Acta Pacis Westphalicae III A 6 : Die Beratungen der Städtekurie Osnabrück: 1645 - 1649 / Günter Buchstab
76. 59. Sitzung des Städterats Osnabrück 1646 August 1 7 Uhr
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Osnabrück 1646 August 1 7 Uhr
Nürnberg S I L 203 Nr. 19 fol. 166’–173’ = Druckvorlage; Strassburg AA 1144 fol.
230’–239’; Ulm A 1560 o. F.
Präzedenz der Reichsritter vor den Reichsstädten: Vorschlag der fürstlichen Gesandten zur Lösung
des Konflikts, die Gravamina der Reichsritter und Reichsstädte aus den Gegenerklärungen auszu-
lassen und nur als Beilage aufzuführen.
Anwesend: Straßburg, Frankfurt, Herford auf der Rheinischen, Regensburg, Nürnberg (votiert
schriftlich), Ulm, Eßlingen, Memmingen und Lindau auf der Schwäbischen Bank.
Herr Director proponirt: Es werde allerseits in frischer gedächtnus hafften,
welcher gestalt der Magdeburgische und Altenburgische sich gestrigen tages
auff der erbaren frey und reichsstätte den 27. nächstabgewichenen monaths
Julii in puncto praecedentiae gethane vorschläge erkläret haben
Zur Sitzung der evangelischen Stände vom 31. Juli 1646 vgl. Magdeburg Rep. A nr. 535 II
fol. 428–436. Vorschläge Straßburgs in der Sitzung des CE vom 27. Juli st. v. ebd. fol. 414f.
Druck Meiern III S. 645f (Datierung fälschlicherweise 17. Juli).
demnach sie hiebevor ein mittel vorgeschlagen, welcher gestalt der die
erbaren frey und reichsstätte concernirende pass jeztmahligem auffsaz einge-
rukt werden könnte, damit keinem theil, ratione προεδρίας et praecedentiae
praejudicirt werde; daßelbe aber nicht beliebt und angenommen, sondern
andere vorgeschlagen worden, welche, ob sie der gefreyten reichsritter-
schafft abgeordnetem annehmlich fallen möchten, ungewieß. Als seyen sie, in
erinnerung, daß ihnen keine decisio hierinnen zustehe, sie auch nicht gern
etwas, so einem oder dem anderen theil zu praejudiz geraichen könnte, vor-
gehen laßen wollten, endlich auff das mittel kommen, daß dasienige, was
sowol die Stätte als die ritterschafft betreffe, nicht numerirt, sondern dem
auffsaz absonderlich beygelegt, übergeben und also iedem theil sein recht in
salvo behalten werde. Mit angehenktem begehren, daßelbe in bedenken zu
nehmen und sich darauf fürderlich zu erklären. Was nun hierbey zu thun sein
wolle, stehe für dißmal zu deliberiren.
Frankfurt. Sie hetten die meinung auch dahin eingenommen, daß das
ienige, so die erbaren frey- und reichsstätte und die gefreyte reichsritter-
schafft angehe, absonderlich verfast und dem auffsaz absque numero beyge-
legt werden solle. Seye eine beschwerliche und schlüpfrige sach, man tractire
de salute rerum publicarum; wie hart in die stätt der religion halben gesezt
worden, seye bekannt. Separire man sich von denen fürstlichen und sie über
geben ihre sach allein, dörfften die catholici sowohl die stätt als die ritter-
schafft übergehen und nicht einmal beantworten, sondern vielmehr den
streit fomentiren, damit sie den stätten eines anmachen können. Seye also
den stätten mit dem vorschlage nicht geholffen und deßen von Gemmingen
ambition gar zu groß, daß er in compromiß sezen dörffte, was herkommens.
