Acta Pacis Westphalicae III A 6 : Die Beratungen der Städtekurie Osnabrück: 1645 - 1649 / Günter Buchstab
42. 25. Sitzung des Städterats Osnabrück 1646 März 24 13 Uhr
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Osnabrück 1646 März 24 13 Uhr
Nürnberg S I L 203 Nr. 19 fol. 62’–68 = Druckvorlage; Strassburg AA 1144 fol. 83–90;
Ulm A 1560 o. F.; Isny Büschel 868 o. F.; Esslingen „tomi actorum“ Bd. IV fol. 109–117;
vgl. ferner Bremen 2 – X. 8. m.
Antwort an die Stände in Münster: schwedische Replik – Rechte und Privilegien der Stände.
Relation aus dem Fürstenrat: gemischt konfessionelle Städte Augsburg und Aachen, Handelsfragen,
Auslassung der Hanse aus fürstlichem Bedenken; Deputation an fürstliche Gesandte. Städtische
Stellungnahme zur zweiten Klasse der schwedischen Replik: Satisfaktion Schwedens und Hessen-
Kassels.
Anwesend: Straßburg, Lübeck, Bremen auf der Rheinischen, Nürnberg, Ulm, Eßlingen und Lindau
auf der Schwäbischen Bank.
Directorium proponirt. Er habe das schreiben an die zu Münster auffgesezt
und, weiln periculum in mora, als wolle ers, doch mit vorbehalt beeder
übriger noch abwesender herren abgesanden gutachten, eventualiter ver-
lesen , bitt, was dabey zu erinnern, anzuzeigen.
Nürnberg. Es seye der abred gemäß, könne außgefertigt und dem botten
zugestellet werden, damit er sich morgen zeitlich drüben einfinden möge.
Ulm. Conformirt sich mit Nürnberg.
Eßlingen. Quoque. Doch, daß der evangelischen burgerschafften in specie
nicht gedacht werde, sonsten dörfften sie in größere ungelegenheit dardurch
gerahten, steken vorhin in solcher servitut, daß nicht außzusprechen. Wann
die catholische wüsten, daß sie anhero communicirten, müsten sie die acta
heraußer geben, sie haben begehrt, daß man sich ihrer, doch unbenannt, an-
nehmen und ihre sach eigen machen wolle.
Lindau. Dankt für wolverfaßtes concept, sagt dabey, wiße nicht, ob eben
dem Regenspurgischen allein zu willfahren, hat aber auf fernere information
acquiescirt.
Lübeck und Bremen treten indeßen ein, mit bitt, nicht ungleich zu ver-
merken , daß sie so spät kommen. Ward darauff das concept noch einmal
verlesen, und so eingericht befunden, daß sie es ihnen allerdings wol gefallen
laßen. Ist auch alsobald zu ingrossiren gegeben und mit aigenem botten
fortzuschiken für gut angesehen worden.
Der Lübeckische referirt, es seye heut im fürstenraht
und Aach erwehnung geschehen und dafür gehalten worden, daß sie für
keine catholische stätte zu halten, sondern dagegen zu contradiciren seye;
die fürstliche wollen secundiren. Bey dem memorial in puncto commercio-
rum haben sie soviel erinnerungen getahn, daß
dern , damit sie gleichwol lang nicht heraus gewollt, sondern vermeint, ihn
von der stell zu bringen, so er aber nicht verstehen wollen. Endlich seyen 13
monita hervorgebrochen und das conclusum dahin gangen, Magdeburg
solle selbige in ein memorial verfaßen, und dem bedenken als eine contra-
diction beylegen. Magdeburg seye vornehmlich dabey interessirt, wolle die
statt Magdeburg mit füßen treten und in das erzbistumb ziehen. Habe
begehrt, sie wollten es so lang in dem stand laßen, werden genugsame satis-
faction bekommen; die obiectiones seyen so beschaffen, daß er in continenti
auf zehen, wann es ihm für dißmal zustünde, antworten könnte. Stellts, was
noch heut dabey zu thun sein mögte? Ob mans zu einer conferenz oder zur
re- et correlation ankommen laßen wolle, wann ienes nicht beliebt, könne
man sich der protestation oder contradiction gebrauchen.
