Acta Pacis Westphalicae III A 6 : Die Beratungen der Städtekurie Osnabrück: 1645 - 1649 / Günter Buchstab
97. 79. Sitzung des Städterats Osnabrück 1647 März 6 8 Uhr
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Osnabrück 1647 März 6 8 Uhr
Strassburg AA 1144 fol. 329–337 = Druckvorlage; Ulm A 1560 o. F.; vgl. ferner Bremen
2 – X. 8. m: Conclusum in La Salzburg Geheimes Archiv IV 19a o. F. und Bamberg B 33 II
nr. 4 fol. 537–538’ sowie Meiern IV S. 385f ( Druck ).
Kaiserliche Proposition in der pfälzischen Frage: Mitspracherecht der Reichsstädte? Beibehaltung
des Konfessionsstandes in der Unteren Pfalz, Bergstraße an Kurmainz, Arrondierung des Bistums
Worms durch Neuhausen und Sinsheim, Bestätigung der zwischenzeitlich vom Kaiser und Kurbayern
verausgabten pfälzischen Lehen sowie der Privilegien der freien Reichsritterschaft, achte Kur.
Anwesend: Straßburg, Lübeck [per Regensburg], Bremen, Herford auf der Rheinischen, Regens-
burg , Augsburg, Nürnberg, Eßlingen [per Lindau] und Memmingen auf der Schwäbischen Bank.
Herr Director referirt: Es habe das hochlöbliche Churmaintzische direc-
torium ihme gestrigen abendt gar spät, nach deme bereits vorhero zu rath
angesagt gewesen, gegenwertige schrifft oder Kayserliche proposition
Druck Meiern IV S. 383–385 ; vgl. dazu W. Becker S. 237ff.
Pfältzische sach betreffend, mit dem andeutten, daß selbige heut
dreyen reichsräthen zu Münster und alhie vorgebracht
KfR APW [ III A 1, 1 S. 728–732 ] ; FR Münster Bamberg B 33 II Bd. 4 fol. 514–537’;
FR Osnabrück Meiern IV S. 367–383 . Zum Ergebnis der Beratungen F. Dickmann
S. 399f.
über abgefaßt und ihme hernach eingelieffert werden solte, zugeschickhet.
Deme zuvolg er auch an disem orth selbige verlesen (allermaßen nach der
hand geschehen) und zu der herren abgesandten belieben gestellt haben
sein möchten, ohnbeschwert eröffnen und außlaßen wolten.
Lübeck per Regensburg. Seye der meinung, es werde an seitten der erbaren
frey- und reichsstätt in diser sachen, ehe und zuvor man, wohin der höhe
ren collegien meinungen gehen, vernommen haben werde, wenig conclusive
zu schließen sein. Reservirte ihme sonsten seine gedancken und halte auff
allen fall dafür, es würde dahin, daß der punctus gravaminum entweder vor
erörterung der Pfälzischen sach oder doch pari passu und zumahl abgehan-
delt , auch übrige friedenstractaten dadurch nicht gehindert werden möch
ten , alles fleißes zu trachten und zu laboriren sein.
Herr Director erinnerte incidenter, man hette sich zwar stättischen theils
mit schließlicher erwegung angedeutteter Pfältzischen sachen von denen hö
heren ständen keines wegs zu separiren, auff derenselben bey diesem werck
vorfallende vota aber noch viel weniger zu reflectiren, weiln zu genügen
bekandt, welcher gestalt man denen erbaren frey- und reichsstätten ihr wohl-
hergebrachtes votum decisivum, zumahl in diser sach, in disputat zu ziehen
und zu verwehren understanden habe, indem man erstlich zu behaupten
vermeint, sie gehöre allein vor die churfürsten. Nachdem sich aber die fürst
liche darwider gesetzet, habe man die stätt von der deliberation außzuschlie
ßen vermeint. Wann man nun, nachdem das stättische collegium zugleich
erfordert worden, dilatorie bey dem werck gehen und von den höheren
lectiones nemen wolte, würdte man sich des voti decisivi von selbsten ver-
lustig machen und in die opinion setzen, ob köndten die stätt, was bey dem
werck zu thun, von selbsten nicht befinden, sondern müßten frembde manu-
ductiones haben, darzu sich die vorfahren viel zu guth gehalten. Wolle also
nöthig sein, ein gewiße resolution zu faßen, damit man dem Churmaintzi-
schen directorio mit dem concluso auff begehren begegnen könne.