Möchte also das ansehen haben, es were fast beßer, denen fürstlichen hierin-
nen etwas nachzusehen, als die stätt länger in solcher tortur und gefahr
stekhen zu laßen. Wann 2. die fürstliche sich von denen stätten separiren und
derenselben angelegenheiten als eine beylag beylegen und derenselben vota
nicht attendiren wollten, dörfften die herrn Kayserliche sowohl als die catho-
lische praevaliren und darauf dringen, man habe die stätt nicht zu achten, es
gebühre ihnen kein votum decisivum, weiln sie ihre sach nicht als stände,
sondern als supplicanten einbringen. Sie wüsten 3. wann man mit den fürst
lichen , ehe der stätt jura restaurirt, brechen und selbige hernach am Kayser-
lichen hof suchen solte, wie schwär es damit hergehen und wieviel mühe und
gelt es kosten würde, ehe man etwas erhalten könte. Hingegen befinden sie
auch, daß man es bey diesem der fürstlichen gethanen vorschlag nicht laßen
könne. Zu Regenspurg habe Braunschweig und Caßel continuirlich darauff
gedrungen, daß man das indissolubile vinculum, welches unter chur-,
fürsten und ständen seye, erhalte. Dann da daßelbe fallen solte, es auch die
höhere stände zu entgelten haben, ia der ganze status publicus und die
reichsverfaßung miteinander zugleich fallen und eine totalis dissolutio
Romani imperii darauff erfolgen würde. Halten davor, wann man den fürst
lichen noch einmal zu gemüth führte und sie erinnerte, wie starkh sie zur
selben zeit urgirt, daß die herren Kayserliche außer dieser verfaßung nicht
schreiten wolten, es würde bey denenselben nicht ohne verfang sein. 2.
Seyen die stätte nicht hier tamquam civitates, sondern als stände des reichs.
Ihre Kayserliche Majestät haben sie auch anhero beschrieben, daß sie mit
schließen . Müßen derowegen mitconsiderirt und nicht excludirt werden.
Were demnach zu bitten, daß man der stätt rationes so in obacht nehmen
wolte, damit chur-, fürsten und stände unzertrennet verbleiben. Die herrn
fürstliche wißen 3. wohl, was die jura status mit sich bringen, wann kein
praerogativ darinnen zu suchen, weren sie auch nicht mehr als andere fürsten
in Italia und Polen, da doch bekannt, daß die stände und stätte an dem jure
majestatis participiren. 4. Die ritterschafft werde den recess nicht unter-
schreiben , sondern chur-, fürsten und stände des reichs. 5. Wann chur-,
fürsten und stände tractiren, seye den stätten wol die ganze Schweiz nach-
gesezt worden. Könne sich die ritterschafft deßelben noch viel weniger be
schwären . 6. Der von Gemmingen werde ihme und seinen principalen selb-
sten schaden dardurch thun. 7. Seye von catholischen hierzu nicht legitimirt.
8. Glauben nicht, daß die herrn fürstlichen denen stätten etwas praejudicir-
liches geschehen zu laßen, sondern vielmehr zu assistiren instruirt seyen.
Wanns 9. zur satisfaction ankomme, werden die stätt jene müßen suppor-
tiren . Wie auch 10. die ritterschafft, dann sie seye also beschaffen, daß sie
wenig thun könne. 11. Er henge sich an die catholische, die evangelische
stätte dardurch zu supprimiren und seine ambition zu behaubten, inmaßen
der Würzburgische gesagt, daß der von Gemmingen an den herrn bischoffen
deßwegen geschrieben habe. Er aber habe darauff geantwortet, er könne an
seinem orth nicht befinden, daß die ritterschafft einmal ein stand des reichs
gewesen seye. 12. Laße es nicht dabey bewenden, daß er die praecedenz im
auffsaz suche, sondern affectire auch, ein status mit zu sein und andern
höhern gleich gehalten zu werden. 13. Die stätt respectiren die landsaßen
ebensowohl, als die unmittelbare reichsritterschafft, weil jene den adel eben
sowohl durch tugend und meriten von Ihrer Majestet erlangt als diese. Sie
können auch nirgend anderswo, als bey Ihrer Kayserlichen Majestet und der
cammer verklagt werden. 14. Gehöre die sach nicht hieher, sondern auff
einen reichstag. 15. Die fürstliche graviren die stätt nicht nur in dem, daß sie
