Acta Pacis Westphalicae III A 6 : Die Beratungen der Städtekurie Osnabrück: 1645 - 1649 / Günter Buchstab
80. 63. Sitzung des Städterats Osnabrück 1646 August 11 15 Uhr
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Osnabrück 1646 August 11 15 Uhr
Nürnberg S I L 203 Nr. 19 fol. 190’–193 = Druckvorlage; Strassburg AA 1144 fol.
258–262; Ulm A 1560 o. F.
Vorschlag des altenburgischen Gesandten zum Präzedenzstreit mit den Reichsrittern.
Anwesend: Straßburg, Frankfurt auf der Rheinischen, Regensburg, Nürnberg, Ulm, Eßlingen und
Memmingen auf der Schwäbischen Bank.
Herr Director proponirt: Er halte unnöthig zu sein zu repetiren, was
heutigen vormittag passirt. Der Altenburgische vorschlag seye bekannt. Die
fraag werde allein darauff beruhen, ob man sich darzu verstehen oder noch
zur zeit auff heutigem vorschlag beharren und erwarten wolle, weßen sich der
von Gemmingen darauf erklären werde.
Frankfurt. Sie möchten an ihrem orth wünschen, daß man auß diesem ver
drießlichen geschäfft kommen und zu einem endlichen Schluß gelangen
möchte, damit die tractaten dadurch nicht gehindert würden; es seye eine
alte sach und man derselben nicht genugsam gewachsen. Die herren fürst
liche werden nicht absolute thun, was die stätte begehren; die passion seye
bey ihnen zu groß, diejenigen, so bißher a partibus civitatum gestanden, vacil-
liren nunmehr auch und wollen den fuchsen nicht beißen; sehen fast nicht,
was dabey zu thun, seyen gleichwol auch grafen und herren unter der ritter-
schafft begriffen und könne der von Gemmingen mehr nicht schaden, als
bereits geschehen. Wollten nicht gern ihren herrn und oberen oder iemand
anderen etwas begeben, sondern sich lieber mit den majoribus vergleichen.
Wann sich der von Gemmingen auf den Altenburgischen vorschlag werde
erklärt haben, könne man sich alsdann auch weiter vernehmen laßen. Wann
ers sincere meinte und die stätte nicht anzuführen begehrte, könnten sie
nicht sehen, warumb man sich länger difficultiren solte, weiln der auffsaz
communi nomine der chur-, fürsten und stände übergeben werden solle.
Wann die stätte schon emportirten, was sie dißorts suchen, werden sie doch
noch durch viel strudeln müßen und mit den catholischen zu thun haben. Inter-
im müßen sie hören, daß sie die friedenstractaten auß lauter ambition und
ehrsucht hindern, in deme ihnen die fürstlichen einen und andern vorschlag
gethan, sie aber keinen acceptiren oder passiren laßen wollen. Könne man
also, weßen sich der von Gemmingen erklären werde, erwarten und dar-
nach , umb friedens willen, den Altenburgischen vorschlag, ea conditione,
wann er sincere gemeint, annehmen, Wiedrigen falls sagen, daß man den von
Gemmingen für einen solchen halte, der dem ganzen evangelischen wesen
feind seye. Damit man aber endlich auß der sachen komme, könte man die
außlieferung mit protestation vorgehen laßen, auß liebe zum frieden und den
fürstlichen zu ehren, doch alles absque praejudicio.