2. Habe er mit dem Altenburgischen geredt wegen außlaßung des hansi-
schen bunds, der wolle nichts darumb wißen, sondern es bey Österreich
erinnern. Stellts, ob man auch hie davon reden oder auff eine andere zeit ver-
sparen wolle? Bringt seines theils in vorschlag, ob nicht ein und der andere
an Magdeburg zu deputiren und ferner von der sach zu reden oder ob man
nur zum nechsten, als Altenburg, gehen wolle, damit es nicht zu offentlicher
contradiction ankomme; man könnte sich per generalia alle nohtdurfft reser-
viren . Wann es beliebt, wolle er einen botten hinschiken, sich anmelden
und andeuten laßen, daß, was vorgefallen seye, daraus man nohtwendig mit
ihme communiciren müße, zweifele nicht, wann man sich gegen ein und
anderen werde erklären, sie werden darauf acquiesciren.
Nürnberg. Habe sich gestern, als hier davon gered worden, schon ein-
gebildt , daß, wer dabey interessirt, sich darob difficultiren werde, die con-
sumtiongelder seyen allein auff bürger und nicht auf frembde angesehen und
zu bedauern, daß unter denen evangelischen solche differentien sich eraig-
nen , sollte zuvorderst sehen, wie dem haubtwerkh geholffen würde und im
übrigen glimpff gebrauchen, man könnte zu ihnen schiken und ihnen
remonstriren, daß die stätte eben sowol als die fürstliche das ius collectandi
über dieienige, die mitten in ihren praetendirten territoriis sizen, haben. Die
statt Nürnberg habe der consumtionsmittel halber sonderbare privilegia
über 200 jahr alt wie auch über andere auffzuweisen. Seye nicht rahtsam, daß
Magdeburg, der das werkh treibt, darunter besprochen werde, werde
solches mehr hindern als befördern, sondern Österreich, doch stelle ers zu
fernerem reifen nachdenken.
Bremen. Habe bereits zu hauß relation vom herrn Lübekischen eingenom-
men , wie scharff und ungütlich die fürstliche mit dem memorial verfahren,
halte nicht, daß etwas seye, so nicht sowol quoad formam als materiam von
ihnen censurirt were, habe bereits ein zimliches disputat, der consumtions-
mittel halben, höherer orten gehabt. Halte für nöhtig, weiln sie einen auffsaz
machen und denselben morgen verlesen wollen, daß die stätte hierinnen
vigiliren und ihre iura beobachten, damit ein und ander praeiudicium ver
hütet werde, ist eins damit, daß eine deputation an Altenburg aus ursachen,
wie der herr Lübekische erzehlet hat, gemacht und gebetten werde, zuvor
gütliche conferenz, ehe der aufsaz publice abgelesen, mit den stättischen
gepflogen werde, mit versicherung, daß sie solche satisfaction empfangen
werden, darob sie content sein sollen. Im gegentheil aber, und wo nöhtig,
könnte man sich mit einem memorial gefaßt halten, denen fürstlichen in
publico höchstfeyrlich zu contradiciren und gleich anfangs alle nohtdurfft
darwider vorzubehalten.
Ulm. Bedankt sich der vertraulichen communication und sagt, seye in zween
weg, diesem wiedrigen beginnen abzuhelffen, entweder müse mans 1. ge-
schehen laßen und alsdann in pleno contradiciren und der stätte jura dar-
durch conserviren oder 2. durch eine deputation praecaviren. Hielte für
beßer, daß eine deputation an die fürstliche, weil deren nicht soviel, die
dabey interessirt, gemacht und sie ersucht würden, so lang mit dem memo-
rial zurukzuhalten, bis der stätte gedanken eingeholt; hoffe, der glimpff
werde stattfinden, weil der wenigere theil dahin ziele, doch wolle ers dahin
gestellt sein laßen.
Eßlingen. Von dem ienigen, was Lübekh referirt, seye ihme auch etwas
wißend, habe aber, daß die majora dahin gegangen, daß die stätte umb eine
conferenz zu bitten seyen, vernommen, welche zu erwartten; wo nicht und
da es zu keiner conferenz ankommen sollte, könnten sie ihnen alle nohtdurfft
vorbehalten. Daß die jura legationis in etwas disputat gezogen worden, seye
daher geschehen, weil unter den reichs- und anseestätten viel mediatstätt
begriffen, die übrigen laßen sie passiren und begehren den reichsstätten ihre
jura nicht zu disputiren, laßt ihme belieben, daß eine deputation gemacht
werde, stellts aber, ob Magdeburg oder Altenburg angesprochen werden
solle. Förchte, wann einer praeterirt, es dörffte bey dem andern jalousie
gebären. Conformire sich mit den majoribus.