selbige der ritterschafft nachsezen, sondern auch, daß sie solche in der ord-
nung , darinn sie gehören, nicht laßen wollen. Könnte nicht schaden, wann
man es mit den catholischen stätten, als Cöln und Aach, auch communicirte,
werdens verhoffentlich der ritterschafft nicht gestehen, wie sie zu Augspurg
tractirt werde, seye bekannt. 16. Und weiln sie es also mache, stehe dahin, ob
man sich ihrer in puncto religionis auch so groß anzunehmen habe. Wann es
andere erfahren, daß er solchen streit erwekt, dörfften sie ihme wol schlech-
ten dankh dafür wißen. Were also den fürstlichen anzudeuten, ob man sich
wohl von ihnen zu separiren nicht begehre, könne man doch auch von
voriger resolution bey so ansehenlichen rationen nicht weichen. Halten da-
vor , daß man sich noch zur zeit also stellen und sehen könte, was die herrn
fürstliche thun wollen. Hetten deßwegen an ihre herrn principalen geschrie-
ben , aber dato noch keine antwort erhalten. Seyn zween wege, auß dieser
sach zu kommen: Der erste, daß man an die fürstlichen begehrte, die stätt in
qualitet der stände, wie im religionfrieden geschehen, erstlich, darnach die
ritterschafft und dann etliche gravirte stätte, als Augspurg und andere, zu
sezen, welche tamquam communitates in civitatibus, non tamquam civitates
einkommen. Der andere, alß beßere und sicherere, daß man diesen actum cum
protestatione vorgehen und nicht nur ad protocollum nehmen, sondern gar
an alle evangelische fürsten schrifftlich gelangen laße, und sich darob be
schwäre , mit angehenkter bitt, derenselben abgesande anderst zu instruiren.
Werde verhoffentlich nicht umbsonst sein. Wann die stätt bißher der edel-
leuthe asylum nicht gewesen weren, hetten sie gar zu grund und zu scheitern
gehen müßen, diß seye iezt der dankh. Halten auch davor, daß deßwegen
nacher Münster und zwar fürderlichst zu schreiben seye, damit man einerley
intentiones führe, sonsten, wann es zur re- und correlation ankommen und
biß dahin versparet werden solte, dörffte es zu spät sein. Sie und Ulm seyen
zwar nach Lengerich deputirt, wann man es aber erst daselbsten suchen
wolte, dörfften die fürstliche sagen, es gehöre dahin nicht, man hette es alhie
suchen sollen. Müße man sich also eines gewiesen vergleichen, damit die
deputati der sachen weder zuviel noch zu wenig thun. Sonsten dörfften es
alle zu entgelten haben, die catholische acceptiren und gelegenheit suchen,
ein oder
Regensburg. Dankt vorderist dem herrn directori für beschehene convoca-
tion und gethane proposition; das werkh an sich selbsten belangend, seye
nicht ohn, daß die separation in alle weg zu verhüten, weiln selbige denen
stätten vielmehr schaden würde. Wann man den statum considerire, wie der-
selbe anno 1555 gewest und gegen den jetzigen halte, werde sich ein großer
unterschied unter den actionen und dieses befinden, daß die stätt in causis
religionem concernentibus neben den fürstlichen nicht deputirt noch der
ritterschafft vorgezogen worden seyen. Dörffte also mit der stätt praecedenz,
nach selbigen actis, schwär hergehen. Jezo aber seye es in beßerem stand.
Chur- und fürstliche laßen die stätte bey denen deputationen, ia diese neh-
men sie gar in ihr collegium mit ein. Wann man sich nun separiren solte,
dörffte es große hindernusen und difficulteten abgeben, des voti decisivi
aniezo zu geschweigen. Wiewol er sich erinnere, daß auff nächst verschiene-
nem reichstag als der stätte votum von denen chur- und fürstlichen discre-
pirt , man daßelbe nicht pure admittiren noch in vim decisivi paßiren laßen
wollen. Und obwohl die stätt ihr gutachten absonderlich übergeben, seye es
doch im receß nicht in acht genommen worden, welches aniezo wiederumb
geschehen könte. Komme man an Kayserlichen hoff, finden sich viel anta-
gonisten daselbsten, sonderlich wegen der generalspersonen. Vergleiche sich
also mit Frankfurth, daß die separation omnibus modis zu verhüten seye.
