Acta Pacis Westphalicae III A 6 : Die Beratungen der Städtekurie Osnabrück: 1645 - 1649 / Günter Buchstab
52. 35. Sitzung des Städterats Osnabrück 1646 Mai 2 9 Uhr

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35. Sitzung des Städterats


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Osnabrück 1646 Mai 2 9 Uhr

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Nürnberg S I L 203 Nr. 19 fol. 76’–83’ = Druckvorlage; Strassburg AA 1144 fol.
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116’–130; Ulm A 1560 o. F.; Esslingen „tomi actorum“ Bd. IV fol. 140’–156; vgl. ferner
17
Bremen 2 – X. 8. m.

18
Von den schwedischen Gesandten übermitteltes kaiserliches Friedensprojekt, Relation darüber aus
19
dem Fürstenrat, städtische Deputation an die schwedischen Gesandten.

20
Anwesend: Straßburg, Kolmar, Bremen, Herford auf der Rheinischen, Regensburg, Nürnberg, Ulm,
21
Eßlingen, Memmingen und Lindau auf der Schwäbischen Bank.

22
Directorium proponirt: Er halte unnöhtig zu sein, weitleufftig zu wieder-
23
holen , was sich gestern sowol bey denen königlichen Schwedischen herren
24
plenipotentiariis vor- als bey denen herrn Magdeburgischen nachmittag des
25
Kayserlichen projects, instrumenti pacis halben, verloffen habe, welches in
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effectu (außer der Pfälzischen sach

30
Darstellung der pfälzischen Lage sowie Forderung nach Restitution im Memorial praes. 3. Mai
31
1646 in Meiern III S. 501 –503. Zu den Verhandlungen allgemein vgl. F. Dickmann S. 377ff.,
32
399f., 568 und 570 mit Quellenangaben und weiterführender Literatur.
, der Würtembergischen neuen beschwe-
27
rung

33
Die durch Säkularisation erworbenen schwäbischen Klöster gingen den Herzögen von Württemberg
34
durch das Restitutionsedikt von 1629 wieder verloren. Seitdem waren diese Klöster sowie einige
35
weitere Herrschaften, die während des dreißigjährigen Krieges an Österreich gefallen waren, eine
36
Quelle ständiger Auseinandersetzungen zwischen Württemberg und dem Kaiser (vgl. Meiern II
S. 314 ; zum Gesamtkomplex R. Philippe ).
, der Schwedischen satisfaction und der statt Bremen limitirten imme-
28
dietet ) anderst nichts als eine repetitio der Kayserlichen responsionen und
29
außgestellten duplic seye, so nächstverschienenen dienstag denen herrn

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1
Königlichen mit dem außtrüklichen begehren, daßelbe nicht weitleufftig zu
2
machen noch denen ständen communication davon zu thun, sondern für sich
3
allein zu behalten, hinterbracht worden

39
Kaiserliche Duplik vom 21. April/1. Mai 1646 Meiern III S. 54–62, Appendix S. 62–66;
40
Projekt des Friedensinstruments vom 6. Mai ebd. S. 66–73. Die ksl. Gesandten hatten zwar die
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Schweden um Geheimhaltung gebeten, diese hielten sich aber nicht daran ( ebd. S. 73–76).
. Welches sie gleichwol nicht ge-
4
than , sondern zu bezeugung ihrer zu denen evangelischen ständen tragenden
5
guten affection, denenselben vertraulich parte mit der fernern anzeig davon
6
gegeben, weiln sie gesinnet, nechstkunfftigen dienstag zu Lengerich einzu-
7
kommen , mit denen Franzosen das werkh noch ferners zu überlegen, das
8
ihnen sehr lieb were, wann die evangelischen stände fürderlich zusammen-
9
tretten , das werkh gleichformig expendirten und alsdann ihr sentiment ihnen
10
in ebenmäßiger vertraulichkeit entdekten. Endlich auch auff wiederholtes
11
ansuchen und versprechen, daß man selbes nicht weitleufftig machen, son-
12
dern nur eine copey, damit selbe in pleno könne verlesen werden, davon
13
nehmen und auf den abend das original wieder einschiken wolle, daßelbe
14
von handen gestellet, zu solchem end auch an die evangelischen fürsten und
15
stände eine deputation begehrt, die, wie bewust, gestern nach vollender
16
predigt ihren fortgang gehabt.

17
Worauf gestern beede fürst- und stättische collegia bey Magdeburg zusam-
18
menkommen und nach abgelegter relation das project verlesen und auch dabey
19
verabschiedet worden, weiln die stätte ihres interesse halben mit den fürst
20
lichen different

42
Reaktion der fürstlichen Gesandten auf das kgl. Projekt Nürnberg 17 fol. 78–78’; Druck
43
Meiern III S. 76–78 .
, daß man stättischen theils a part zusammenkommen solle,
21
welches er, weiln man liberius miteinander reden könne und es sonsten das
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ansehen gewinnen möchte, als wann die fürstliche der stätte consiliarii sein
23
müsten, nicht ungern gesehen und deßwegen diese conferenz anstellen
24
wollen, vermeld dabey noch ferner, daß des herrn graf Oxenstirns excellenz
25
gestern bey der deputation zu etlichen stando gesagt, zum fall iemand
26
sonderbare anliegen haben sollte, daß derselbe zugleich solche an hand
27
geben und sicherlich glauben wollte, daß sie selbe in gebührende obacht
28
nehmen werden. Stellts darauf zur umbfrag, ob die herren collegae sich, was
29
bey dem werkh zu thun, vernehmen laßen wollen?

30
Kolmar. Bedankt sich abgelegter relation, habe selbsten größern theils ein-
31
genommen und verstanden, was gestern ein und andern orts passirt. Ver-
32
wundert sich quoad formalia, daß denen ständen die communication von
33
denen Kayserlichen negirt werden wolle, wiße nicht, ob sie tacite und
34
hinderrukhs der stände schliesen und sie von der handlung separiren oder
35
vielleicht ein mehrers, vermög clausulae reservatoriae addendi hernach brin-
36
gen und selbiges krefftiger machen wollen. Materialia belangend, seyen die
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stätte etwas mehrers in demselben eingespannt als in der duplic selbsten, der
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statt Augspurg seye ganz nicht gedacht. Punctum amnistiae und übriges,

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1
darinnen die stätt am meisten interessirt und in dem instrumento pacis keine
2
meldung geschiehet betreffend, wolle er, was in dem stättischen aufsaz ent-
3
halten , loco voti repetirt haben. Halte nicht, daß davon abzuweichen, seye
4
selbiger denen herrn Schwedischen zu communiciren und auffs beste zu
5
recommendiren oder da selbiger, ihnen abzulesen, zu lang sein möchte, einen
6
extract davon zu machen und sie umb secund zu bitten, damit die stätt nicht
7
übergangen werden. Repetirt diß sein votum auch nomine der stätte, von
8
denen er gewalt habe.