Regensburg sagt: So viel den modum procedendi anlange, seye ihme zwar
beschehene ansag etwas frembd vorkommen, begehre aber deßwegen nie-
mandt vorzuschreiben, sondern ande es nur darum, weiln er gern sicher
gehen wolte und nicht ohnbekandt seye, daß das churfürstliche collegium in
causis gravioribus die res tractandas durch das Churmaintzische directorium
denen übrigen collegiis jederzeitt vorher in schrifften communicirt habe,
selbige auch hernach den reichsactis inserirt und die vota darauff gerichtet
worden seyen. Nachdem er aber, daß Churmaintz eine abschrifft der verlese-
nen proposition communiciren laßen, verstanden, seye ihme dises dubium
benommen, halte aber dannoch, es würdte sehr nutzlich und guth sein, nicht
allein umb des gemeinen wesens willen, sondern auch ratione voti decisivi
alle actus possessorios zu observiren und dahin zu trachten, daß in solchen
schwären, den stat des heyligen Römischen reichs concernirenden sachen,
es auff eine ordentliche re- et correlation gestellt werde. Welches er aber nur
erinnerungsweise beybringen und sonsten mit den majoribus sich gerne
conformiren wolle.
Materialia betreffendt, seye er in denenselben von seinen herren und oberen
generaliter dahin instruirt, in quaestione de octavo electoratu sich mit denen-
jenigen zu conformiren, die am nächsten auf die observanz der güldenen bull
ziehlen und dabeneben auch das absehen dahin, ob nicht ein anderer modus,
die beruhigung des heyligen Römischen reichs zu erlangen, als eben dieser
zu finden sein möchte, zu stellen und zu richten. Verspüre aber, daß ihre
Kayserliche majestät, das churfürstliche collegium insgesambt, außgenom
men Chur Brandenburg, wie dan auch viel evangelische und catholische
fürsten dafür halten, es seye zu dieser zeit fast kein ander medium zu des
heyligen reichs beruhigung als eben dieses zu finden. Werde dannoch, da je
in denen 3 reichscollegiis per majora auf den octavum electoratum geschlo
ßen werden solte, das werckh auf gewiße conditiones zu richten und deret-
wegen mit denen höheren ständen darauß zu communiciren, generatim aber
dahin zu sehen sein, daß dasjenige, was diß orths auß noth geschehe, ins
künfftig zu keiner consequenz gezogen werde. Wiewohl demselben schon in
deme zimblich vorgebauet, weiln die herren Kayserlichen und Schwedischen
in dise conditiones condescendiren, also daß er sich in quaestione an mit
denen majoribus und sonderlich denen höheren collegiis zu conformiren
instruirt seye. Betreffendt aber 2. die restitution der Pfaltz seye er noch nicht
darauff, wie es damitt zu halten, instruirt, sondern müße sein votum deß
wegen suspendiren, da aber auff die restitution der Pfaltz geschloßen werden
solte, erinnere er ins gemein, ob nicht dahin zu trachten und der billichkeit
gemäß were, daß gleichwohl die landtstände in den standt in ecclesiasticis et
politicis, wie selbiger anno 1621, oder als der churfürst in Bayern die landt-
schafft der oberen Pfaltz angetretten, gewesen, gesetzt würden
2. Ihre Churfürstliche Durchlaucht in Bayern ihro auch
wider sein laßen, wann ein anderes zwischen denen herren Kayserlichen und
deroselben in anno 1627 tractirt worden
Gemeint ist wohl der Mühlhausener Kurfürstentag vom 18. Oktober bis 12. November 1627 und
die offizielle Übertragung der Kurwürde auf Maximilian ( dazu K. Breuer ; H. Henk ; M.
