Acta Pacis Westphalicae III A 6 : Die Beratungen der Städtekurie Osnabrück: 1645 - 1649 / Günter Buchstab
101. 83. Sitzung des Städterats Osnabrück 1647 März 26 8 Uhr
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Osnabrück 1647 März 26 8 Uhr
Strassburg AA 1144 fol. 343–346’ = Druckvorlage; Ulm A 1560 o. F.
Münsterisches Conclusum in der Frage des Unterhalts des Reichskammergerichts: mangelnde In-
struktion über Höhe der Unterstützung.
Anwesend: Straßburg, Frankfurt, Herford auf der Rheinischen, Regensburg, Nürnberg, Eßlingen
[per Lindau] und Memmingen auf der Schwäbischen Bank.
Herr Director referirt: Es habe das Churmaintzische directorium gestrigen
abend einen extractum derjenigen conclusorum, welche von denen zu
Münster subsistirenden chur- und fürstlichen wegen des hochlöblichen cam-
mergerichts underhalt und securitet gemacht, ihme zustellen und zugleich
andeutten laßen, daß man heuttigen morgen in dem fürsten- und stättrath
davon reden und consultiren werde
Vgl. FR Osnabrück Meiern V S. 254–258.
seinen beeden beyschlüßen verlesen und zu der herren abgesandten belieben,
ihre gedancken darüber ohnbeschwärt zu eröffnen, gestelt haben wolle.
Frankfurt. So viel die statt Franckfort betreffe, werde sich verhoffentlich
erfinden, daß sie niemahls etwas zuruckh schuldig verpliben seye, sondern
vielmehr ihre quotas in termino jederzeit abgestattet habe. Dieweiln nun die
herren camerales ihr petitum auff die restanten stellen, also wolle die statt
Franckfort weder das interrogatum noch responsum concerniren und an-
gehen , dabenebens gleichwohl er sich erbotten haben, daß selbige auch hin
füro ihre schuldigkeit fleißig abtragen und entrichten werde. Was aber die-
jenigen , welche das ihrige noch restiren, anlange, wolle ihme darüber zu
votiren, nicht gebühren, sondern conformire sich vielmehr darinnen mit den
majoribus.
Was 2. die beantworttung der herren cameralen betreffe, dependire selbige
von dem erwarttenden concluso, weßen sich die interessenten entschließen
werden, dabey laße ers auch an seinem orth bewenden.
Regensburg sagt: Es hetten die herren camerales, daß seine herren und
oberen nichts restiren, sondern in deßen, was sie schuldig gewesen, völlig
bezahlt, wohl gewußt, werden auch jederzeit, wann die termin verfallen, mit
ihren quoten richtig einhalten, wann nur auch ihnen mit gebettenen pro-
cessen die billichkeit widerführe und zu denenselben verholffen würdte.
Übrigen restanten aber könne er auch, wie Franckfort, kein mas und ord-
nung geben. Seye sonsten nicht ohnbillich, daß man zu erhaltung des hoch
löblichen cammergerichts die gebühr entrichte, werde aber, zwischen Ostern
und Pfingsten mit einem, zu geschweigen 3 ziehlern einzuhalten, sehr schwer
hergehen. Halte aber gleichwohl dafür, wann denen zu Münster die possi-
bilitet geldte, werde selbige auch alhier güldtig sein.
Herford. Conformire sich mit Franckfort.
