diesem krieg gegebener ursach zu geschweigen. In reliquis, si
quae occurrent, cum majoribus evangelicorum, wie selbe citra particulare
praejudicium etwan außschlagen möchten.
Augsburg. Hatt sein votum nachfolgenden inhalts ad acta gelieffert: 1. Der
andere articul in dem projecto instrumenti pacis, die amnestiam belangend,
darauff sich das fürstliche hauß Heßen Caßel beziehet, gehet dahin, ut non
tantum intuitu eorum, quae ab initio horum motuum hostiliter facta sunt, sed
etiam nullius alterius rei causa vel praetextu alter alteri posthac quidquam
molestiae, vel impedimenti, specie quoque juris, ullove alio modo, non ob-
stantibus ullis prioribus pactis in contrarium facientibus inferat
Dieser Wortlaut ist in keinem der greifbaren Friedensprojekte eruierbar, vgl. aber Art. II der
ksl., frz. und schwedischen Projekte vom April, Juni und Juli 1647 ( Meiern IV S. 558 ,
V S. 142, 458).
general worth hoffentlich dergestalt nicht zu verstehen, daß darum universa-
liter in anderen sachen, die von diesem krieg nicht herrühren, der weg
rechtens jemanden benommen und abgeschnitten sein solle.
Wann auch Heßen Caßel solcher amnistiae active genüßen will, so würdte
hingegen billich sein, daß Ihre Fürstliche Gnaden derselben gleichfalls pas-
sive nachkommen und ihro dieselbe wohl und wehe thun laßen, hoc est ut
sacri Romani imperii electores, principes,
eorumque vassalli, subditi, cives et incolae, quibus a domo Hasso Cassellana
aliquid praejudicii aut damni, quocunque modo, vel praetextu illatum est,
tam quoad ditiones et bona feudalia
dignitates, immunitates, jura et privilegia restituantur plenarie in eum sta-
tum , in sacris et profanis, quo ante destitutionem gavisi sunt, aut jure gau-
dere potuerunt, non obstantibus sed annullatis, quibuscunque interim in
contrarium factis mutationibus.
Zudem angezogenes project und in specie der worttliche inhalt des puncti
amnistiae seines wißens den ständen, daß sie sich darzu bekennen oder alles
approbiren sollen oder mögen, niemahlen ad deliberandum vorkommen,
oder darüber ihr consensus begehrt oder eingehohlet worden, worbey son-
derlich zu bedenckhen stehe, ob alles in den standt, wie es sich ante exortum
bellum Bohemicum befunden, gestalt an fürstlicher Heßen Caßelischer seit-
ten bedeuttet wirdt, gesetzet, auch was via juris erhalten, widerum zuruckh-
gegeben und alle angezogene mandata, decreta, sententiae,
cessus , litis pendentiae, pacta,
2. Wie dann zumahl von deme an, quatenus et quo modo status religionis
reformatae, eorumque subditi liberrimo exercitio pace religiosa ex ea et hac
pacificatione provenientibus beneficiis et juribus aequaliter cum Augustanae
confessioni addictis, in perpetuum uti frui debeant, annoch zu reden, und
man sich eines gewißen darüber zu entschließen haben würdt, weßen man
sich alßdann vergleiche, an solches haben Ihre Fürstliche Gnaden zu Heßen
Caßel sich auch zu halten, neben deme nicht außer acht zu laßen, daß Ihre
Fürstliche Gnaden zu Heßen Darmstatt etlicher orthen die ohngeänderte
Augspurgische confession per expressum bedingt und vorbehalten.
3. Soviel den stifft Hirschveldt und die darzu gehörige clöster und prob-
steyen belange, das gehöre ad causam religionis et bonorum ecclesiasticorum,
allein ist außer deßen, daß ihme die beschaffenheit et status des stiffts Hirsch-
veldt aigentlich nicht bekandt, vor dißmahl soviel zu vermelden, daß die
herren Augspurgische confessionsverwandte selbsten halten und lehren,
quod sacris sanctisque usibus destinata adeoque semel Deo dicata, in alios et
prophanos usus transferri piaculum et hoc jus ab ipso Jehova ortum et natu-
rae ac communi gentium lege sancitum sit, ideoque piaculares esse Deo prin-
cipes eos, easve respublicas, qui quaeve ecclesiastica bona sibi vendicant aut
in alios usus transportant unde iis idem accidere, quod aquilae olim obve-
niebat , cui
bonamque partem
nidus et pulli, quibus
Worüber sonderlich die jenige, so hierbey interessirt, neben dem es auch in
causam et considerationem communem einlauffe, zu hören sein werden.