Lindau. Man könnte besorgender contradiction durch eine deputation vor-
bauen und der stätte jura conserviren, halte beßer zu sein, daß man zu Alten-
burg gehe und ihn anspreche, weil Magdeburg dabey interessirt, werde
sonsten von schlechtem verfang sein.
Directorium. Es seyen der fragen zwo: 1. Ob man in puncto commercio-
rum stättischen theils zuvor erinnerung bey denen fürstlichen thun oder es
zur contradiction kommen laßen wolle? 2. Was wegen außlaßung der hanse
stätte an hand zu nehmen?
Die erste belangend, habe er gleich anfangs, als die consumtiengelder dem
memorial zu Münster eingerukt worden, darvor gehalten, es werde lapis
offensionis seyn und contradiction erweken. Seye nicht rahtsam, daß man
zu beschehenen erinnerungen stillschweige, man müße aber vorhin commu-
nication davon haben, deßwegen selbige per deputatos zue suchen und ihre
meinung daneben anzuhören sein; wann man den aufsaz habe, werde sich
alsdann weiter von der sach reden laßen, wo er aber nicht zu bekommen,
müße man der herren principalen nohtdurfft vorbehalten, gleichwohl dem
publico scandalo womöglich vorkommen. Were genug, daß die herren
Kayser- und königliche damit zufrieden, die communicatio seye denen fürst
lichen guter wolmeinung und zu dem end geschehen, daß sie daraus sehen,
daß man nichts hinderruks ihrer und zu einigem praejudiz zu thun begehre.
Nicht aber, daß sie eine materiam disputandi darauß machen sollten. Das
anbringen belangend halte er davor, daß daselbe bey Magdeburg erstlich,
umb deßwillen zu thun sein werde, weiln ihme den auffsaz zu machen über
laßen worden, und wie der herr Eßlingische berichtet, den stätten zuvor
communication darvon geschehen solle, sonsten dörffte er sich eines über
gehens beklagen. Nechst diesem sey nöhtig, daß Altenburg, contradiction zu
verhüten, angesprochen, im vorbeygehen aber herrn Lampadii, welcher gute
officia dabey leisten könne, nicht vergeßen werde.
2. Die außlaßung des anseestättischen bunds betreffend, were bey Österreich
zu anden, daß auf bloses anmelden des Magdeburgischen selbiger herauß
gelaßen worden, mit angehengter bitt, selbigen wiederumb hineinzusezen,
wo er vorhin gewesen.
Conclusum. Solle das ansprechen per deputatos beeder orten auf die weis
geschehen, wie in votis außgeführt.
Directorium. Fragt, wer zu deputiren?
Lübeck. Falle dem directori hierinnen bey, daß der Magdeburgische ange-
sprochen werden solle, weiln Magdeburg eine anseestatt, wie nicht weniger,
daß Lüneburg angesprochen und ihnen zu bedenken gegeben werden solle,
wann die fürstliche in publico dem memorial contradiciren sollten, daß
stättischen theils nicht weniger geschehen und alßdann scandalos sein
würde, wann dergleichen in publico vorgienge, das memorial seye denen
fürstlichen, wie gemeldt, nicht communicirt worden, daß sie es censuriren,
sondern secundiren, so wenig man nun ihre gravamina und sachen im stätt
collegio zu censuriren begehre, so wenig wolle man hoffen, daß sie denen
Stätten thun werden, seye derowegen einig mit dem directorio; ernennt
Straßburg und Nürnberg.
Nürnberg. Halte an seinem ort, daß es nicht unthunlich seye, wann Magde-
burg zugleich, ob er schon partial, angesprochen und ihme zu gemüht
geführet würde, daß die communication aus bloßer confidenz geschehen
seye, damit, wo sie anstehen und ihre principalen interessirt befinden, mit
den stättischen communiciren mögen. Wo sie aber bey ihrem concluso
bleiben, werden die stättischen anderst nicht thun können, dann daß sie ihr
interesse auch beobachten und das widrige contradiciren. Stellts, ob herr
Lampadius auch anzusprechen; ernennt Lübekh und Ulm, bitt, seiner zu
verschonen, weiln er noch niemand angesprochen, sondern erst hiehero
kommen.