Regensburg. Er sehe keinen effect des jenigen vorschlags, den Altenburg
heut gethan, sondern vielmehr, daß er den stätten ein dubium dadurch
erweken und sie excludiren wolle. Dann wann die deputirten den herrn
Kayserlichen und königlich Schwedischen denjenigen auffsaz, darinnen die
ritterschafft vorgesezt, übergeben und recommendiren solten, wüste man
nicht, in was terminis sie solches anbringen und wie es fallen möchte. Alten-
burg werde von affecten regiret und führe das wort. Were also wie Frank-
furth der meinung, man solte erwarten, weßen sich der von Gemmingen auff
den Altenburgischen vorschlag erklären werde, alsdann sich dißseits weiter
vernehmen laßen und dahin trachten, daß die übergab deßen exemplars,
darinnen die stätt vorstehen, cum effectu geschehe, ein praeambulum, wie er
schon mehrmals erinnert, praemittire, hernacher mit einer außführlichen
protestation sich zum überfluß verwahre, doch wolle er den majoribus im
geringsten
Nürnberg. Könne sich mit den majoribus auch wol vergleichen, seye dahin
instruirt, alle thunliche mittel zu hinlegung dieser differenz zu ergreiffen und
sich vor der separation zu hüten. Was die proponirte fraag, ob man sich mit
dem Altenburgischen vorschlag conformiren oder deßen von Gemmingen
erklärung vorhero vernehmen wolle, anlange, müße er bekennen, wann
hoffnung vorhanden were, daß er sich accommodiren und der stätte vor-
schlag acceptiren würde, könte man demselben inhaeriren und damit auß
langen . Weiln man aber höre, daß es nicht zu erlangen, sondern zu befahren
stehe, es dörffte am ende anderst gehen, so seye wol zu bedenken, was man
thue. Dann wann die stätte endlich nicht obtiniren, werden sie nur mehr
schimpff haben, weiln sie es am rechten orth nicht erhalten. Im gegentheil,
wann sie in dem einen vorgesezt und daßelbe communi nomine übergeben
werde, obgleich die fürstliche ad instantiam deßen von Gemmingen auch
eines uberraichen und die differenz dabey anzeigen solten, hielte er doch
dafür, daß die stätt größeren vortheil dardurch erlangen würden. Seye auch
dieses dabey zu consideriren, daß dieser modus gleichwol zwischen königen
gebraucht worden, dahero er auch dißmals umb soviel ehe zu practiciren
die stätte bey diesem ihren aigenen vorschlag mainteniren müßen. Stellt
dahin, ob es nicht nacher Münster zu communiciren sein werde, umb zu
hören, was ihre meinung dabey seye. Halte davor, daß dieser vorschlag auff
allen fall, doch certis conditionibus zu amplectiren sein möchte, damit die
stätte die nachred nicht haben, ob were ihrenthalben einig moment zu erlan-
gung des friedens verabsaumet worden, mit vermelden, daß man sich, den
herrn fürstlichen zu ehren, accommodiren wolle, doch dergestalt, daß der-
jenige auffsaz, darinnen die stätte vorgesezt, communi nomine übergeben
und der ritterschafft dabey ganz nicht gedacht werde. Was sie hernach sepa-
rato actu privatim übergeben wollten, könnte man ihnen nicht verwöhren,
doch da es mit praejudiz der stätte geschehen solte, müßten sie darwieder
protestiren und sich weiter dabey verwahren. Wann man aber erwarten
wolle, weßen sich der von Gemmingen erklären werde, seye er indifferent,
wolle aber eventualiter seine vorige meinung wiederholet haben.
Ulm. Sagt, es seye offenbar, werde es auch ein jeder unpassionirter bekennen
müßen, daß die stätte in hoc puncto solche fundamenta für sich haben,
welche unwidertreiblich seyen, gestalt dann dieselben bey verschiedenen
deputationibus und nächster conferenz zu Lengerich den fürstlichen genug-
sam remonstrirt, von ihnen aber niemaln wiederlegt worden. Wann man
aber dagegen den favorem considerire, welchen sie dabey haben, seye der-
selbe ziemlich schlecht und auff gegentheiliger seiten so groß, daß zu beken-
nen und zu befahren stehe, es dörfften die stätte in fine succumbiren müßen.
Deßwegen er den Frankfurthischen vorschlag für gut und räthlich halte,
doch daß man vorhero vernehme, weßen sich der von Gemmingen erklären
werde; falle die resolution gewürig, mit heil, wiedrigen falls könte man sich
des anderen vorschlags bedienen. Es seye gleichwol etwas, daß sie sich
erbotten, den auffsaz communi nomine zu übergeben, wann nur die stätt
von dem andern nichts wüsten. Wann es aber die fürstliche deputirte über
geben und der auffsaz oder was bey übergab deßelben geredt werden
möchte, denen stätten zuwieder sein solte, könnten sie darwieder protestiren
und daßelbe contradiciren.
Eßlingen. Ob er woln bey heutigem vorschlag noch allerhand difficulteten
habe und wol erachten könne, daß der Altenburgische noch ein und anders
dabey practiciren werde, so finde er doch denselben für den besten, zweifele,
ob man die fürstlichen weiter bringen werde, sie dörfften endlich müd
werden. Wann man anfangs gleich weich gewesen were, hetten sie die reichs-
ritterschafft simpliciter vorgesezt; wann die stätte ihre intention noch weiter
behaubten, dörfften jene sich noch wol beßer erklären. Halte aber davor, daß
vor allen dingen zu erwarten sein werde, weßen sich der von Gemmingen
hierauff vernehmen laßen möchte oder ob er lieber absonderlich handeln
wolle. Nach welchem man weiter davon reden könte, was für cautelen
dabey in acht zu nehmen und zu gebrauchen sein werden. Herr Lampadius
sage, wann es seine sache wäre, wolte er ein großes dadurch gewonnen zu
haben vermeinen. Es were aber in alle wege dahin zu trachten, daß die
herren fürstliche dasjenige exemplar, darinnen die ritterschafft den stätten
vorgesezt, separato actu übergeben. Solten aber den herrn abgesanden
andere gedanken beywohnen, wolte er sich damit gerne conformiren. Repe-
tirt diß sein votum auch für die statt Lindau.