Ritter III S. 370ff; A. Gindely , Friedrich V. S. 28–31; I. Bezzel S. 10–13; APW [ III A 1, 1 S. 729 Anm. 2 ] ).
cum commodo, sondern auch onere antretten und nach inhalt der obligatio-
num einem jeden, der etwas zu suchen befugt, sein contento schaffen. Seye
jedoch dises nur in istum eventum, da die obere Pfaltz bey Churbayern ver-
bleiben solte und nicht dahin, daß er auff die quaestionem, wie die landt
abzutheilen, instruirt were, zu verstehen; maßen er dann auch solche condi-
tion dem protocoll zu inseriren gebetten haben wollte.
Bremen sagt: Er habe dasjenige, was das Churmaintzische directorium dem
herrn directori zustellen laßen, angehört und ab demselben soviel verstan-
den , daß
und stände für guth ansehen, daß der vorgeschlagene octavus electoratus ver-
williget und angenommen werde? Möchte demnach an seinem orth, daß es
bey der aurea bulla, tamquam lege fundamentali, sein verbleiben haben
köndte, gerne wünschen, solte auch einig expediens außer disem medio,
dadurch das reich in guthe bestendige ruhe, salva aurea bulla, gesetzet wer-
den köndte, zu finden sein, were daßelbige vor allen anderen billich zu
ergreiffen und vorzuziehen. Solte sich aber bey dieser zeit, wie es auch vast
das ansehen habe, keines erzeigen wollen, die herren churfürstliche auch, wie
Regenspurg angezeigt, mehreren theils dafür halten, es könne itziger zeit
dem vatterlandt auff kein andere weis geholffen werden, die außwertigen
cronen zumahl solches medium nicht improbiren, ja die interessenten selb-
sten daßselbe vorschlagen; auff diesen eventum nun und da gedachtes
medium zu erhaltung der tranquillitet im Römischen reich zulänglich erach-
tet werden solte, hielte er auch dafür, daß nicht so ohnfüglich sein würdte, ex
causis tam praegnantibus wider auream bullam zu gehen und dahero boni
publici et pacis reducendae causa ad inductionem octavi electoratus zu
schließen. Worbey aber auch nicht ohne, daß ein solches, wie Regenspurg
ebenmeßig erinnert, mit gewißen conditionibus und reservatis geschehen
möchte. Deretwegen er sich dann mit ihme conformiren wolte. De caeteris
particularioribus aber, weiln davon nichts in den vortrag kommen, sich auß
zulaßen , für ohnnöthig erachte.
Augsburg. Were zwar seines erachtens, maßen auch Lübeckh angedeut,
nicht ohnthunlich, daß beede höhere collegia zuvor mit ihren gedanckhen
hetten können vernommen werden. Betrachte aber dagegen, was der herr
Straßburgische wohl
nen möchte, alß wann der löbliche stättrath kein votum decisivum hette,
sonderlich aber in dieser sach nicht votiren köndte oder daß man auch
inskünfftig von den höheren dependiren müßte. Dahero ihn guth zu sein
bedunckhen wolle, daß man damit nicht zurückhalten noch auff die höhere
das absehen nemmen solle. Hette sonsten leiden mögen, daß verlesene pro-
position vorhin ad dictaturam gebracht und das werck mit mehrerem nach-
denckhen hette können deliberirt und geschloßen werden. Gleichwohl aber
auß derselben soviel vermerckht, daß allein consensus statuum, ob des lieben
fridens halben, weiln darzu sonsten schwärlich zu gelangen, octavus electo-
ratus in dem heyligen Römischen reich zu bewilligen, begehrt werde. Nun
were zwar wohl zu wünschen, daß es bey der guldenen bull und dem numero
septenario electorum sein beständig und ohnverruckhtes verbleiben haben
köndte; weiln bekandt, quod ob interesse privatum, publica non sint immu-
tanda , praesertim si observationem certam semper habuerunt; weiln aber
necessitas publica et salus populi, da man anderst den lieben friden erlangen
und erwerben wolle, ein anders erfordern thue. Die Römische Kayserliche
Majestät und, alß viel äußerlich zu vernemmen, beede hochlöbliche cro-
nen , Franckhreich unnd Schweden, hierinnen kein bedencken tragen, die-
ses auch auff ein temporal werckh und kein perpetuum angesehen und man
sich ex historiis sogar zu erinnern wiße, daß auch wohl zween Kayser das
Römische reich gubernirt haben; zumahln certa aut solida ratio schwärlich
beyzubringen seye, quare olim septem, non plures aut pauciores electores con-
stituti sint, wie zu sehen bey Limnaeo de iur. publ. l. 3, c. 1 nº27
Septenarii huius numeri quae ratio sit? A multis variis explicatum est coniecturis. Respexisse
antiquos ad consuetudinem regni perfici; vel voluisse numero exaequare politicos ecclesiasticis et
utrorumque arbitrum esse septimum qui regia autoritate antecelleret omnibus (J. Limnäus vol. I
l. 3 c. 1 nr. 27); vgl. auch W. Becker S. 120–122.