9
Regensburg. Wiße sich wol zu erinnern, was gestern vorgangen seye, hette,
10
daß die herren Schwedische liberius gegangen und eine abschrifft davon
11
communicirt hetten, damit man sich desto beßer darinnen hette ersehen
12
können und nicht gleichsam auß dem steigreif darauf resolviren müste,
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wohl leiden und zugleich auch wünschen mögen, daß die herren Kayser-
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liche , ehe sie ihre duplic denen herren Schwedische übergeben, mit denen
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ständen zuvor, wie sie sich erbietig darzu gemacht, communicirt und dar-
16
durch die suffragia statuum in acht genommen hetten. Daß sie aber hierinnen
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praeterirt, seye dem herkommen ungemäs und, obschon die catholische die
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majora gemacht, weren doch die evangelische sofern zu würdigen gewest,
19
daß sie darüber hetten deliberiren können. Zweifele nicht, sie werdens damit
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entschuldigen wollen, daß man den modum ordinarium nicht alle mal, wie
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herkommens, observiren könne. Die stände aber haben sich nichtsdesto-
22
weniger darob, sowol gegen denen herrn Kayserlichen als königlichen zu
23
beschwären und diesen für beschehene communication zu danken, auch daß
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sie bey ihrer guten intention verbleiben, zu ersuchen. In materialibus aber
25
hette man nicht von puncten zu puncten zu schreiten, sondern sich bloß auf
26
das stättische gutachten zu referiren, selbes ihnen zu communiciren und umb
27
assistenz zu bitten, damit der inhalt in das instrumentum pacis gebracht und
28
die stätte ihrer bitt nicht gar entsezet werden. Daß sonsten die herrn Kayser-
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liche verbotten, denen ständen das project zu communiciren, seye deßwegen
30
geschehen, weiln sie damit, als einer rudi materia, noch nicht herausgewollt,
31
lezlich aber daßelbe denen herrn Schwedischen nur zu ihrer nachricht über
32
geben , deßen er gewiße nachricht habe. Stellts, ob nicht ein extract auß dem
33
bedenken zu machen und derselbe sowol denen herren Kayserlichen als könig
34
lichen Schwedischen zu übergeben und zu recommendiren, jene auch zu
35
bitten sein möchten, die gravamina tam ecclesiastica quam politica zu beför
36
dern und denenselben ihre abhelfliche maas zu geben, damit sie in das instru-
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mentum pacis auch gebracht werden möchten. Diesen aber für beschehene
38
communication und gute intention, so sie gegen die evangelische stände
39
tragen, zu danken und darauß mit den fürstlichen zu communiciren.

40
In specie den punctum amnistiae betreffend, weilen deßwegen verschiedene
41
gutachten pro termino anni 1618 übergeben, bleibe er bey demselben, wie
42
auch allen dem, was in dißeits übergebenem bedenken enthalten. Allein
43
wolle er zum nachdenken gestellt, auch darumb gebetten haben, ob nicht,

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1
was von evacuation der guarnisonen in stätten in classe quarta gedacht,
2
absonderlich und mit mehrerer deduction einzubringen und zu recommen-
3
diren sein möchte.

4
Bremen. Habe angehört, was sowol bey der deputation zu denen herrn
5
königlich Schwedischen als den Magdeburgischen vorgangen seye. Müse
6
bekennen, seye eine praejudicirliche sach, daß absque praescitu statuum
7
gehandelt und noch darzu den herrn Schwedischen die communication ver-
8
botten worden, wann es auch schon rudis delineatio were, hette soviel
9
nachricht, daß es die herrn Kayserliche sua sponte gethan und gegen den
10
herrn Schwedischen gesagt, sie seyen mit dem instrumento pacis fertig,
11
worauf es der herr graf von Trautmansdorff auß der cammer geholet, zum
12
theil verlesen und auf ansuchen der herren Schwedischen communication
13
davon versprochen, auch sequenti die die extraditionem verricht. Es seye so
14
rude delineirt, als es immer wolle, so seye es doch ein sehr wichtige und
15
hochimportirende sach, gebühre sich nicht, solches hinderrucks der stände zu
16
thun, deßwegen es billich gegen dem herrn Kayserlichen zu anden und
17
hingegen denen herrn Schwedischen für beschehene communication gebüh
18
render dankh zu sagen.

19
Rem ipsam betreffend könne man nicht wol davon reden, ehe communi-
20
cation erlangt; er habe diese nachricht, daß es anderst nichts seye als die duplic
21
und allein transferirt, theils wörter immutirt und geändert, die materialia
22
und realia aber auß den votis catholicorum genommen worden, außer dem
23
puncto satisfactionis, causa Palatina und was der statt Bremen immedietet
24
halben (deren doch seine herren principalen versichert) darinnen gedacht.
25
Halte, daß denen Kayserlichen von chur-, fürsten und ständen deßwegen zu-
26
zusprechen seye, daß sie cum detrimento et jactura Romani imperii tractiren
27
und in die pacification eintretten wollen. Und hingegen die sach denen
28
herren Schwedischen bester maßen zu recommendiren, denselben beyzu-
29
tretten und zu bitten, daß sie nicht den punctum satisfactionis vor andern
30
tractiren. Seye im übrigen mit vorstimmenden votis allerdings einig.

