Acta Pacis Westphalicae III A 6 : Die Beratungen der Städtekurie Osnabrück: 1645 - 1649 / Günter Buchstab
45. 28. Sitzung des Städterats Osnabrück 1646 April 1 15 Uhr
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Osnabrück 1646 April 1 15 Uhr
Nürnberg S I L 203 Nr. 19 fol. 66’–68’ = Druckvorlage; Strassburg AA 1144 fol.
99’–103; Ulm A 1560 o. F.; Isny Büschel 868 o. F.; Esslingen „tomi actorum“ Bd. IV fol.
125–128’.
Formalia der Verhandlungen mit der Deputation der katholischen Stände aus Münster über die
Gravamina: Sitzordnung, Zahl der Deputierten, Protokollist etc. Münsterische Monita zur ersten
Klasse der schwedischen Replik.
Anwesend: Straßburg, Lübeck auf der Rheinischen, Nürnberg, Ulm, Eßlingen und Lindau auf der
Schwäbischen Bank.
Lübeck. Zeigte an, es begehe das Magdeburgische directorium eine faute
nach der andern, seye heut abermalen die stätte zugleich mitzuconvocieren
vergeßen und auf seine andung mit einem übersehen excusirt worden.
Bericht darauf, es habe Altenburg im fürstenraht referirt. Nach deme die
catholische herren deputirte von Münster ankommen, habe das Churmain-
zische directorium derselben überkunfft notificiren und zugleich vernehmen
laßen: 1. Wer diß orts von denen evangelischen zu abhandlung des puncti
gravaminum deputirt seye? 2. Wann man zusammen kommen könne? 3. Wo
oder an welchem ort? Und ob mans der session halben nicht wie zu Regens-
purg halten wolle, nemlich an dreyen tischen, daß die churfürstliche und
stättische iede a part sizen könnten? 4. Angezeigt, daß Österreich seinen
protocollisten dabey haben wolle, ob nicht die evangelische auch einen
beysezen, und wie man es 5. mit denen herren reformirten halten wolle, ob
sie zu admittiren oder nicht?
Weiln sie nun keinen eigentlichen bericht darauf ertheilen können, hetten
sie es ad referendum angenommen, inmaßen auch geschehen. Darauf, was
dabey zu thun sein werde, geredt, und er gleich anfangs gefragt worden, wer
stättischen theils darzu ernennet seye. Worauf er geantwortet, daß vier de-
putirt seyen, weiln die stätt mehr als andere stände dabey interessirt und nicht
wol weniger, dann von jeder bankh zween sein können. Welches die fürstliche
fast zu viel gedunkt und von etlichen, ob mans nicht ad paritatem numeri,
dem reichsherkommen und unsern desideriis gemäß, stellen wollte, erinnert,
per majora aber dahin geschlossen worden, weiln hier keine richter seyen,
könne imparitas numeri denen herren catholischen kein praejudicium gebäh
ren , sie möchten auch deputiren, wen und wieviel sie wolten.
Ad 2. Seye davor gehalten worden, morgen umb acht uhren.
Ad 3. Auff dem rahthauß. Der session halben aber stehe es dahin. Als Alten-
burg auf dem rahthauß gewest und gesehen, wie es anzuordnen were und
der Mainzische auch hinauffkommen, umb die gelegenheit obzusehen, habe
er ihme zu verstehen geben, daß man dißfalls kein Mainzisch directorium
erkenne; werde ein iedwedere partey das wort selbsten führen und ein ied-
wederer daß seinige darzu zu sprechen haben. Halte, daß catholische eine
und evangelische die andere bankh einnehmen könnten
Sitzordnung gedruckt bei Meiern II S. 584 a.
Ad 4. Weiln Österreich einen protocollisten beysezen wolle, könnten die
evangelische fürstliche auch zween oder drey dabey haben, die stättische
ebenmäßig eine qualeficirte person darzu ordnen.
Ad 5. Man habe sie billich dabey zu laßen, ob man aber die Churbranden-
burgische das wort führen laßen wolle, seye noch keine determination
gemacht.