4. Die Marpurgische successionsach were nochmahl in güthe zu vergleichen,
in deren entstehung beede theil auff eine Kayserliche commission zu weisen,
darzu jede parthey gewiße commissarios vorzuschlagen, wie bey dem Pas-
sauischen vertrag beschehen, hierzwischen aber Heßen Darmstatt in besitz
deßen, was Ihre Fürstliche Gnaden mit urtheil und
nicht ohnbillich zu laßen.
5. Was es mit der herren graven von Waldeckh clag und beschwärung vor ein
aigentliche bewandtnuß, seye ihme verborgen, die seyen aber ad
denen dingen zu verfahren
Im November 1621 waren die Lgff. Moritz und Wilhelm von Hessen-Kassel in die Grafschaft
Waldeck eingefallen. Die Klagen der Gff. von Waldeck beim Kaiser führten zu dem ksl. Urteil,
daß Wilhelm den Waldecker Grafen 95479 Reichstaler Schadenersatz zu zahlen habe. Die
Exekution des Urteils wurde durch Ausgleichsverbandlungen zwischen Waldeck und Hessen-
Kassel verhindert, die zwar zum Hauptvergleich von 1635 führten, der aber nicht rechtskräftig
wurde. – Im lange schwelenden Zwist mit Kurköln, der sich nach Ausbruch des Krieges verstärkte,
vermochte sich Waldeck nur mit Unterstützung der hessen-kasselischen Truppen zu behaupten. –
Beschreibung der Reichsgrafschaft Waldeck, Mitglied des Wetterauer Grafenvereins und umgeben
von den westfälischen Stiftern Kurkölns, von Hessen-Kassel, Hessen-Darmstadt, von Kurmainzer
Gebiet und der Grafschaft Wittgenstein bei Varnhagen I S. 7–101 (APW [ III A 1, 1 S. 526 Anm. 1 ] , dort auch weiterführende Literatur).
6. Daß die Heßen Caßelische frau wittib under dem vorwandt erlittenen
schadens einige satisfaction suchen thue, das lauffe seines bedunckhens wider
die begehrte amnistiam auß, beziehe sich deßwegen, wie auch insgemein,
auff die von denen dreyen löblichen reichsräthen vor einem jahr außge
gebene bedenckhen und laße es dabey nochmahlen bewenden.
Demnach aber in dieser gantzen Heßen Caßelischen sach in dem projecto
instrumenti pacis an seitten der Kayserlichen herren plenipotentiarien sonder-
bare vorsehung beschehen, alß stünde vordrist zu vernemmen, ob allerseits
interessirte daran kommen wollen und damit zufriden oder nicht? Denen
wider ihren willen ihre jura mit fueg nicht wohl können entzogen werden,
bevorab weiln, vermög Kayserlicher capitulation, ein jeder standt bey seinen
recht- und gerechtigkeiten hand zu haben. Darüber sich Ihre Fürstliche
Gnaden zu Heßen Darmstatt und Caßel
Hochfürstliche Durchlaucht Ertzhertzog Leopold Wilhelm zu Österreich
etc., der convent oder capitul des stiffts Hirschvelden, die dahin gehörige
seculares et ecclesiastici, deßgleichen Ihre Hochfürstliche Gnaden zu Oßna
bruckh wegen des stiffts Minden und der praefecturen Schaumburg, Bück
henburg , Saxen Hagen und statt Hagen, der Westphälische craiß wegen
der vorgeschlagenen 600000 reichsthaler, Churcöln wegen der gravschafft
Arnßberg, der statt Beverungen, Waldtmarsen , Kugelberg und statt Ber-
gen , auch wegen der güther, dem stifft Paderborn zuständig, Churmaintz
wegen vier stätt in Heßen gelegen, Fulda wegen des ampts Rockhenstuel
cum communione Faggensi und andere mehr werden zu erclären haben,
auff welches alßdann ein expediens, so auff ohnpartheyischen güth- oder
rechtlichen außtrag außzustellen, vorzunemen, vor allem aber, vermög
der amnistiae, einem jeden das seinige, was ihme de facto entzogen, zu
restituiren sein würde
Vgl. die hessen-kasselischen Forderungen vom 25. April 1647 ( Meiern V S. 645f ); ksl.