Betreffend aber den gestriges tages vorgeschlagenen modum, finde er densel-
ben viel gefährlicher als den ersten. Wann es dabey verbleiben solte, würden
wir unß zum wenigsten dividiren müßen. Stünde dahero zu bedenken, ob
nicht der erste certis conditionibus zu ergreifen und diesem vorzuziehen
were? Er halte davor, quod sic, doch dergestalt, daß vorhero, ehe er accep-
tirt werde, alle von Frankfurth aniezo vorgebrachte und vor diesem ins
mittel gekommene rationes, den fürstlichen nochmalen remonstrirt und
auch mit denen zu Münster darauß communicirt werden solte. Aus seines
collegae discours habe er soviel abnehmen können, daß nicht alle fürstliche
ihnen der stätt vorschlag mißfallen laßen. Habe gestern in ablesung des auff-
sazes waargenommen, daß der chur-, fürsten und stände niemalen gedacht
worden, halte davor, daß es zu erinnern, daß bey dem ersten puncten der
chur-, fürsten und stände insgesambt und keinen davon außgenommen,
gedacht und in der stätt auffsaz ein solcher eingang gemacht werde, der sich
auff die generalitet beziehe. Wann man schon den auffsaz absonderlich über
geben wolte, stünde es doch hernach zu den herrn Kayserlichen, wie sie es
künfftig in dem instrumento damit halten und einrichten wolten. Es lauffe
aber, wie es wolle, halte er doch davor, daß nöthig seye, daß man auff eine
protestation gedenke, begehre aber hierdurch niemand zu praejudiciren,
sondern gehe allein seiner herrn instruction nach, darauf er sich beruffen
haben wolle.
Herford. Sagt, er hette sich gestern einer anderen resolution, als von den
fürstlichen eröffnet worden, vermuthet. Man sehe darob, daß sie bey ihrer
vorigen intention bestehen, in deme sie, unglimpff zu verhüten, sagen, die
sach seye nicht hujus loci und begehren sie
laßen es unterdeßen dabey bewenden und geben die geringste anzeig nicht,
daß der stätte remonstrationes ihnen zu gemüth gegangen weren. Er habe
die nachricht, daß die fürstliche nicht alle einer meinung gewesen, wie dann
daßelbe auch nicht berühret. Wann der stätt argumenta weren in pleno
vorgebracht worden, dörffte es vielleicht noch anderst gangen sein, solcher
gestalt aber bleiben die wenigere bey ihrer vorigen meinung. Conformire
sich also hierinnen mit vorgehenden votis, daß man es nochmaln bey den
fürstlichen mit eingeführten rationibus anden und versuchen solle, ob der
erste vorgeschlagene modus behalten und der ordo nicht zertrennt werden
möchte. Er förchte aber, quod actum acturi simus. Stünde demnach zu
bedenken, ob man sich von den fürstlichen separiren oder ihren gestrigen
vorschlag acceptiren wolle? Jenes seye nicht einzurahten, halte also davor,
daß man dieses mit protestation vorgehen laßen und anfangs gleich im auff-
saz , daß die collocatio iedem theil ohne praejudiz geschehen seye, gedenken
könte, doch conformire er sich hierinnen gerne mit den majoribus.