Bremen. Der Magdeburgische seye nicht zu praeteriren und er damit einig,
daß herr Lampadius zugleich mit angesprochen werden solle, weiln er von
Magdeburg und dem ganzen collegio geehrt. Wer aber zu deputiren seye,
stelle er, halte das directorium aus selbst angezeigten ursachen für entschul-
diget , ernennt von der Rheinischen bankh den Lübekischen, weiln er dem
fürstenraht beygewohnet und die sachen im frischen andenken habe, zwei-
fele nicht, es werden allerhand discurs dabey vorkommen, darauf er den
besten bericht geben könne; werde sich also, weiln es dem collegio zum
besten angesehen und er pars et membrum mit seye, damit beladen laßen,
und neben ihme Nürnberg oder Ulm.
Ulm. Daß das anbringen bey Magdeburg, Lüneburg und Altenburg gesche-
hen solle, seye er aus erzehlten ursachen ganz mit einig, wolle selbige loco
voti repetirt haben. Die deputation selbsten belangend, laße er ihme die
Bremische rationes, daß Lübekh deputirt werden solle, wol gefallen, weiln
die sach niemand beßer als ihme bekannt und er respective multipliciter
dabey interessirt seye, auff den fall noch iemand neben ihme zu deputiren,
ernennet er Nürnberg.
Eßlingen. Wollte Lübekh und Nürnberg darzu erbetten haben.
Lindau. Nominirt Lübekh und Ulm.
Directorium. Wie Lindau.
Conclusum. Bleibt bey Lübekh und Ulm.
Directorium. Verliest hierauff ein postscriptum an die zu Münster, betref-
fend die außlaßung des hansischen bunds aus dem fürstlichen bedenken. Ist
von allen placitirt und also außzufertigen, auch mit obberührtem schreiben
hinüber zu schiken befohlen und herr Dr. Ölhafen durch herrn Kreßen
parte von dem schreiben zu geben, für gut angesehen worden.
Director fragt, was bey dem auffsaz ad secundam classem zu erinnern?
Lübeck. Kommen zwo fragen vor, 1. quaestio an, 2. quid et a quo? Zuvor-
derst aber laße er ihme alles, was in abwesenheit seiner diß orts für gute
gedanken mit vorbehalt der übrigen zusammen getragen worden, wol gefal-
len und simpliciter pro voto passiren, habe diß wenige allein dabey erinnern
wollen, ob man nicht ein und andere eingeführte rationem entweder gar
außlaßen oder zum wenigsten ändern und mitigiren wollte? Halte, daß man
sich stättischen theils mit dem fürstlichen concluso wol conformiren und
selbiges loco voti wiederholen könnte. Sonsten seye alles wol und sonderlich
die leztere clausul der alienationen halben gesezt.
Was wegen der frau landgräfin beygebracht, seye er allerdings damit einig,
ob aber dem reichsstättischen collegio daran gelegen, daß es soviel sage,
wiße er nicht, möchte übel aufgenommen werden, habe an einem ort sich
nur gestellt, als wann er davon reden wollte, habe Schäfer
Reinhard Scheffer ( 1590–1656 ), Generalkriegskommissar, Gesandter Hessen-Kassels am Kon
greß ( Bildnisse II S. 3; ADB XXX S. 683 ; APK XXII 723f ).
solche mine gemacht, daß er davon zu reden stillgeschwiegen. Quo gene-
ralius , eo melius und könnte man sich auff die höhere stände beziehen.
Directorium. Erinnert incidenter, es haben es die herren fürstliche bey der
generalitet nicht
gethan, eingeführt. Man könne sich nicht auf ihr conclusum beziehen,
weiln es ein bloßer extractus protocolli und kein bedenken. Were auch
disreputirlich, wann die stätte der fürstlichen pedissequi sein und sich dafür
ansehen laßen wolten, ob könnten sie vor sich selbsten kein votum faßen.
Man hette vor der zeit für eine schand gehalten, wann die stättische ihre
notturfft und meinung nicht selbsten hetten vorbringen sollen.