Projekt ( ebd. IV S. 452–454 ).
7. Ut militibus Hassiacis eodem modo, quo Suecis, secundum proportionem
satisfiat, wolle gar ein paradoxum und ein solches ohngereimtes petitum zu
sein scheinen, darein keines wegs zu willigen. Gleich wie aber beede cronen
Franckhreich und Schweden die praetensiones dominae landgraviae Ameliae-
Elisabethae de Hassia tutorio nomine amicabili compositione beygelegt
haben wollen und der Darmstättischen lini das jenige, so sie ex re judicata vel
transactione erhalten, allerdings zu entziehen für ohnrecht gehalten
werde, die auch bey der theilung 1627 beschehen, verbleiben, was dann der
Heßen Caßel lini cedirt werde, an solchen orthen nichts in religione et statu
ecclesiastico immer verändert, im übrigen die Kayserliche in gedachtem jahr
publicirte erkandtnus, nicht weniger der darauff ervolgte und von Ihrer
Majestät confirmirte vertrag und andere anno 1628 zu Caßel mit leiblichem
eydt roborirte pacta in perpetuum inviolabiliter bey ihren cräfften bestehen,
caeterorum pactorum confirmationis petitio an Kayserliche Majestät remit-
tirt werden solle; maßen auch Heßen Caßel sententiam anno 1604 in iudicio
austregarum für sich allegirt und die pacta gentilitia primogeniturae et prae-
cedentiae 26. Julii anno 1643 in simili cum comitibus de Waldeck 11. Aprilis
1635 inita, rata, firma et sancte inviolabiliterque servata haben will, alßo
gebühre sich, daß solches gegen anderen ebenmäßig in acht genommen
werde, cum, wie in puncto gravaminum art. 1. in fin. gesetzet wirdt, quod
uni parti justum est, alteri quoque justum esse debeat
Nach dem Tode des Lgf. Ludwig von Hessen-Marburg (9. Oktober 1604) gerieten dessen Nach-
folger in Streit um das Erbe. Die drei Darmstädter Lgff. Ludwig, Philipp und Friedrich waren
mit der Anordnung nicht einverstanden, daß das Land zwischen Lgf. Moritz von Hessen-Kassel
und Lgf. Ludwig von Hessen-Darmstadt je zur Hälfte geteilt werden sollte, und forderten eine
Teilung nach Köpfen. Lgf. Moritz verstieß gegen die Bestimmung des Testaments, wonach der
evangelische Konfessionsstand in Hessen beibehalten werden solle, als er 1605 in seinem Gebiet den
Calvinismus einzuführen begann. Durch Entscheidung des Reichshofrats vom 1. April 1623 wurde
das Marburger Erbteil des Lgf. Moritz Hessen-Darmstadt zugesprochen. Das Urteil wurde
durch Truppen der Liga vollstreckt. Im hessischen Hauptakkord vom 5. Oktober 1627 mußte
Hessen-Kassel von sich aus auf Oberhessen, die Grafschaft Katzenelnbogen und die Universität
Marburg verzichten. 1636 wurde Lgf. Georg II. von Hessen-Darmstadt sogar zum Administra-
tor des Landes von Wilhelm V. von Hessen-Kassel ernannt (APW III A 1,1 S. 525 Anm. 3,
dort auch weiterführende Literatur).
Diesem voto wardt von ihme weiters angehenckht, was von denen Heßen
Caßelischen letstlich ad dictaturam kommen, was auch von denen herren
Kayserlichen deßwegen in das project instrumenti pacis gebracht, daß seye
chur-, fürsten und ständen niemahl ad deliberandum vorgehalten, welches
vor allem in berathschlagung zu ziehen, alßdann würdte erst zeit sein zu
reden, ob ein deputation vorzunemen, wer zu deputiren, an wen, was per
deputatos vorzubringen, damit weder in communi noch in privato jemanden
praejudiciret werde, dahin er ihme alle notturfft vorbehalten und diß sein
votum auch nomine übriger in verdrettung habender stätt hiehero wider-
holet haben wolle.