31
Nürnberg. Hette die von denen herren Kayserlichen plenipotentiariis denen
32
herren Schwedischen außgehändigte articulos pacis verlesen hören und auß
33
deme, was er assequiren und excipiren können, soviel ersehen, daß in dem
34
begriff nicht viel mehr, als was die jüngsthin außgestellte duplic und respon-
35
siones Caesareae ad articulos Suecicos in sich hielten, zu finden außer, was 1.
36
ratione puncti satisfactionis der hochlöblichen cron Schweden mit anlaßung
37
des herzogthums Pommern, der erz- und stiffter Bremen und Verden, auch
38
der statt Wißmar mit gewiesen conditionibus an die hand gegangen. Sodann
39
2. dem chur- und fürstlichen hauß Brandenburg hingegen wegen cession
40
Pommern das stifft Halberstatt offerirt und 3. die causa Palatina dergestalt
41
beygelegt werden wollte, daß den herrn pfalzgrafen die untere Pfalz außer
42
der Berkstraßen und etlicher anderer ort von allen dem, was er an landen
43
und leuthen verlohren, wieder restituirt und ratione dignitatis unter denen

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1
electoribus die lezte stell assignirt werden sollte. So viel aber punctum
2
amnistiae belanget, weren die termini a quo in ecclesiasticis anno 1627, in
3
politicis anno 1630 annoch stricte beharret worden. Punctus justitiae, an
4
welchem denen geringern ständen, sonderlich denen reichsstätten am aller-
5
meisten gelegen, were mit wenigem berührt und durch denselben perfunc-
6
torie gegangen worden. Den punctum gravaminum hette man auf den noch
7
schwebenden vergleich zwischen beyden herrn religionsverwanden ver-
8
schoben . Gleich wie nun die herren Schwedische solche projectirte articulos
9
pacis aus tragender sonderbarer affection und zuneigung gegen denen evan-
10
gelischen ständen, insonderheit die erbaren frey und reichsstätte nicht allein
11
communicirt, sondern auch ihr gutachten darüber begehrt, also hette man
12
ihnen für solche propension zuvorderst gebührenden dankh zu sagen und
13
umb fernere continuation dienstlich zu bitten. Und obwoln in diesem
14
wichtigen werkh zu wünschen gewesen, daß man das instrumentum pacis in
15
forma zu handen bekommen mögen und dahero sich specialiter über jeden
16
articulum heraußlaßen können, alldieweiln es aber die herren Schwedischen
17
entschuldiget und vorgewandt, daß sie denen Kayserlichen herren pleni-
18
potentiariis versprochen, solches noch zur zeit ohne communication geheim
19
bey sich zu behalten, so müste man es dahin gestellt sein laßen. Und hielte
20
dannenhero eine nohtdurfft, daß die erbaren frey und reichsstätte dero
21
gedanken super quatuor classes, worinnen sie ihr sentimenti umbständig
22
beygebracht, allermaßen bey den herrn Kayserlichen geschehen, auch denen
23
herrn Schwedischen oder, da man zu besorgen, daß sie solches wegen weit-
24
leufftigkeit nicht lesen möchten, per modum extractus sollten einliefern und
25
auf das beste dahin recommendiren, damit ihr darinnen begriffene nohtdurfft
26
nach möglich und practicirlichen dingen denen articulis pacis miteingeruket,
27
und wie von denen herren Kayserlichen bloß und allein die vota catholica
28
also aniezo vermittels der herren Schwedischen assistenz und autoritet auch
29
denen deren herrn Evangelischen in gehörige acht und consideration gezogen
30
werden möchten. Dabey gleichwol die zu herrn grafen Oxenstirns und Salvii
31
Excellenzen deputierte herrn stättische zu ersuchen, jeder statt particular
32
nohtdurfft einzubringen, bey denen herrn Schwedischen plenipotentiariis
33
noch ferner zu

43
33 referiren] Strassburg , Esslingen Ulm reserviren.
referiren.

34
Und weiln gleichwol das ganze haubtwerkh darinnen vornemlich bestünde, damit
35
das instrumentum pacis wol auffgesezt und in selbigem aller und ieder stände
36
interesse aufs beste beobachtet würde, so stellte er dahin, weiln ohne das der
37
herrn Kayserliche procedur in so schwerwichtigen sachen absque scitu et
38
consensu statuum dergleichen instrumenta auffzusezen, von weitem auß
39
sehen , ob nicht von denen herren Kayserlichen die articuli pacis formaliter,
40
weiln sie ein instrumentum publicum werden sollen, nächst glimpflicher
41
andung zu begehren. Worinnen er gleichwol ad evitandam offensionem
42
stättischen theils der herren fürstlichen gutbefinden zuvor zu erwarten, eine

[p. 208] [scan. 280]


1
nohtdurfft zu sein erachte; im übrigen sich mit deren vorsizenden vernünff
2
tigen votis conformirend.

3
Herford. Habe gestern angehört, daß das instrumentum pacis nicht ex
4
proposito, sondern nur incidenter denen herrn Schwedischen auf ihr begeh-
5
ren communicirt worden seye; deßwegen man ihnen, daß sie denen ständen
6
parte davon geben wollen, billich dankh zu sagen, seyen denen evangeli-
7
schen ständen aniezo thür und thor geöffnet, bey denenselben ihre grava-
8
mina einzubringen. Conformirt sich mit vorgehenden, daß man einen extrac-
9
tum des bedenkens machen und denselben nach ordnung des instrumenti
10
pacis, damit die herren Schwedische primo intuitu gleich sehen können, was
11
stättischen theils erinnert worden seye, einrichten, ihnen hinterbringen und,
12
daß sie es als ihr eigen werkh hineinruken, ersuchen solle, damit die stände
13
der invidiae enthebt und geübrigt bleiben; halte davor, weiln das project
14
vorhanden, daß die herren Kayserliche zu ersuchen weren, denen ständen
15
communication davon zu thun, ihrer nohtdurfft dabey zu beobachten. Con-
16
formirt sich im übrigen, was in materialibus vorkommen, mit deren vor-
17
sizenden votis.

18
Ulm.

42
18 Verliest – inhalts] Ulm Legte sein votum des nachfolgenden Inhalts ab.
Verliest sein votum ex charta folgenden inhalts: Er habe gestern mit
19
sonderbarer herzenserquikung aus des Magdeburgischen herrn abgesanden
20
relation verstanden, daß der höchstlöblichen cron Schweden herren pleni-
21
potentiarii auß sonderbarer zu den evangelischen tragenden und beharren-
22
den confidenz zu dero wißenschafft fernerer deliberation und anhand-
23
gebung alles dienstlichen, auch wieder der Kayserlichen herrn plenipotentia-
24
riorum willen, ihnen das instrumentum pacis vertraulich communicirt und
25
ihre gute gedanken, ehe und dann sie mit denen königlichen Französischen
26
zu Lengerich super hac materia congrediren, deliberiren und concludiren,
27
hierüber desiderirt und exposcirt haben.