Nürnberg. Gleich wie dieser punct sehr stachlicht und nicht wol anzu-
greiffen und gemeiniglich über die stätt außgehe, wann etwas herzugeben,
also haben dieselbe desto behutsamer mit ihrem bedenken umbzugehen und
zu verfahren. Were anzuregen, daß der zustand des heyligen Römischen reichs
seit anno 1641 nicht beßer, sondern viel ärger worden seye. Deßwegen dahin
zu sehen, wie die völker von des reichs boden zu bringen.
17–28 An statt – werde] Wortlaut des nachträglich verbesserten nürnbergischen Votums. Ur
sprünglicher Text in Strassburg , Ulm , Esslingen , Isny . Die frau landgräfin und der-
selben satisfaction betreffend, weiln es scheine, als ob sie auf die Bayrische das absehen
hette, wiße er nicht, was eigentlich dabey zu thun, laße ihme wolgefallen, daß sie sich
mit der ehr und schuz ihrer eigenen land in ansehung, daß andere ständ in deßen umb
vil millionen damnificirt worden, contentire, in hoffnung, sie werde in ansehung
deßelben diese tractaten nicht begehren schwer zu machen.
die fürstliche Caßelische frau wittib auf Chur Bayern das absehen gerichtet,
und weiln Ihre Churfürstliche Durchlaucht wegen geführter waffen so große
recompens praetendire, wolle sie mit lärer hand auch nicht davongehen.
Demnach aber fast kein stand des reichs sich finden werde, welcher bey
diesem krieg nicht umb viel million gelds gebracht und in schaden gesezt
worden, welche iedoch selbigen amore pacis verschmerzen müßen. Also
werde hoffentlich auch Ihre Fürstliche Gnaden uff dero begehren nicht
beharren, sondern sich mit der ehr beschuzter land und leuthe und soviel
mehr begnügen laßen, weiln sie ohne das zu behuf dero soldatesca sich
verschiedener erhobenen geldcontributionen zeit währenden kriegs bedie-
net , welche sich auf nicht eine geringe geldsummam belaufen werde.
Den paß belangend, wer autor belli gewesen, weiln es zu fernerem disputat
anlaß geben könnte, hielte er davor, daß er außzulaßen oder doch zu ändern
seye. Im übrigen wiße er nichts weiters zu erinnern, sagt dem herrn directori
des auffsazes halben dankh, und könne man mit demselben wol solang
zurukh halten, biß man sehe, wie die höhere ständ sich darinnen comportiren
werden.
Bremen sagt, habe den auffsaz durchgelesen, befinde, daß großer fleiß dar-
innen angewendet worden seye, bedankt sich gegen dem herrn directore,
können die rationes, wie sie gesezt, wol bleiben und des herrn Nürnber
gischen monita auch in acht genommen werden. Seye die vergebung der
jurium bey denen bistumben Mez, Tull und Verdun denen herren Kayser-
lichen nicht lediglich anheimzustellen, sondern denen ständen ihre gerecht-
same reservata und erinnerungen dabey zu reserviren. Was aber satisfactio-
nem Hassiacam Cassellanam anlange, seye deßwegen ein sonderbares memo-
rial übergeben, welches die cronen diserte recommendirt. Vermeine, man
werde alle capita deßelben berühren müßen, dergestalt, wie er sein unvor-
greiflich votum aufgesezt und verlesen, welches also lautet:
Als Ihre Fürstliche Gnaden, die frau landgräfin, durch ihre gesanden ein
sonderbares memorial, so auch von beyden cronen in ihren replicis recom-
mendirt worden, einreichen laßen
Memorial vom 28. Dezember 1645 in Meiern II S. 161 –163; frz. Replik vom 7. Januar 1646
ebd. S. 202, schwedische Replik ebd. S. 187, 197. Beratung darüber im FR Osnabrück am