certo appareat, quam quod id majoribus nostris ita placuerit, ut notat Vulte-
jus in §º possunt 5 et sequentibus, institutione de testamentis nº.27
Nicht zu ermitteln. Hermann Vultejus (1555–1634), Staatsrechtler ( Jöcher IV 1759f; vgl.
F. Schubert S. 541). Vater des hessisch-kasselischen Gesandten Dr. Johannes Vultejus (1605
bis 1684) (über ihn ADB XL S. 390f ).
gebe er des lieben werthen fridens halben et amore pacis jam diu exulantis
seinen consens auch ad octavum electoratum, seye aber seine meinung dabey
nicht, daß, auß weyland herrn Pfaltzgrav Fridrichs descendenten jemanden
ohnschuldigem an seiner praetension oder vermeinten befugsame etwas be-
nommen , sondern denselben auff den abgang ermelter mannlicher erben, ihr
zuespruch oder jus, so guth oder schwach gleich daßelbe sein möge, vorbe-
halten sein, auch in das künfftige diser reichs consens zu keiner consequenz
gezogen werden solle. Solte aber denenselben ihr jus ohne dergleichen special
anzug tacite vorbehalten bleiben, könne er wohl leiden, wolle auch darum in
eventum gebetten haben, diesen anzug gantz außzulaßen. Weiln auch die
vota in diesem schwärwichtigen werck leichtlich dem einen oder anderen zu
entgelt oder ohnglimpff außschlagen oder ohngleich auffgenommen werden
möchten, alß were bey dem Churmaintzischen directorio in alleweg zu ver
hüten , daß, was ein jeglicher hierinnen für eine meinung oder stimm von sich
gegeben, nicht weitter gebracht, noch jemanden communicirt werde. Was
dann letztlich allein incidenter oder narrative in der Kayserlichen proposition
weitters einkommen und zu keiner consultation oder umbfrag gestellt wor-
den , darüber halte er für ohnnöthig, sich zu erclären, sondern laße es auff die
noch schwebende tractatus pacis, darinnen diese sachen bereits verfangen,
salvis tamen suffragiis statuum außgestellt sein. Dafern aber denen nachstim-
menden sich hierüber vernemen zu laßen, mehrers belieben wolte, thue er
ihme die notturfft noch bey dieser session oder hernach vorzubringen, per
expressum vorbehalten; wolle auch hiezwischen mit stillschweigen in nichts
weitters gewilliget haben. Repetire dises sein votum suo loco et ordine citra
praejudicium cujuscunque wegen Überlingen, Rothweil, Dünckelsbühel,
Bibrach, Ravenspurg, Schwäbischen Gemündt, Pfullendorff, Kauffbeyren,
Offenburg, Wangen, Gengenbach, Weilerstadt, Zell am Harmersbach,
Buchhorn und Buchau am Feedersee.
Herford. Halte auch an seinem orth mit den vorsitzenden herren abge-
sandten dafür, daß man sich dies orths auf die höhere stände nicht zu reflec-
tiren und damit aufzuhalten, sondern vielmehr eine solche resolution, die der
sache gemäß, zu faßen habe. Die außgestellte frag aber betreffendt, ob nemb-
lich der consensus ad octavum electoratum von chur-, fürsten und ständen
des reichs zu ertheilen, habe man zwar bißher die observationem aureae
bullae gehabt, nachdeme aber die motus bekandt, welche anderer gestalt
nicht, dann per extraordinaria expedientia beyzulegen, alß wolte er auch dafür
halten, daß gleich wie die aurea bulla cum consensu statuum auffgerichtet
worden seye, also selbige auch cum consensu statuum wohl limitirt werden
könne. Bestehe nur allein darauff, ob dise limitatio und änderung dem
heyligen Römischen reich auch nutzlich fallen werde. Weiln aber solches auß
denen künfftig vorkommenden conditionibus erscheinen werde, alß laße ers
dahin gestellt sein und werde man davon noch ferners zu reden haben. So er
ad tractatus pacis mit Augspurg verwisen haben wolte.
