Acta Pacis Westphalicae III A 6 : Die Beratungen der Städtekurie Osnabrück: 1645 - 1649 / Günter Buchstab
91. 74. Sitzung des Städterats Osnabrück 1647 Februar 5 10 Uhr
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Osnabrück 1647 Februar 5 10 Uhr
Strassburg AA 1144 fol. 307–308 = Druckvorlage; Ulm A 1560 o. F.; vgl. ferner Bremen
2 – X. 8. m.
Zusammenstellung der Gründe gegen das Vorgehen Milendoncks; Bericht der Deputierten zu den
schwedischen und altenburgischen Gesandten über die lindauischen Reichspfandschaften sowie den
Städteartikel in der Endlichen Erklärung.
Anwesend: Straßburg, Lübeck, Frankfurt, Bremen auf der Rheinischen, Regensburg, Nürnberg,
Ulm/Lindau [per Nürnberg] und Memmingen auf der Schwäbischen Bank.
Herr Director. Es werden sich die herren abgesandten zweiffelsfrey aller-
seits wohl erinnern, welcher gestalt bey letzterer zusammenkunfft anregung
geschehen seye, daß Monsieur le Comte d’Avaux die rationes, umb deren
willen die Millendonckische arresta zu relaxiren seyen, begehret habe. Weiln
aber der Franckfortische herr abgesandte selbige auffzusetzen bedencken
getragen, alß habe er zwar etliche zu papyr gebracht, seye ihme aber eben so
bedencklich gefallen, dieselben ohne vorhergehende communication mit den
übrigen herren abgesandten außzustellen; werde also dahin stehen, ob die
herren abgesandten selbige abhören und die gebühr dabey erinnern wollen.
Weiln nun übrige herren abgesandten dabey nichts zu moniren gehabt, ist es
dabey geblieben, daß selbige dem herrn Comte d’Avaux solcher gestalt ein-
geliffert werden sollen .
Lübeck und Nürnberg referiren: Sie hetten in puncto der stättischen diffe-
rentien umb die Lindauische reichspfandschafft betreffend sich gestern mor-
gens umb 8 uhr bey herrn Salvii Excellenz angemeldet und bey dem vortrag
1. praeoccupirt, sie wolten nicht zweiffeln, Seine Excellenz werden daß bey
herrn Oxenstirn jüngst beschehene anbringen bereits vernommen haben,
womit sie deroselben auch diejenige schrifft, worauff der erbaren stätt desi-
deria bestünden, mit der anzeig zugestelt, es werde nun zu Seiner Excellenz
belieben, welchem auffsatz sie nachgehen wolten, stehen und sich derselben
zu ihrem gefallen zu gebrauchen haben. Damit es bey denen herren Kayser-
lichen nicht das ansehen gewinnen möge, ob gingen die erbaren stätt zu
weitt, hette man gedachte stättische desideria auffs kürtzeste contrahirt. Wel-
ches Seine Excellenz zwar beliebt und auffgenommen, dabey aber, daß man
den anderen differentien nachgehen müße, angezeigt. 2. Hetten sie auch bey
Augspurg, Dinckelspühel und Bibrach die aequalitatem in politicis vorge-
schlagen , wie nicht weniger, was bey übrigen ante annum 1624 gravirten
stätten für billich und practicirlich gefunden worden seye, remonstrirt, und
daß Seine Excellenz Ihro dises negotium bester maßen recommendirt sein
laßen wolten, inständig gebetten. Worauff sie, daß sie deßen gewiß einge-
denck verbleiben und sonderlich, so viel Augspurg betrifft, welcher statt sie
die herren Schwedische in viel weg obligirt seyen, ihre desideria regali manu
durchtreiben und behaupten wolten, sich willfährig erbotten. Was die Lin-
dauische pfandschafft betreffe, were herrn Oxenstirns Excellenz sowohl die
ohnbillichkeit der herren Kayserlichen, alß die von dem herrn Lindauischen
deßwegen angeführte und in forma memorialis (welches sie auch herrn Sal-
vii Excellenz mit gebührender der sachen recommendation also baldt ein
gehändiget ) abgefaßte rationes remonstrirt worden. Welche auch, daß sie
auff der billichkeit beruhe, und daher, weiln die executio intuitu religionis
vorgenommen worden und in die gravamina billich zu rechnen seye, befun-
den und das ihrige nach aller möglichkeit dabey zu thun, sich geneigt erbot-
ten haben.
Den nachmittag seyen sie zu den herren Altenburgischen gefahren und
haben ihnen den auffsatz mit vorhergehender recapitulation desjenigen, was
bey herrn Salvio vorgangen seye, ebenmäßig recommendirt. Welche sich so
wohl des ansprechens alß der guthen confidenz, die man stättischen theils zu
ihnen trüge, freundlich bedanckt und, daß sie zu der satisfaction deroselben
desiderien alles vleißes cooperiren wolten, versprochen. Nachdeme ihnen der
herr Altenburgische auch ein exemplar davon zugestellet und dabey, daß
man alles compendiose darinnen begriffen, angedeuttet worden, haben sie
ihnen daßelbe darum desto mehr gefallen laßen, weiln jederzeit über des
stättischen articuls weitleufftigkeit geklagt worden seye, sie auch selbsten
nicht recht faßen können, was für differentien sich dabey enthalten. In specie
aber habe er sich wegen der statt Lindau dahin erclärt, weiln sich augen-
scheinlich finde, daß derselben intuitu religionis gewalt und ohnrecht ge-
schehen seye, daß er auff restitution derselben auch bestehen wolte.
Nürnberg. Wüßte zwar über bereits referirtes, dafür dem herrn Lübecki
schen hoher danck gebühre, ein mehreres nicht zu berichten. Stelle aber zum
nachdencken, ob man nicht auch der stätt anligen halber dem Monsieur le
Comte d’Avaux bevorab, weiln er sich ohne das beschwäre, daß die erbaren
stätt ihme niemals die ehre einer deputation gethan und sich allein auff die
herren Schwedischen, alß wann sie den puncten gravaminum allein erheben
köndten, reflectirten, per deputatos zusprechen und dieselbige recommen-
diren laßen wolte? Man ist aber ohne resolution darüber auffgestanden und
von einander gangen.