28
Gleich wie nun 1. die evangelische hohe ursach für diese gnädige propension
29
wohlgedachte höchstansehliche herren legatis unterthänig- und schuldigen
30
dankh zu sagen und umb fernere continuation so hoher benevolenz anzu-
31
langen , also hette man deme nach sich dahin vernehmen zu laßen, denen
32
statibus nicht wenig schmerzlich fürkomme, daß die herren Caesareani in
33
allem propria autoritate, irrequisitis et clam statibus sowoln mit außstellung
34
der duplic als auch mit dem instrumento pacis verfahren und den statibus
35
dadurch ihr jus belli et pacis wieder dero klare responsion ad art. 5 propos.
36
Suecicae et art. 1 instrumenti pacis, auch darmit ihr liberum jus suffragii in
37
effectu benehmen und also ipso facto zu erkennen geben, daß die status
38
imperii allein dicis gratia bey der stelle und deßwegen dieses gelegenlich im
39
instrumento pacis oder in discursu beweglich zu resentiren, sie unterthänig
40
zu ersuchen weren. Dann wann gleich solcher ex parte der statuum bey
41
denen herrn Kayserlichen selbsten geschehen wollte, würde es doch ohne

[p. 209] [scan. 281]


1
effect sein, inmaßen sie die gebühr vorhero gewust und billich, so aber nicht
2
geschehen, observiren sollen. Gleich wie 2. zu wünschen, die Kayserliche
3
duplic und instrumentum pacis also abgefaßt zu sein, daß denen evangelicis
4
statibus imperii hierauß einig remedium in puncto amnistiae vel termini
5
reconciliationis a quo et in puncto restitutionis erscheinen, der fomes und
6
materia dissidiorum dieses kriegs nach anleitung der herren Kayserlichen
7
responsionen ad art. 7 propositionis Suecicae auß dem mittel gehoben
8
werden könnte; also halte er wegen deßen gänzlicher unterlaßung hoch
9
nöhtig sein, der evangelicorum haubtgravamina, die sie bey der Kayser-
10
lichen amnistia des 1627. und 30. jahrs, sonderlich in ecclesiasticis fürauß ex
11
rebus judicatis transactis, commissionibus et executionibus zu befahren und
12
unfehlbar zu gewarten haben, vornehmlich da die unleidenliche und in ihren
13
angebenen mediis compositionis fast durchaus, in specie aber bey dem ersten
14
gravamine § o 9 und bey dem andern gravamine § o „Jedoch“ et § o „Was aber“
15
sich befindende conditiones beharret werden wollten, nach der herren depu-
16
tatorum

43
16 hoher] Ulm vor an bekhantter.
hoher legalitet und dexteritet specialiter recommendirt und selbige
17
ihnen wol imprimirt würden.

18
In dem übrigen aber 3. und ad instrumentum pacis auch deme darinnen
19
enthaltenen in specie zu schreiten, halte er dafür, weiln dieses instrumentum
20
pacis (außer des puncti satisfactionis und Pfälzischen sach) mehr nicht, dann
21
der Kayserlichen vor diesem außgestellte und cum consensu catholicorum
22
statuum, auß ihrem und sonderlich dem Österreichischen bedenken zusam-
23
mengetragene responsiones und duplicae comprehendiren, hierseits man
24
aber diese materias der länge nach, mit sonderbahrem fleiß mehrfeltig pünct
25
lich erwogen und endlichen in ein bedenken emphatice wol verfaßet, daß
26
daselbige bedenken loco plenariae informationis denen herren Schwedischen
27
legatis entweder formaliter oder aber per certos aphorismos unterthänig
28
offerirt und das stättische negocium, ratione immediatarum civitatum auch
29
etlicher evangelischen bedrangter bürgerschafften, nach deme hiernechst
30
dem löblichen directorio wegen Biberach und Dinkelsbühl zugestellten
31
extract, in dem instrumento pacis aller sambt und sonders außführlich zu
32
gedenken, ihnen de meliori recommendirt.

33
Damit aber 4. annectirt werden könnte, weiln die vernünfftige beysorg zu
34
haben, nach unserem modulo und petito nicht alles formirt und placitirt
35
werden dörffte, als gedächte man auch dißseits, und zu erlangung des all-
36
gemeinen und von so vielen millionen seelen seuffzend verlangeten friedens,
37
nicht alles pünctlich, sondern allein das haubtwerkh in puncto ecclesiasti-
38
corum bonorum, rerum judicatarum, transactarum zu beharren, doch auch
39
dieses und all anderes der herrn legatorum höchstberühmter dexteritet, nach
40
deren alle evangelici ihres interesse halber genugsam versichert, billich zu
41
überlaßen.

42
5. In dem art. 3. instrumenti pacis habe er specialiter observirt, daß die freye

[p. 210] [scan. 282]


1
reichsritterschafft denen liberis imperii civitatibus praeponirt, weiln aber
2
dardurch denen frey- und reichsstätten nicht wenig praejudicirt werde, als
3
hielte er dafür, unerachtet deßen in dem stättischen bedenken circa finem
4
quartae classis auch in specie gedacht worden, die herren Schwedische legati
5
deßen doch in specie erinnert und auf den alten stylum der chur-, fürsten
6
und stände, das instrumentum pacis zu formiren, erbetten werden sollten,
7
und daß sonderlich auch auß der ursach, weiln Ihre Gräfliche Excellenz,
8
herr Oxenstirn, der Kayserlichen opinion (wie er dieser tagen in discursu
9
selbsten von Seiner Excellenz verstanden) so gar apprehendirt, daß sie die
10
freye reichsritterschafft auch dem fürstlichen collegio adscribirt, deren er
11
aber respondirt, daß sie weder in solchem noch anderen collegio einigen
12
plaz, angesehen sie allein in latissima significatione et minus proprie, status
13
immediati imperii genannt, deßwegen auch, wie notori, weder sessionem
14
noch votum in comitiis, per consequenz einige praecedenz vor denen stätten,
15
quae proprie loquendo status immediati imperii, auch der sessionum et
16
votorum fähig sein, haben. Welches aber Seine Excellenz dahin gestellt
17
haben.