Nürnberg. Hette zwar auch seines theils gerne sehen mögen, daß die abge-
lesene Kayserliche proposition zur dictatur kommen were, wie es ohne das
herkommen und in geringeren sachen geschehen; weiln sie aber dermaßen
praecipitirt und dem herrn directori bey der nacht allererst eingelieffert wor-
den , müße man es dahin gestelt sein laßen. Habe sonsten bey ablesung der-
selben wahrgenommen, daß gleich anfangs die ursachen angeführt werden,
wodurch die Römische Kayserliche Majestät Ferdinandus II. hochseeligster
gedächtnuß, Pfaltzgrav Friedrichen in die aacht zu erclären, seiner land und
leuthe zu entsezen und die gehabte churdignitet von ihme abzunemmen und
auff den hertzog in Bayern zu transferiren bewogen worden seye. Am ende
aber gehe die quaestio allein dahin, ob der an seitten Ihrer Kayserlichen
Majestät guth befundene vorschlag des octavi electoratus anzunemmen, in
das reich zu introduciren und dasselbige zu tranquilliren, das einige mittel
seye? Worbey er sich dann quoad formalia mit denen vorstimmenden votis
conformire, obwohln zwar dise quaestio etwas stachlecht und man dahero
vielleicht ursach gehabt hette, der höheren meinungen darüber zu erwarten,
dieweil aber in dieser hauptsachen die erbaren stätt mit ihrem voto decisivo
hiebevor außgeschloßen werden wollen, als seye es wohl in acht zu nemmen
und werde man zu verhütung mehreren praejudicii in dieser dörnichten
quaestion sich nicht aufzuhalten oder auf die höhere stände einige reflexion
zu machen, sondern sich decisive vernemmen zu laßen und darauff zu drin-
gen haben, damit diese sach auf eine re- et correlation gestelt oder ihre der
erbaren stätt meinungen als ein votum decisivum non consultativum dem
Churmaintzischen directorio eingehändiget werden möge. Were zwar nicht
außer weg gewesen, wann man diese sach, biß punctus gravaminum erledi-
get worden wäre, hette können anstehen laßen. Allein weiln noch viel zu
diesem werckh gehörende puncten zurück und die conditiones auch nicht
erörtert seindt, als köndte man wohl positive dabey gehen und sich er
clären .
Materialia betreffend wolte man sich an seiten löblicher statt Nürnberg hoch
erfreuen, wann die alte grundtgesetze des Römischen reichs in ihrem standt
verbleiben köndten, weiln zumahl bekandt, daß alle bey rebus publicis vor-
nemmende änderungen gefährlich und eines und anderes dabey zu befahren
stehe, gestalten dann stättischen theils dahin zu sehen, damit hiedurch der
weg zur oligarchia, welche das churfürstliche collegium affectiret, nicht ge-
bahnet werde. Aber wie dem allen, weiln 1. die necessitet, utpote durum
telum, augenscheinlich vorhanden, alß müße man auß der noth eine thu-
gendt machen. 2. Kein ander mittel auch zu finden seye, dadurch dise noch
obschwebende schwäre motus bellici gedempfft und das Römische reich
tranquilliret werden köndte. Zu deme auch nicht allein Ihre Kayserliche
Majestät, beede königliche cronen und das churfürstliche collegium, sondern
auch die interessenten selbsten und der meiste theil der herren fürstlichen
dahin incliniren, daß dieser octavus electoratus introducirt werde. Alß halte
er davor, man werde sich auch stättischen theils darzu zu bequemen haben,
gestalt er dann darein im namen seiner herren und oberen consentirt und im
übrigen allerdings mit den majoribus der höheren stände sich verglichen
haben wolle.
