Acta Pacis Westphalicae III A 6 : Die Beratungen der Städtekurie Osnabrück: 1645 - 1649 / Günter Buchstab
49. 32. Sitzung des Städterats Osnabrück 1646 April 8 15 Uhr
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Osnabrück 1646 April 8 15 Uhr
Nürnberg S I L 203 Nr. 19 fol. 70’–72’ = Druckvorlage; Strassburg AA 1144 fol. 106’–
110; Ulm A 1560 o. F.; Isny Büschel 868 o. F.; Esslingen „tomi actorum“ Bd. IV fol. 131–
134’.
Abstimmung der städtischen Konzepte zur zweiten, dritten und vierten Klasse der schwedischen
Replik.
Anwesend: Straßburg, Lübeck auf der Rheinischen, Augsburg, Nürnberg, Ulm, Rothenburg [durch
Regensburg], Memmingen und Lindau auf der Schwäbischen Bank.
Directorium. Proponirt, weilen die ursache dieser zusammenkunfft von
gestern her bekannt, seye ohne noht, selbige weitleufftig zu repetiren. Werde
also nur darauf bestehen, ob sich die herren collegae vernemen laßen
wollten.
Lübeck. Es seye zwar an diesem ort ein solcher aufsaz begriffen, darinnen
die nohtdurfft genugsam enthalten. Demnach aber zu Münster auch einer
begriffen worden, könne es bey demselben doch dergestalt verbleiben, daß
alles, was in hiesigem beliebt und in dem Münsterischen nicht begriffen, vom
herrn directore an bequemen orten eingerukt werde. Wisse sonsten in par-
ticulari nichts sonderlichs zu erinnern, stellt allein zum nachdenken, ob nicht
1. die wort „litem contestiren“, weiln sie einen judicial geschmakh mit sich
führen, und 2. das wort „postur“, als wann man sich in fernere postur
stellen müste, außen zu laßen? Und weiln 3. nicht nur der Fränk- und
Schwäbische craiß, sonern ganz Deutschland ruinirt, dafür zu sezen seyen,
„der gesanden und sonderlich“.
Augsburg. Weiln dem Osnabruggischen aufsaz bey der ersten classe gefolgt
worden, seye billich, daß in den übrigen classen der Münsterische beliebt
werde, könnte man also diesen vor die hand nemen und was noch darinnen
manciret, auß ienem ersezen.
Nürnberg. Verstehe, daß es die meinung anfangs gehabt, mit den aufsäzen
zu alterniren. Weiln nun der erste hier aufgesezet, könne man aniezo den
anderen behalten. Collationando werde sich erfinden, wo sie discrepiren
oder wo etwas mehrers dabey zu sezen seye; werde auf eines hinaußlaufen,
welchen man behalten, wann sie nur in sensu zusammenschlagen.
Ulm. Wiße von keinem vergleich der alternation halber, daß nemlich einer
hier, der andere drüben zu Münster aufgesezt und umbgewechselt werden
solle. Der hiesige seye von allen gut geheißen und placitirt worden, könnte
man also bey demselben bleiben und, was darinnen nicht enthalten, auß dem
Münsterischen suppliren.
Eßlingen. Habe beede begriff, sowol hiesigen als Münsterischen gelesen,
finde, daß sie in principalstuken überein stimmen und laße sich der Münste
rische viel eher in den hiesigen bringen als vice versa. Könnte man also
denselben zu gewinnung der zeit behalten und was noch darinnen desiderirt
werden möchte, aus dem Münsterischen beyruken. Der aufsaz in puncto
amnistiae seye allein zu beförderung des geschäffts hinüber geschikt wor-
den . Stellts doch dahin, welcher aufsaz zu behalten, wolle sich gerne con-
formiren , wo sie einander conform, bleibe es dabey, wo aber nicht, hette
man bey dem hiesigen zu bestehen und also einen vergriff daraus zu
machen.
Rothenburg nomine Regensburg. Laße es bey dem Münsterischen project
verbleiben. Was hier noch für fernere erinnerungen geschehen, könnten
selbige in ienes project gebracht werden, seye billich, daß man alternire und
bey dem Münsterischen verbleibe, weiln drüben auch ein directorium,
könne eadem facilitate eines in das andere gebracht werden. Wegen Roten-
burg eadem. Und weiln er nicht wiße, ob Eßlingen oder jene vorgehe, wolle
ers in eventum angezeiget und derselben nichts begeben haben.
Memmingen. Wiße nicht viel dazu zu reden, habe den hiesigen noch nicht
gesehen oder gelesen, vergleichet sich mit Nürnberg, wo sie conform, könne
es dabey verbleiben, wo nicht, geändert werden.
Lindau. Hält dafür, daß der hiesige sich beßer und leichter in den Münste
rischen aufsaz bringen laße als e contrario. Doch weiln man im fürstenraht
alterniret, stelle ers dahin, was die majora mit sich bringen werden.