Der herr Nürnbergische hat sein votum schrifftlich des inhalts übergeben:
Obwohl es das ansehen habe, daß die alhiesige herrn fürstliche uns dißmals
beschaidenlicher tractiren, als die zu Münster erwogen, jene litem nicht suam
machen, sondern, keinem theil zu praejudiciren, die angelegenheit beyder
partheyen, absque numeris, der evangelischen erklärung beylegen wollen, so
lang, biß etwa zu Lengerich derenthalben ein expediens ergriffen werden
möchte, dahingegen diese, nicht ohne empfindlich praejudicium die ritter-
schafft in ihrem auffsaz den erbaren frey und reichsstätten vorgezogen, da sie
sich doch billich erinnern sollen, daß ihnen hierinnen keine cognition ge
bühre , so ist doch wißlich, wie eifrig diß wesen von dem herrn Thumbshirn
und andern seinen adhaerenten verfochten worden, und derselbe sich selb-
sten pro causae patrono dargestellet. Er wiederhole zuvorderst die von den
vortrefflichen Frankfurtischen herrn abgesanden vernünfftig angeführte
trifftige motiven und ursachen. Und obwohln er ebenfalls davor halte, daß
man freylich nicht ursach habe, sich rebus sic stantibus von den herrn fürst
lichen zu separiren, sondern vielmehr dahin zu trachten, damit einigkeit
unter den evangelischen erhalten und alle schädliche trennung, deren die
Papisten sich meisterlich bedienen und zugleich die stätt und die ritterschafft
miteinander, in hoc passu inmaßen es eine zeithero bewustermaßen tentiret
worden, merklich bevortheilen dörfften, vermieden bleiben möge. So haben
die erbaren stätte gleichwol hingegen nicht ursach, von ihren rechten zu
weichen und die praecedenz der ritterschafft zu quittiren, angesehen es ein
wiedersinnig werkh sein würde, daß status imperii immediati, welche mem-
bra rei publicae Germanicae weren, von juribus majestatis participirten, ter-
tium imperii collegium constituirten und de rebus maxime arduis deliberir-
ten , schliesen, auch leges imperii fundamentales, welchen der adel pariren
und sich denselben unterwerffen müste, mit und neben andern ständen san-
ciren hülffen. Non statibus und privatis solten nachgesezt werden und zwar
neuerlich wider das herkommen und erlangte praejudicia zu Nürnberg,
Frankfurth und Regenspurg. Wann aber das werkh ia alhier weiter nicht zu
bringen, so müße man erwarten, wie dieser paß zu Lengerich werde resol-
virt werden wollen. Das seye beschwärlich, daß eben diejenige, welche diß
wesen alhier angetrieffelt und als ihr proprium interesse eifrig getrieben, zur
deputation gezogen worden. Stelle dahin, ob nicht beschaidenlich zu begeh-
ren , daß in hoc puncto als obnoxii et interessati sie sich des votirens ent-
halten solten. Und weiln man bißhero erfahren, daß herr Lampadius neben
dem fürstlichen hauß Braunschweig den erbaren frey und reichsstätten nicht
abgeneigt gewesen, sondern derselben jura verfochten, allein gevatterschafft
halben von Thumbshirn nicht eben eifrig dissentiren mögen. Als hielte er
vor räthlich, daß ihme, weiln er zumaln mit deputirt, auch anderen privatim
zugesprochen und diß werkh mit einführung der allegirten motiven auf das
beste recommendirt würde. Inmittelst, weiln denen herrn fürstlichen gleich-
woln noch heut eine antwort zu sagen, halte er dafür, daß man ihnen die alle-
girten rationes zu gemüth führen und bey denen ex parte der erbaren frey
und reichsstätt gethanen vorschlägen verbleiben, auch sie ersuchen solte,
dieselbe als tertium imperii collegium nicht also außzuschliesen und suppli-
cantibus gleich zu machen, sondern debitum locum, wie ehedeßen zu Frank-
furth geschehen, ebenfals zu gönnen, damit man nicht nothwendig einen
solchen weeg, dadurch unseren herrn und oberen anhabender praerogativ
nicht praejudicirt würde, ergreifen müße, deßen man doch gern geübrigt
bleiben wolte.
Ulm. Dankt vorderist dem herrn directori für die gestrigen tages nomine
civitatensium geleistete gute officia und sagt: Ob er wohl für seine person
nicht gezweifelt, es werden die herrn fürstliche zu Münster eine andere collo-
cation machen und die noblesse denen civitatibus postponiren, gestalt dann
die vertröstung darauff geschehen, so habe doch der auffsaz aniezo ein ande-
res mitgebracht und das werkh nicht leichter gemacht, sondern die alhiesi-
gen fürstlichen noch mehrers obfirmirt, deßwegen auch auff die Lengerische
tractaten schlechte hoffnung zu stellen und den deputatis bey so gestalten
sachen sehr schwer fallen werde, sich mit den Münsterischen einzulaßen,
weiln ihnen die verantwortung auffwachsen würde. Halte also vor nöthig,
daß man deßwegen nach Münster schreibe oder den deputatis eine instruc-
tion mitgebe. Seye in dem mit vorstimmenden einig, daß den herrn fürst
lichen die rationes noch eines remonstrirt und dabey zu erkennen gegeben
werden solle, daß ihnen kein vortheil durch die separation zugehen werde.