18
Was 6. bey dem 8. articulo instrumenti pacis von der Pfälzischen sach, item
19
§ o 13. cum aliis sequentibus de

43
19 satisfactionibus] Strassburg , Ulm satisfactione.
satisfactionibus coronae Suecicae gedacht,
20
deßen hette man sich dißeits nicht sonders zu beladen, sondern es bey deme in
21
dem stättischen bedenken bemerkten, beruhen zu laßen.

22
Was aber 7. den 11. § um und die darinnen enthaltene gütliche composition des
23
puncti gravaminum und daß dieselbe in ein sonderbar nebeninstrumentum
24
gebracht werden sollen, concernirt, seye dieser pass nicht so leicht und
25
obenhin, als wie er nude angeführt wird, ersizen zu laßen, sondern die herrn
26
legati dahin zu erbitten, der übernommenen interposition sich wolmeinend
27
und in favorem evangelicorum zu unterziehen, auch das werkh zu seiner
28
perfection mit dem anderen negocio pacis und dann in das instrumentum
29
pacis selbsten zu bringen, mit beweglicher remonstration, daß die evange-
30
lische nimmermehr mit denen catholischen wie aus ihren bißherigen actis et
31
actitatis erhelle, besonders aber finitis transactibus tractatibus principalioribus zu recht,
32
weniger durch particular tractaten, da alle zeit dato et retento aliquo pro-
33
cedirt werden wolle, zu ihrem billichmäsigen contento kommen und gelan-
34
gen , sondern von ihrer gerechtsame, der posteritet zum ewigen nachtheil
35
unzweifentlich ein ansehehnliches remittiren müsten.

36
Was sonsten 8. dem puncto satisfactionis § o 21 ratione imperialis civitatis
37
Bremensis vor eine condition oder interjection beygesezt worden, daß nem-
38
lich selbige bey der immedietet, solang die cron Schweden das stifft Bremen
39
behalten werde, gelaßen werden solle, das ist selbiger statt vortrefflichem
40
herrn deputato, damit die statt bey der cron Schweden nicht impingiren
41
möchte, deßen gelegentlicher orten zu gedenken, und seinen herrn, in
42
tempore zu vigiliren, in alle weg zu überlaßen; man zweifle aber dißeits an

[p. 211] [scan. 283]


1
künfftiger andung dieser argumentation nicht, entweder ist Bremen eine
2
reichs- oder mediat-, dem stifft Bremen zugehörige, statt. Si prius, so wird sie
3
nicht allein ad tempus, sondern auch (andern gleich) in perpetuum bey der
4
immedietet zu verbleiben haben. Sin posterius möchte selbe besorglich mit
5
dem principali von andern affectirt werden, so aber allein aus guter inten-
6
tion , doch citra praejudicium cuiuscumque, wolmeinend angeführt werde.

7
Sintemal auch 9. bey dem 23. § o deß herrn marggraff Christian Wilhelms zu
8
Brandenburg victalitii der 12000 reichstaler nach disposition des Prager
9
friedens gedacht wird, stellet er incidenter zum nachdenken, ob nicht thun-
10
lich noch einsten wegen der dieser tagen begehrten intercessionalien, die in
11
generalitate von denen herren fürstlichen concedirt sein sollen, zu delibe-
12
riren ? Dann solche (nisi ex aequitate) dißeits citra praejudicium wegen des
13
Prager friedens nicht wol

42
13 concedirt] Strassburg , Ulm , Esslingen consentirt.
concedirt werden könnten.

14
Daß endlich und zum 10. § o 24 der cron Schweden wegen des überlaßenden
15
herzogthumbs Pommern, Wißmar, stifft Bremen und Verden allein ein
16
votum in comitiis vel publicis conventibus gebühren sollte, gedunkt ihme
17
zimlich restringirt zu sein, angesehen Pommern von selbsten zwo stimmen
18
im fürstenraht, so werden ja die beede stiffter auch wenigst ein votum, umb
19
willen selbige ebenfalls von unmittelbarem stand des reichs radiciren, ertra-
20
gen . Und also demselben wenigst drey vota gebühren, welche dann ad
21
evangelicorum votorum amplificationem bey denen herren legatis nicht
22
allerdings sicco pede zu überschreiten sein möchten.

23
Und dann 11. wann gefragt würde, durch was mittel die gebühr denen
24
königlichen Schwedischen legatis hinterbracht werden möchte, were er der
25
unvorgreiflichen meinung, weiln der status rerum publicarum mit den fürst
26
lichen zimlich different, die lingua auch in einem und anderen paß in dero
27
praesentia nicht so frey, als wann sie absentes, man sollte denen herrn fürst
28
lichen der stättischen gemühtsmeinung summarie entdeken, ihnen die
29
gebühr ihrerseits zu hinterbringen, wie billich, freystellen und demnach
30
solche per deputatos im ungefährer gleicher anzahl, wie die fürstliche die
31
nohtdurfft denen königlichen herren legatis auch überbringen, wie er dann
32
in omnem eventum von jeder bankh zween, von der Rheinischen Straßburg
33
und Lübekh, von der Schwäbischen bankh aber Regenspurg und Nürnberg
34
denominirt, ernennt und hierzu erbetten, im

43
34 übrigen] Zusatz in Ulm aber.
übrigen den majoribus sich
35
conformirt haben wolle.

36
Eßlingen. Bericht zuvorderst, daß der herr Lübekhische im vorbeyfahren
37
ihme zugesprochen und gesagt, daß man iezo bey Magdeburg zusammen-
38
komme , wolle vernehmen, was da passire und alsdann nach vollendeter
39
conferenz, wann man hier noch beysammen sein werde, referiren; wo er aber
40
uns nicht mehr antreffen sollte, seye er erbietig, daßelbe nachmittag, wann es
41
hier beliebt werden möchte, zu thun. Mit der ferneren anzeig, daß man

[p. 212] [scan. 284]


1
hier nicht hauptsächlich schliesen, sondern seiner relation erwarten wollte,
2
selbige werde gute nachricht geben, was stättische diß orts zu thun haben
3
möchten; halte, daß es nicht außer acht zu laßen seye, damit man sehen
4
könne, was die fürstlichen concludirt und geschloßen haben möchten. Seine
5
meinung were, weiln die Schwedische sonderlich wegen der statt Bremen
6
keinen eigentlichen bericht haben, daß von jedweder bankh drey, denselben
7
das bedenken zu hinterbringen, deputirt und sie zugleich ersucht und gebet-
8
ten würden, weiln man wegen bevorstehender conferenz mit Frankreich
9
gleichsam übereilet, daß interesse der stätte nach demselben einzurichten
10
und zu beobachten, denenselben auch ihre fernere nohtdurfft vorzube-
11
halten .