Directorium. Finde, daß die meisten vota dahin gehen, daß man bey dem
Münsterischen aufsaz mit gewieser maas verbleiben solle. Was ihne in parti-
culari antreffe, wolle er sich leichtlich zu einem und anderem bequemen. Und
obwoln der hiesige hinübergeschikt worden, habe es doch die meinung nicht
damit gehabt, Cöllen vorzugreifen oder etwas besonders zu affectiren, son-
dern allein das geschäfft zu befördern; Cöllen sollte billich auch den aufsaz
super prima classe gemacht haben, weiln es aber nicht geschehen, seye hier
für gut angesehen worden, einen zu verfertigen und hinüber zu schiken,
hette sich sonsten der mühe gerne überhoben gesehen. Weiln nun Cöllen
einen herüber gebracht, dörffte ers empfinden, wann man denselbigen bey-
seits stellen wollte, ob er gleich auß seiner feder nicht gefloßen. Seye zimlich
weitleufftig, werde also umb etwas müsen contrahirt und eingezogen
werden.
Conclusum. Solle bey dem Münsterischen aufsaz, doch dergestalt verblei-
ben , daß, was in demselbigen nicht enthalten, auß dem hiesigen beygetragen
und also ein concept daraus gemacht werde.
Directorium. Fragt hierauf, ob der paragraphus „Und ob zwar per
majora“ stehen bleiben solle?
Lübeck. Halte es nicht dafür.
Augsburg. Habe kein bedenken dabey, die rationes bleiben aus, warumb
man Frankreich keine satisfaction schuldig seye. Wiewol die fürstliche
selbige gar hinein gebracht, könne keine offension gebehren.
Nürnberg. Seye bekannt, wie küzlich diese leut seyen; Monsieur le Comte
d’Avaux solle ohne das schon zu etlichen gesagt haben, sie höreten, daß man
stättischen theils dahin votirte, daß denen Franzosen keine recompens ge
bühre . Die stätte seyen die geringere und ohne das bekannt, daß über sie
alles unglukh pflege außzugehen. Solle man also in specie nicht melden, daß
man keine ursach habe, der cron Frankreich was zu geben. Fürstliche
können es beßer verantworten als die stätt.
Ulm. Repetirt vorgehendes votum, sagt, weiln res ex parte Frankreich
ebenso wenig mehr integra, könne man das concept also einrichten, daß den
stätten kein odium et invidia dadurch auf den hals erwachse.
Eßlingen. Weiln die sach bereits in einem anderem stand, seye billich, was
nichts nuze, außzulaßen. Seyen zwar viel rationes in contrarium gebracht
worden, warumb man zu keiner satisfaction verbunden, sie gehören aber
nicht in das bedenken, halte, daß die stätte nicht ursach haben, viel davon zu
reden.
Rothenburg nomine Regensburg. Werde große offensiones abgeben, man
könne es cum effectu doch moderate sezen. Die fürstliche zu Münster seyen
zwar anfangs auch anderer meinung gewest, endlich aber, nachdeme Öster
reich anderst disponirt worden, die majora dahin gangen, man solle denen
cronen der satisfaction halber an hand gehen, in maßen auch geschehen und
davor gehalten worden, daß man der jenigen specifice gedenken solle, die
anderer meinung sein werden.
Memmingen. Conformirt sich mit vorgehenden votis.
Lindau. Sagt, sehe nicht, wozu dieser paß diene, weiln er nur invidiam nach
sich ziehe, seye also billich außzulaßen.
Directorium. Quaestionem an belangend, weiln die majora dahin gangen,
daß man sich damit nicht aufzuhalten habe, werde es auch dabey verbleiben.
Es heiße diß orts: duo cum faciunt idem, non est idem. Daß Monsieur le
Comte d’Avaux ungleich berichtet worden, als wann man stättischen theils
der Französischen satisfaction zuwider were, müse man dahin gestellet
sein laßen, wiße nicht, daß hier etwas dergleichen geredet worden. Seye also
beßer, weiln majora alhier affirmative und nicht negative gefallen, daß man
es also einrichte „Dannenhero gleich wie die“ und vorhergehendes außlaße,
dabey es auch geblieben.
Ward ferners umbgefragt, ob der § us „Wie dann auch“ eingerichter maßen
verbleiben solle? Und auff des Augspurgischen erinnerung dafür gehalten
worden, daß er materialiter verbleiben könne, formaliter aber anderst einge-
richtet werden solle. Inmaßen auch hernacher geschehen.
Drittens ward auch umbgefragt, ob der § us „Der verwittibten frau land
gräfin “ im concept verbleiben oder anstatt deßelben der Osnabruggische
aufsaz substituirt werden solle.
Lübeck. Sagt, man habe deßwegen mit dem herrn Bremischen hiebevor zu
thun gehabt, aber doch rathsamer zu sein befunden, daß es bey demjenigen
verbleibe, was alhier gesezt worden, dabey ers auch nochmals bewenden
laße.