Were den stätten sehr vorträglich, wann, wie Regenspurg erinnert, articulo
1. §º 2. der chur-, fürsten und stände gedacht und die noblesse den übrigen
special gravirten stätten vorgesezt würde, dann solcher gestalt, wann der
von Gemmingen nicht cavillirte, weren die stätte in alle weg darunter mit
begriffen und vorgesezt, dörffte keines protestirens und excipirens wieder
Altenburg. Falls aber die fürstliche in diesen vorschlag nicht consentiren
wolten, erinnere er sich, daß die stätt sich bereits einmal in puncto grava-
minum quoad formalia von denen fürstlichen separirt und ein absonderlich
exemplar übergeben haben, welcher modus, da er iezund wiederumb ergriffen
und practicirt werden müste, eben sowenig praejudiz auff sich haben
würde, als bey übergab ulterioris declarationis gewesen. Die stätt separiren
sich nicht von den fürstlichen, sondern diese von jenen. Haben auch selb-
sten an hand geben, ob mans separatim überreichen wolle. Stellts, ob nicht
wegen der beschwärlichen consequenz, die ex post facto darauß erwachsen
könte, ein sonderbarer auffsaz zu machen und derselbe also einzurichten
seye, wie die stätt selbsten wollen und vormahls auch geschehen.
Eßlingen. Nächst wiederholter voriger danksagung gegen den herrn direc-
tori , bekennt, wann man das werkh also ersizen und fallen laßen wolte, daß
es beßer und meher reputation dabey gewesen were, wann man es nie ange-
fangen hette. Werde captiose darinn verfahren und der im religionfrieden
gebrauchte modus nicht gehalten. Der gestrige vorschlag seye schädlich und
praejudicirlich, consequenter auch nicht thunlich; man verwerfe dadurch die
stätt nicht allein von ihrem voto decisivo, sondern den ganzen stat, wann sie
ihre desideria allein nebens zu beylegen und darumb suppliciren sollen. Er
wolte eher alles eingehen, als dieses geschehen laßen. Ob man sich aber
separiren oder es gehen laßen solle, wie es gehet, stehe dahin. Halte, daß vor
der deliberation ein und anderer fürstlicher a part anzusprechen sein möchte.
Werde verhoffentlich nicht wenig verfangen. Ob man zugleich auch Magde-
burg und Altenburg besprechen wolle, stelle er zum nachdenken. Wann
daßelbe geschehen, könnte man in pleno die jenigen argumenta vorbringen,
welche die fürstliche am meisten bewegen, als 1. daß die stättischen ihre
gemeßene instructiones hetten, davon sie nicht weichen könten, 2. daß sie
sich zusammengethan und in durchgehung der Kayserlichen vorschläge ge-
funden hetten, daß man in der antwort wol anderst hette gehen und mitiora
consilia führen können. Stättischen theils aber habe man ihnen nicht aus
handen gehen, noch sich separiren wollen, damit dem werkh dardurch keine
gefahr zugezogen werde. Wann es aber darauff noch nicht gehen, sondern sie
bey ihrer meinung nochmalen verbleiben wolten, hette man ihnen zu sagen,
daß man sich mit denen Chursächsischen und andern, welche in puncto
restitutionis auf das 24. jahr gehen, wohl vergleichen und den terminum
acceptiren könte. Wann sich nun die stätt mit denenselben vergleichen und
den herrn Kayserlichen ihre resolution separatim übergeben solten, würden
sie gratiam erlangen und jene undankh verdienen. Man könne einmal die
stätt, propter cohaerentiam et connexitatem der chur-, fürsten und stände
nicht trennen laßen. Man hette ihnen auch 3. zu sagen, daß der von Gem-
mingen von der ritterschafft zwar legitimirt seye, aber nicht zu diesem ge
schäfft , viel weniger von catholischen, deren in Schwaben meher als der
evangelischen. Er wiße, daß sie nicht beysammen gewest, als er abgeordnet
worden. Wie er aber zu dem secret insiegel kommen, stelle er dahin. Und
dann 4. daß man auß seinem übergebenen memorial observirt und warge-
nommen habe, daß, auff den fall die praecedenz nicht erhältlich, er ein
mehrers nicht, dann eine attestation, daß ihme solches zu keinem praejudiz
angezogen werden solte, begehrt habe. Welchem seinem selbsteigenen vor-
schlag er zuwieder handle. Die stätt seyen ein pars rei publicae, participiren
de jure status, und sehe er also nicht, wie die ritterschafft einige fugnus oder
rechte sach haben könne.