Weiln nun die herren Schwedische sich zur interposition erbotten, seye für
gut angesehen worden, denenselben parte durch eine deputation davon zu
geben, damit man sie nicht primo statim limine für den kopf stoße, welches
zwar alsobalden geschehen und habe er sich, weiln von stättischen sonsten
niemand zur stell gewesen, der deputation nicht entziehen können. Herrn
Oxenstirns excellenzen aber habe es wegen herrn Salvii unpäßlichkeit ad
referendum angenommen und sie umb 2 uhren nachmittag, die resolution
abzuholen, zugleich beschieden
Vgl. Schreiben J. Oxenstierna und Salvius an Kgin. Christine APW [ II C 2 nr. 88 S. 239–243 ] ,
insbes. [ S. 242 ] .
von den reformatis gemacht und gesagt, seye wol gethan, daß man die-
selben , und zwar ungefragt der catholischen, darzu nehme; stünde nicht bey
denen catholischen, ob sie dieselbige dulten wollten oder nicht, die refor-
mirte werden uns keinen eintrag thun. Laßen ihnen die formalia wohl
gefallen und haben diesen vorschlag gethan, ob man nicht zusammen an eine
grose runde tafel sizen wolte? Bey den materialibus aber vermahnet, sich fest
zu halten, nicht liederlich zu weichen, sondern bey gethanen vorschlägen zu
bestehen und ihnen zuzutrauen, daß sie secundiren werden, sonsten werden
wir unsere sach schwerer machen und sie betrüben. Wann man keine vor
schläge gethan hette, weren die deputierten schon längsten hier gewesen.
Habe also kurzlich diesen bericht erstatten und zum nachdenken stellen wol-
len , was stättischen theils dabey zu thun sein möchte? Wornach er, auf vorge-
hendes des directorii ansprechen, votirt, daß er nichts dabey zu erinnern
wüßte, ohn allein, daß es bey der zahl vier verbleiben solle. Laße ihm son-
sten zeit, ort und session, wie auch, daß die reformirten darzu gezogen
werden sollen, wolgefallen. Am protocollisten seye viel gelegen, müße
man also einen beysezen.
Nürnberg. Die stättische haben sich der session und anders halben wol in
acht zu nehmen, damit ihnen ihre jura nicht geschwächt werden. Der depu-
tation halben werde es richtig sein, laße es dabey bewenden. Die zeit seye
nicht zu disputiren, sondern denen chur- und fürstlichen zu überlaßen.
Wann die session auf beede bänke angesehen, laße ers ebenmäßig an seinen
ort gestellt sein. Sonsten würden es die stätte wol zu beobachten haben,
weiln es eine sach von importanz; seye gut, daß sich die stättische in starker
anzahl dabey befinden, ingleichen werden die reformirten die partey desto
stärker machen.
Ulm. Bedankt sich gethaner relation der deputation halber, laße ers bey dem,
was unlängsten in eventum darein beschloßen worden, allerdings bewenden,
daß nehmlich Straßburg, Lübekh, Regenspurg und Nürnberg denen trac-
taten beywohnen sollen. Wolle verhoffen, sie werden nicht allein ihnen das
werkh eifrig angelegen sein laßen, sondern auch mit den non deputatis ieder-
weilen vertraulich communiciren. Zeit, ort und form laße er ihme auch
gefallen. Was des protocollisten halber angeregt, werde das directorium
ihme solches angelegen sein laßen; es wollen singula notirt sein, deputati
könnens nicht alles behalten. Der reformirten halber stelle ers ebenmäßig
dahin.
Eßlingen. Höre gerne, daß die deputatio ihren fortgang bekommen, und,
weilen bereits alles genugsam debattirt, seye ohne noht, viel wort davon zu
machen; laße ihme zeit und ort wolgefallen. Wer der deputation beywohnen
solle, erinnere er sich, daß Straßburg, Lübekh, Nürnberg und Ulm ernennt
worden. Den protocollisten betreffend, weiln derselbe seinen fleiß bereits
denken , ob man nicht gleich nach geendeter session die protocolla zusam-
mentragen und, was ein oder der ander außengelaßen haben möchte, ergän
zen wollte? Seye ein werkh, daran viel gelegen. Wolle der communication
halber gebetten haben, wie Ulm, und im übrigen der zuversicht geleben,
wann eine und andere statt etwas anzubringen und zu erinnern haben
möchte, daß die herren deputierte sich gutwillig erfinden laßen werden.
Lindau. Sagt zuvorderst dankh für die relation und apertur, beliebt im
übrigen alles sowol quoad formalia als materialia. Laßts der deputation
halber bey nomination der stätte Straßburg, Lübekh, Nürnberg und Ulm
bewenden; hoffe, sie werden sich darzu gebrauchen laßen; bitt, wie Ulm,
denen non deputatis vertrauliche communication zu thun, besonders aber
denen, welche die gravamina concerniren und zugleich mit einzurahten, daß
ihnen geholfen werden möge. Was des protocollisten wegen angeregt, seye
nöhtig, daß directorium werde sich solches laßen angelegen sein und ach-
tung darauff geben. Bitt, der catholischen practicen, die sie sub praetextu der
geistlichen jurisdiction verüben, wol in acht zu nehmen.