12
Was des extracts wegen für anregung geschehen, liese er ihme denselben
13
auch nicht zuwider sein, daß einer aus dem gutachten gemacht und zugleich
14
mit übergeben würde. Stellt zum nachdenken, weiln das werkh fortlauffe, ob
15
nicht mit denen herren Schwedischen vertraulich zu conferiren und zu ver-
16
nehmen were, ob sie bey dem termino de anno 1618 bleiben und denselben
17
als eine conditionem sine qua non behaubten oder auf einen andern und
18
nähern incliniren wollten? Wann dieses, hetten sich die stätte billich zu
19
conformiren; wann aber jenes, seye zu beförchten, es dörffte sich das frie
20
densgeschäfft ganz zerschlagen und zunicht werden. Hielte also an seinem
21
ort davor, daß es beßer were, diß orts auf einen terminum intermedium, als
22
25 oder 26, dadurch denen meisten ständen geholffen were, zu gehen, als
23
annum 1618 enormissime zu behaubten und dadurch das ganze Römische
24
reich zugrundzurichten. Stellts doch zu fernerem nachdenken, die conferenz
25
werde es geben.

26
Was sonsten des herzogen zu Würtemberg drey ämbtern als Blaubeyren,
27
Hohenstaufen und Achholm, welche demselben in der Regenspurgischen
28
amnisti zugesprochen worden, anlange, seye es eine wunderbare und neue
29
sach, daß, was einem schrifftlich heut zugesagt wird, morgen also explicirt
30
werden wolle, daß es heise: Non in totum, sed in tantum. Habe dies allein
31
discurs weis anzeigen wollen.

32
Memmingen. Habe vernommen, was in propositionem kommen, seye ihm
33
aber unmöglich, alles also zu faßen, daß er von einem und anderem puncten
34
genugsam reden könnte.

42
34–35 Were – könnte] Fehlt in Esslingen .
Were gut, daß man communication davon haben
35
könnte. Vernehme ungern, daß die reichsritterschafft den ständen in dem
36
instrumento, wie im Prager und religionsfrieden, vorgesezt worden, die
37
stätte dörfften endlich gar umb ihr votum kommen, wann sie jederweilen
38
denenselben postponirt werden sollten. Item, daß herr Oxenstirn nicht
39
genugsam von einem und andern puncten informirt und daß

43
39 sie] Zusatz in Strassburg die herren Kayserlichen.
sie, den termi-
40
num amnistiae a quo im project und duplic auß der Regenspurgischen
41
amnisti genommen. Were ohne noht gewesen, die stände deßwegen zu

[p. 213] [scan. 285]


1
erfordern, wann sie es dabey hetten laßen wollen. Wolle der hoffnung
2
geleben, weiln die herren Kayserlichen die tractaten eingetretten, daß sie nicht
3
dabey beharren und verbleiben werden.

4
Bey den rebus judicatis habe er 1. verstanden, wie es in der duplic ein-
5
gerichtet , daß nemlich diejenige verbleiben sollen, die cum causae cogni-
6
tione ergangen und darauf exequirt worden sein; 2. daß die statt Augspurg
7
oder derselben evangelische bürgerschafft, so wol in der duplic als in dem
8
instrumento pacis mit stillschweigen übergangen; item 3. der litispendenzen
9
ganz vergeßen wie auch 4. bey exauctoration der soldatesca der comman-
10
danten ; 5. seye zwar ein starker paß von dem puncto commerciorum dar-
11
innen enthalten, wiße aber nicht, ob auch der zöll erwehnung beschehen
12
seye, werde zum wenigsten gar kurz damit durchgangen sein. Weiln nun die
13
herrn Schwedische haubtsächlich noch nicht informiert, halte er in alle weg
14
nöhtig zu sein, daß eine deputation zu dem end an sie gemacht werde; ob
15
aber die stätte allein oder conjunctim mit denen fürstlichen sich anmelden
16
laßen sollen, stelle er dahin, doch halte er dieses leztere, werde beßer und
17
von mehrerem ansehen und nachdrukh sein.

18
Lindau. Habe angehört, was es für eine beschaffenheit mit dem instrumento
19
pacis habe, seye beschwärlich, da de summa rerum agitur, daß man keine
20
ordentliche communication davon haben könne und billich dahin zu sehen,
21
daß diese tractaten nicht über kime knie , wie es das ansehen habe, abgebrochen
22
und die stände dardurch verkürzt werden. Seye auch der meinung, daß eine
23
deputation an die herren Kayserliche zu machen und communication und
24
abschrifft des instrumenti pacis mit dem andeuten zu begehren, daß man
25
eußerlich vernommen hette, daß dergleichen obhanden, daß selbiges auß der
26
catholischen voto allein genommen und alles auf den Prager frieden gerich-
27
tet worden seye. Wann es dabey hette sein verbleiben haben sollen, were
28
ohne noht gewesen, die stände so starkh zu convocieren, doch könne man
29
auch zuvor vernehmen, wohin die fürstliche incliniren. Stellts, ob es ex parte
30
der stätt gegen denen herrn Caesareanis allein, oder conjunctim, weiln man
31
zuvor conjunctim darüber deliberirt, geschehen solle?

32
Was sonsten die materialia betreffe, seye es eben das, was auch in der duplic
33
außer dem puncto satisfactionis begriffen; weiln nun die herren Schwedische
34
daselbe communicirt, seye ihnen billich darvor zu danken, auch zugleich hac
35
occasione das stättische bedenken ihnen zuzustellen, bester form zu recom-
36
mendiren und daß sie es bey dem instrumento pacis beobachten wollten, zu
37
bitten.