Ratione conditionum seye er auch einig, daß 1. keine consequenz darauß
gemacht werde, weiln es ohne das das ansehen gewinnen wolle, ob suchte
man dem octavo electoratui auch nonum beyzusetzen. Wie solches eüßer
lichem verlautt nach bereits in discursibus vorkommen. 2. Daß allen prae-
tendenten bey diesem werckh ihre jura reservirt und keinem kein praejudiz
zugezogen. 3. Daß dieser electoratus nicht perpetuirt, sondern auf abgang
der Maximilianischen descendenten oder der Wilhelmischen
facto wiederum aufgehebt und die sach in vorigen standt redressirt und
gesetzet werde.
Eßlingen per Lindau. Er habe zwar die Kayserliche proposition in forma
nicht ablesen hören, ex recapitulatione aber des herrn directoris soviel ver-
nommen , daß es umb die frag, an expediat Romano imperio, daß octavus
electoratus eingeführet werde, zu thun seye. Möchte wünschen, daß er von
seinen herren und oberen darüber instruirt were, es seye aber, bey noch
wehrender der statt Lindau belägerung
aber auch bereits solche vernünfftige rationes, die denenselben nicht zu-
wider sein werden, vorgebracht
wie nicht weniger der conditionen halben mit Nürnberg, ratione re- et
aber mit Regenspurg conformiren und vergleichen.
Memmingen sagt: Weiln er in dieser sach nicht instruirt, habe er sich allein
mit den majoribus zu vergleichen. Halte im übrigen davor, es werde das-
jenige , was sowohl Regenspurg wegen der re- und correlation als Nürnberg
wegen abfaßung des stättischen conclusi vernünfftig erinnert haben, wohl in
acht zu nemmen sein. Hette sonsten gerne gesehen, daß der punctus grava-
minum vorhero were erörtert worden oder doch dahin gesehen würdte, daß
es simultanee geschehen möchte. Quoad conditiones conformire er sich auch
wie Lindau mit Nürnberg, seye zwar sonsten zimblich bedenckhlich und kein
exempel vorhanden, die necessitet aber müße es entschuldigen.
Herr Director . Daß der Pfältzischen sach ihre abhelffliche maß bey diesen
allgemeinen fridenstractaten gegeben werden müße, seye außer allem zweiffel
gestelt, weiln eines theils eine conditio pacis sine qua non darauß gemacht
werden wolle, anderen theils aber ohn derselben composition keine bestän
dige ruhe und tranquillitet im Römischen reich zu hoffen. Wie und welcher
gestalt aber die compositio anzustellen und werckhstellig zu machen seye,
dabey stehet es nicht wenig an.
Solte man sagen, es habe bey deme, weßen sich die herren Kayserliche letzt-
hin erclärt, sein endtliches verbleiben, so ziehen die stände des reichs, wann
der churprintz
zweiffelich auff den halß.
Sagen sie dan, daß es bey dem Pfälzischen erbieten zum wenigsten so lang,
biß der churprintz sich eines anderen erclären möchte, sein bewenden haben
solle, so gehen darzwischen viel stände des reichs zu grund. Die satisfac-
tiones coronarum et militiae wachsen, und werde Churbayern bey gäntz
licher zurücklaßung der causae palatinae nicht gern geschehen laßen, daß
punctus gravaminum seine endliche consistenz erlange.
Deßwegen wohl am besten were, wann man sich hierüber materialiter nicht
außlaßen dörffte, sondern vielmehr diesen scopulum praeternavigiren und
das werck dahin richten köndte, daß punctus gravaminum zugleich und
zwar der ordnung nach am ersten zur richtigkeit befördert würde. Maßen
dan, ein solches zu begehren, nicht geringe considerationes sich erzeigen. Dann
solte causa Palatina ihre außträgliche erledigung vor dem puncto gravami-
num erlangen, so were nichts gewißers, dann daß nach der hand punctus
gravaminum entweder gar zuruckh bleiben oder segnius tractirt werden
dörffte. Wolten aber die stände Churbayern sich hierinnen opponiren und
widerig erfinden laßen, hetten sie es in anderen fällen, besonders da sie nahe
geseßen, ohnzweiffelich zu entgelten, gegen Pfaltz aber, wann man dero-
selben etwas abvotiren helffen wolte, schwärlich zu verantwortten und
gleichförmiger proceduren über nacht wider sich selbsten zu gewartten. Wie
weit daneben Ihre Majestät wegen des ländleins ob der Ennß
Maximilian gab anläßlich der Kurübertragung 1628 dem Kaiser das Land ob der Enns zurück
und erhielt als Ersatz für seine Kriegsschuldforderung von 13 Millionen Gulden an Österreich die
Oberpfalz und die rechtsrheinischen Teile der Unterpfalz auf 30 Jahre garantiert. Bei Verlust der
Oberpfalz trat der Anspruch auf die 13 Millionen Gulden wieder in Kraft; der Kaiser war in
diesem Fall bereit, als Pfand das Land ob der Enns erneut an Maximilian abzutreten (M.