Nürnberg sagt: Seine herren seyen zwar jederzeit in denen gedancken ge-
standen , daß in alle weg eine hohe nothdurfft seye, quovis modo dahin zu
sehen, wie dises höchste gericht zu verhüttung des Römischen reichs bey
den außwertigen befahrender verachtung conservirt und zu deßelben auff-
rechterhaltung alle zulängliche mittel gesucht werden sollen. Allein seye sehr
beschwärlich, daß die chur- und fürstliche zu Münster so grad und tieff hin-
ein votiren und, was man zahlen solle, vorschreiben wollen, da sie doch am
meisten schuldig seyen. Finde also nicht, wie man simpliciter bey dem
Münsterischen auff die 3 termin gehenden concluso bestehen könne, weiln
etliche stände ihre portiones bereits völlig bezahlt und consequenter sich das
conclusum auff die restanten allein verstehe. Welchen falß dann und dafern
auch die höheren stände einig weren, seine herren sich leichtlich damit con-
formiren würdten. Stelte allein dahin, ob es vorgeschlagener maßen zu hin-
derbringen und anzudeutten seye, weiln wißlich, wohin ein jeder seine
quotam bringen und erlegen solle. Sonsten werde das conclusum durch die
vorgeschützte ruin eludirt und mit der erlag auff termin zu dispensiren. Im
übrigen aber, was die herren fürstlichen sich entschließen werden, zu
erwartten sein.
Eßlingen per Lindau . Seye beschwerlich, daß in die stätt allein mit proces-
sen so starck gesetzt werden solle, gestalten die von Eßlingen und Nörd
lingen erst in neulichkeit deßwegen ihme in ihrem schreiben geclagt. Hielte
davor, wann die herren camerales mit gleicher rigorositet wider die höhere
stände procediren wolten, es würdte dises wesens nicht bedörffen. Besagte
2 stätt werden zwar thun, was in ihrem vermögen seye, verhoffe aber, wann
sie gleich mit der bezahlung den terminum so geradt nicht erreichen solten,
man werde, in ansehung jüngsthin außgestandener kriegsbetruckung, nicht
zu hart in sie setzen.
ihrer nachricht notificiren. Was seine herren und oberen anlange, haben sie
die gebühr zu erstatten, sich jederzeit beflißen, werden nicht viel schuldig
sein oder doch, wann sie was zu thun, daßselbige abzurichten, sich bereit-
willig erfinden laßen.
Memmingen sagt: Er habe von dem, was ad deliberationem kommen, keine
nachricht gehabt. Und weiln er von seinen herren und oberen darauff nicht
instruirt, alß könne er sich auch nicht außlaßen. So viel ihme wißend,
können dieselben, zumahl ihnen in neulichkeit, wie bekandt, der schwäre
kriegslast auff dem halß gelegen, nichts thun, man procedire auch mit ihnen,
wie man wolle. Haben sich zwar bey Ihrer Kayserlichen Majestät wegen der
von dem cammergericht antrohenden executions processen beclagt, worauff
aber das wesen an itzo beruhe, davon habe er noch keine nachricht bekom-
men . Werden also verhoffentlich wohl entschuldiget sein. Was Isny betreffe,
seye selbiger orth, so viel ihme bekandt, nichts schuldig.
Herr Director . Könne mit wahrheit sagen, daß seine herren und oberen die
intention, es dahin, daß dieses des heyligen Römischen reichs cammergericht
zerglidert werden solte, kommen zu laßen, niemahls gehabt haben. Es seye
ja, was den ständen des reichs an demselben gelegen, genugsam bekandt.
Und wann man es selbsten über einen hauffen fallen laßen solte, würdte
solches dem Römischen reich zu großem schimpff bey den außwertigen po-
tentaten gereichen. Das medium aber, ermeldtes cammergericht auffrecht zu
erhalten, betreffend, seye zwar neben denen vor disem ins mittel gebrachten
vorschlägen erst in neulichkeit auch diser, daß nemblich die restanten
2 ziehler erlegen solten, an disem orth vorkommen und eventualiter, sofern
auch die herren fürstliche (wie geschehen) dahin incliniren würdten, ge
schloßen wordten. Der zeit halben aber und wann selbige ziehler abgerichtet
werden solten, habe man sich damahls nicht außgelaßen. Nachdeme aber die
herren Münsterische mit angeregten zweyen bereits eventualiter bewilligten
terminen sich nicht begnügen, sondern noch einen darzu haben wollen und
dises eine sach seye, welche nur die geringere stände, über welche ohne das
alle wetter zu gehen pflegen und sonderlich diejenige stätt, welche ihre
quotas noch restiren und wegen allerhandt außgestandener kriegsohnge-
legenheiten , wie gerne sie auch gewoldt, nicht einhalten können, betreffe, alß
könne er sich auß mangel nothdürfftiger instruction sowohl wegen seiner
herren und oberen alß der übrigen in verdrettung habender stätt in hoc passu
nicht erclären, gleichwohl aber daßjenige, waß deßwegen jüngsthin, jedoch
mit diser condition, daß man mit den höheren ständen gleichergestalt ver-
fahren und also die aequalitet observiren wolte, geschloßen worden, nicht
wohl zuruckh nemen. Weiln jedoch die herren Münsterische das erbieten
simpliciter und sine omni conditione eingerichtet haben wollen, alß stehe
ihme, daßelbe für sich selbsten einzuwilligen, nicht zu verantwortten.