38
In puncto amnistiae finde er, daß selbe bey dem 1627. und 30. iahr verbleibe,
39
seye beschwerlich, daß man lediglich ohne attendirung einiger ration und
40
explication auf dem Prager frieden und Regensburger abschied bleiben
41
wolle. Were zu wünschen, daß der sach dadurch geholfen würde, und darbey
42
der meinung, weiln die zeit kurz, daß gewiße regulae oder ein extract darauß
43
gemacht und neben dem bedenken denen herrn Schwedischen communicirt

[p. 214] [scan. 286]


1
und recommendirt würden. Wann der punctus amnistiae auf annum 1618
2
nicht zu bringen, seye auf einen terminum intermedium, dadurch, wo nicht
3
allen, doch den meisten ständen geholffen werde, zu trachten, vor jenen aber
4
sich bestmöglichst zu hüten, doch aber auch zu sehen und denen Kayser-
5
lichen an hand zu geben, daß dardurch Kayserliche autoritet erhalten und
6
nicht totum Ferdinandeum regimen über einen haufen geworffen werde.
7
Doch stellte ers zu fernerem nachdenken. Wann der herr Lübekische werde
8
referirt haben, werde man sehen, was ferner zu thun sein möchte. Daß Augs-
9
purg nicht gedacht worden, wiße er nicht, ob es in die lukh werde zu
10
bringen sein. Der guarnisonen seye auch vergeßen. Im übrigen wolle er sich
11
mit vorsizenden conformiren.

12
Directorium. Die zeit seye meist passirt, halte unnöhtig zu sein zu repeti-
13
ren , was gestern vorkommen. Conformirt sich gerne damit, daß man denen
14
herrn Schwedischen für beschehene communication, beharrliche gegen
15

42
15 denen] Zusatz in Strassburg evangelischen.
denen ständen tragende gute propension und intention danke und, daß sie
16
darinnen beharrlich continuiren, bitte. Was demnach die formalia und
17
andung gegen denen herrn Kayserlichen, daß sie das instrumentum pacis
18
hinderruks der stände und deroselben unbefragt außgestellet und daß mit
19
der duplic den gethanen promessen zuwieder gleichmäsiges geschehen,
20
anlange, müste selbige communi nomine geschehen, were also zu erwarten,
21
was die herren fürstliche dißfalls thun wollen; hielte seines orts davor, daß es
22
von denen herrn Schwedischen füglicher und mit beßerem nachtrukh ge-
23
schehen könnte. Die herrn Kayserliche sollen noch zur zeit nicht wißen, daß
24
von denen herrn Schwedischen das instrumentum pacis communicirt wor-
25
den seye, dörffte also die andung bey ienen offension gebähren. Doch wann
26
es von sämbtlichen ständen zu thun, müste es, als ob man eußerlichen
27
bericht von der außlieferung erlangt hette, geschehen.

28
Quoad materialia, werde es sich, wegen kürze der zeit, weiln die conferenz
29
zu Längerich, biß schierstkünfftigen mittwoch ihren fortgang erraichen
30
solle, nicht wol anderst thun laßen, als daß man sich diß orts auf das
31
bedenken beziehe, denen herrn Schwedischen daßelbe überraiche und zu-
32
gleich mit dem erbieten recommendire, wo es verdrießlich und zu lang zu
33
lesen sein sollte, daß man es extrahiren oder summariter erzehlen wollte.
34
Und seyen dieselbe entweder generalia oder specialia.

35
Generalia seind und die alle stätt insgesambt betreffen: 1. das jus suffragii,
36
welches ihnen disputirt werden wollte, 2. daß die stätt für patrimonial- und
37
cammergüter wollen gehalten werden, 3. daß ihnen die reichsritterschafft
38
vorgezogen worden. Deßwegen sie zu bitten, bey dem stylo, den sie selbsten
39
in ihrer proposition, zweifelsfrey nicht ohne bedacht, gebraucht, zu ver-
40
bleiben . 4. Daß ihnen das jus collectandi in etwas zweiffel gezogen werden
41
wolle. Item 5. das jus foederis foedera cum exteris faciendi, welches den ständen vor

[p. 215] [scan. 287]


1
diesem simpliciter bewilliget, aniezo aber

42
1 also] Ulm allzu.
also restringirt werde, daß es cum
2
cognitione causae auf reichstägen geschehen solle. 6. Das justitienwesen,
3
welches alle stätte insgesambt, wie angeregt, touchire und summariter dis-
4
currendo zu gedenken were.

5
Particularia seyn entweder ecclesiastica oder politica.

6
Jene bestehen erstens in rebus judicatis. Wann es in dem stand de anno 1627
7
und 30 verbleiben sollte, würde denen stätten quoad res judicatas ganz nicht
8
geholfen sein. Halte aber nicht davor, daß man stättischen theils dem jahr
9
1618 so genau zu inhaeriren hette, wann es auf annum 1624 oder 25 zu
10
bringen were, würde dardurch den meisten stätten geholfen. Wegen der
11
übrigen aber, denen damit nicht prospiciret, müste man sehen, wie denen-
12
selben entweder hoc loco oder in puncto gravaminum zu helfen. Auf solche
13
weis aber würden alle erbunterthanen auf eine seite gesezt und derenselben
14
vergeßen werden. Dabey gleichwol die fraag mit einfalle, weiln niemand, der
15
vor sie intercedire, sie selbsten auch darzu stillschweigen und gleichsam
16
placitiren, was hier vorgehe, ob ihrenthalben dieses friedenswerkh länger
17
auffzuhalten seye? Die herren Kayserliche haben gesagt, es nehme sie
18
wunder, wie man darzu komme, da sonsten niemand daran gedenke, noch
19
auch die principalen daßelbe begehren, daß man Ihrer Majestät in diesem
20
puncten, so viel wolle vorschreiben, als kein gemeiner standt leiden würde,
21
ein jedwedere statt wolle das jus reformandi haben, warumb nicht auch Ihre
22
Majestet? Und obschon die majestätbrief dißeits in consideration kommen
23
möchten, habe es doch die beschaffenheit damit, daß die unterthanen der-
24
selben confirmationes widerumb zurukhgeschikt und nicht annehmen wol-
25
len . 2. In litis pendentien. Welche aber, wann die res judicatae fallen sollten,
26
zugleich cessirten. 3. In dem temporal exercitio derjenigen stätte, in welchen
27
die Augspurgische confession bißhero allein in übung gewesen, da der termi-
28
nus nur auf 60 jahr gesezt. 4. In jurisdictione ecclesiastica. Item in denen
29
gefällen, welche auß catholischen gebieten denen evangelischen zu raichen,
30
welches alles in die gravamina mit einlauffe.