Memmingen. Nächst wiederholter danksagung sagt, er habe zwar der in-
struction von hauß erwartet, dato aber noch nichts erhalten, wiße also nicht,
wie er sich hierbey verhalten solle, seye ihm leid, daß die praecedenz aniezo
auff die bahn komme, dörffte auf eine separation endlich außlauffen. Man
hette der ritterschafft abgeordneten billich zur absonderlichen übergab an
weißen sollen, hingegen wollen die fürstliche die stätt der ritterschafft gleich
tractiren, welches nicht zu leiden. Nehme ihn wunder, wie die herrn fürst
liche , welche die ritterschafft selbsten nicht vor stände erkennen, den
stätten ein solches zumuthen dörffen. Man könne sich einmal von chur-
und fürsten nicht separiren laßen, sondern müße begehren, daß man
gleich nach den mediatstifftern gesezt werde. Conformire sich mit Eßlingen
in deme, daß man privatim mit den fürstlichen reden, das werkh wohl
unterbauen und alsdann erst vorgebrachte rationes in pleno nochmalen
remonstriren solle. Die herren fürstliche werden sich verhoffentlich anderst
bewegen laßen. Wann sie aber ie die ritterschafft vorgesezt haben wolten,
müste man am end darwieder protestiren und geschehen laßen, daß die
fürstliche ihren auffsaz absonderlich übergeben. Habe gestern soviel ver-
standen , daß man die stätt weiter nicht hören, sondern bey ertheilter reso-
lution verbleiben wollte. Hier wurde dem herrn Nürnbergischen ein schrei-
ben von Münster überliefert, darinnen unter anderm vermeldet, daß etliche
fürstliche der praecedenz halben mit hiesigen nicht zufrieden, werde also
ihrentwegen bey der conferenz keine noth haben, es seye dann, daß sie von
den hiesigen fürstlichen anderst disponirt würden.
Lindau. Repetita gratiarum actione für gehabte sorgfalt, sagte: Er finde der
fürstlichen vorschlag so beschaffen, daß er nicht anzunehmen. Werde mehr
einer supplication als voto gleich sehen, wann man es beylegen solte. Doch
seye hinwieder auch nicht rathsam, sich zu separiren, sondern die trennung
omnibus modis zu verhindern. Man müße hier zur sachen thun und weiter in
die fürstliche sezen, ehe es zur conferenz nacher Lengerich ankomme, son-
sten werde es alsdann zu spät sein. Er laße ihme gefallen, daß die ins mittel
gebrachte rationes den herrn fürstlichen nochmaln remonstrirt und hiebevor
gethanen vorschlägen inhaerirt werde, alsdann werde man vielleicht ursach
bekommen, an der herrn fürstlichen principalen zu schreiben. Er laße die
Eßlingische meinung wol belieben. Halte davor, daß man mine machen
solle, ob wolte man sich separiren, wann sie beharren. Sie werden sich aber
vorhero wohl bedenken, ehe sie es zur separation ankommen laßen, auß
forcht, es dörfften die übrige fürstliche, so nicht einer meinung mit den
stätten, von ihnen abweichen, sich mit den Chursächsischen und Branden-
burgischen vergleichen und sie bloß stehen laßen. Halte davor, daß es von
großem verfang sein werde, wann ein und anderer fürstlicher absonderlich
mit anführung der rationum besprochen und denen zu Münster vom jeni-
gen , was heut passirt, parte gegeben werden sollte. Die sach auff Lengerich zu
verschieben, seye nicht rathsam. Die hiesige fürstliche incliniren auff seiten
der ritterschafft, dörfften die übrigen auch dahin disponiren. Der vorschlag
aber, den sie thun, geraiche den stätten zu großem praejudiz.