4. März 1646 ebd. S. 467–475.
sicherheit und wolstand des heyligen Römischen reichs eine general unlimi-
tirte amnistia cum restitutione plenaria in statum anni 1618 in ecclesiasticis et
politicis, so dann abhelfung der gravaminum ecclesiasticorum et politicorum
und bestellung einer unpartheyischen justiz, dergestalt, wie solches alles von
beyden cronen in articulis propositionum primae classi attributis, verfaßt
worden, desiderirt. Daneben 2. für das fürstliche haus Heßen Caßel deßen
hohe angehörige personen, auch geist- und weltliche bediente, lehenleute
und unterthanen, sambt dero aller zustehenden land, leuten, güter, digni-
teten , recht- und gerechtigkeiten, in religions- und andern sachen in krafft
der guldenen bull und anderer reichssazungen, insonderheit des religion-
und prophan friedens, bevorab deß iezo verhofften friedenschlußes ein par-
ticular versicherung, item 3. confirmationem des juris primogeniturae des
fürstlich Caßellischen hauses, zusamt aller erbverbrüderung und einigungen,
successions- und anderer pactorum, unter sich und mit anderen vormals auf-
gerichtet , fürders 4. in specie dero von Heßen Darmstatt, wie bekannt,
gestrittener und vor etlichen jahren dem fürstlich Heßen Caßellischen hauß
zuwider, in besiz erlangter land und güter restitution, cum omni causa,
nicht weniger 5. aufhebung der von den herren grafen von Waldekh prae-
tendirten forderung von kriegsschäden und einquartirungscosten, endlich
6. wegen der von der catholischen liga erlittenen schäden diß gesucht wird,
daß die von benanntem gegentheil inhabende festungen, stätte, ämbter,
dörffer und quartier sambt dero gefällen, contribution und zubehörungen,
dem fürstlichen hauß Heßen Caßel so lang gelaßen werden möchten, biß
ermelder schad genugsam erstattet und die soldatesca vergnügt worden, mit
erbietung zu gütlicher handlung hierüber.
So concurriren bey dem ersten mit Ihrer Fürstlichen Gnaden
reichsstätte ad primam classem geführte consilia allerdings, sein auch 2.
daher mit einig, daß hochgedachtes fürstliches haus und deßen angehörige
zu dem end, wie secundo loco begehrt, dem durch Gottes gnad verhoffenden
friedensschluß nominatim inserirt, wie auch daß 3. die angedeudte alte
gerechtsam und pacta confirmirt und bestättigt werden mögen.
Was aber die strittigkeiten zwischen denen beyden häusern, Heßen Caßel
und Heßen Darmstatt
siehet man stättischen theils für gut an, daß solche differentien bey diesen
friedenstractaten durch gütliche unterhandlung zugrund abgetahn und ver-
glichen werden mögen.
Leztlich die angezogene praetension wieder die catholische liga wollen zu
Ihrer Fürstlichen Gnaden als einer hocherlauchten princessin und dem
ganzen hochlöblichen fürstlichen hauß Heßen Caßel die erbare frey und
reichsstätte der guten unterthänigen zuversicht geleben, sie werden gleich
andern beschwärten ständen dem publico auch dißfalls etwas condoniren
und viel eher zu desto leichterer und schleuniger erlangung fried und ruhe
im gemeinen vatterland, die begehrte erstattung und satisfaction ihrer sol-
datesca nachsehen und hinterlaßen, als darauf beharrend den lieben frieden,
wodurch land und leute wieder zu vorigem flor und wolstand mit der zeit
gedeyen werden,
18– S. 169, 2 Er – danksage] Nachträglich schriftlich abgefaßtes Votum, das in Ulm und Isny in
das Gesamtprotokoll integriert, in Strassburg , Nürnberg , Esslingen dagegen nur angehängt
ist. In letzteren Überlieferungen also der Wortlaut des ursprünglichen Votums innerhalb des
Protokolls:
Es seye das concept also abgefaßt, daß nichts darzu zu addiren. Status belli habe sich
indeßen merklich geendert, sonsten könnten wol rationes contra satisfactiones corona-
rum beygebracht werden.
Heßen Caßel betreffend, halte er davor, wann neben den Nürnbergischen erinnerun-
gen ihro die trangsalen und einbuß so vieler millionen golds werden repraesentirt
werden, sie werde gutwillig acquiesciren und sich mit dem ruhm und conservation
ihrer eigenen land begnügen.
Die salarierung der soldatesca belangend, seye selbige der cronen vorgeben selbsten zu
wider, in dem sie klärlich sezen, daß kein geld im reich seye, zu dem haben die officiers
und soldaten nicht gewartet, sondern sich selbsten bezahlt gemacht, also, daß der
bauersman mehr nichts übrig behalten, dann das blose leben; hoffe, wanns ihnen
remonstrirt würde, sie dörfften darauff acquiesciren.