Ritter III S. 189, 374; F. v. Hurter II S. 629ff.; A. Jüdel S. 8; APW [ III A 1, 1 S. 730 Anm. 1 ] ).
wegen der Bergstraßen
Die Bergstraße, die u. a. aus den Schlössern und Städten Starkenburg, Bensheim, Heppenheim und
Mörlenbach bestand, war 1623 vorübergehend an Kurmainz gekommen. Pfalz-Neuburg verlangte
vor dem Kurfürstentag in Mühlhausen dafür die Pfandsumme von Kurmainz (A. Gindely ,
Friedrich V. S. 28; APW [ III A 1, 1 S. 731 Anm. 1 ) ] .
dignitet hiebey interessirt, seye vorhin zum überfluß bekandt, also daß bey
so vielfaltig erscheinenden noli me tangere nichts beßer were, dan die mate-
rialia zu decliniren und die resolution dahin zu stellen, daß in denen Pfältzi
schen tractaten angefangener maßen zwar continuirt, punctus gravaminum
aber nicht beseitt gesetzt, sondern zu völliger consistenz, wo nicht vorhero,
doch zugleich vermittelt werden möchte. Und das umb soviel mehr, weiln
jene zu particular tractaten zwischen denen herren Kayserlichen und der
confoederirten cronen plenipotentiariis mit zuziehung anwesender der herren
interessenten abgesandten, je und allwegen außgestelt. Von dergleichen
particular sachen aber noch keine denen dreyen reichs collegiis ad consul-
tandum vorgetragen worden. Hingegen punctus gravaminum ad primae
classis membrum primum notorie gehörig und deretwegen vor allen anderen
in richtigkeit zu stellen seye.
Demnach aber der herren Churpfältzischen abgesandten
Joachim Camerarius (1603–1687), kurpfälzischer Rat, Dr. Jonas Meisterlein, fl. pfalz-sim
merscher Rat, Philipp Streuff von Lauenstein (vgl. APW [ III A 1,1 S. 515 Anm. 1 ] ).
eüßerlichen verlautt nach mit demjenigen, was die herren Schwedische
responsi loco außgestelt, vollkommlich exhaurirt, sie auch anderwertige und
nähere resolution von ihrem gnedigsten herrn nicht zu hoffen. Und dahero
ohnschwär zu vermuthen, man werde sich mit dilatorischer antwort nicht
begnügen, sondern umb die veranttworttung und den ohnglimpff deßto
leichter zu ertragen, media compositionis von denen ständen haben wollen.