Directorium. Sagt, er bekenne gern, daß er ob diesem der fürstlichen vor-
schlag erschroken seye. Die sach werde ie länger ie schwerer. Man wolle die
stätte von chur- und fürsten trennen und dahin weißen, daß sie mit der ritter-
schafft pari passu gehe. Machen also die fürstliche keinen unterschied mehr
inter status et non status, gestehen in effectu den stätten auch kein votum
decisivum und periclitire das jus status mit. Seye bedauerlich, daß man einen
ganzen reichsrath umb etlicher wenig particulierpersonen willen verstoßen
wolle. Halte davor, es were beßer, ein rectificirtes exemplar absonderlich zu
übergeben, als bey übergab desjenigen, darinnen die ritterschafft vorstehe,
zu concurriren. Der leztere vorschlag seye viel schlimmer als der erste,
darumb könne man nicht damit zufrieden sein, sondern müße der stätt vor-
schlag inhaeriren. Soviel aber den modum concernire, dadurch zu solcher
intention zu gelangen, halte er auch davor, daß man 1. privatim ein und
andern, besonders weiln sie nicht alle der meinung gewesen, besprechen und
rationibus wohl informiren, 2. nachmittag umb 3 uhren publice die funda-
menta , als daß die ritterschafft kein stand des reichs, derselben abgeord-
neter zu absonderlicher übergab, wie mehrmals geschehen, anzuweißen, und
zwar desto mehr, weiln er selbsten, ihme eine attestation zu geben, daß es
ihme citra praejudicium sein solle, begehrt habe. Deßen ungeachtet aber sie
geschloßen hetten, daß die stätt ihre nothdurfft absonderlich übergeben sol-
len . Neben andern die sowohl vormals als aniezo in votis vorgebracht,
remonstriren. 3. Wann sie nicht damit zu gewinnen, mit denen zu Münster,
und sonderlich Cöln und Aach, darauß communiciren und derenselben
gedanken vernehmen oder 4. der conferenz zu Lengerich und wie selbe ab-
lauffen möchte, erwarten und sich daselbsten eines gewiesen entschließen
solle. Wann man schon den auffsaz a part übergeben müste, were es doch
nichts neues, sondern schon einmal geschehen. Viel weniger eine separatio,
weiln die materialia von den formalibus zu unterschaiden.
Regensburg interloquirt, man könne wohl sagen, man seye boni publici
causa so moderate gegangen, sonsten würde
es nicht allein bey der catholischen formalien, sondern auch bey anno 1624
gelaßen haben und also mine machen, ob wolte man sich auch in materiali-
bus von ihnen separiren.
Herr Director fährt fort und sagt, wann die fürstliche zu Lengerich bey
dem auffsaz verbleiben sollten, müste man 5. sich mit protestationen da-
gegen verwahren, einen absonderlichen auffsaz machen und den herrn
Kayserlichen die ursachen solcher division anzeigen. Daß man 6. an der
fürstlichen abgesanden herrn principalen selbsten schreiben solle, halte er
noch zur zeit für etwas zu früe. Seye auch eine sach, die in der stättischen
abgesanden mächten nicht stehe, sondern müße man sie vorhero an die
oberen gelangen laßen. Man habe denen zu Münster bereits notificirt, wohin
der hiesigen gedanken gehen. Könne es heut noch einmal thun. Stellt zum
nachdenken, ob nicht etwa zulezt des auffsazes ein § us , daß die collocatio nie-
mandten praejudicirlich sein solle, wie es sonsten in reichsabschieden zu
geschehen pflege, angehengt werden könte.
Conclusum. Daß man der fürstlichen gethanen vorschlag nicht acceptiren,
sondern 1. privatim bey einem und dem andern unterbauen, 2. publice die
rationes, so dienlich remonstriren, 3. mit denen zu Münster und sonderlich
denen catholischen, communiciren, 4. zu Lengerich eine satte abred nehmen,
auff allen fall 5. mit protestation sich verwahren solle
Vgl. die Zusammenfassung der Gründe für die städtische Präzedenz in Meiern III S. 646f.
Herr Director fragt, ob nicht nöthig sein werde, daß man nachmittag umb
2 uhren und also eine stunde zuvor, ehe man sich bey den fürstlichen wieder
einfinde, zusammen komme, damit man hören könne, wie das ansprechen
bey einem und dem andern abgeloffen seye? Quod