Die quaestionem a quibus et quomodo anrührend halte er, daß selbe von der cron
Frankreich feinden zu nehmen, wann sie aber auff die ständ gemeint, müste selbige
auff viel jahr hinauß, biß selbe sich widerumb etwas erholet, gesezt werden. Weiln aber
die cronen ein stukh lands haben wollen, seye dahin zu sehen, daß so wol den mediatis
als immediatis per literas reversales bey zeiten prospiciret und ihre jura dadurch con-
serviret werden mögen. Im übrigen laß er ihm den aufsaz wol belieben, bedankt sich
deßwegen gegen dem herrn directori.
den punctum satisfactionis auch gelesen und wiewoln in quaestione an et
quibus auß der cronen proemio und dero vor diesem publicirten manifesten
zu sehen, daß sie principaliter ratione illatae iniuriae realis, proprii interesse
et ratione status securitatis den krieg geführt, auch der nervus rerum geren-
darum von völkern und werbungen von des reichs mitteln genommen
worden. Weiln sich iedoch interim der status belli merklich mutirt und bald
die festeste örter und pläze von denen cronen hinc inde occupirt, die ihnen
ohne gebührenden recompens, wie schwer es auch das
möchte, nicht zu eripiren, man hier zumaln ex parte evangelicorum nicht mit
feinden oder victoribus, sondern denienigen, so den fürsten und ständen in
ihren nöhten respective getreuliche assistenz geleistet, auch darüber dero
cron und scepter hazadirt, zu tractiren habe, und also nicht parti victrici,
sondern respective parti auxiliatrici aus dankbarem gemüht, worzu man sich
vor hero zu Frankfurt und an andern orten schon verstanden, was zur
abfindung zu geben. Als seye er auch der meinung, daß die beede höchst
löbliche cronen mit ehren und respect recompensirt und hierdurch der liebe
wehrte friede, welches einige wort in numera bona [sic!] in sich begreifft,
auch viel millionen christenblut vor endlicher desperation neben vielen
chur-, fürstenthumben, stätt- und ländern conservirt, redimirt werden
solle.
Was aber die frau landgräfin zu Heßen Caßel berührt, wann dero, wie
Nürnbergischer wol erinnert, der stände vielfältige und auf viel millionen
golds sich belaufende schäden und andere trangsalen beweglichst repraesen-
tirt , so wolle man hoffen, sie sich mit den stattlich erlangten pensionibus et
contributionibus und dem ewigen nachruhm auch ihrer ziemlich aufrechten
landen und leuten contentiren werde.
Die soldatesca zu contentiren seye wieder die Schwedische replic in dem, daß
sie selbsten pro constanti sezen, die satisfaction könnte mit geld nicht
geschehen, dann das reich habe keines, werden deßwegen die beede könig
liche cronen von ihrer erlangenden satisfaction die hohe officiers, die sich
aus des reichs secundo sanguine wol bereichert, wie auch den gemeinen
soldaten, der ohne das zu erlangung ihrer satisfaction dem statt- und armen
landmann fast die geringste lebensmittel nicht übrig gelaßen, ohne der
stände entgelt oder zuschuß zu contentiren wißen.
In quaestione quibus mediis, a quo et quomodo were freylich beßer, mit geld
zu satisfaciren, und daß dieses, wo nicht von der cronen feinden allein, doch
im übrigen von allen ständen indifferenter praestirt und aber die abstattung
particulariter auf viele jahr und lange zeit hinauß gestellet, in den ersten
jahren aber und bis die länder und unterthanen sich wiederumb etwas ein-
richten und respiriren könnten, der stände verschonet werden möchte.
Weiln aber beede cronen sich mit keinem geld abrichten, sondern ihre satis-
faction bey einem ihnen lehensweis überlaßenden stukh lands haben und
suchen wollen, so wird man sich auch eines andern ex parte dominorum
plenipotentiariorum Caesareanorum cum consensu statuum et eorum
maxime, quorum interest zu deliberiren und dahin zu sehen haben, durch
was assecuration, recess oder revers die überlaßene status mediati wie auch
dergleichen und angränzende status immediati bey ihren rechten, gerechtig-
keiten und freyheiten conservirt und gesichert verbleiben könnten. Beliebe
ihme also der aufsaz sonsten sehr wol, wofür er dienstlich danksage.