Memmingen. Er verspüre auß den votis, daß man erwarten wolle, weßen
sich der von Gemmingen auf heutigen vorschlag erklären werde, besorge
aber, es dörffte schlecht hergehen und ers bey nächstgethanem verbleiben
laßen wollen. Sehe kein ander mittel, als daß man heutigen vorschlag endlich
werde annehmen müßen. Were beßer, wann die stätte
daß ein ander exemplar hernach im nahmen des von Gemmingen absonder-
lich übergeben werden solle. Er werde sagen, die habens gewust und seye ihr
consens dabey gewesen. Were also viel beßer, wann er seine sach a part
übergebe. Wo aber nicht, werden die stätte auff allen fall darwider prote-
stiren müßen. Werde sonsten ein selzam ansehen haben, wann der ritter-
schafft abgeordneter der stätte nothdurfft übergeben solle. Er wollte nim-
mermehr geschehen laßen, daß er der stätte sach übergebe. Wollen aber die
fürstliche leiden, daß es in dem ihrigen begriffen seye, müste man es gesche-
hen laßen. Seye auch der meinung, daß es nacher Münster communicirt und
derenselben gedanken darüber eingeholt werden solten.
Directorium. Bekenne, daß, als der vorschlag geschehen, er gleich davor
gehalten habe, es müßte was darunter verborgen liegen, weiln ihn der Alten-
burgische sonsten nicht gethan haben würde. Komme ihm sehr ungereimt
vor, daß sich die stätt von denen sachen excludiren laßen sollen, so sie mit
geschloßen haben und welche im nahmen der fürsten und stände übergeben
werden sollen. Der vorschlag seye zu dem ende allein communicirt, damit
die stätt ihren consens zu der praeposteration und übergab ertheilen, Gott
gebe, was dabey geredt und gehandelt werde. Sehe keinen andern effect
davon, als daß die fürstliche denen stätten nochmehr dubia dadurch erweken
wollen, sonsten die fürstliche die übergab wohl hinderruks der stätt zu
werkh gerichtet haben würden. Der ritterschafft abgeordneter könne seine
nothdurfft wol a part übergeben, weiln die inclination ohne das auff die
ritterschafft gehe. Seines theils seye er nicht instruirt, dergleichen vorschlag
anzunehmen. Die fürstliche können die ihnen heutiges tages repraesentirte
rationes nicht hintertreiben. So seye auch der dißeits vorgeschlagene modus
mehr practicirt worden und habe ihn der von Gemmingen selbsten begehrt.
Were schimpfflich, wann man bey guter sachen ablaßen sollte, nach deme
erst gesagt, man könne nicht weichen. Were also auch der meinung, daß man
erwarten solte, weßen sich der von Gemmingen auff der stätte vorschlag
erklären werde. Er habe gehört, daß herr Lampadius sein votum für die
stätte schrifftlich hinterlaßen habe. Die stätt suchen nicht dignitatem, gra-
dum et honorem nobilium zu schwächen, sondern allein, daß ordo scripturae
dem herkommen nach observiret werde. Halte davor, weiln der herr Ulmi-
sche in seiner herren principalen geschäfften ohne das nacher Münster ver
reiße , es werde derselbe ihme nicht zugegen sein laßen, mit denen daselbst
subsistirenden stättischen herren abgesanden darauß zu communiciren. Daß
die tractaten durch diesen streit solten sein gehindert worden, könne er an
seinem orth nicht finden. Die stätte haben bißher den fürstlichen den weg
gezeigt, sie wären sonsten in deliberationibus soweit noch nicht kommen.
Conclusum. Man solle erwarten, weßen sich der von Gemmingen sowol auff
heutiges tags wiederholten der stätte als dem Altenburgischen vorschlag
erklären werde und als dann weiter von der sachen reden.
Herr Director sagt, es werde nunmehr auff der deputation bestehen, damit
dißeitige resolution dem Magdeburgischen directorio hinterbracht werden
möge. Stellt demnach zur umbfraag, wer darzu zu gebrauchen sein werde?
Conclusum. Straßburg und Regenspurg sollen es thun.