Alß müße man diß orths dem werck wohl etwas näher tretten, bevorab
weiln die vorgelegte frag bloß auff den achten electoratum gehe, welchen
Ihre Kayserliche Majestät als das zuträglichste expedient componendi dissi-
dii reclamante licet aurea bulla vorschlagen, die herren Churpfältzische den-
selben , vermittelst der herren Schwedischen responsion, bereits beliebt, der
churfürstenrath zu Münster schon in antecessum concludirt und die herren
fürstliche auch alhie nie kein difficultet dabey erscheinen laßen. Dieweil nun
res nicht mehr integra, sondern die majora bereits darauff gefallen, als
köndte man sich stättischen theils damitt umb des lieben fridens willen
wohl vergleichen. Was aber den modum anlangt, wie es mit diesem octavo
electoratu zwischen Churbayern und Pfaltz zu halten, deßgleichen quibus
conditionibus et reservatis die restitutio der landt und leuth geschehen solle,
da wiße er an seinem orth aus mangel special bevelchs kein medium com-
positionis vorzuschlagen, sondern halte vielmehr dafür, daß sich daßelbe bey
fortstellung der tractaten deßto leichter werde erfinden laßen, weiln denen
herren Kayserlichen, königlichen Schwedischen und Frantzösischen die
merita causae beßer bekandt, dann anderen, welche den conferenzen nicht
beygewohnt noch von denen dabey mündlich geschehenen vorschlägen
einige satte nachricht haben. Könne deßwegen geschehen laßen, daß die
tractaten noch ferners angefangener und, des puncti gravaminum halben,
hieroben limitirter maßen continuirt und solche temperamenta darunder
gebraucht werden, dadurch der vorgesteckte friedenszweckh, ohn weitleuf-
figkeit zu erlangen, in gefaßter zuversicht und hoffnung, es werden auch die
herren Churpfältzischen sich bey künfftigen tractaten dergestalt der billich-
keit bequemen, daß man darob, daß sie dem heyligen Römischen reich seine
tranquillitet und ruhe nicht begehren schwär zu machen, im werck verspü
ren möge. Ist also das
Conclusum nachfolgender maßen eingericht und dem Churmaintzischen
directorio überliffert worden: Demnach das hochlöbliche Churmaintzische
reichsdirectorium denen dreyen reichscollegiis die frag zu decidiren vorge-
stelt , ob zu dem von der Römischen Kayserlichen Majestät, unserm aller-
gnedigsten herrn, zu innerlicher beruhigung des heyligen Römischen reichs
für guth befundenen und vorgeschlagenen octavo electoratu an seitten der
chur-, fürsten und stände die einwilligung zu ertheilen seye
erbaren frey- und reichsstätt anwesende gesandten an ihrem orth gewün
schet , daß es bey dem innhalt der mit zuthun sambtlicher chur-, fürsten und
stände wohlbedächtlich auffgerichteten guldenen bull als lege imperii funda-
mentali und darinnen enthaltenem numero electorum septenario ohnver-
ruckht verbleiben und ein anders zulängliches expedient, das heylige Römi
sche reich in beständige ruhe zu setzen, an die handt gegeben, zumahl auch
dadurch alle aus dergleichen mutationibus befahrende inconvenientien abge-
wendet werden köndten. Alldieweil aber die ohnumbgängliche noth et salus
imperii publica an kein gesetz gebunden, sondern vielmehr ihro gleichsam
selbsten leges machen und dießfalls ein remedium extraordinarium haben
will, alß halten ermeldte stättische abgesandten auch ihres orths dafür, daß ex
causis tarn arduis, urgentibus et momentosis nicht übel gethan sein würde,
wann dissidii componendi et pacis tam diu exulantis postliminio quasi redu-
cendae gratia vorgeschlagene vermehrung der sieben churdigniteten von
samptlichen chur-, fürsten und ständen in quaestione an gewilliget und guth
geheißen, dabeneben aber auch, daß dieser derenselben consens zu keiner
consequenz in anderen fällen künfftiger zeit gezogen werde, mit allem fleiß
verhüttet. Soviel aber den modum concernirt, wie es nemblich zwischen
Churbayern und Pfaltz ratione dignitatis, sessionis et voti zu halten, deß
gleichen quibus conditionibus et reservatis die restitutio der landt und leuthe
geschehen solle, angefangene tractaten zwischen denen herren Kayserlichen
und der confoederirten cronen plenipotentiariis, denen sowohl die merita
causae, als was sich in gepflogenen conferenzen noch ferners mündtlich ver-
loffen haben möchte, vor anderen bekandt, mit zuziehung der herren inter-
essenten abgesandten et salvis statuum suffragiis continuiret und solche tem-
peramenta , dadurch der vorgesteckhte fridenszweck auff ein beständiges zu
erreichen, darunder fürderlichst gebraucht, punctus gravaminum aber da-
neben nicht beseitt gesetzt, sondern zu deßto mehrerer beschleunigung
quaestionis quomodo zu völliger consistenz, wo nicht zuvor, doch wenigst
simultanee und zugleich vermittelt werden möchte. Maßen sie dan ihr
votum decisivum jeztgemeldter maßen eingericht und an statt sonsten ge-
wohnlicher re- et correlationen eingangs ermeldtem hochansehenlichem
reichsdirectorio zu handen gelieffert haben wollen.