Augsburg. Votirt, könne bey dem Münsterischen wol verbleiben.
Nürnberg. Quoque.
Ulm. Sagt, wann man die Marpurgische successionsacta durchgehe und lese,
werde sich befinden, daß die Heßen
daß von der sach hoc in loco gered werde, so seye es auch nicht dienlich
noch diesem friedenswerkh befürderlich und rahtsam, daß umb dieser
privatsachen willen daßelbe auffgehalten und hingegen soviel tausend be-
trangter christen noch länger im creuz gelaßen werden. Halte, daß es bey
dem paß, wie derselbige im hiesigen aufsaz gesezet, verbleiben könne, were
gerahtener, wann Ihre Kayserliche Majestet und die 6 churfürsten die
durchgingen und selbe alsdann decidirten oder an die gesambte stände des
heiligen Römischen reichs auff einen allgemeinen reichstag remittirten, umb
die acta zu revidiren und die strittigkeit beyzulegen. Wann man considerire,
worüber dißmal consultirt, werde man befinden, daß man von der satis-
factione coronarum Hassiacae et militiae rede, also andere sachen dabey nicht
einzumischen. Doch stelle ers auff majora.
Rothenburg etiam nomine Regensburg. Weiln der friede ohne accomoda-
tion dieser sache schwerlich zu erlangen stehe, als habe man zu Münster
davor gehalten, daß sie nicht zu übergehen sein werde, sonderlich weiln ihro
per modum amnistiae nicht zu helfen. Der cronen intention gehe auch dahin,
daß die frau landgräfin restituirt werden solle, sonsten sie sich in keine
fernere handlung einlaßen oder litem suam machen wollten.
Memmingen. Bekenne gerne, was diesen puncten anlange, daß er bey ihme
selbsten angestanden seye, was diß orts zu thun sein möchte. Weiln man aber
gerne sehe, daß der frau landgräfin, wann es ohne verhinderung der friedens-
tractaten geschehen könne, geholffen werde, laße er ihme solches auch
gefallen, wolle sich gerne vergleichen.
Lindau. Erinnere sich, daß der herr Bremische begehrt, alle die puncta, so in
dem memorial enthalten, zu resolviren und in das bedenken einzubringen;
weiln aber die majora damals dahin, daß es außzulaßen, gangen, seye es auch
dabey verblieben. Wollte man aber aniezo, daß es eingebracht werde, laße
ers geschehen, conformirt sich hierinnen mit den majoribus.
Directorium. Sagt, seye aliena und hiehero nicht gehörige sachen, habens
selbsten gravamina genennet, gehören also nicht ad punctum satisfactionis.
Wann sie aber wollen, daß die sach wiederumb sub incudem gebracht werde,
seye der weg darzu in puncto rerum judicatarum geöffnet, habe mit herrn
Wolffen daraus geredt, der begehre ganz nicht, daß ein mehrers gesezt
werde, als in hiesigem aufsaz enthalten, wann nur die wort addirt werden:
„Was der verwittibten frau landgräfin zu Heßen Caßell überreichtes memo-
rial und darin begehrte satisfaction anlangt“. Sein gnädiger fürst und herr
hette kein bedenken, ob man der übrigen sachen hier gedenke oder selbige
außlaße. Die evangelische fürstliche habens auch simpliciter übergangen und
derselben nicht in specie gedacht, seyen derselben herren gesande zugegen,
wann sie wollten, daß auff iedwederes membrum respondirt würde, würden
sie Ihrer Gnädigen Frauen principalin nohtdurfft wol in acht genommen
haben. Vielleicht verlaßen sie sich mehr auf die cronen, daß sie durch selbige
supportirt werden möchten. Ist solchem nach bey dem hiesigen aufsaz in hoc
passu gelaßen. Und in 3. classe bey dem § o „Was aber Ihrer Kayserlichen
Majestet“, allwo von assistenz gegen den könig in Spanien gehandelt wird,
diese wort „Ohne praejudiz und nachtheil des heiligen Römischen reichs
und deßelben stände“ annectirt. Bey der 4. class und dem § o , da des prinzen
Eduards erledigung gedacht, die wort: „Nach einigen beweis gesehen“
außgelaßen; ibidem der commercien nur in genere, wie es in dem hiesigen
aufsaz enthalten, gedacht. Wegen restutitione locorum bey hiesigem concept
gelaßen; der assistenz halber in puncto assecurationis die clausul zu fernerem
nachdenken außgestellet und endlich für gut und rahtsam angesehen wor-
den , weiln niemand sein votum als der herr Lübekische abgelegt, daß zu
gewinnung der zeit das directorium beede concept durchgehen und hiesiger
intention gemäß einrichten, nachmalen auch von neuem collegialiter ver-
lesen solle.