31
Diese aber 1. in depositis consumtis. 2. In demolitione templorum et sacra-
32
rum aedium. 3. In den regimentsänderungen. 4. In assecuratione contra
33
novos vicinos; wobey man sich wol in acht zu nehmen habe, sonderlich aber
34
die angränzende stätt, damit sie durch diesen friedensschluß nicht deterioris
35
conditionis werden, als sie vorhin gewesen. 5. In ablößung der pfand-
36
schafften , darinnen Lindau in particulari gravirt

43
Zu den der Stadt Lindau entzogenen Pfandschaften oben [ S. 86 Anm. 6 ] .
. 6. In particular accorden,
37
damit Augspurg sonderlich beschwärt, wie auch denen erpreßten Obligatio-
38
nen , solutionen und abführung der guarnisonen. Die herren Schwedische
39
finden selbst, daß die fürsten sich der stätt nicht sonderlich annehmen, sagen,
40
die churfürsten vexiren die fürsten, diese aber die stätt.

41
Daß man in diesem collegio a part zusammenkommen, seye darumb keine

[p. 216] [scan. 288]


1
separation, weiln die herren Schwedische begehrt, daß ein jeder, was ihn in
2
particulari angehe, ihnen zustellen und communiciren solle.

3
Die deputation belangend, weiln zu sehen, was die fürstliche thun werden,
4
stelle ers ebenmäßig dahin; seye nie geschehen, daß 3 von jeder bankh
5
deputirt worden. Je änger man selbige begreifen könne, ie beßer es sein
6
werde, weiln die herren Schwedische die communication clam gethan; doch
7
wolle er sich gerne damit vergleichen, trage aber die beysorg, wann man
8
schon die communication bey denen herrn Kayserlichen suche, daß sie
9
selbige abschlagen und verweigern werden. Stünde allein an dem, daß man,
10
was der herr Lübekische referiren wollte, anhöre.

11
Lübeck. Sagt, das vorgangene bestehe 1. darinnen, daß für gut angesehen
12
worden, daß eine deputation an die herrn Schwedischen gemacht, denselben
13
für beschehene communication gedanket und sie ferner ersucht werden soll-
14
ten , mit bißheriger vertraulicher guter conferenz zu continuiren, insonder-
15
heit aber bey diesem negocio pacis, ohne der ständ wißen und belieben,
16
nichts nicht, es seye dann vorhero mit ihnen communicirt, zu schliesen. 2.
17
Seye de modo deputationis geredt, auch bey dem vorigen gelaßen worden.

18
Rem ipsam betreffend, seye in genere dafür gehalten worden, daß das fürst
19
liche bedenken denen herrn Schwedischen formaliter zu extradiren und daß
20
sie es bey einrichtung derselben instrument beobachten wollten, bester form
21
zu recommendiren. In particulari aber dabey anzuzeigen seye, daß 1. zu den
22
worten „Convocatis et praesentibus statibus“ zu sezen „consentientibus“,
23
damit denen ständen das jus suffragii dadurch nicht abgestrikt werde.

24
2. Ratione foederum seye es schon zuvor bewilliget und man iezo auf keinem
25
reichstag.

26
3. Weiln punctus gravaminum das vornehmbste stukh dieser tractaten seye,
27
als were derselbe in das instrumentum pacis zu bringen.

28
4. Die proscriptiones mit der gesambten stände einrahten vorzunehmen.

29
5. Seye der intercessionalien wegen der 12000 reichsthaler gedacht. Daß
30
Churmainz selbige vor sich selbsten aufgesezt habe und denen ständen
31
obtrudiren wollen, welches billich zu anden und daß selbe

43
31 interesse] Esslingen intercessionales. Beide Wörter fehlen in Strassburg .
interesse wol zu
32
ertheilen, aber nicht auff den Prager frieden, sondern auf andere rationes
33
politicas und sonderlich darauf zu stellen, daß der herr marggraff des stiffts
34
und unterhalts, zumal in seinem alter, ermangeln müse.

35
6. Beym 29. articulus, daß die mutua assistentia, wie selbige gesezt, denen
36
evangelischen etwas zuwieder seye.

37
7. Daß der mediatstätt, weiln es nicht gebräuchlich, nicht zu gedenken. Halte
38
davor, daß dieses die ursach gewesen seye, warumb man die stätt nicht bey
39
der consultation haben wollen.

40
8. Daß der 8. churfürst erwehlt werden solle, seye contra jura statuum et
41
auream bullam.

42
9. Seye von der Pfälzischen sach gered worden. Item 10. von der satisfaction,

[p. 217] [scan. 289]


1
weiln der friede ohne dieselbe nicht zu erlangen, daß selbe auf billiche condi-
2
tiones gestellt werden möchte. Und anderer sachen halben, welche aber alle
3
in das bedenken mit einlauffen.

4
Item, daß man der Tyllischen erbenforderung, wegen der 4 tonnen golds auf
5
dem fürstenthumb Braunschweig meldung thun und selbe zu cassiren
6
begehren solle

34
Johann Tserklaes Gf. von Tilly (1559–1632), ksl. Feldherr, hatte das Herzogtum Calenberg als
35
ksl. Donation erhalten (vgl. W. Havemann insbes. S. 406f.).
. Laße ihme sonsten wol gefallen, daß das stättische bedenken
7
neben den erinnerungen, so von importanz sein, denen herrn Schwedischen
8
hinterbracht und, das interesse der stätt bestmöglichst zu beobachten, recom-
9
mendirt oder auch ein extract auß dem bedenken gemacht werde. So er fast
10
für beßer

33
10 halte] Ulm achte.
halte, weiln sie kurze brief haben wollen.

11
Conclusum. Der herr director solle beydes, das instrumentum pacis durch-
12
gehen und sehen, was bey iedem articulo an seiten der stätt zu erinnern.
13
Sodann das stättische bedenken, wo nicht extrahiren, doch dergestalt margi-
14
niren , daß die herren Schwedische den inhalt deßelben kürzlich vernehmen
15
können.

16
Ward demnach gefragt, wer und wie viel zu hinterbringung deßelben zu
17
deputiren.

18
Conclusum. Von jeder bankh zween und von der Rheinischen Straßburg
19
und Lübekh, von der Schwäbischen aber Regenspurg und Nürnberg.

Dokumente