Directorium. Bedankt sich gleicher gestalt der vertraulichen communica-
tion und sagt, man hette zwar ursach genug, solches insgesambt gegen
Magdeburg zu anden, weiln schon zu verschiedenen malen dergleichen fehler
vorgangen, wan de rebus et causis imperii communibus gehandelt werden
sollen. Auch durch andere nachmaln excusirt worden, man könne es aber als
ein übersehen, weiln es bereits geandet, für dißmal noch hingehen laßen,
gleichwol dahin trachten, daß es inskünfftig verbeßert werden möchte. Wen
die stätte deputiren wollen, haben sich übrige nicht anzunehmen, hier seye
davon zu reden, von ihme auch vormals anregung geschehen, daß der herr
Regenspurgische nicht werde vorbeyzugehen sein, weiln er nicht allein in
seinem schreiben expresse meldung gethan, daß er zu abhandlung des puncti
gravaminum anhero kommen und dem stätt collegio beywohnen wolle, son-
dern auch jederzeit herkommens gewesen, daß man die vorsizende zur
deputation genommen.
Die andere und dritte quaestion seye bereits außgemacht.
Was die session anlange, werde es der augenschein mit sich bringen, es
pflegen in solchen fällen die catholische auf einer und die evangelische auf
der andern seiten zu sizen. Den protocollisten belangend seye viel an dem-
selben gelegen, können die evangelische ihre protocolla zusammentragen
und eines daraus verfertigen.
Communicationem betreffend, seye in alle weg billich, daß den non deputatis
communication von allem, was passirt, geschehe. Die instructiones gehen
dahin, seye communis caussa, daran das zeitliche und ewige gelegen. Was
vormittag vorgehe, könne den nachmittag dictirt oder privatim communi-
cirt werden, were zu wünschen, daß ein jeder dabey sein könnte, zu Regens-
purg aber habe man nur zween von den stätten leiden wollen.
Conclusum. Solle bey Straßburg, Lübekh, Regenspurg und Nürnberg ver-
bleiben , ein protocollist wegen der stätte beygesezt und die in votis besche-
hene erinnerungen in acht genommen werden.
Directorium. Berichtet hierauf, er habe die Münsterische monita super
prima classe dem concept beygerukt; hoffe, werde ein jeder sein exemplar
bey sich haben und aus dem ablesen befinden, daß alles begehrter maßen
observirt und eingeruket worden seye .
Lübeck. Fragt, ob nicht vor das wort „revocation“ zu sezen seye „ und
anderen bekannten ursachen“.
Nürnberg. Sagt, habe war genommen, daß gestrige monita wol in acht
genommen worden seyen, weiln Leuxelrings gewalt zum theil revocirt, solle
man scapham scapham nennen und könne der sach in generalibus also
geholffen werden, daß nicht nöhtig seye, ad specialia zu gehen.
Ulm. Hette wegen Biberach kein bedenken, daß es in specie eingerukt
würde, sonsten würde Leuxelring nicht sein zugeschrieben worden, wolle
man aber davor halten, daß mitius zu gehen seye, stelle ers dahin.
Eßlingen. Seye beßer, wann man mit einer generalclausul durchkommen
könne, ob es schon Biberach und Kauffbeyern keinen scheu trage, seye doch
wegen Augspurg behutsamer zugehen; sie dörfften sich nicht merken laßen,
daß sie einigen menschen alhier haben, der sich ihrer annehme, solle es also
machen, als wann es des collegii eigen thun were oder es auf andere
schieben.
Lindau. Wiße nichts zu erinnern; dieses leztere belangend, halte er eben
mäsig davor, daß sich die stätte der sachen in ihrem eigenen nahmen anzu-
nehmen und nicht auf die interessirte zu schieben hetten, würde ihnen
sonsten große ungelegenheit
beyren habe zwar begehrt, wenn es gelegenheit gebe, solches gegen Leuxel-
ring zu anden, Ravenspurg aber nicht, seye also beßer, in terminis genera-
libus zu verbleiben.
Directorium. Die majora gehen dahin, daß man die parenthesin noch
glimpfflicher einrukhen und in terminis generalibus verbleiben solle, wel-
ches auch alsbalden geschehen und verlesen, endlich auch davor gehalten
worden, wann die stättische deputirte von Münster sich einfinden werden,
daß man ihnen die ursachen, warumb ein und anders also gesezt worden
seye, mündlich anzeigen solle.