Frankfurt . Er habe des herrn directoris proposition dahin eingenommen,
daß man zu fürdersamer erlangung des fridens die Heßen Caßelische
herren gesandten, von ihren sowohl in puncto satisfactionis als causae succes-
sionis Marpurgensis gethanen übermäßigen postulatis abzustehen, instän
digst ersuchen und anmahnen und, damit es mit weniger gefahr geschehen
möge, denen ordinariis deputatis das geschäfft und instruction, was ihnen
zu remonstriren sein wolle, auffgetragen werden solte.
Was nun das 1. belange, könne er selbige quaestionem auch wohl affirmative
resolviren. Soviel aber 2. die Marpurgische successions sach betreffe, seye
notorium, daß ex parte Heßen Darmstatt solche media compositionis vor-
geschlagen worden seyen, welche die Heßen Caßelische nicht leichtlich aus
handen laßen solten. Nachdem sie aber in denenselben noch immerdar
difficulteten machen, were denenselben von ihren so steiff beharrenden
postulatis abzuweichen und gemelte sach einmahl zum endtlichen vergleich
zu bringen, beweglichst zuzusprechen. Im übrigen, weiln er verstehe, daß
ein projectum postulatorum Hassiacorum vorhanden sein solle, bitte er ihme
von demselben communication ohnbeschwert widerfahren zu laßen.
Nürnberg. Er habe aus abgelegter proposition soviel verstanden, daß es
anitzo nicht um die materialia, ob nemblichen die frau landtgrävin zu Caßel in
intentione sua genugsam fundirt seye oder ob man ihro ex parte statuum zu
ihrer satisfaction etwas verwilligen solte, sondern darum zu thun sein wolle,
wie man dero herren gesandten, von denen sowohl in puncto satisfactionis
als successionis Marpurgensis außgestelten postulatis etwas nachzugeben,
disponiren möchte. Gleich wie man nun auch, in materialibus sich diß orths
einzulaßen, darum nicht bedacht, weiln nicht allein keine instruction, son-
dern auch von obangeregtem project keine communication vorhanden seye,
also könne er sich mit vorgehenden vernünfftigen votis in quaestione an
wohl conformiren, daß nemblichen das für guth angesehene zu- und anspre-
chen bey denen herren Caßelischen per ordinarios deputatos zu werck
gerichtet werden möge. Halte dabey zur sachen nicht ohndienlich zu sein,
daß, weiln die herren Schwedischen so starckh zum schluß eilen, über dise
deputation noch eine an sie wie auch die herren Frantzösischen, denen inter-
essirten zuzusprechen, geschehe, welche auch, wann sonderlich denenselben
die in dem Straßburgischen voto angeführte rationes remonstrirt werden
solten, von deßto größerem nachdruckh gewißlich sein würden.
Kolmar . Nachdeme kundtbar, daß an diesen beeden scopulis, den so lang
gewünschten friden zu erreichen, mercklich viel gelegen, also wolle er sich
ratione beliebter deputation mit denen majoribus gerne conformiren, in
erwegung, daß solche persuasiones verhoffentlich guthen orth bey denen
herren Caßelischen finden möchten. Werde sich auch materia proponenda
zum theil aus vorgehenden votis leichtlich an die hand geben, zum theil aber
auch und an sich selbsten der ordinariorum deputatorum bekandter discre-
tion zu überlaßen sein.
Memmingen . Weiln bereits nach notturfft von der in vortrag gebrachten
materia geredet, habe er sich an seinem wenigen orth mit verlust der zeit
nicht aufzuhalten, sondern damit praesertim quoad formalia mit dem Straß
burgischen und Nürnbergischen voto zu conformiren.
Köln. Es weise sich nunmehr das conclusum von selbsten aus, daß nemb-
lichen die an die Heßen Caßelischen herren gesandten vorgeschlagene
deputatio in quaestione an affirmative resolviret worden seye.
An seithen löblicher statt Cöln wolle man sich zwar mit demjenigen, was die
höhere deßwegen für rathsam befinden werden, conformiren, halte aber
auch dafür, daß dergleichen deputation, wann anderst die herren ordinarii
deputati sich damit beladen laßen würden, auch an beeder cronen hoch-
ansehliche herren plenipotentiarios, wie im Nürnbergischen voto anregung
geschehen, zu verfügen seye.
Materialia propositionis betreffend, werden selbige dem löblichen Chur-
maintzischen directorio nächster tagen communicirt und an hand gegeben
werden.