Eßlingen. Suspendirt sein votum, doch discursive davon zu reden halt er
darvor, daß man dieses werkh so kurz und genau zu faßen hette, als immer
möglich, damit keine ursach viel zu scrupuliren gegeben werde.
Die bistumber Mez, Tull und Verdun betreffend, stelle er, ob man denselben
pass außlaßen wolle, weiln die cron Frankreich ohne das nicht leichtlich
daraus zu bringen sein werde.
Die Heßen Caßelische satisfaction betreffend, seye bekannt, daß diesem
hauße uberaus große drangsalen zugezogen worden, also daß demselben
außer Ziegenheim
desperat gemacht worden, seyen also Ihro Fürstliche Gnaden nicht zu ver-
denken , daß sie satisfactionem suchen, were ihro auch wol zu gönnen, wenn
es allein ohne der stände beschwerung geschehen könnte, den frieden
dadurch desto mehr zu befördern, weiln ihre waffen zu des reichs libertet
und freyheit angesehen gewesen, könnte zu verhütung unglimpffs, der erho-
benen geldsummen geschwiegen und dagegen in der generalitet geblieben
werden, verbi gratia umb vieler hohen considerationen willen, die sicherheit
nicht schwer machen und, wo sie darauf nicht acquiesciren wollte, könnte
man als dann vorangezogene rationes und, daß andere stände eben sowol
schaden gelitten, repraesentiren, damit sie nicht vermeine, ob wolt man sie
schlechter dingen abweisen. Im übrigen seye zwar kein victus in imperio,
aber auch nicht weit davon. Wolte demnach dafür halten, daß selbige wort
wol außgelaßen werden könnten, wie er darumb und was zu abkürzung des
concepts immer geschehen könne, gebetten haben wollte.
Lindau. Habe gesehen, was in abwesenheit seiner berahtschlaget und
beliebet worden, aniezo auch die erinnerungen bey einem und andern
puncten angehört, halte, daß es dem herrn directori anheim zugeben seye,
sich damit auf allem fall parat zuhalten, damit, wann die Münsterische
herüber kommen, diß orts kein mangel erscheine. Conformire sich mit dem
herrn Eßlingischen, was derselbe wegen der überwundenen gedacht, er-
innert , daß zu dem wort „verträgen“ zu sezen: „wie auch in andere wege“,
weiln man nicht wiße, was noch kommen möchte, werde zum wenigsten
nicht schaden.
Directorium. Habe verstanden, was für weitere erinnerungen vorkommen,
wolle selbige in acht nehmen und so genau als immer möglich mit der sachen
umbgehen. Man habe stättischen theils desto behutsamer bey dem werkh zu
verfahren, weiln dergleichen sachen ohne das leichtlich offension ein und
andern orts gebehren können. Deßwegen auch mit außhandlung des con-
cepts so lang einzuhalten, biß man werde sehen, wie die höhere ständ sich
dabey in acht nehmen. Und weiln Ihre Kayserliche Majestät schon anno 1640
dafür gehalten, daß cron Schweden ohne satisfaction nicht vom reich zu
bringen sein werde, als seye aniezo das movens et impellens desto größer
und stärker.
Cassellanam betreffend, wann man Ihrer Fürstlichen Gnaden werde zu
gemühte führen, daß andere ständ des reichs auch umb viel millionen
damnificirt, werden sie verhoffentlich dem publico zu gut nachgeben und
ihre postulata schwinden laßen.
Seyn zwar von dem herrn Bremischen gute erinnerungen geschehen, ge
hören aber nicht eigentlich hieher, sondern ad punctum amnistiae, restitu-
tionis et gravaminum; oder man müße zu lezt anhenken, waß im übrigen ex
parte Casselana gesucht worden, seye an diesem ort nicht gehörig, sondern
bey andern in acht zu nehmen.
Daß in imperio kein überwundener seye, könne wol außgelaßen werden,
wolle die erinnerungen der intention gemäß eintragen, damit, wann die
Münsterische deputirte herüber kommen, man gefaßt erscheinen könne.
Wobey es dann auch verblieben.