Dises nun zu umbgehen hielte er ohnmaßgeblich dafür, man solte denen
herren Münsterischen zur antwortt widerumb andeutten: Man hette zwar an
disem orth, daß es bey vormahligem erbieten der 2 ziehler sein verpleibens
haben würdte, verhoffet, weiln sie aber anitzo ein anderes verstanden, alß
wolle man zwar ihnen, daß denen herren cameralibus ohnfehlbar etwas ge-
liffert werden solle, die vertröstung geben. Ratione quanti aber köndte man
sich, ob defectum mandati, nichts erclären, sondern weren die herren came-
rales auff ein monatsfrist, biß die instruction einlangen möchte, zur gedult zu
disponiren.
Ist also das Conclusum dahin gestelt und folgender gestalt eingerichtet wor-
den :
Es gedencken zwar die erbaren frey- und reichsstätt zu schädlicher und
schimpfflicher zergliderung deß mit zuthun der chur-, fürsten und stände
des reichs angeordneten cameralgerichts keine ursach zu geben, sondern viel
mehr zu conservation und auffrechterhaltung deßelben mit ihren respective
rückständigen und neu verfallenden quoten, wie schwär es gleich bey aller
orthen nidergeschlagenem handel und wandel damit hergehen möchte, pro
posse einzuhalten, so fern ihnen in ihren, der cammergerichtsordnung ge
mäsen desideriis mit erkennung der process und ertheilung gleichmäßiger
justiti hinwiderumb die hand gebotten wirdt. Demnach aber derenselben
anwesenden gesandten auff das quantum noch zur zeit nicht instruirt, son-
dern etliche vormahls gethanen vorschlag ad referendum angenommen,
andere sich ihrer herren principalen ohnvermögenheit halben schon bedingt
und dahero, wann in dem beytrag keine durchgehende gleichheit zwischen
denen ständen des reichs gehalten werden solte, denen abgesandten die ver-
anttworttung desto schwärer fallen dörffte, alß befinden sie eine nothwen-
digkeit zu sein, demjenigen, deßen sie sich vorhin wegen eines neuen und
alten ziehls eventualiter und mit gewißer maß erbotten, so lang zu inhaeriren
und die herren camerales zur gedult zu disponiren, biß allerseits herren prin-
cipalen specialbevelch deßwegen eingelangt sein werde,
längste inner monatsfrist habhafft zu werden hoffet. Gestalt dann nicht allein
die majora dahin außgefallen, sondern auch diejenigen, deren herren princi-
palen nichts restiren, sich mit denenselben einstimmig conformiret haben.
Ob auch gleich der securitet halben in der herren cameralen letzterem an-
mahnungsschreiben keine meldung geschehen, weiln jedoch, daß die guarni-
son zu Speyer, in dem sie beharrlich continuiret und allen succum et sangui-
nem hienweg nimbt, denen herren cameralen zugleich beschwärlich seye,
außer allem zweiffel waltet und was die befreyung gemeldten orths einem
und dem anderen theil für erleichterung gegeben habe, ex effectu sich eräug
en wirdt, alß kann man vormahls gethane wohlgemeinte erinnerung der neu-
tralitet halben, in diesem stuck zu widerholen, keinen umbgang nemmen.